Protocol of the Session on September 12, 2002

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lindner?

Ja, bitte schön!

[Pewestorff (PDS): Wenn er etwas lernen kann!]

Herr Lindner, Sie haben das Wort!

Wollen Sie bitte zur Kenntnis nehmen und akzeptieren, dass ich

[Zurufe von links: Fragen!]

auf die Überschriften in der „BZ“ oder in anderen Presseorganen keinerlei Einfluss habe,

[Zurufe von links]

sondern dass die Überschriften ausschließlich in der Verantwortlichkeit der Redaktion dieser Zeitung liegen?

Wenn Zitate in der Zeitung in Anführungsstriche gesetzt werden, dann gehe ich davon aus, dass das Originalzitate sind.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Ich habe die Grundsätze aufgezählt, weil ich darauf hinweisen wollte, dass es in der Vergangenheit – darauf hat auch Herr Henkel hingewiesen – guter Brauch gewesen ist, über Dinge, die zu Kritik an der Amtsführung des Präsidenten geführt haben und aus Sicht einer oder mehrerer Fraktionen kritikwürdig gewesen sind, im Ältestenrat zu sprechen. Ich fordere Sie auf, zu diesem Verfahren zurückzukehren.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Einige der von Ihnen im Antrag begründeten Punkte wurden bereits im Ältestenrat angesprochen und erörtert und werden jetzt in diesem Antrag wieder aufgewärmt.

[Dr. Lindner (FDP): Aber unbefriedigend erörtert!]

Dazu komme ich gleich! – Sie haben von Herrn Momper auch einen Brief bekommen, in dem er auf die einzelnen Punkte, die Sie ihm vorwerfen, eingegangen ist. Das haben Sie in der Debatte eben nicht erwähnt.

[Ritzmann (FDP): Er hat alles abgestritten! Das ist der Brief!]

Zweitens: Andere Punkte, die Sie aufführen, haben Sie von vornherein nicht im Ältestenrat angesprochen, sondern haben den Weg gewählt, dies in der Öffentlichkeit über Medien zu kommunizieren. Die Frage ist für mich: Was beabsichtigen Sie mit diesem Antrag? Die Leitung des Abgeordnetenhauses durch Herrn Momper kritisieren Sie in einem einzigen Punkt, und zwar – wie Sie in Ihrer Begründung schreiben:

Die wertende Kommentierung eines Redebeitrags des Abgeordneten Jungnickel durch den Präsidenten.

Dafür hat sich der Präsident noch in der selben Sitzung entschuldigt. Ich weiß gar nicht, weshalb dieser Punkt noch einmal aufgeführt wurde.

[Beifall bei der PDS und der SPD – Zurufe des Abg. Dr. Lindner (FDP)]

Regen Sie sich ab! Nehmen Sie eine Valium, dann bleiben Sie etwas ruhiger.

[Beifall bei der PDS und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Sie schreiben in der Begründung Ihres Antrags, der Präsident habe – gegen den ausdrücklichen Widerspruch der gesamten Opposition – die von der PDS vorgeschlagene Schriftstellerin Daniela Dahn für die Verleihung der Louise-Schroeder-Medaille benannt. Was soll dieser Vorwurf? – Die gesamte Opposition hat nicht die Mehrheit in diesem Haus. Sonst wäre sie ja nicht die Opposition.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

(A) (C)

(B) (D)

Bei der Abstimmung im Präsidium darüber, wer für die Verleihung vorgeschlagen werden soll, hat die Vertretung Ihrer Fraktion gefehlt. Warum beschweren Sie sich über das Abstimmungsergebnis?

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Sie wissen genauso gut wir ich, dass es inzwischen – darüber werden wir nachher abstimmen – ein Verfahren gibt, auf das wir uns geeinigt haben, wie wir künftig mit der Verleihung der LouiseSchroeder-Medaille verfahren wollen. Darüber haben wir gesprochen und dabei aus Fehlern der Vergangenheit gelernt.

Sie werfen dem Präsidenten die Verquickung von Amt und Parteipolitik vor.

[Wieland (Grüne): Warum wohl?]

