Protocol of the Session on May 8, 2003

das ist einfach nur negativ. Das war eine Katastrophe. So stelle ich mir einen gesellschaftlichen Diskurs wahrlich nicht vor.

Auch wenn man sich vielleicht den einen oder anderen konstruktiven Kürzungsvorschlag oder Effizienzsteigerungsvorschlag mehr von der CDU vorstellen könnte, geht es hierbei doch um eine grundsätzliche Auseinandersetzung. Es geht um die Grundsatzfrage: Hat Berlin eine Zukunft? Macht Berlin eine Konsolidierungsstrategie, die darauf ausgerichtet ist, auch die Wirtschaftskraft der Stadt zu stärken, damit wir es erreichen, bei den kommunalen Steuern im Bundesdurchschnitt zu liegen und Mehreinnahmen in Höhe von 800 Millionen € zu erzielen, oder wird eine Haushaltskürzungspolitik gefahren, die die Zukunft der Stadt zerstört und als Endergebnis nicht ein Wirtschaftswachstum von minus 0,8 % für das Land Berlin, sondern auf lange Zeit weiter negative Wachstumszahlen haben wird? – Das wäre das Ergebnis einer rotroten Koalition, wenn sie an dem von Herrn Sarrazin vorgelegten Kurs festhalten würde. Um diese Frage geht es, und um diese Frage können Sie sich heute auch nicht herumdrücken.

wählen Sie eine andere Herangehensweise! Sagen Sie doch: Sie, die Koalition, wollten einen falschen Weg oder einen Weg, der nicht optimal ist, beschreiten. Sie haben sich aber darauf eingelassen, mit einer gesellschaftlichen Öffentlichkeit darüber zu kommunizieren, und einen Weg gefunden, der eine Mehrheit in der Öffentlichkeit findet, nämlich ein anderes Modell zu machen. – Wenn das aber zutrifft und wenn Sie das einmal anerkennen würden, könnten Sie auch einen zweiten Schritt gehen und sagen: Es gibt jetzt einen Weg, der für die Wissenschaftspolitik in dieser Stadt falsch sein könnte, nämlich sie kaputt zu sparen. – Sie könnten dann bemerken, dass es in dieser Koalition einen relevanten, einen überwiegenden Teil gibt und dass die Koalition die Festlegung getroffen hat, dass sie die Stärken dieser Stadt, die Wissenschaftspolitik, herausstellen will. Akzeptieren Sie doch einfach, dass die Koalition auch in solchen Punkten in der Lage sein wird, im Diskurs mit einer gesellschaftlichen Öffentlichkeit einen Weg zu finden, wie man es in einem Land mit einer Haushaltsnotlage schaffen kann, Bildungsinvestitionen vorzunehmen, die Bereiche, die Geld brauchen, zu finanzieren und gleichwohl zu schauen, wie nach einem zehn- bzw. zwölfjährigen Einsparungsstand trotzdem noch Möglichkeiten bestehen, auch im Wissenschaftsbereich an sinnvollen Punkten zu Einsparungen zu kommen und Strukturveränderungen vorzunehmen!

[Zurufe von der CDU: Aufhören!]

Es spricht doch – ein Beispiel nur genommen überhaupt nichts dagegen, die Lehrerinnen- und Lehrerbildung an den Hochschulen in einem Lehrerbildungszentrum zusammenzufassen. Das ist doch ein sinnvoller Vorschlag. Dazu sagen Sie immer nur: Das macht den Wissenschaftsstandort kaputt. – Dann müssen Sie auch einmal begründen, warum das so sein soll. Weil Sie nur pauschal und nicht differenziert argumentieren, sage ich Ihnen: Was Sie machen, besteht letztlich darin, sich nicht in die Auseinandersetzungen mit der Politik zu begeben, sondern Tatsachenbehauptungen aufzustellen und Wissenschaftspolitik von Haushaltspolitik zu trennen. Und das ist ein Problem, Frau Grütters!

