um die Probleme der Berliner Schule uns bemühen. Übrigens ist das auch völlig unabhängig von Umfrageergebnissen. Ich weiß gar nicht, wie Sie auf solche Sie selbst disqualifizierenden Äußerungen kommen. Ich plädiere dafür, dass wir bei der Sache bleiben.
Die Berliner Schulpolitik hat gegenüber der Islamischen Föderation, die seit Beginn dieses Schuljahres an zwei Berliner Schulen Islamunterricht gibt, kapituliert. Anders kann ich es nicht verstehen. Es ist eine Bankrotterklärung vor der Islamischen Föderation. Nun hat Senator Böger ganz gern als Hilfsmittel die Flucht nach hinten und sagt: Frühere Senatoren haben – – und Ähnliches mehr. Dann wollen wir einmal diesen Weg beschreiten!
Seit dem Jahre 1998, zu Zeiten von Frau Stahmer in der Verantwortung für Schulen, hat die Islamische Föderation einen Anspruch, in der Berliner Schule zu unterrichten. Und in diesen drei Jahren ist der Senatsschulverwaltung nichts weiter eingefallen – ich sag mal so –, als Eiereien in Bezug auf den Rahmenplan vorzunehmen; eine grundsätzliche Regelung für wertevermittelnden Unterricht in der Berliner Schule aber nicht in Angriff zu nehmen. Das ist nach meinem Dafürhalten in höchstem Sinne unverantwortlich und entspricht auch sicherlich nicht dem, was ein Senator im Amtseid übernommen hat, zum Wohle der Berliner Bevölkerung, auch zum Wohle der Berliner Schule zu wirken.
Meine Damen und Herren, Herr Mutlu ganz besonders! Ich darf Frau Ekin Deligöz zitieren, das ist die kinderpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Sie hat gesagt: „Einer solchen Organisation Kinder anzuvertrauen, ist unverantwortlich.“
Ich kann dieses nur im höchsten Maße bekräftigen. – Wenn ein Sträfling einer Anstalt entflieht, egal, in welchem Bundesland, wird normalerweise der Rücktritt eines Justizministers gefordert. Wenn wir heute feststellen müssen, dass seit Beginn dieses Schuljahrs eine unter sozialdemokratischer Verantwortung stehende Senatsverwaltung eine des Extremismus verdächtige Organisation in die Berliner Schule lässt, wo weder die Lehrer noch die Unterrichtsinhalte kontrolliert werden können, ich sozusagen Tür und Tor öffne für alle, selbst extremistischen, Missionierungen innerhalb der Berliner Schule, dann ist das das Verantwortungsloseste, was ich mir überhaupt vorstellen kann für die Berliner öffentliche Schule.
Die Berliner CDU hat schon lange eine Alternative vorgeschlagen, die den Regelungen der meisten Bundesländer entspricht, nämlich 13 von 16, ein Wahlpflichtfach in Berlin einzuführen, Religion in der Verantwortung der Religionsgemeinschaften und alternativ für die nicht Konfessionsgebundenen die Verpflichtung, Ethik, Philosophie zu belegen. Damit würden wir endlich das Problem lösen, dass 60 % der Berliner Schülerschaft in dieser Richtung überhaupt nichts belegen, sondern Freizeit gestalten: im Sommer Eisdiele, im Winter eventuell die gegenüber liegende Kneipe. Ich kann nur ausdrücklich sagen, wir haben eine Verpflichtung gegenüber den Berliner Schülerinnen und Schülern, dieses endlich verbindlich zu machen und damit gleichzeitig extremistischen Organisationen oder obskuren Religionsgemeinschaften den Weg in die Berliner Schule zu verbauen. Es kann doch nicht angehen, dass mit staatlicher Bezahlung ohne staatliche Kontrolle in öffentlichen Räumen solchen Organisationen letztlich Freiraum geboten wird – Herr Mutlu, das kann auch nicht in Ihrem Interesse sein –, das kann nicht im Sinne dieses Parlaments sein.
