Protocol of the Session on August 29, 2002

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Präsident Momper

Wir kommen nun zur Vereidigung. Die muss schon sein, bevor Herr Wolf sein Amt antritt. Danach können ihm alle gratulieren. – Ich möchte Sie, Herr Wolf, nunmehr bitten, zur Vereidung und Entgegennahme der Urkunde nach vorn in die Mitte des Saales zu kommen. Ich bitte die Mitglieder des Hauses, sich zur Vereidigung zu erheben. – Danke schön.

Herr Wolf, die Mitglieder des Senats leisten nach ihrer Annahme der Wahl vor der Übernahme ihres Amtes vor dem Abgeordnetenhaus den folgenden Eid: „Ich schwöre, mein Amt gerecht und unparteiisch getreu der Verfassung und den Gesetzen zu führen und meine ganze Kraft dem Wohl des Volkes zu widmen.“ Ich bitte Sie, Herr Wolf, mit der Schwurformel „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe!“ oder mit der Formel „Ich schwöre es!“ den Schwur zu vollziehen.

Ich schwöre es!

Danke! Dann sind Sie damit vereidigt. Ich darf Ihnen noch die Ernennungsurkunde überreichen und Ihnen gratulieren. Ich wünsche Ihnen alles Gute!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Vielleicht können wir die Gratulationscour ein bisschen an den Rand des Plenums verlegen. Das würde uns allen nützen. Dann könnten wir nämlich schon mal fortfahren. Herr Kaczmarek oder Frau Fugmann-Heesing, wenn Sie Herrn Wolf gleich etwas weiter nach links rücken könnten,

[Heiterkeit und Beifall]

dann können wir hier fortfahren. Das soll ja die Qualität der Glückwünsche in keiner Weise beeinträchtigen.

Die Vereidigung und die Urkundenübergabe ist erfolgt. Wir fahren mit der Tagesordnung fort, und zwar mit den drei Anträgen der Fraktion der FDP Drucksachen 15/672, 15/692 und 15/695, zu denen der Ältestenrat jeweils die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie empfiehlt.

Zum Antrag 15/695 bittet inzwischen die antragstellende Fraktion der FDP um die sofortige Abstimmung, da sie keine Notwendigkeit sieht, ihn im Ausschuss zu beraten. Dann können wir sofort abstimmen. Das gilt nur für Drucksache 15/695. Wer dem FDP-Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Keine Enthaltung. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist dieser Antrag abgelehnt.

Wer den anderen genannten Überweisungen der Drucksachen 15/672 und 15/692 an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Das war einstimmig. Die Überweisungen sind so beschlossen.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 3, Drucksache 15/623:

II. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen über Gesetz zur Änderung des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG), Drucksache 15/299, gemäß Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen vom 12. Juni 2002 und des Hauptausschusses vom 26. Juni 2002

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatungen der beiden Artikel miteinander zu verbinden, und höre dazu auch keinen Widerspruch. Ich rufe also die Artikel I und II, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut der Drucksache 15/299 auf. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Die Ausschüsse empfehlen mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion der CDU die Ableh

nung des Änderungsgesetzes. Wir kommen nun zur Abstimmung. Wer dem Gesetz zur Änderung des Landesgleichstellungsgesetzes Drucksache 15/299 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Bei Enthaltung der CDU hat Bündnis 90/Die Grünen dafür gestimmt und die übrigen Fraktionen dagegen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 4, Drucksache 15/627:

II. Lesung des Antrags der Fraktion der CDU über Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes, Drucksachen 15/362 und 15/362-1, gemäß Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Jugend, Familie, Schule und Sport vom 20. Juni 2002 und des Hauptausschusses vom 26. Juni 2002

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatungen der beiden Artikel miteinander zu verbinden, und höre dazu auch keinen Widerspruch. Ich rufe also Artikel I und II, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut der Drucksache 15/362 auf. Der Beratungsvorbehalt der CDU ist erledigt, so ist mir gesagt worden. – Dem ist so. Die Ausschüsse empfehlen mehrheitlich die Ablehnung des CDU-Antrags. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes Drucksache 15/362-1 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. – Danke! Die Gegenprobe! – Letzteres war die Mehrheit. Mit den Stimmen von SPD und PDS gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen, FDP und CDU ist dieser Antrag abgelehnt. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 4 A, Drucksache 15/713:

II. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz zum Staatsvertrag über die Bereitstellung von Mitteln aus den Oddset-Sportwetten mit der Veranstaltung der FIFA-Fußballweltmeisterschaft Deutschland 2006, Drucksache 15/583, gemäß Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 28. August 2002

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatungen der beiden Paragraphen miteinander zu verbinden, und höre auch hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf Artikel I und II, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut der Drucksache 15/583 einschließlich des Staatsvertrages in der Anlage zur Beschlussempfehlung Drucksache 15/713. Eine Beratung wird nicht gewünscht. Der Hauptausschuss empfiehlt einstimmig bei Enthaltung von CDU, FDP und einer Stimme aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Annahme des Gesetzes. Wir kommen also zur Abstimmung. Wer dem Gesetz auf der Grundlage der Vorlage – Beschlussfassung – Drucksache 15/583 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die SPD? – Herr Gaebler! – So, das sind die Stimmen von PDS und SPD. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Mit den Stimmen von SPD und PDS angenommen bei Enthaltung der übrigen Fraktionen.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 5, Drucksache 15/632:

I. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Landesrundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg

Ich eröffne die I. Lesung. Für die Fraktion der CDU hat Frau Grütters dazu das Wort. – Bitte schön, Frau Grütters! – Fünf Minuten!

(A) (C)

(B) (D)

Herr Wowereit ist nicht im Raum. So wichtig scheint es ihm nicht mehr zu sein, wie es in den Wahlen im vergangenen Jahr war.

[Frau Ströver (Grüne): Er muss zitiert werden!]

Herr Präsident! Es wäre schön, wenn Sie den Regierenden Bürgermeister in den Raum holen würden.

Der Staatsvertrag zur Errichtung einer gemeinsamen Landesrundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg liegt uns nun allen vor. Wie mühsam ist es doch gewesen, die Debatte bis hierher zu führen. Dabei hatte niemand das Bemühen um eine Fusion ernsthaft bestritten. Im Gegenteil, trotz zum Teil erheblicher Zweifel, wie sinnvoll sie ist, haben alle Beteiligten am Zustandekommen des Vertrags mitgewirkt.

Aber erinnern wir uns: Ein ganz schneller Erfolg für Wowereit sollte es im Wahlkampf 2001 werden. Am liebsten hätten die Herren es gesehen, wenn kurz vor dem Wahltermin im Oktober letzten Jahres die Ministerpräsidenten Stolpe und Wowereit flott per Unterschrift das Vorhaben beschlossen und sich jubelnd über ihrer Beute hätten ablichten lassen können. Ganz so einfach, ganz so hektisch und ganz so rücksichtslos ging es dann doch nicht. Schließlich hat man es immer noch mit an die 1 000 Mitarbeitern in beiden Sendern zu tun, ganz zu schweigen von den Millionen Gebührenzahlern, Zuschauern und Zuhörern. Um die hat sich bis heute niemand gekümmert. Einmal nachzuforschen, was die meinen, ist den Verantwortlichen ihre Anstrengung offensichtlich nicht wert. Aber ich frage Sie, um wen geht es eigentlich, wenn nicht um diese Zuschauer und Zuhörer, also um die Kunden? Es gibt wirklich stichhaltige Argumente für eine Fusion in einer sich dramatisch verändernden Medienlandschaft in Deutschland. Deshalb hat sich auch die CDU nicht verweigert, sondern ihre Vorstellungen in den Diskussionsprozess eingebracht.

