Protocol of the Session on September 27, 2001

Ich sagte schon, mir tun die Hochschulen leid, aber vielleicht erweist sich das Gutachten des Wissenschaftsrats vor diesem Hintergrund und bei dieser Regierung als ein Segen für die Unis, wenn Sie sich auf den vielgelobten auswärtigen Sachverstand dann aber auch bitte berufen und umsetzen, was diese uns und Ihnen empfehlen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Frau Grütters! – Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Schuster das Wort. – Bitte schön, Herr Schuster!

[Zuruf von der CDU: Ist das Ihre letzte Rede?]

In der Tat, es ist keine Jungfernrede, es ist die letzte Rede, die Abschiedsrede.

Nach dem, was Frau Grütters hier gesagt hat, bin ich enttäuscht. [Schlede (CDU): Ach nee!]

Es war doch ein bisschen zusammengeflickt. Ich fange einmal damit an: Sie wollten heute drei Mal über Hochschule reden. Das ist ja sehr schön, da hätte ich gerne mitgemacht. Aber die erste Rede haben Sie verschlafen, weil Sie nicht da waren und damit die Rederunde abgesagt werden musste.

Ich muss noch auf ein paar Dinge eingehen, bevor ich zu der Anfrage selber komme. Ich kann nicht alles korrigieren, was Sie hier falsch dargestellt haben; das lohnt auch nicht. Nur das Eine: Sie sagen, wir wollten die Änderung des BerlHG nicht, solange wir mit der CDU in der Koalition waren, und jetzt, mit den Grünen, machten wir es.

[Zuruf der Frau Abg. Grütters (CDU)]

Sie wissen, dass das total falsch ist. Wir haben immer gesagt, wir werden die große Novellierung machen, wenn die Bundesgesetzgebung durch ist und wenn die Evaluierung der Erprobungsklausel durch ist. Wir haben dann dazu gesagt: Wenn es einen Bedarf gibt, vorher Dinge schnell zu klären, vorzuziehen, dann tun wir das. Das haben wir mit diesem Gesetz gemacht. Es ist nichts weiter drin als kleine, aber notwendige Änderungen, die nicht warten können, bis die große Novellierung Ende 2002 kommt. Und so grotesk, liebe Frau Kollegin, können die Änderungen in diesem Gesetz wohl nicht sein. Sie haben selber zwei von diesen Punkten zugestimmt, und wenn nicht Wahlkampf wäre, hätten Sie auch anderen Punkten noch zugestimmt. So sieht das aus!

Die Anpassung an das Hochschulrahmengesetz, das ist eine alte Klamotte. Denn wir haben in Berlin durch die Erprobungsklausel schon längst das vorweggenommen, was mit dem Hoch

schulrahmengesetz in den anderen Bundesländern zu einer Gesetzesänderung führt.

[Beifall bei der SPD]

Die Senatorin hat eine Menge Fakten vorgetragen, die ich nicht zu wiederholen brauche. Es ist auch gar nicht sinnvoll, hier die fachliche Diskussion in dieser Ausführlichkeit zu führen. Ich schließe mich vor allem der Senatorin an in dem Dank an den Wissenschaftsrat für die Arbeit, die er hier gemacht hat. Das war nicht die erste Empfehlung. Er hat diesen Prozess in Berlin seit der Wiedervereinigung begleitet und uns mehrere Evaluationen und Empfehlungen gegeben. Keine Wissenschaftslandschaft in den alten Bundesländern wurde so evaluiert wie die in Berlin, und das ist gut so, denn die Konsequenzen, die daraus kommen, sind produktiv.

Zur Umsetzung dieser Empfehlungen hat die Senatorin das Richtige gesagt. Es kann doch nicht Sinn sein, dass die Politik abdankt, wenn Expertenkommissionen eine Empfehlung abgibt. Das sind doch keine Ex-cathedra-Verkündigungen, sondern das sind Empfehlungen, die man ernsthaft zu prüfen hat, mit denen man sich auseinanderzusetzen hat und wo man Ja oder auch Nein sagen kann. Wir haben in Berlin zu einigen Punkten Folgekommissionen eingerichtet, auch dort, wo der Wissenschaftsrat selber es nicht empfohlen hatte. Man muss auch sagen, dass nicht in allen Teilen das, was der Wissenschaftsrat als Expertise vorgelegt hat, von gleicher Qualität war. Es gibt durchaus Bereiche, die etwas schneller gestrickt waren als andere, aber das ändert nichts an der Gesamtleistung, die der Wissenschaftsrat hier vollbracht hat. Wir haben Korrekturen insbesondere durch die Kommission bei der Lehrerbildung und bei den regionalwissenschaftlichen Instituten erfahren. Wir müssen auch sagen, dass gerade bei den regionalwissenschaftlichen Instituten die Folgekommission festgestellt hat, dass es erhebliche Defizite gibt. Die Universitäten sind aufgefordert, diese Defizite zu beheben und die Qualität entsprechend zu steigern. Die entscheidende Frage ist, mit welchen Instrumentarien so etwas umgesetzt wird. Wir haben dies aktuell in den Hochschulverträgen vereinbart.

