Protocol of the Session on September 27, 2001

Darüber hinaus hat er aber auch eigene Vorschläge gemacht, Schwächen und Stärken benannt und die Verantwortung des Landes für die Hochschulen angemahnt. Dort, wo der Wissenschaftsrat zusätzlichen Sachverstand für erforderlich hielt, hat er weitere Expertengruppen vorgeschlagen. Seit dem Urteil des Wissenschaftsrats weiß der Senat von Berlin, dass der von den Hochschulen unter großen Sparzwängen eingeschlagene Weg grundsätzlich der richtige ist.

Über die Empfehlungen des Wissenschaftsrats steht der Senat mit den Hochschulen in einer permanenten und intensiven Diskussion. So wurden die Hochschulen nicht nur zu Stellungnahmen aufgefordert, sie wurden auch an der Arbeit der zusätzlich eingesetzten Expertenkommission beteiligt. Diese wurden für die Bereiche Erziehungswissenschaft, Psychologie, Rechtswissenschaft, Betriebswirtschaftslehre an Fachhochschulen, Wirtschaftswissenschaften sowie Regionalwissenschaften eingesetzt. Das Urteil des Wissenschaftsrats konnte dabei im Einzelnen präzisiert, gelegentlich auch modifiziert werden.

Im Einvernehmen mit dem Wissenschaftsrat geht der Senat nicht davon aus, dass jede Empfehlung im Detail und im Maßstab 1 : 1 zu übernehmen wäre. Vielmehr wird es darauf ankommen, die hochschulübergreifenden Vorschläge mit den beteiligten Hochschulen genau zu diskutieren und zu Entscheidungen zu kommen, die von den betroffenen Einrichtungen auch getragen werden.

Zu 3 und 4: Sie haben weiter gefragt, welche Position der Senat zur vorgeschlagenen Einrichtung von Hochschulräten und eines Landeshochschulrates hat. Der Senat beabsichtigt, die Frage der Hochschulräte bzw. der Kuratorien in Zusammenhang mit dem BerlHG zu klären. Hier ist zuvor sinnvoller Weise – da sind wir uns möglicherweise sogar einig – die Dienstrechtsreform im Wissenschaftsbereich durch den Bund abzuwarten. Aktuell werden erste Zwischenberichte zur Evaluierung der neu erprobten Leitungsstrukturen vorbereitet. In den künftigen Beratungen werden diese Ergebnisse selbstredend berücksichtigt werden.

Zu 5: Der Senat von Berlin unterstützt ausdrücklich die Elemente einer ökonomischen Steuerung der Hochschulen durch finanzielle Anreize. Im Rahmen der Hochschulverträge von 2003 bis 2005 wurden deshalb mit der leistungsbezogenen Mittelzuweisung sowie dem Strukturfonds zur Stärkung der Fachhochschulen zwei entsprechende Steuerungsmechanismen implementiert und auch vorbereitet. Im Rahmen des Strukturfonds für die Fachhochschulen werden innerhalb von 15 Jahren ca. 38 Millionen 1 bereitgestellt, um die sich die Fachhochschulen mit innovativen Studiengängen bewerben können. Die Entscheidung über die Vergabe der Mittel trifft die für Hochschulen zuständige Senatorin auf der Grundlage der Empfehlungen einer Expertenkommission.

Ein System der leistungsbezogenen Mittelverteilung führen die Hochschulen ab 2002 ein. Dabei wird ein Prozentsatz der konsumtiven Zuschüsse nach den drei Parametern

−Leistung in Lehre und Forschung,

−Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie

−Gleichstellung zwischen den Geschlechtern

neu verteilt. Dieses System im Einzelnen zu erklären – da sind wir uns einig –, würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Das kennen Sie auch schon alles aus den Hochschulverträgen.