[Beifall bei der PDS]

Nun hat Frau Abgeordnete Paus das Wort. – Bitte sehr!

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Noch einmal zu dem, was Herr Sarrazin gesagt hat: Herr Sarrazin hat zwar heute in der Fragestunde dementiert, dass er selber diese Kürzungspläne in der Größenordnung von 200 Millionen bis 600 Millionen € in einer Presseerklärung veröffentlicht hat. Aber in der Sache hat er gar nichts dementiert. Im Gegenteil: Herr Sarrazin hat heute gesagt, 85 000 ausfinanzierte Studienplätze in Berlin seien bis 2005 gesichert – also für die Laufzeit der Hochschulverträge. Ich habe mich aber auf die Koalitionsvereinbarung bezogen, und die gilt bis 2006, wenn sie denn die Legislaturperiode umfasst. Also müssen Sie sich heute schon zu der Frage verhalten – und darum geht es zentral in diesem FDP-Antrag –, wie Sie es mit der Koalitionsvereinbarung halten. Was haben wir denn von Ihrer Haltung heute zu halten? Kündigen Sie uns heute an, dass die Koalition ein Jahr vorher beendet wird? Kündigen Sie uns heute an, dass die Koalitionsvereinbarung nichts mehr wert ist? Was ist heute Ihre Position in dieser Frage?

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Hinsichtlich dieser Fragen sollten Sie sich heute einmal entscheiden! Sie können zwar formal argumentieren, der Antrag müsse erst noch in den Ausschuss wegen seiner Haushaltsrelevanz, aber die zentrale Frage lautet: Wie viel ist Ihre Koalitionsvereinbarung heute noch wert? – Und deswegen sollten wir heute über diesen Antrag abstimmen.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Noch einmal zu Ihrem Argument, Herr Flemming: Sie haben noch einmal ein bisschen um die Zahl von 85 000 Studienplätzen herumgeredet. Wir können uns auch noch einmal kurz erinnern, wie die Geschichte gewesen ist: 1993 waren es 115 000 Studienplätze, 1996 noch 100 000

Zum Antrag Drucksache 15/1605 bittet die Fraktion der FDP um sofortige Abstimmung. Allerdings hat die Fraktion der SPD bereits im Ältestenrat einen Überweisungsantrag an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung sowie an den Hauptausschuss gestellt. Darüber lasse ich zunächst abstimmen. Wer eine Überweisung wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit haben wir diese Überweisung mehrheitlich so beschlossen.

Studienplätze, in der Folgezeit sind dann wieder einige verloren gegangen, und ab 2001 waren es 85 000 Studienplätze. Es bestand stets nicht nur der Konsens, dass wir diese 85 000 ausfinanzierten Studienplätze brauchen, sondern – und darauf wurde schon hingewiesen – in Zeiten der Wissensgesellschaft und in Zeiten, wo die OECD klar anmahnt, dass die Bundesrepublik Schlusslicht bezüglich der Studienanfänger pro Jahrgang ist – wir müssen hinauf auf 40 % pro Jahrgang –, ist völlig klar, dass auch das Land Berlin 85 000 Studienplätze allein für die Landeskinder braucht. Und da können Sie nicht damit anfangen, aktuell sind es ein paar weniger. Genau in die Richtung muss eben die Politik gehen. Wir brauchen für eine Zukunftsfähigkeit des Landes Berlin 85 000 Studienplätze schon allein für die Landeskinder. Und wir sagen: Zur Stärkung der Internationalität der Stadt brauchen wir eben auch mittelfristig noch mehr.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Wir brauchen wenigstens wieder 100 000 Studienplätze in dieser Stadt – mittelfristig.