Aus diesem Grund ausdrücklich meine Bitte, sich noch einmal zu überlegen, den von uns vorgeschlagenen Gesetzesentwurf mit zu tragen, um schnellstmöglich extremistischen Erscheinungen in der Berliner Schule die rote Karte zu zeigen. – Herzlichen Dank! [Beifall bei der CDU]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schlede! Selbstverständlich müssen wir uns weiter der Sacharbeit widmen, und wir schätzen es auch, dass Sie weiter an Schulthemen dranbleiben. Und Sie werden das ja voraussichtlich auch weiterhin tun, nachdem die Kämpfe in Zehlendorf-Steglitz zu Ihren Gunsten ausgegangen sind. Also werden Sie auch in der neuen Legislaturperiode möglicherweise das weiter tun können. Aber ich bitte Sie dann herzlich, nicht die Ebenen zu verwischen und zu vermixen, wenn Sie hier dem Senator vorwerfen, er würde kapitulieren vor einer Föderation und Extremisten,
und dabei übersehen, dass der Senator selbstverständlich wie alle rechtsstaatlich denkenden Menschen hier im Hause und außerhalb dieses Hauses verpflichtet ist, Gerichtsurteile zu achten und nicht selbständig zu entscheiden.
Wir hätten ja gern vom Verfassungsschutz den entsprechenden Bericht erhalten, und dann hätten selbstverständlich der Senator und auch das Gericht auf Grundlage eines entsprechenden Verfassungsschutzberichtes handeln können. Sie halten ja die Verfassungsschützer immer für die Größten; das klappt offensichtlich nicht immer. Es ist allerdings umorganisiert worden. Ich hoffe, es wird in Zukunft besser klappen. Dann werden auch die Gerichte anders entscheiden. Im Augenblick müssen wir aber rechtsstaatlich Gerichtsentscheidungen respektieren. Das bitte ich Sie, Herr Schlede, auch in der nächsten Legislaturperiode dann zu beachten.
Ansonsten haben Sie noch mehrere Ebenen durcheinander geworfen. Wenn Sie hier zum einen sagen, Ihr Hauptanliegen sei es, die Islamische Föderation draußen zu halten, und anschließend dann über die Eisdiele reden, dann sind das völlig unterschiedliche Dinge.
Ja, Frau Richter-Kotowski. Es ist nicht zufällig, dass sie danach fragen. Herr Schlede hat es Ihnen ja auch nicht erklären können. Ich werde es einmal versuchen. Fünf Minuten reichen möglicherweise nicht, zumal ich sie nicht ganz ausnutzen werde, da wir vielleicht noch ein paar Themen behandeln wollen.
Es ist selbstverständlich für alle Pädagogen durchaus ein wünschenswertes Ziel, die Schüler in einen verbindlichen Unterricht zu bekommen – der SPD-Parteitag hat auch entsprechende Beschlüsse gefasst –, damit die dort nicht mehr unbeaufsichtigt durch die Schule laufen. Das reine Wahlpflichtmodell, wie es in Bayern gängig ist, würde aber dennoch auf Berlin übertragen nicht bedeuten, dass die Islamische Föderation dann nicht in der Schule ist, solange sie als Religionsgemeinschaft anerkannt ist. [Beifall bei der SPD und der PDS]
Und dies entscheiden wir hier nicht im Parlament, ob sie eine Religionsgemeinschaft ist. Wir können höchstens – das ist unabhängig von der Frage Wahlpflicht oder nicht – fragen, auf welcher Grundlage prinzipiell in der Schule zugelassen werden soll, [Schlede (CDU): Das tun wir ja!]
Ihre Antworten stimmen nicht. Begriffe wie Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts wären dort hilfreich. – Außerdem haben Sie bei Ihrem Modell eines auch immer vergessen. Wenn Sie nämlich die 60 % Schüler, die da rumlaufen, gern in Unterricht gebildet haben möchten – ich übrigens auch –, dann müssen Sie sich natürlich fragen, in welcher Art Unterricht. Und dabei können Sie nicht ignorieren, dass ein großer Anteil der Berliner Jugendlichen und Kinder aus islamisch geprägten Kulturkreisen kommt und deswegen ein Modell entwickelt werden muss, das auch diesen Kindern unter demokratischer Kontrolle
gerecht werden wird. Die herkömmlichen Modelle des Wahlpflichtunterrichts, wo man davon ausgeht, die Kinder sind katholisch oder evangelisch, und sonst können ein paar den Mut haben, woanders hin zu gehen, reichen dazu nicht aus.
Ansonsten wird auch dieser Bereich im neuen Schulreformgesetz mit zu behandeln und zu entscheiden sein. Ich bin da ganz optimistisch. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Neumann! – Jetzt spricht für die PDS zunächst Frau Schaub! Die Reihenfolge wollen wir einhalten.
Es ergibt sich einfach so, weil die CDU mit einer Reihe von Anträgen das ganze Haus in verschiedenen Sachgebieten beschäftigt.
