Nein, ich möchte gern erst einmal im Zusammenhang meinen Vortrag halten. Herr Pewestorff hat sicherlich noch Gelegenheit, in der Debatte in anderer Form seine Meinung zum Ausdruck zu bringen.
Die Bundesverbraucherschutzministerin hat hier immer große Ziele verkündet. Jetzt stellen wir fest, dass auch in den Produkten des ökologischen Landbaus solche Rückstände enthalten sind. Das heißt, dass das Label, das da aufgeklebt und so groß promoted wird, doch gar nicht so gut ist, wie es scheint. Obwohl ich dazu sagen möchte, dass natürlich für die konventionelle Landwirtschaft und deren Produkte dasselbe Problem vorliegt. Deswegen muss in beiderlei Hinsicht dringend gehandelt werden.
Nun stellt sich allerdings die Frage – und auf dasselbe komme ich beim Euro gleich auch noch zurück – , ob denn hier nicht wieder großer Aktionismus, Runden zusammen rufen, hektische Krisenbewältigung probiert wird, obwohl in Wirklichkeit das Problem ganz woanders liegt. Das Problem ist nämlich auch darin zu suchen, dass, um die EU-Vorgaben auf der Bundes- und der Länderebene zur Kontrolle erfüllen zu können, derzeit ungefähr 2 500 Kontrolleure bundesweit fehlen. Ich gehe mal davon aus, dass das auch für das Land Berlin entsprechend gilt und dass ein Kontrolleur derzeit dafür zuständig ist, 1 400 bis 1 800 Unternehmen kontrollieren zu müssen. Das kann ja gar nicht funktionieren. Insoweit ist dies wieder ein Geldproblem, bei dem wir fragen müssen, ob die Verbraucherministerin hier nur in Aktionismus verfällt, anstatt es den Ländern und Kommunen zu ermöglichen, dieses Problem lösen zu können.
Wenn man in diesem Zusammenhang vom Verbraucherinformationsgesetz hört und von den Segnungen, die uns das bringen soll, und auch davon, dass wir heute in einem Antrag noch beraten werden, dass die Regierungsfraktionen dieses begrüßen, dann stellt sich die Frage, ob nicht die Ansiedlung von wei
teren Kontrollen und Informationen bei den Kommunen erstens zu teuer für die Kommunen ist und für diese auch überraschend kommt, und zweitens, ob es nicht zu bürokratisch ist. Wenn ich daran denke, dass ein Bürger, wenn er eine Frage zu einem bestimmten Produkt stellt, in Zukunft bis zu zwei Monate wird warten müssen, um darauf eine Antwort zu erhalten,
[Zuruf von den Grünen: Heute kriegt er gar keine! – Frau Hämmerling (Grüne): Informationspflicht der Betriebe!]
dann ist dies jedenfalls erheblich länger, als die Lebensdauer dieses Produktes in seinem Haushalt voraussichtlich gewesen wäre. Die Kommunen fühlen sich hier ein Stück überrumpelt. Deswegen kann ich nicht verstehen, dass in einem Land Berlin, das ein Stadtstaat ist, SPD und PDS so vorbehaltlos diesem Gesetz näher treten möchten.
Ich komme nun zum Thema Euro. Die Wahrnehmung, dass der Euro ein „Teuro“ geworden ist, ist ja zumindest für Teilbereiche, insbesondere für Dienstleistungen, eindeutig richtig, das hat sich inzwischen herausgestellt, das Gefühl der Verbraucher ein berechtigtes, dass sie sich Sorgen machen, wo ihr Geld eigentlich bleibt. Die Frage ist natürlich: Warum fällt ihnen das ein halbes Jahr nach der Einführung ein? Warum wird erst jetzt – wenn ich mir für einen Moment die Bundesregierung vornehmen –, fast ein halbes Jahr nach der Einführung des Euros als Bargeld, mit Runden im Verbraucherministerium hektisch und Wahlkampfpopulismus betreibend gesehen, dass man hier irgendetwas macht, was die Öffentlichkeit möglicherweise beruhigt? Ich habe das im Januar schon gespürt, dass mit den Preisen etwas nicht in Ordnung ist. Dafür habe ich nicht bis Mai gebraucht und das als ganz normaler Verbraucher, ohne einen großen Apparat im Rücken, der das alles hätte überprüfen können.