Auch wenn Sie das jetzt anders darstellen: Die Hochschulverträge sind nicht nur mit schwarzen Federn geschmückt, sondern sind das Ergebnis einer Koalitionsarbeit und darüber hinaus. Sie sollten diese Gemeinsamkeiten nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Der gesamte Wissenschaftsausschuss, alle Fraktionen haben die Hochschulverträge fast einhellig mitgetragen, und es ist wirklich ein starkes Stück, wenn Sie im Wahlkampf versuchen, das einseitig als ein schwarzes Instrument darzustellen.

[Beifall bei der SPD]

Wir werden im Zusammenhang mit der Novellierung des Hochschulgesetzes überlegen, ob wir einen Landeshochschulrat einsetzen, dem wir dann auch die Kompetenz geben könnten – ich sage das immer im Konjunktiv –, solche Empfehlungen umzusetzen. Ich sage das deswegen im Konjunktiv, weil wir die Erprobungsklausel, auch die Anhörung auswerten wollen. Die war im übrigen keine CDU-Anhörung, es war eine Anhörung des Senators, und der ist immer noch Senator von Berlin und nicht Senator der CDU gewesen, auch wenn er Ihrer Partei angehörte.

Ich will noch ein Wort zu den regionalwissenschaftlichen Instituten sagen, –

Beachten Sie bitte Ihre Zeit!

Ich komme dann auch zum Schluss, Herr Präsident! – weil es eine alte Forderung der SPD war, und die ist gerade nach den Veränderungen der letzten Tage wichtig geworden. Uns fehlt – wir haben das immer wieder angemahnt – unter den regionalwissenschaftlichen Instituten eines, das sich mit den Problemen des Orients und des Islams beschäftigt. Wir haben dies immer wieder gefordert, und ich stelle das auch heute noch einmal ohne jede Polemik vor. Gerade Berlin als Stadt, die einen so hohen Anteil an Muslims hat, hat eine Verpflichtung für die Gesellschaft, aber auch für ganz Deutschland,

hier wissenschaftlich etwas voranbringen, einen Beitrag zu einem modernen, europazentrierten – wie immer man es nennen will – Islam zu leisten, dass man Muslims die Möglichkeit gibt, in Instituten der Universität, so wie es für die beiden christlichen Kirchen möglich ist, Religionslehrer auszubilden. Ich gebe das als Anregung hier herein, weil ich glaube, dass bei all dem, was wir in diesen Tagen diskutieren, auch das etwas ist, was nicht untergehen sollte.

[Beifall bei der SPD]

Wir werden, wenn wir dann im nächsten und übernächsten Jahr das Berliner Hochschulgesetz hier verabschieden, hoffentlich wieder feststellen – ich werde nicht mehr dabei sein, aber die, die dabei sind, werden feststellen –, dass es sehr viele Gemeinsamkeiten in der Hochschulpolitik gibt und dass wir versuchen sollten, im Interesse der Jugend, die wir auszubilden haben – das ist ein ganz wesentlicher Bereich der Wissenschaft –,

[Weinschütz (Grüne): Lebenslanges Lernen!]

zu dieser Gemeinsamkeit zu kommen, und dass wir auf der anderen Seite alle im Regierungshandeln erkennen, welche Bedeutung die Wissenschaft für die Wirtschaft und die Zukunft dieser Stadt hat. Sie können sicher sein, dass die SPD-Fraktion dies erkannt hat und entsprechend verfolgen wird.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Schuster, für Ihre letzte Rede in diesem Parlament! – Für die PDS-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Hoff das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich muss ehrlich sagen: Dafür, dass es die letzte Diskussion zu einem der zentralen Politikfelder in dieser Stadt ist, ist es insgesamt eine ziemlich lahme Debatte, lahm aus mehreren Gründen. Es gibt eine ganze Menge Punkte, die mich stören, unter anderem, wenn der SPDVorredner die Senatorin so ablenkt, dass sie zu der Großen Anfrage, wo ich unter anderem die Senatorin anspreche, nicht richtig zuhören kann. Aber das ist nur ein Punkt.

