Protocol of the Session on December 13, 2001

Der Senat wird darüber hinaus in den nächsten Jahren viele nationale und internationale Wettkämpfe finanziell unterstützen. Und es wird auch weiterhin herausragende Sportveranstaltungen in Berlin geben. Vergangenes Wochenende hatten wir erst die WM im Formationstanz; ich nenne weiter: FINA-Worldcup im Schwimmen, WM im Volleyball, WM im Eisschnelllauf, WM im Volleyball der Männer, das Deutsche Turnfest – vielleicht kommen da noch einige dazu. Höhepunkt wird die Fußball-WM 2006 in Deutschland mit einem mit immensem finanziellen Aufwand sanierten Berliner Olympia-Stadion sein, wo wir einige wichtige Spiele und hoffentlich auch das Endspiel stattfinden lassen werden. Darüber hinaus wird das Olympiagelände zu einer Anlage mit vielfältiger Nutzung entwickelt. – Und denken wir bitte auch an die uns schon zur Tradition gewordenen Sportveranstaltungen: Berliner Sechs-Tage-Rennen, German Open der Damen, DFB-Pokalendspiele, ISTAF, Berlin-Marathon und, und, und.

Meine Bitte an Sie: Nutzen Sie gemeinsam mit der SPD-Fraktion die nächsten fünf Jahre unserer Legislatur zur Konsolidierung unserer Finanzen. Lassen Sie uns trotz Haushaltskrise vernünftige Rahmenbedingungen für die bevorstehenden Großereignisse schaffen, um später dann finanziell untersetzte Visionen

verantwortungsvoll erfüllen zu können. Um bei meinem Wunsch zu bleiben: Keine halbherzige, sondern eine reife und leidenschaftliche Bewerbung für die „Spiele der Welt“, vielleicht doch Olympia 2016?

[Matz (FDP): Das geht nicht!]

Das geht! [Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Vielen Dank, Frau Kollegin SeidelKalmutzki! – Für die Fraktion der CDU spricht jetzt der Kollege Axel Rabbach.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Tagen haben einige mich gefragt, warum wir das Thema heute überhaupt noch hier diskutieren, die Entscheidung sei doch gefallen. Nein sage ich, und Nein sagt auch die CDU-Fraktion. Es kann nicht in Hinterzimmern, wo sich Herr Liebich und Herr Strieder treffen und noch einige andere bedeutende künftige Koalitionäre,

[Zurufe der Abgn. Hoff (PDS) und Zimmer (CDU)]

eine wichtige Entscheidung für die Stadt getroffen werden. Diese Entscheidung gehört hier in unser Berliner Parlament. Hier wollen wir darüber diskutieren und heute eine Entscheidung treffen. [Beifall bei der CDU, der SPD, der PDS und den Grünen]

Und das ist auch dringend nötig; denn wenn ich von Frau Klotz höre „Wir haben das ISTAF in Berlin und den Marathonlauf, wir brauchen nicht Olympia!“ –

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Das sage ich nicht!]

und Herr Böger hat leider auch in diesem Zusammenhang nicht nur von der wichtigen Veranstaltung ISTAF geredet –, dann haben Sie die Bedeutung der Olympischen Spiele nicht begriffen. [Frau Dr. Klotz (Grüne): Ach!]

Wenn Sie in Ihren Antrag schreiben, die Olympischen Spiele seien eine großartige Sache, nur jetzt könnten wir sie uns nicht leisten – was war denn mit der Olympiabewerbung für das Jahr 2000? [Zuruf des Abg. Over (PDS)]

1993 war die Entscheidung. Da haben nicht Sie persönlich, aber Ihre Freunde und Frau Demba sind nach Monaco gefahren und haben sich Schilder umgehängt: „Berlin grüßt das IOC!“ In Monaco hat das IOC getagt und dann die Entscheidung für Sydney getroffen. Berlin war Mitbewerber. Und Sie haben nicht nur gegrüßt, Sie haben auch Knallfrösche und Knallbonbons auf das IOC geworfen. Kein Wunder, das hat die Bewerbung Berlins sicher maßgeblich beeinflusst. Ich meine nur, Sie heucheln hier rum. Sie sind eine Heuchlerin.

[Beifall bei der CDU]

„Heucheln“ ist keine Beleidigung. Dafür wird mich keiner rügen. Wenn Sie sagen, das ist eine großartige Veranstaltung, und 1993 stören Sie schon und versuchen, durch Kampagnen diese Veranstaltung kaputtzumachen, Frau Demba an der Spitze; Sie gehörten damals ja noch nicht dazu, aber vielleicht andere Grüne, die heute hier sind;

[Zuruf von der FDP: Unerhört!]