Bei solchen Runden stellt sich als Nächstes die Frage, was denn dabei herauskommen soll. Sollen jetzt in Zukunft Preiskontrolleure in jedem Supermarkt auftauchen und schauen, dass da die Preise auch in Ordnung sind? Das sind doch alles höchstens bürokratische Ideen, die da im Hintergrund gedeihen. In Wirklichkeit gibt es nur eine einzige Lösung: Die Verbraucher müssen dort, wo der Einzelhandel vielleicht tatsächlich versucht, ein Schnäppchen zu schlagen mit den Preisen, sehr viel selektiver vorgehen. Ich glaube, die meisten Menschen tun das inzwischen auch.
Aber – und darauf sollte bei dieser so schönen sachlichen Debatte dann zum Schluss doch noch hingewiesen werden –, wer ist denn der größte Preistreiber seit Einführung des Euro? Vermuten Sie, dass es die Dienstleistungsbranchen sind? Wollen Sie es bei der Gastronomie abladen? Wollen Sie dem Handel Vorwürfe machen? Sie können es ja gerne tun, aber zumindest für zwei Fraktionen hier im Hause gilt: Es ist die rot-grüne Bundesregierung, die zur Einführung des Euros den größten Preistreibereffekt produziert hat.
Wer hat denn schließlich die Versicherungssteuer und die Tabaksteuer erhöht im Zusammenhang mit dem 11. September? Das sind doch alles Steuererhöhungen, die unmittelbar auf Verbraucherpreise durchschlagen und die natürlich dazu führen, dass es bei Einführung des Euro subjektiv aber auch objektiv für viele Menschen in unserem Land teurer geworden ist. Sie hätten mit Ihrer Steuererhöhungspolitik dazu beitragen können, hier einen anderen Akzent zu setzten und dafür zu sorgen, dass die Preise erstens sowieso nicht – denn Steuererhöhungen sind immer falsch – , aber zweitens doch nicht ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt steigen, wo die Menschen mit Sorge darauf schauen, was
nach der Einführung des Euros ihr Geld eigentlich noch wert sein wird. Das wäre etwas, was wirklich nötig gewesen wäre, statt ausgerechnet in diesem Moment die Steuererhöhungsschraube anzuziehen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Matz! – Für die PDS ergreift das Wort Frau Dr. Lötzsch. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Vorbemerkung an die FDP. Ich finde es sehr rührend von Ihnen, Herr Matz, dass Sie sich über die Thematik beschweren. Aber dann hätte wenigstens Ihre Fraktion soviel Energie aufbringen müssen, sich am Montag um 12 Uhr zu versammeln und ein Thema für eine Aktuelle Stunde überhaupt erst zu formulieren. Ein Satz hätte da gereicht.
Zwei Vorbemerkungen zur CDU: Ich finde, Sie hätten, um an Ihre Geschichte zu erinnern, dem Titel noch hinzufügen sollen: Nicht nur Geldfalle Internet, sondern Geldfalle Bankgesellschaft, denn die Geldfalle, die Sie in der Überschrift beschrieben haben, ist eigentlich nur eine Fliegenfalle im Vergleich zu dem, was Sie mit Ihren Aktivitäten bei der Bankgesellschaft den Berlinerinnen und Berlinern zugemutet haben.
Die zweite Vorbemerkung zur CDU: Herr Wegner, in Ihrer Rede haben Sie Frau Knake-Werner angegriffen, ohne zunächst ihre Ausführungen zu hören. Das wäre ja vielleicht auch ein ganz netter Stil, sich erst einmal anzuhören, was vorzutragen ist. Sie haben Herrn Gysi der Abwesenheit bezichtigt, dabei sitzt er die ganze Zeit hier und amtiert sogar als Bürgermeister. Sie sollten sich darüber freuen, dass er gerade in dieser schweren Stunde eine erhöhte Verantwortung auf sich genommen hat.