Aber die Fusion – man merkt es auch dem Vertrag an, der uns heute vorliegt – leidet an einem Geburtsfehler. Sie ist kein Selbstzweck, und sie ist schon gar nicht dazu geeignet, einem ansonsten phantasielosen Senat zum einzigen schnellen Erfolg zu verhelfen, im Zweifelsfall eben über die Köpfe der Betroffenen hinweg. Offensichtlich in Ermangelung einer Vision und einer Konzeption für die Entwicklung Berlins, der Lösung der Haushaltsprobleme und einer Perspektive für ein gemeinsames Bundesland hat diese hastige Senderfusion von SFB und ORB auf der Tagesordnung gestanden. Es war aber eben dieses kopflose Vorgehen, das sich dann in der gesamten Detailplanung bemerkbar gemacht hat. Wir haben nur über Strukturen geredet statt über den eigentlichen Auftrag, nämlich das Programm. Dabei haben die Strukturen eine dienende Funktion gegenüber den Inhalten. Wegen der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verbietet sich eben auch eine Einmischung in die Programminhalte, aber die Sender hätten ihrerseits anders vorgehen können, als es geschehen ist.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Lindner (FDP): So ist es!]

Diese Sender hätten als Ausgangspunkt einmal darstellen müssen, wie sie sich ein gemeinsames Programm im Groben vorstellen, um dann zu beziffern, wie ein solches Programmschema finanziert werden kann. Spätestens hier hätte jeder auch noch so Fusionsbegeisterte, Herr Wowereit, festgestellt, dass unser alter Vorbehalt sehr berechtigt war, nämlich: Zwei Arme machen bekanntlich keinen Reichen. SFB und ORB können mit ihrem jetzigen Gebührenaufkommen mit Sicherheit kein gemeinsames Programm bewältigen, das ernsthaft zu einer Stärkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Region führt. Das genau aber war und ist der Schlachtruf, der die Fusion rechtfertigen soll. Wir werden es noch sehen, wie viele „Tatorte“ sich der künftige RBB wird leisten können.

Beim Fernsehprogramm muss die Regionalberichterstattung nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten ebenso gesichert werden wie die Hauptstadtberichterstattung, und dazu gehört unserer Meinung nach die Wirkung der Metropole Berlin, dazu

gehört die deutliche Stimme der Kultur, die auch im Rundfunkrat noch angemessen berücksichtigt werden muss – anders jedenfalls, als es derzeit vorgesehen ist. All das ist bis jetzt nicht einmal im Ansatz erkennbar.

Im Hörfunk ist die Reduzierung der öffentlich-rechtlichen Präsenz in der Region leider schon beschlossene Sache. Während wir heute zusammen acht Hörfunkwellen haben, können wir froh sein, wenn wir künftig wenigstens fünf flächendeckende Frequenzen bekommen. Das ist allerdings auch keineswegs sicher.

Ach übrigens, nehmen Sie es uns nicht übel: Ein langweiligerer Name ist uns nicht eingefallen, nicht wahr? Von dem Wettbewerb, der vielleicht etwas mehr hervorgebracht hätte, war auch nur zwischendurch einmal die Rede.

Dass die Fusion den Einfluss der Region innerhalb der ARD stärkt, wollen wir einmal hoffen. Den Anteil am Programm – zur Zeit sind es immerhin 7 % – wird sie allerdings kaum halten können.

Die bedarfsgerechte Finanzierung sicherzustellen, Herr Wowereit, das ist Ihre Sache. Sie müssen in der Ministerpräsidentenkonferenz dafür sorgen, dass die Finanzierung gesichert bleibt. Fusionsbedingte Mehrkosten sind – soviel ich weiß – heute nirgendwo berücksichtigt.

Aber – den Hauptsitz lasse ich einmal weg – das Wichtigste ist, wie Sie die Mitarbeiter endlich mit auf den Weg nehmen. Obwohl es für die meisten um existentielle Fragen, nämlich auch um ihren Arbeitsplatz, geht – denn mit dem heutigen Personalbestand werden Sie die Fusion und die gemeinsame Anstalt kaum leisten können –, haben sie sich konstruktiv verhalten. Und trotzdem geht es jetzt ausgerechnet zum Schluss um das Personalvertretungsgesetz. Wenn Sie schon Thierse mahnt, sollten Sie auch noch einmal darüber nachdenken, wenn die Fusion Ihnen den flotten Erfolg bescheren soll, den Sie so dringend benötigen.

Frau Kollegin!