Protocol of the Session on September 12, 2002

Danke schön! – Für die SPDFraktion hat das Wort der Abgeordnete Herr Gaebler. – Bitte sehr!

[Pewestorff (PDS): Da spricht die Arbeiterbewegung!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Korruption ist ein ernsthaftes Problem, nicht nur im öffentlichen Bereich, sondern auch in der privaten Wirtschaft.

[Dr. Augstin (FDP): Bei der SPD vor allen Dingen!]

Deshalb sollte es auch ernsthaft und mit dem Willen nach wirksamer Bekämpfung auf allen Ebenen und in allen Bereichen der Gesellschaft behandelt werden.

[Dr. Augstin (FDP): Nichts verschleiern!]

Die Vorgänge in Köln sind schwere Verfehlungen politischer Verantwortungsträger, vor allem von der SPD. Hier gibt es nichts zu beschönigen. Hier darf auch nichts unter den Tisch gekehrt werden.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Teppich!]

Diese Vorgänge machen den Handlungsbedarf bei der Korruptionsbekämpfung auch in den eigenen Reihen deutlich. Wir müssen durch transparente Entscheidungsstrukturen und wirksame Kontrollmechanismen Korruption überall bekämpfen, ohne Ansehen der Person und der Parteizugehörigkeit.

[Beifall bei der SPD, der PDS und der FDP]

Die SPD ist ihrer Verantwortung zu einer schnellen, rückhaltlosen Aufklärung gerecht geworden. Die Vorgänge sind mit hohem Tempo und klaren Konsequenzen aufgearbeitet worden.

[Ritzmann (FDP): Aber doch nicht von der SPD!]

Der letzte Fall ist heute gerade wieder durch die Presse gegangen. Es gibt einen weiteren Parteiausschluss im Nachgang dieser Spendenaffäre. Daran können sich andere Parteien in Deutschland ein Beispiel nehmen!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Ihnen, meine Damen und Herren von der FDP, geht es hier aber offensichtlich nicht um eine sachliche Diskussion. Sie kommen heute mit einem Antrag, der das Datum vom 18. Juni trägt. Die von Ihnen vorgelegte Entschließung ist eine billige Retourkutsche, Revanche für die von den anderen Fraktionen dieses Hauses getragene Entschließung gegen die von Herrn Möllemann vorangetriebene und von zu vielen in der FDP geduldete Haiderisierung ihrer Politik.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Beifall des Abg. Ratzmann (Grüne)]

Sie zeigt, dass Sie nichts, aber auch gar nichts verstanden haben.

Sie haben heute wieder einmal Ihre Glaubensbekenntnisse zur Privatisierung als Allheilmittel heruntergebetet.

[Dr. Lindner (FDP): Ich mache Ihnen gute Vorschläge!]

Sie wollen Korruption durch Privatisierung bekämpfen. Die Schlichtheit Ihrer Argumentation erhöht aber weder deren Wahrheitsgehalt noch Ihre Glaubwürdigkeit. Daseinsvorsorge für alle Bürger ist eine staatliche Aufgabe.

[Dr. Lindner (FDP): Aber kein staatliches Monopol!]

Die können Sie nicht unkontrolliert dem freien Markt überlassen. Dazu gehören Wasserver- und -entsorgung, Abfallentsorgung und öffentlicher Nahverkehr. Die staatliche Regulierung und Kontrolle dieser Bereiche ist für ein soziales Gemeinwesen unverzichtbar. [Beifall bei der SPD, der PDS – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Dr. Lindner (FDP): So ein Blödsinn!]

Im Übrigen steht im Zentrum des Kölner Skandals eine Privatfirma, die Firma Trienekens, der die Stadtteile die Abfallentsorgung übertragen hatte. Deshalb sind Kontrolle und Transparenz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge das Ziel, für das wir arbeiten müssen, nicht die pauschale Übergabe aller öffentlichen Dienstleistungen an die Privatwirtschaft.

[Beifall bei der PDS]

Herr Dr. Lindner, sagt Ihnen eigentlich der Name Bangemann etwas? [Zuruf des Abg. Gram (CDU)]

Er ist immer noch Mitglied der FDP, wenn ich mich nicht irre. Herr Bangemann war damals ganz clever. Er hat erst als EUKommissar die Rahmenbedingungen für die Öffnung des Telekommunikationsmarktes ausgearbeitet und durchgesetzt und anschließend bei der spanischen Telefongesellschaft die

Früchte seiner Arbeit privat geerntet. Ist das das FDP-Modell von Wettbewerb und Privatinitiative?

[Beifall bei der SPD und der PDS – Beifall des Abg. Mutlu (Grüne) – Ritzmann (FDP): Das ist Korruption!]