In den letzten Wochen ist man tatsächlich erstaunt gewesen, wie leicht man Politiker überraschen kann. Der Kanzler und der Finanzminister sind überrascht, dass der Einzelhandel die Euroumstellung für Preiserhöhungen nutzt, und die Verbraucherschutzministerin staunt über Gift in Lebensmitteln. Man fragt sich, wozu diese Ministerien gigantische Kontrollapparate unterhalten oder wen es dort gibt in diesen Kontrollapparaten, der vielleicht gar kein Interesse an effektiven Kontrollen hat. Und wir müssen natürlich auch zurückblicken auf die Zeit vor der Euroeinführung. Haben denn die verantwortlichen Politiker wirklich Interesse gehabt, alle Kontrollrechte zu nutzen? Erinnern Sie sich an unsere Diskussion vor der Euroeinführung! Die Lobbyisten des Handels haben sich gegenüber der Kohl-Regierung stark gemacht und haben eine gesetzliche Regelung verhindert, wie es sie in Österreich gibt, und eine Selbstverpflichtung des Handels angeboten. Auf diese Selbstverpflichtung des Handels hat sich die CDU-FDP-Regierung eingelassen, und jetzt haben wir die Bescherung.
Die Selbstverpflichtung, Herr Wegner, Sie haben sie hier noch einmal benannt als Königsweg, diese Selbstverpflichtung hat nur nicht funktioniert. Wir haben allerdings auch von der neuen Bundesregierung gehört, dass der Bürger keine Angst vor Preiserhöhungen haben müsse, da in der Marktwirtschaft Angebot und Nachfrage die Preise garantieren und immer zu Gunsten des Verbrauchers regeln würden. Das ist offensichtlich eine Illusion. Jetzt muss sich doch die Politik die Frage stellen, ob die Verbraucherinnen und Verbraucher mit dieser Situation allein gelassen werden. Wenn man die Verbraucherinnen und Verbraucher zu Kaufzurückhaltung auffordert und ihnen sagt: Geht mal da nicht hin, und geht mal da nicht hin, dann werden die schon sehen –, dann ist das ein Kampf mit sehr ungleichen Waffen. Wenn Finanzminister Eichel die Bürgerinnen und Bürger auffordert, den Handel zu boykottieren, dann ist das kontraproduktiv, wenn
man die Konjunktur ankurbeln will. Auch der Teurogipfel, den Frau Künast so schnell einführen wollte – inzwischen hat sie andere Sorgen –, ist eine gute Wahlkampfnummer, aber die Handlungsmöglichkeiten tendieren jetzt eher gegen Null.
Hingegen hat die PDS frühzeitig auf das Problem heimlicher Preiserhöhungen bei der Euroeinführung hingewiesen. Wir haben in der letzten Legislaturperiode einen Antrag „Einführung des Euro nicht für heimliche Preiserhöhungen nutzen“ eingebracht, der dann vom Abgeordnetenhaus sogar angenommen wurde. Damit haben wir als PDS eine Diskussion im Land Berlin angestoßen, die dazu geführt hat, dass zumindest die Gebühren des Landes Berlin wie auch die Preise von BVG, Bewag etc. nicht heimlich im Rahmen der Euroeinführung angehoben wurden.
Zu diesem Antrag gab es damals auch eine Anhörung im zuständigen Fachausschuss. Die Grundaussage aller Anzuhörenden war eindeutig: Es werde keine versteckten Preiserhöhungen geben. Der Einzelhandelsverband habe doch 1997 eine freiwillige Preisverpflichtung abgegeben. Es wurde versprochen, Preiswahrheit und Preisklarheit in der Umstellungsphase zu sichern. Aber dieses Versprechen wurde nicht eingehalten. Es sind schon viele Beispiele in zahlreichen Publikationen nachzulesen gewesen.