Herr Cramer war bei seinem Alter sicher auch schon dabei und hat strickenderweise die Olympischen Spiele und die Bewerbung gestört. Dann, finde ich, sollten Sie heute nicht sagen, das ist eine Veranstaltung, die Berlin braucht, die großartig ist; wir können sie bloß leider nicht finanzieren. – Nein, Sie sind von Grund auf aus ideologischen Gründen dagegen. Und wie die „Morgenpost“ vor einigen Tagen schrieb, – –

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Ich denke, die dürfen Sie gar nicht mehr lesen!]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Klotz?

Nein! Aber doch nicht von Herrn Cramer jetzt! Ich habe doch nur vier Minuten, Herr Cramer, und da wollen Sie mir zwei Minuten Redezeit stehlen. Nicht doch, nicht doch! – Also, die „Berliner Morgenpost“ schrieb vor einigen Tagen: „Die Grünen sind nicht in der Lage, ihre ideologische Mauer zu übersteigen.“

Aber ich will jetzt nicht ständig über die Grünen reden, ich will mal auf die Antwort von Herrn Böger eingehen, das ist ja mit meine Aufgabe. Herr Böger, ich nehme Ihnen ja ab, dass Sie innerlich für die Olympischen Spiele sind und dass Sie sich jetzt einem Mehrheitsbeschluss unterwerfen müssen. Das ist in der Demokratie so. Nur, so, wie Sie es begründet haben, dass Sie hier sprechen von optimistischen und pessimistischen Berechnungen. Denn wir wissen alle inzwischen, woher die optimistischen Berechnungen kommen, aus welchem Hause, und wir wissen auch, woher die pessimistischen Berechnungen kommen; nämlich die mit den sieben Sporthallen. Und die mit den sieben Sporthallen und 6 bis 7 Milliarden DM für das Olympische Dorf, die hat Herr Strieder in seinem Hause anfertigen lassen, nämlich nach der Devise – und das ist längst überholt –: Wir brauchen für jede Sportart eine eigene Halle. Inzwischen wissen wir doch, dass das verschachtelt wird. Die Olympischen Spiele gehen 16 Tage, anschließend folgen die Paralympics, da braucht man nicht für jede Sportart eine Sporthalle. Das hat aber Herr Strieder gemacht, um die Kosten hochzuziehen, um dem Volke und insbesondere auch der SPD-Fraktion – bei uns landet er damit nicht, sicher auch nicht bei der FDP-Fraktion – zu begründen: Wir begeben uns in ein so großes finanzielles Risiko, das können wir nicht machen. Nein! Weil schon vorher bei den Ampelkoalitionsverhandlungen die FDP, wenn ich mal aus der Presse zitieren darf, Herr Dr. Rexroth, dafür und die Grünen dagegen waren, und Herr Wowereit hat sich beruhigt zurückgelegt, wie das seine Art ist, und dazu nichts gesagt.

Ich will noch mal ein Wort zur FDP sagen. Es ist natürlich folgerichtig, Herr Dr. Rexroth, wenn Sie als ehemaliger Wirtschaftsminister und auch – –

Herr Kollege Rabbach! Die Zeit neigt sich dem Ende zu. Aber sie wird wieder mehr, denn der Kollege Cramer hat eine Kurzintervention begehrt, die ihm zusteht. Und danach kommt eine Replik von Ihnen, jeweils drei Minuten.

Ja, gut. Dann will ich jetzt nur noch meinen Satz bezüglich der FDP beenden. – Wenn Herr Rexroth als Mister Wirtschaft im Wahlkampf auftritt,

[Cramer (Grüne): Mister Misswirtschaft!]

als früherer Bundeswirtschaftsminister hat man ihm die Rolle abgenommen, dann ist er natürlich und die FDP-Fraktion auch glaubwürdig darin, wenn sie jetzt für die Olympischen Spiele eintreten. Es ist doch ganz klar, die Frage der Arbeitsplätze, was es einbringt, was es langfristig und mittelfristig einbringt, ist ja von keinem der Redner der künftigen Koalition hier irgendwie bewiesen worden. Und sie sind dieser Frage auch nicht nachgegangen, sondern Herr Liebich hat die Sache an sich schlechtgemacht, hat nur die Nachteile aufgezählt. – Schönen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das Wort hat für eine Kurzintervention der Kollege Cramer von den Grünen, danach Herr Rabbach zur Replik, wenn er will.

