Es ist ferner zwingend, das Stiftungs- und Spendenrecht entsprechend zu revolutionieren, um die erwünschten Freiräume entstehen zu lassen. Dazu gehört auch ein Aufruf an alle Bürger, bei ihrem Spendenverhalten kulturelle Zwecke verstärkt in ihre Überlegungen mit einzubeziehen, denn ohne das Engagement aller, zumindest aller kulturinteressierten, Menschen und Institutionen kann Berlin nicht das angestrebte Niveau erreichen.
Die Stadt muss in ihrer Gesamtheit eine einzigartige Agentur werden und das Ziel verfolgen, dass man das Land Berlin mit kulturellen, künstlerischen und wissenschaftlichen Höchstleistungen identifiziert.
Es ist weiterhin unumgänglich, verschiedene kulturpolitische Ziele mit unterschiedlichen Zeitvorstellungen zu verbinden, um zu erreichen, nicht von vornherein für „verrückt“ erklärt zu werden, wenn dringliche kulturpolitische Forderungen angemeldet werden, die zu realisieren etwas längeren Atem benötigen, weil sonst in die Zukunft zielende Projektionen und Konzepte, die auch eine längere öffentliche Diskussion erfordern, überhaupt nicht mehr ins Gespräch gebracht werden könnten.
Aus allen politischen und kulturpolitischen Überlegungen heraus ergibt sich, dass in sämtlichen kulturellen Bereichen verstärkt zu investieren ist, um der jungen Generation optimale
Voraussetzungen für ihre geistige Entwicklung und kreative Entfaltung zu schaffen, weil ohne Förderung der kreativen Anlagen auch eine Persönlichkeitsentwicklung unvollständig bleibt. [Beifall des Abg. Hoff (PDS)] Es wäre nicht angemessen, in diesem Rahmen Näheres auszuführen; dazu wird die parlamentarische Arbeit ausreichend Gelegenheit bieten. Aber, um Möglichkeiten zu eröffnen, darüber intensiv nachzudenken, muss hier eines, wegen der besonderen Bedeutung und Aktualität, angesprochen werden – noch nicht vordergründig die Evaluierung der subventionierten Privattheater, das so genannte Theatergutachten, auch nicht die zu erwartenden Beratungsergebnisse der internationalen Expertenkommission Historische Mitte Berlin, sprich Berliner Schloss-Areal, die nicht ohne das Abgeordnetenhaus verhandelt werden sollten, und andere, sondern die in der Öffentlichkeit bereits diskutierte Absicht oder Tendenz, die Überschüsse der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin, die neben dem Hauptstadtkulturfonds so ziemlich die letzten noch halbwegs frei verfügbaren Mittel sind, mit denen im kulturellen Umfeld verloren gegangene Balancen wieder hergestellt werden können, dem Landeshaushalt einverleiben zu wollen. Hier müssen Warntafeln aufgestellt, und es muss Alarm geschlagen werden. Man kann über die Vergabepraxis der Lottostiftung und über ihre Konstruktion kritisch diskutieren und Änderungen einfordern, aber eines sollte außer Frage stehen: Die segensreichen Wirkungen in kulturellen, sozialen und sportlichen Bereichen, die von diesen Lottogeldern ausgehen und die von allen Lotto spielenden Bürgern erbracht worden sind und weiter erbracht werden, sind aus dem sozialen Gefüge dieser Stadt kaum noch wegzudenken. Wer hier strukturell fehlerhaft eingreifen und anfallende Geldmengen umwidmen will, der würde ein einmaliges Korrektiv dort zerstören, wo soziale und kulturelle Nöte entstanden sind, und bei den Betroffenen die Malaise produzieren und verstärken. Wenn sich in unserem politischen Gebaren nichts Grundlegendes ändert, dann werden wir in den nächsten Jahren den Haushalt nicht sanieren, sondern an die Wand fahren, weil die Zahlen auf dem Papier vielleicht stimmen, aber die vielgestaltigen Fundamente der Politik, auch die der Nachwuchsförderung, zerbrechen. Und hier haben wir einen Generationsauftrag zu erfüllen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Zukunft Berlins in der größtmöglichen Entfaltung der kulturellen Bereiche liegen wird und dass Berlin sich anstrengen muss, ihre Möglichkeiten auch zu nutzen. Es ist kaum vorstellbar, die 15. Legislaturperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin ohne einen Hinweis auf den 11. September 2001 zu eröffnen. An diesem 11. September 2001 hat sich die Welt, mit dem Angriff auf