In anderen Ländern hat man sich auf eine Selbstverpflichtung nicht eingelassen und ist damit offensichtlich besser gefahren. In Österreich z. B. gibt es ein Gesetz, das die Behörden und die Privatwirtschaft verpflichtet, zu Gunsten der Kunden zu runden und die Preise doppelt auszuzeichnen. Eine Kommission prüft ungerechtfertigte Preise. Das Wirtschaftsministerium kann bis zu sechs Monate volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise festsetzen. Ich denke, Österreich ist nun nicht gerade ein Staatssozialismus. Herr Reuter, der Chef der Verbraucherzentrale Österreich, hat mir gestern in einem Gespräch bestätigt, dass diese Regelungen in Österreich dazu geführt haben, dass man im Februar und März die niedrigste Inflationsrate aller Euroländer hatte und dass die Lebensmittelpreise im Gegensatz zu Deutschland sogar seit Oktober des letzten Jahres gesunken sind. Interessant ist – liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, auch Sie interessiert das vielleicht –, dass die großen Ketten in Österreich die doppelte Preisauszeichnung sogar freiwillig fortsetzen, um Vertrauen zu sichern.
Herr Präsident, es wäre gut, wenn Sie diese lautstarke interne Debatte in der FDP ein bisschen steuern könnten. Ich bin immer so unglücklich, wenn in anderen Fraktionen interne Streitigkeiten ausbrechen. – Herzlichen Dank!
In den Niederlanden sichert eine Euromeldestelle, bei der sich die Kunden über verkappte Euroaufschläge beschweren können, Transparenz. Gleich am ersten Wochenende gingen über 500 Klagen ein. Initiator dieser Euromeldestelle ist der Verbraucherverband, der Konsumentenbond, der regelmäßig eine schwarze Liste mit „Eurofehlschüssen“ veröffentlicht. Die Niederländer haben einen Euromonitor, vom Finanzministerium finanziert, um zu kontrollieren, ob Unternehmen die Euroumstellung zu ihren Gunsten nutzen. In 15 % aller Fälle stellten die Verbraucherschützer fest, dass nicht korrekt umgerechnet wurde.
Nun muss man nicht alles kopieren. Aber wenn wir die Bundesrepublik in den europäischen Vergleich stellen, dann stehen den Bürgerinnen und Bürgern in der Bundesrepublik Deutschland für die Aufklärung am wenigsten Mittel zur Verfügung. Das war kein Haushaltsproblem, sondern das war von der Bundespolitik so gewollt. Um noch einmal auf Österreich zurückzukommen, dort klebt das Eurologo an den Schaufenstern, um anzuzeigen, dass das Geschäft ehrlich und sauber ist, soweit es um die Euroumstellung geht. In der Bundesrepublik gab es auch solche Vorschläge, aber man wollte es nicht. Jetzt scheint das Problem erkannt zu sein. Nach „Bild“-Informationen – große
deutsche Zeitung; „Bild dir deine Meinung“ – wollen in Kürze Branchenriesen wie Karstadt, Metro, Aldi, Ikea, C&A gegenüber der Bundesregierung eine schriftliche Ehrenerklärung in eigener Sache abgeben. Wir werden sehen, ob das hilft.
sondern dass er alles tun wird, um die internationalen Erfahrungen zu analysieren, aufzugreifen, die Verbraucher zu informieren und zu schützen, und dass er nicht die Fehler des früher unter Führung der CDU eher provinziell agierenden Senats wiederholen und nur auf die Regulierung durch den Markt hoffen wird.
Meine Kollegin Simon wird in der zweiten Runde auf den Giftskandal eingehen. Ich will nur anmerken, ich bin erstaunt, wie erstaunt man nun angesichts der kriminellen Energie tut, mit der man angeblich nicht gerechnet habe. Ich glaube, in diesem Saal ist keiner erstaunt, dass es Menschen gibt, die sich mit krimineller Energie zu bereichern suchen. Gerade wir in Berlin, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, haben da mit dem Bankenskandal reichlich Erfahrung.
Das Problem bei den 0190er-Nummern ist ausreichend beschrieben worden. Hier muss es eine Regelung geben. Die zuständige Regulierungsbehörde muss die Verbraucherinnen und Verbraucher schützen und sie nicht am ausgestreckten Arm verhungern lassen.