Was haben Sie eigentlich parteiintern gegen Herrn Bangemann unternommen? – Nichts, aber auch gar nichts! Warum ist Herr Möllemann eigentlich noch stellvertretender Parteivorsitzender und jetzt als Gesundheitsminister im Gespräch? Ist er es, weil er als Bundesminister die Wirtschaftsförderung sehr privat für den Familienkreis umgesetzt hat und für die Einkaufchips seines Schwagers Empfehlungsschreiben verfasste, weil er die Antworten auf Protestbriefe an den stellvertretenden Parteivorsitzenden für seine Entgleisungen gegen Herrn Friedman und die jüdischen Mitbürger auf Kosten der nordrhein-westfälischen Steuerzahler verschickte? Wo ist Ihr Mister Wirtschaft, Herr Rexrodt, geblieben? Erstens ist er, wie hier schon gesagt wurde, einer der Väter der Bankgesellschaft. Zweitens will er keine politische Verantwortung in Berlin übernehmen, weil er sonst seine Aufsichtsratsposten nicht mehr wahrnehmen könnte.

[Pewestorff (PDS): Clever!]

Die Spaßpartei FDP ist offensichtlich vor allem an Spaß für ihre Mandats- und Funktionsträger interessiert.

[Ritzmann (FDP): Lachen Sie doch mal!]

Die Bürger können darüber aber nicht mehr lachen. Herr Westerwelle wird immer mehr zum Platzhalter von Möllemann und wird wohl bald den Riess-Passer-Weg gehen, allerdings ohne den Umweg über die Vizekanzlerschaft.

[Beifall bei der SPD, der PDS – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Dr. Lindner (FDP): Jetzt gibt er es uns aber!]

Die SPD hat aus den Fehlern von Köln gelernt, zügig aufgeklärt und personelle Konsequenzen gezogen. Wir werden innerhalb und außerhalb der Partei auf allen Ebenen für wirksame Kontrollen gegen Korruption und Vetternwirtschaft eintreten. Dazu, meine Damen und Herren von der FDP, brauchen wir von Ihnen nun wirklich keine ideologiegefärbten Belehrungen. Ihren Antrag werden wir daher ablehnen!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön! – Für die CDU hat das Wort der Abgeordnete Herr Gram. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Antrag der FDP liegt eine traurige, aber wahre Erkenntnis zugrunde. Überall dort, wo sich Möglichkeiten bieten, an Aufsichtsgremien, Ausschreibungsgremien oder anderen Institutionen vorbei – wie die Justiz es nennt –, Unrechtsabreden in kleinem Kreis zu treffen, wird dies vielfach ohne Hemmungen getan. Die vielen Fälle der Korruptionen in unserem Land, gerade im Bereich der Grundstücksausschreibungen oder im Vergabebereich von Bauleistungen, zeigen dies leider immer wieder deutlich.

Man hat in der Zwischenzeit fast den Eindruck gewonnen, lieber Kollege Gaebler – Sie haben das auch bestätigt –, dieses Phänomen beträfe nur Politiker und Parteien. Dem ist aber nicht so! Auch Menschen außerhalb der unmittelbaren Politik, wie beispielsweise in Verwaltungen oder in der Wirtschaft, erliegen zuweilen den Verlockungen, wenn sich eine günstige Gelegenheit bietet. Man denke nur daran, dass in den 90er Jahren in der Stadtverwaltung Frankfurt in nahezu 1 000 Fällen wegen Korruption ermittelt wurde.

Die Fälle, in denen Menschen außerhalb des politischen Einflussbereichs korruptives Verhalten zeigen, können nur mit den vorhandenen strafrechtlichen Regelungen geahndet werden. Aber dort, wo Vergabeverfahren insbesondere im Bau- und Grundstückswesen von der Politik beeinflusst werden können, Herr Kollege Dr. Lindner – das war vielleicht Ihr Anliegen –,

[Dr. Lindner (FDP): So ist es!]

ist – hier ist Ihnen auch Recht zu geben –, äußerste Wachsamkeit geboten. Hier muss die Politik mit allen vorhandenen Mitteln Transparenz schaffen, um korrupte Beziehungsgeflechte zu verhindern. Zum Beispiel ist eher eine Beteiligung einer Mehrzahl statt einer Minderzahl von Beamten oder Entscheidungsträgern an den Vergabeverfahren wünschenswert, um Korruption zu verhindern.

Meine Partei – ich bringe es wirklich einmal auf die sachliche Ebene – bietet allen Kollegen in diesem Haus an, für den Bereich, in dem wir Regelungskompetenz haben, ohne Rücksicht auf bestehende Strukturen, die im Land geltenden Regelungen auf Schwachstellen zu durchforsten und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten, um Korruption zu verhindern.

[Beifall bei der CDU, der SPD und bei der FDP – Mutlu (Grüne): Da haben Sie genug Zeit!]

Ich freue mich, dass auch die SPD klatscht! Alle hier vertretenen Parteien sollten dies aus guten Gründen tun.

In der letzten Zeit hatte man den bewusst vermittelten Eindruck,