das World Trade Center in New York, nicht nur verändert; sie ist auch sichtbarer geworden. Was mit Terrorismus unvollständig umschrieben wird, ist ein nach Macht strebender Radikalismus, der, wie andere Radikalismen auch, durch Anwendung von Gewalt Recht zu setzen versucht und mit dieser Absicht bereits im Vorfeld der Realisierung von Gewaltanwendung intellektuell unsere Gesellschaft zu zerstören trachtet, auch dann, wenn Anschläge auf Menschen und auf unsere Gesellschaft aus Sehnsucht nach ihr oder aus Furcht vor ihr organisiert und durchgeführt werden. In dieser Phase, gefährdet zu sein aus Liebe oder Hass seitens der Gewaltanwender, scheinen wir uns zu befinden. Und der Versuch und die Versuchung, durch das Hervorheben der Mängel unserer Gefährten und Verbündeten Bündnisse und Bündnispartner im Kampf um Freiheiten jenseits des Rechts auf Kritik zu schwächen oder Loyalitäten zu untergraben oder Solidarität zu entziehen, trägt destruktive und teilweise sogar selbstzerstörerische Züge in sich. Das Üben von Toleranz, das Herstellen von Solidargemeinschaft, das Praktizieren von Loyalität, der Erwerb und der Erhalt von Freiheiten sind die unverzichtbaren Gegenpositionen zu den Gefahren, die aus Radikalismus erwachsen. Und es bedarf unser
aller politisches Bemühen, dass unsere geschenkten und erworbenen Freiheiten und Freiheitsrechte bei der Abwehr und Beseitigung entstandener Gefährdungen nicht verloren gehen.
Weder radikale Fundamentalisten noch die von Samuel Huntington beschriebenen und befürchteten Szenarien dürfen eine Chance erhalten, im jetzt laufenden politischen Prozess die Oberhand zu gewinnen, noch dürfen Menschen durch entstehende Konflikte als Folge aufeinander treffender, sich überlagernder oder sich mischender Kulturen und Zivilisationsformen sich dazu verleiten lassen, dem Terror zu gehorchen und aus Furcht ein imaginäres Sicherheitsbedürfnis über die Freiheiten zu stellen. Gleichzeitig müssen als notwendig erkannte Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren akzeptiert werden. Aber dies nur dann, wenn diese – wie zum Teil bereits eingeleitet – ein Verfalldatum tragen, um auszuschließen, dass Freiheitsrechte Gefahr laufen, dauerhaft eingeschränkt oder abgeschafft zu werden.
Zum Schluss noch eine besondere Bemerkung: Nichts ist aus meiner Sicht verwerflicher als die in der Öffentlichkeit und für diese Öffentlichkeit formulierte opportunistisch wirkende politische Positionierung von Menschen, die in der Gesellschaft eine meinungsbildende Wertigkeit erworben haben, und, um diesen Wert wissend, ihn politisch thematisieren und wirksam einsetzen und die Folgen ihrer Äußerungen insbesondere dann, wenn sie destruierende Kraft entfalten, sehr wohl zu kalkulieren imstande sein müssten; verwerflich auch dann, wenn dieser kybernetische Effekt, Gefahren auszulösen, nicht beabsichtigt gewesen sein sollte. Für diese Bemerkung ist hier nach meiner Meinung der politisch richtige Ort, mitzuteilen, dass die Äußerungen von Günter Grass zum israelisch-palästinensischen Konflikt, bekannt geworden am 10. Oktober 2001, wegen ihrer Tragweite aufs Schärfste zu kritisieren sind und zu hoffen ist, dass er – Günter Grass – die Fähigkeit nicht verloren hat, auch das Unheilvolle seiner in dieser hochbrisanten und komplexen, mit einer Fülle explosiver Problematik angereicherten Sache ausgesprochenen und in die Öffentlichkeit entlassenen Worte richtig einzuschätzen. [Zuruf von links]
Bevor ich die Beschlussfähigkeit des Hauses feststelle, möchte ich die v i e r a n J a h r e n j ü n g s t e n M i t g l i e d e r des Abgeordnetenhauses in das a m t i e r e n d e P r ä s i d i u m berufen. Ich bitte folgende Abgeordnete, neben mir Platz zu nehmen: die jüngste, eine Dame von den Grünen, Frau Ramona Pop, [Beifall]
Ich werde nun die B e s c h l u s s f ä h i g k e i t des Hauses durch Namensaufruf f e s t s t e l l e n lassen. Die aufgerufenen Kolleginnen und Kollegen bitte ich, auf den Namensaufruf jeweils mit Ja zu antworten und sich dabei vom Platz zu erheben. Ich bitte Frau Abgeordnete Ramona Pop, den Reigen zu beginnen!