Ich möchte aber doch noch kurz etwas zu den anderen beiden Anträgen der FDP sagen, weil Sie es als Finanzierungspaket verkauft haben. Ein Argument hat Herr Flemming schon gebracht, das Hochschulrahmengesetz. Ich möchte noch eine weitere Vereinbarung hinzufügen, nur zur Kenntnis. Deutschland hat sich international vertraglich verpflichtet, ein gebührenfreies System für die postsekundäre Bildung zu etablieren und zu sichern. Das ist verankert in Artikel 13 des International Covenent on Economic and Social Cultural Rights. Das wird von der UNO auch jährlich überprüft und beobachtet. Die UNO sieht derzeit mit Sorge auf die Bundesrepublik Deutschland. Es gibt gute Gründe dafür, dass es diese völkerrechtliche Vereinbarung gibt. Es ist kein formales Argument, sondern das unterstreicht noch einmal zusätzlich die Bedeutung von Zugang zu Bildung, von gebührenfreier Bildung auch in Deutschland und auch in Berlin. Die zusätzlichen Argumente will ich jetzt nicht noch einmal weiter ausführen. Einige sind auch bekannt. Meine Redezeit ist jetzt beendet.

Aber eins wundert mich schon, dieses Doppelpaket von der FDP. Ich bin auch im Wirtschaftsausschuss, und da gibt es permanent Anträge und eine echte Gebührenphobie der FDP – Wasserpreise, dieses und jenes. Dass Sie jetzt in der Bildungspolitik damit anfangen, nicht nur über Studiengebühren zu reden, sondern auch noch diesen ganzen Katalog der Hochschulnutzungsgebühren aufzumachen und eine Gebührenitis an den Tag legen, das hat mich an diesen Anträgen doch verblüfft. Zum Schluss: Wir sagen ein klares Ja zu dem Antrag zur Sicherung der 85 000 ausfinanzierten Studienplätze, aber ein ebenso klares Nein zu Ihren anderen Anträgen. – Danke!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zu den beiden anderen Anträgen, Drucksache 15/1606 und 15/1607, empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung jeweils an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung. Ich höre dazu keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Die lfd. Nrn. 35 bis 44 sowie 44 A und 44 B sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 44 C:

Dringlicher Antrag

SEZ – kein Verkauf ohne Schwimmbadnutzung

Antrag der Grünen Drs 15/1645

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Eine Beratung wird nicht mehr gewünscht. Ich lasse zunächst über die beantragte Überweisung, und zwar an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport sowie an den Hauptausschuss abstimmen. Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 45:

Vorlage – zur Beschlussfassung –

Entwurf des Bebauungsplans I-202c im Bezirk Mitte, Ortsteil Mitte

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/1596

Eine Beratung wird nicht mehr gewünscht. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung der Vorlage des Bebauungsplans an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr sowie an den Hauptausschuss. Ich höre hierzu keinen Widerspruch. Dann haben wir dies so beschlossen.

Bevor ich die Sitzung schließe, habe ich Ihnen noch veränderte Ausschussüberweisungen mitzuteilen. Der Antrag der Fraktion der CDU über Gesetz über die Berufsakademie Berlin, Drucksache 15/1029, war vom Abgeordnetenhaus federführend an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung sowie mitberatend an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen überwiesen worden. Die Sprecherinnen und Sprecher in den Ausschüssen haben sich darauf verständigt, dass als mitberatender Ausschuss nunmehr allein der Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie zuständig sein soll.

Dies entspricht ebenfalls einer Überweisung von anderen Anträgen zum gleichen Thema. Hierzu erhebt sich kein Widerspruch.

Und noch ein Nachtrag zur lfd. Nr. 7: Die Vorlage – zur Beschlussfassung – zum Stellenpool, Drucksache 15/1564, wird zusätzlich an den Rechtsausschuss überwiesen. Ich höre auch hierzu keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Die nächste Sitzung des Abgeordnetenhauses findet am 22. Mai 2003 um 13 Uhr statt. Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Nachhauseweg.

[Schluss der Sitzung: 22.06 Uhr]

Anlage 1

Namentliche Abstimmung

Antrag

Missbilligung des Senators für Inneres Dr. Körting

Drs 15/1646 –

Fraktion der SPD

Dr. Arndt, Michael nein

Böger, Klaus nein

Borsky-Tausch, Karla nein