Der zweite Punkt, der mich ärgert: Die CDU bringt hier eine Große Anfrage ein und versucht, damit im Wahlkampf noch ein bisschen zu punkten. Das Problem ist, dass Frau Grütters in einer extrem oberlehrerinnenhaften Art, die sie in den letzten Monaten gegenüber der Senatorin immer wieder an den Tag legt,

[Heiterkeit der Frau Abg. Richter-Kotowski (CDU)]

die aber zur Sachaufklärung des zu behandelnden Themenfeldes überhaupt nichts beiträgt, hier im Prinzip ein Generalstatement zur Hochschulpolitik hält, unter anderem zur Hochschulmedizin, das aber mit dem Wissenschaftsratsgutachten nichts zu tun hat. Und im Übrigen äußert Sie sich zu dem Wissenschaftsratsgutachten nicht eigentlich, denn eine Position der CDU zu einzelnen Vorschlägen, die in diesem Gutachten drinstehen, äußert Frau Grütters nicht. Sie hält allgemeine Beiträge dazu, was die CDUFraktion in den letzten Monaten gemacht hat, aber einen Antrag zum Wissenschaftsratsgutachten, eine Stellungnahme dazu habe ich nicht von Ihnen gehört. Sie machen dagegen hier in einer etwas oberlehrerinnenhaften Art: „Im Übrigen, Frau Senatorin, haben Sie bei Ihrer Antrittsrede etwas nicht ganz Richtiges gesagt...“

[Heiterkeit der Frau Abg. Grütters (CDU)]

Das ist, finde ich, für Hochschulpolitik und das, was man als zentrales Politikfeld, Innovationspolitik versteht, nicht richtig.

[Frau Richter-Kotowski (CDU): Schneller reden, noch schneller!]

Und da fällt die CDU-Fraktion als ein Partner, mit dem man sich inhaltlich auseinander setzen möchte, in dieser Debatte völlig raus. Eigentlich kenne ich Frau Grütters da ein bisschen anders.

[Frau Richter-Kotowski (CDU): Ein Lob!]

Was mich dann auch stört, ist die Haltung der SPD, die im Prinzip auch bei allgemeinen Beiträgen bleibt und vor allem so ein Ehekrachszenario immer und immer wieder bringt. „Im Übrigen hätten wir das Berliner Hochschulgesetz vielleicht verändert, so ist es ja überhaupt nicht, Frau Grütters...“

[Beifall der Frau Abg. Grütters (CDU)]

Sagen Sie doch, Herr Schuster: Nein, wir hatten wirklich ein Interesse daran, mit der CDU das Hochschulgesetz n i c h t zu machen, weil wir auf andere politische Mehrheiten gehofft haben, mit denen man ein modernes, aber progressives Hochschulgesetz machen können. Sagen Sie es doch einfach, das trifft doch zu. So ist es doch einfach.

[Frau Richter-Kotowski (CDU): Schneller, schneller!]

Dann kann man doch auch sagen, ja, wir haben auf eine andere politische Mehrheit gehofft, und wir haben jetzt ein paar Vorschläge im Berliner Hochschulgesetz umgesetzt, die hätten wir mit der CDU alleine nicht umsetzen können. Seien Sie doch so mutig und sagen Sie als SPD, da gehen wir in die Offensive. – Aber was Sie machen, ist so ein bisschen Ehekrachszenario. Das finde ich persönlich langweilig.

[Beifall bei der PDS – Beifall des Abg. Schellberg (Grüne)]

Wie schätzt man das Wissenschaftsratsgutachten ein? – Wir haben als einzige Fraktion dazu ein schriftliches Gutachten in Auftrag gegeben, was eine Bewertung der Vorschläge des Wissenschaftsratsgutachtens macht. Da haben wir uns das Gutachten angeschaut

[Frau Richter-Kotowski (CDU): Ehrlich?]

und haben zwei Punkte festgestellt: Erstens stimmt eine Grundannahme des Gutachtens schon einmal nicht, nämlich darüber wie die Studienplätze ausfinanziert werden können. Wir gehen davon aus, dass der Wissenschaftsrat dort von falschen Annahmen, den Studienanfängerprognosen, ausgeht und dass damit die Zahl 85 000 Studienplätze und ihre Sicherung in diesem Gutachten nicht gesichert sind. Das ist ein Problem. Damit muss man sich auseinander setzen. Dazu hat keine Fraktion etwas gesagt.

Dann kommen wir zu einzelnen Vorschlägen, das Gutachten betreffend. Da bin ich beim Punkt Fachhochschule für Technik und Wirtschaft. Hier hat der Wissenschaftsrat den Vorschlag gemacht, die FHTW mit der Alice-Salomon-Fachhochschule zusammenzulegen. Wenn Sie, Frau Grütters, immer fragen, welche Vorschläge nicht umgesetzt werden sollen,

[Frau Grütters (CDU): Ja, zum Beispiel!]

dann kann ich Ihnen seitens unserer Fraktion einen Punkt sagen: Das ist ein Punkt, wo wir einfach sagen, daran haben wir politisch kein Interesse. Wir wollen nicht, dass die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft mit der Alice-Salomon-Hochschule zusammengelegt wird, weil wir den Sinn darin nicht sehen.