Herr Rabbach! Zunächst einmal möchte ich in meinem Namen und auch im Namen von Frau Klotz die von Ihnen uns vorgeworfene „Verlogenheit“ zurückweisen. Wenn Sie an Amnesie leiden und nicht mehr genau wissen, wie die

Geschichte von 1989 bis heute in Berlin vonstatten gegangen ist, dann ist das Ihr Problem. Halten Sie sich mit solchen Beleidigungen doch bitte schön zurück!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Um es klarzumachen: 1993 waren wir dagegen, aber – ich kann Ihnen weiterhelfen – 1989/90 waren wir für die Olympischen Spiele, und zwar in Ost- und Westberlin. Die damalige rotgrüne Koalition hatte das beschlossen und hatte angestrebt, mit der DDR Verhandlungen aufzunehmen, damit in Berlin Olympische Spiele stattfinden können, um mit diesem Ereignis die Mauer durchlässig zu machen. Wir waren für die Olympischen Spiele, sowohl aus sportlichen als auch aus politischen Gründen.

[Beifall bei den Grünen und der SPD]

Als dann die Mauer fiel, Gott sei Dank, nicht durch die Olympischen Spiele, sondern durch den massenhaften Widerstand in der DDR, hatte Berlin andere Aufgaben: Wir mussten die beiden Stadthälften, die 40 Jahre lang gespalten waren, zusammenfügen.

[Niedergesäß (CDU): Wir!]

Wir mussten nach dem Beschluss vom 20. Juni 1991, nach dem Berlin wieder deutsche Hauptstadt wurde, Berlin fit machen, denn 1995 wollten Bundesregierung und Parlament nach Berlin. Und mit diesen beiden Aufgaben war Berlin schon überfordert. Und deshalb haben wir bereits 1991 im Sommer gefordert, dass Berlin auf die Olympischen Spiele verzichtet, um ein Zeichen zu setzen, von der Raffkementaliät Abstand zu nehmen und auch dem Ruhrgebiet zu zeigen: Ihr müsst auf Bonn als Hauptstadt verzichten, wir helfen euch beim Neuaufbau, wir verzichten auf Olympia und unterstützen eure Bewerbung. – Das wäre die richtige Entscheidung gewesen. Statt dessen, das Ergebnis kennen Sie, hatten wir Pleiten, Pech und Pannen, haben eine Hochverschuldung, die bis heute anhält und die in Landowsky nur den i-Punkt gefunden hat. So viel zu Ihrer Geschichtskenntnis.

[Beifall bei den Grünen, der PDS und der SPD]

Das Wort zur Replik hat der Kollege Rabbach! – Es wurde darauf hingewiesen, dass die im Grenzbereich der politischen Bewertung befindlichen Begrifflichkeiten geschärft werden. Dort, wo sie persönlich wehtun, sollen sie gemildert werden.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die Heuchelei, die hier stattfindet, Ihnen persönlich wehtut, dann sollten Sie es nicht tun! – Aber Herr Cramer, wie soll ich das jetzt nennen, was Sie tun? Sie sagen, Sie waren 1989 für die Olympiabewerbung, 1993 nicht. Warum denn?

[Cramer (Grüne): Hab’ ich doch gesagt!]

Da haben Sie ja wieder nicht die Wahrheit gesagt. Ich war ja als Sportstadtrat in Charlottenburg seinerzeit da mit eingebunden. Ich weiß auch genau, wie es gelaufen ist. 1989 hatten wir doch einen rot-grünen Senat. Und Herr Momper, der Regierende Bürgermeister, hat erst gegen Ihren Widerstand – dann haben Sie mitgemacht – die Olympiabewerbung angeschoben. Und was hatten wir 1993? – Einen von der CDU geführten Senat. Und plötzlich waren die Grünen dagegen. Darum geht es doch. Und wenn ich mich an Ihren Beitrag zur Wiedervereinigung erinnere, dann habe ich eines noch in Erinnerung: Ihr einziger Beitrag war immer das Gerede über den Radwanderweg an der Mauer. Sonst habe ich keinen anderen Beitrag von Ihnen vernommen.

[Beifall bei der CDU]

Wenn ich noch mal die drei Minuten nutzen darf, um ein Wort zu Herrn Gysi zu sagen: In der „Berliner Morgenpost“ stand vor ein, zwei Wochen ein Interview von Ihnen, da haben Sie gesagt: Die Bewerbung um die Olympischen Spiele sei kein Problem, das könne man machen, aber wenn man sie bekäme, dann

würde es schwierig. Dann frage ich mich, wo Sie ja Senator werden wollen, wofür sind Senatoren eigentlich da, außer, um schwierige Probleme zu lösen.

[Cramer (Grüne): Wenn sie das mal machen würden!]

Dafür kriegen die Senatoren rund 300 000 DM im Jahr. Aber es kann doch nicht daraus bestehen, dass der eine hier als städtischer Partymeister bezeichnet wird und der andere als nationaler – Sie nicht, aber Sie werden auch als ein anderer bezeichnet – Talkshowheiliger. Oder ist die Bezeichnung von mir? – Das weiß ich jetzt nicht.