Dass Sie nun einen neuerlichen Vorstoß machen, Berlin sozusagen in die Herde der Bundesländer zurückzubringen, finde ich aus mehreren Gründen unpassend.
Die schon erwähnte Schulgesetzdiskussion möchte ich aufrufen. Hier handelt es sich ja um ein sehr grundsätzliches, aber auch sehr sensibles Problem – Religionsunterricht ja oder nein. Ich denke, wir haben hier ausführlich und gründlich diskutiert, und ich halte die Argumente für ausgetauscht. Da sind keine neuen Positionen zu erkennen.
Einigkeit besteht nach meiner Meinung darin, dass Wertevermittlung, Werteerziehung, Kenntnisse über die großen Religionen der Welt, dass alle diese Dinge in der Berliner Schule verstärkt stattfinden müssen – da sind sich, denke ich, alle einig –, und ich füge hinzu: auch nicht nur als Vermittlung stattfinden müssen, sondern dort auch gelebt werden sollen und gelebt werden können. Der Dissens besteht darin, dass Sie meinen, dazu braucht es Religionsunterricht. Und wer das nicht möchte, so bieten Sie an, der kann Ethik oder Philosophie wählen. Die PDS-Fraktion ist der Auffassung, dass Wissen über die großen Weltreligionen, die dazu gehörenden Sitten und Gebräuche, das Befassen mit philosophischen und ethischen Fragen alle gemeinsam tun sollten, alle gemeinsam in der Klasse, und zwar unabhängig von ihrer religiösen oder weltanschaulichen Orientierung oder ihrem Bekenntnis. Das, denke ich, ist die Verpflichtung, die wir gegenüber den Berliner Schülerinnen und Schülern haben, von der Sie vorhin sprachen. Ich wiederhole mich: Ich möchte Wissen und Glauben auseinander gehalten wissen, auch und erst recht in der Schule. Und ich möchte Wissen zensiert haben, auf keinen Fall Glauben oder Wertungen. Wissen und Kenntnisse über die Weltreligionen sind aber grundverschieden und klar zu unterscheiden von Glauben und Glaubensbekenntnissen.
Glaubens- und Religionsfreiheit ist, wie wir alle wissen, ein vom Grundgesetz formuliertes und von uns allen hoch zu achtendes Gut. Ich sage hier mit Deutlichkeit: Diese Position hat nichts, aber auch gar nichts mit einem Antikirchen- oder auch Antireligionskampf zu tun. Ganz im Gegenteil wird sie, so erlebe ich es in vielen Gesprächen, von vielen engagierten Christinnen und Christen geteilt, die das Bibelwort Ernst nehmen: Lasset die Schäflein zu mir kommen. Lassen wir der Schule, was der Schule und den Kirchen, was das ihre ist.
Besonders unpassend finde ich Ihren Antrag zu diesem Zeitpunkt, nachdem die Islamische Föderation die von Ihnen schon mitgeteilte Erlaubnis bekommen hat. Der CDU-Antrag ist für
mich der Versuch, ein Wahlpflichtfach gegen die Islamische Föderation zu instrumentalisieren, und das halte ich für völlig unbrauchbar, für völlig daneben.
Und zwar unter dem Motto: Wir brauchen dieses Fach, um die Islamische Föderation draußen zu halten. So klar und deutlich ist es ja auch ausgesprochen worden.
Ich denke aber, wir haben es hier mit einem höchstrichterlichen Urteil zu tun. Das habe ich nicht zu bewerten.
Das habe ich auch nicht zu kritisieren, aber das Urteil, das die Islamische Föderation als Religionsgemeinschaft anerkennt, gilt, ob mir das nun passt oder nicht.
[Frau Richter-Kotowski (CDU): Deshalb wollen wir ja das Gesetz ändern! – Dann müssen Sie das Urteil ändern, das Gericht dazu bewe- gen. [Unruhe bei der CDU – Frau Richter-Kotowski (CDU): Nein!]
Der Respekt vor dem Gleichheitsgrundsatz gebietet und kann nur bedeuten, ein staatliches Fach einzurichten, dass den vorher von mir skizzierten Anforderungen gerecht wird und es damit Kirchen und Religionsgemeinschaften anheim gestellt ist, ihren Glauben in ihren Räumen mit ihren Möglichkeiten zu vermitteln und auszuüben. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Schaub! Wer von Sitten und Gebräuchen von Religionsgemeinschaften spricht, scheint die wohl mit Volkstanzgruppen zu verwechseln.