Damit sind alle Abgeordneten aufgerufen worden. Bis auf eine Entschuldigung sind wir vollzählig, damit hat sich das Abgeordnetenhaus konstituiert. Die Beschlussfähigkeit ist festgestellt. Ich bedanke mich bei den Beisitzern für ihre Hilfe, bitte sie aber, hier noch Platz zu behalten.
über die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin (einschließlich der bisherigen Anlagen 1 bis 7)
Die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Juni 1999 (GVBl. S. 154), zuletzt geändert durch Beschluss vom 18. November 1999 (GVBl. S. 627) wird mit folgender Änderung beschlossen:
(1) Fragen der Redezeit regelt der Präsident. Dabei sind die Stärkeverhältnisse der Fraktionen zu berücksichtigen. Der Präsident schlägt die Dauer der Redezeit zu den einzelnen Tagesordnungspunkten und deren Verteilung auf die Fraktionen vor.
(2) Auch Mitglieder des Abgeordnetenhauses, die keiner Fraktion und keiner Parlamentarischen Gruppe angehören, müssen bei der Verteilung der Redezeit angemessen berücksichtigt werden.
(3) Das Abgeordnetenhaus kann auf Antrag mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder beschließen, die Redezeit für einzelne Verhandlungsgegenstände anderweitig festzusetzen oder die Beschränkung der Redezeit aufzuheben.
(4) Ist die Beschränkung der Gesamtredezeit aufgehoben, kann der Präsident den Verhandlungsgegenstand für ausdiskutiert und die Aussprache hierüber für geschlossen erklären, sofern dies unter Berücksichtigung ihres bisherigen Verlaufs im Einzelfall erforderlich ist, um ihrer unsachgemäßen Ausweitung entgegenzuwirken. § 62 Abs. 3 Satz 3 findet entsprechende Anwendung.
(5) Bei einer Aussprache gemäß Absatz 4 kann der Präsident den Verhandlungsgegenstand für ausdiskutiert und die Aussprache hierüber für geschlossen erklären, sofern dies unter Berücksichtigung ihres bisherigen Vorlaufs im Einzelfall erforderlich ist, um ihrer unsachgemäßen Ausweitung entgegenzuwirken. § 62 Abs. 3 Satz 3 findet entsprechende Anwendung.
(6) Spricht ein Mitglied des Abgeordnetenhauses über die Redezeit hinaus, so entzieht ihm der Präsident nach einmaliger Mahnung das Wort. Ausführungen nach Entziehung des Wortes werden in das Plenarprotokoll nicht aufgenommen.
(7) Ergreift in einer Aussprache ein Mitglied des Senats das Wort, so steht jeder Fraktion danach eine angemessene Redezeit zu.“
Die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Juni 1998 (GVBl. S. 154), zuletzt geändert durch Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 18. November 1999 (GVBl. S. 627), wird wie folgt geändert:
Herr Alterspräsident! Meine Damen und Herren! Es liegen zwei Änderungsanträge zur Geschäftsordnung der 14. Legislaturperiode vor. Einen hat die PDS-Fraktion zu dem Antrag eingereicht, betreffend den Vorsitz im Hauptausschuss.