Der Präsident und seine Stellvertreter – das sagte Herr Ritzmann richtig – sind zugleich Abgeordnete, die sich als solche jederzeit äußern können. Natürlich ist das ein schwieriger Balanceakt, weil in der Öffentlichkeit jede Äußerung des Abgeordneten Momper als Äußerung des Präsidenten gewertet wird. So geht es auch anderen Präsidenten, dem Bundestagspräsident und den Präsidenten der Landtage. [Zurufe]

Und dennoch äußern Sie sich hin und wieder zu aktuellen politischen Debatten, ohne dass daran jemand Anstoß nimmt – zumindest nicht in der von Ihnen heute hier vorgetragenen Form.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Sie fordern uns auf, den Präsidenten abzuwählen, wenn er sein Verhalten nicht ändert. Sie schreiben:

Damit hat er dem Amt des Parlamentspräsidenten, dem Ansehen des Parlaments geschadet.

Vielmehr ist es aber so, dass Ihr Antrag und die Tatsache, dass wir heute darüber reden, dem Ansehen des Parlaments schaden.

In der Begründung Ihres Antrags schreiben Sie:

Sollte Walter Momper auch in Zukunft sein Amt nicht von seiner Parteiarbeit trennen können, wird das Abgeordnetenhaus darüber befinden, ob er die richtige Besetzung für das Amt des Präsidenten ist.

Das ist eine Demontage des Präsidenten. Das schädigt dem Ansehen dieses Hauses. Deswegen machen wir Ihr Affentheater nicht mit. [Beifall bei der PDS und der SPD]

Für die Fraktion der Grünen hat die Abgeordnete Dr. Klotz das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Parlamentspräsidentin, die mir in den vergangenen elf Jahren im nachhaltigsten in Erinnerung geblieben ist, ist Hanna-Renate Laurien. Das ist sie nicht, weil sie die unparteiischste war – das war vielleicht zum Unwillen der CDU der Kollege Führer –, sondern weil sie das meiste Profil hatte – zu ihrem eigenen Nutzen, zum Nutzen der CDU, aber auch zum Nutzen des gesamten Abgeordnetenhauses. Hanna-Renate Laurien liebte und liebt das deutliche Wort – nicht immer zu unserer Freude, mitunter jedoch auch nicht zur Freude der CDU –, aber oft zu unser aller Erheiterung. Wer hat ihre einmalige Einweisung in die Abstimmungsanlage dieses Hauses vergessen? War es ein Affront, dass sie, als der Abgeordnete Franke die Anlage nicht richtig bedienen konnte, die Vermutung äußerte, er habe möglicherweise statt der Abstimmungskarte eine EC-Karte benutzt? – Ich gebe zu, dass wir uns manchmal über sie geärgert haben, aber insgesamt hat sie für eine parteipolitische Instrumentalisierung des Amtes nicht zur Verfügung gestanden.

[Zuruf von der CDU: Sie hat Grottian als falschen Bischof enttarnt]

Und heute wird Grottian von Stölzl unterstützt. Schauen Sie, wohin das führt!

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]

Der heute zu beratende Antrag der FDP ist aus unserer Sicht überflüssig. Er zwingt mich und meine Fraktion, uns hier für Walter Momper zu entscheiden, obwohl uns an seiner Amtsführung wahrlich nicht alles gefällt. Aber was hier die FDP versucht, ist mehr als durchsichtig und allzu platt. Da die Fraktionen der SPD, der CDU und der PDS die Präsidenten und Vizepräsidenten untereinander aufteilen und gar nicht auf die Idee kommen, die kleineren Fraktionen, die FDP und die Grünen, daran zu beteiligen, werde ich nie in die Versuchung geraten, Kommentare zur Leitung der Sitzung abzugeben.

[Czaja (CDU): Vielleicht als Alterspräsidentin!]

Aber ganz ehrlich: Auch mir würde – nicht nur beim Kollegen Jungnickel, sondern auch beim Kollegen Niedergesäß oder den oft sehr gehaltvollen Ausführungen der Kollegin Spranger – die eine oder andere Bemerkung herausrutschen. Auch wenn Herr Dr. Zotl zur Verwaltungsreform redet, hätte ich das Bedürfnis, eine Einleitung zu machen.

Nun zu Walter Momper: Ich werde meine Rede nicht als Nachruf gestalten – auch wenn die FDP das getan hat –, weil es sich hier nicht um eine Spaßveranstaltung handelt. Walter Momper hat den Hang zu manchmal etwas eigenwilligen Kommentaren. Das hat er aber nicht weniger als der Vizepräsident Stölzl, der sich in der Vergangenheit auch so manche Bemerkung nicht verkneifen konnte.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]