Die Erfahrung, die wir mit ökonomischen Steuerungsinstrumenten im öffentlichen Bereich gemacht haben, sind noch nicht sehr ausgeprägt. Wir haben deshalb mit den Hochschulen ver

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Frau Sen Goehler

einbart, dieses Instrument kontinuierlich auf seine Wirksamkeit hin zu befragen, um gegebenenfalls zeitnah Modifikationen vornehmen zu können.

Der Senat ist der Auffassung, dass wir in vielen öffentlichen Bereichen mehr Flexibilität brauchen.

[Frau Herrmann, Barbara (CDU): Mein Gott!]

Er ist aber auch der Auffasssung, dass Bildungseinrichtungen keine Wirtschaftsunternehmen sind, die rein betriebswirtschaftlich nach ihren ökonomisch verwertbaren Outputs gesteuert werden müssen.

[Beifall des Abg. Schuster (SPD)]

Zu 6: Das war ja noch eine konkrete Frage, von Frau Grütters. Die Standortentscheidung für den Campus FHTW ist in der Tat seit Jahren blockiert. Bereits seit 1994 hat die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur Vorstöße im Senat zur Klärung unternommen. Dabei konnten leider die Kontroversen um eine mögliche Ansiedlung der FHTW am Standort Oberschöneweide nicht ausgeräumt werden. Die heutige Debatte hat das auch noch einmal deutlich gemacht. Die für den Standort Oberschöneweide zuständige Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie hat im alten Senat konsequent die Ansiedlung der FHTW in Oberschöneweide blockiert, weil sie diesen Standort für Wirtschaftsansiedlung freihalten wollte.

[Zuruf von der PDS]

In den zurückliegenden Jahren ist es aber der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie nicht gelungen, diesen Standort so zu entwickeln, dass er zu einem attraktiven Standort für Wirtschaftsansiedlung geworden ist.

Ich mache noch einmal den Versuch, Frau Senatorin, die gemeinsame Verabredung von fünf Minuten zu erinnern; Sie sind jetzt bei 7!

Oh! Das ist ja ganz furchtbar! – Gut, es liegt ja alles schriftlich vor. interjection: [Unruhe]

Es war nicht meine Idee, das noch einmal aufzurufen. Sie wollten es unbedingt besprechen – bitte sehr!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Frau Senatorin! – Für die Fraktionen beginnt die Fraktion der CDU. Es beginnt Frau Prof. Monika Grütters! – Bitte schön, Ihre Zeit!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Senatorin! Etwas mehr Leidenschaft hätte ich mir natürlich gewünscht, auch wenn wir das Thema aufrufen!

[Oh! von der SPD]

Es kann ja wohl nicht sein, dass Sie sagen: „Gut, Sie haben das hier so gewollt, dann breche ich eben ab.“ Außerdem haben Sie hier lediglich vorgelesen, was Ihre Verwaltung uns schon aufgeschrieben hatte. Dafür ist das Thema wirklich zu wichtig, übrigens auch für Sie, die Sie die zuständige Senatorin sind!

[Beifall bei der CDU]

Mir tun, wenn ich so etwas höre und erlebe, die Universitäten leid. Das haben die nicht verdient.

[Oh! von der PDS]

Sie finden es gut, dass Sie außenstehenden Sachverstand nach Berlin geholt haben. Das finden wir auch, denn das erspart den Universitäten, solchen Leuten ausgesetzt zu sein, jemandem, der das mit so wenig Leidenschaft vorträgt, wie Sie gerade! Und dann sagen Sie noch,

[Zuruf des Abg. Hoff]

ein solcher Satz, Herr Hoff, richte sich nicht gegen die Universitäten. Ja natürlich nicht! Im Gegenteil: Man sollte Sie loben, für das, was Sie getan haben, wesentlich mehr. So etwas ist in Hamburg z. B. noch nicht vorgekommen.

Und dann noch etwas: Sie sagen, Sie wollen die Empfehlungen nicht 1 : 1 umsetzen. Das kann ja sein, dass man sich nicht sklavisch an das halten muss, was der Wissenschaftsrat empfiehlt. Aber dann hätte ich zumindest in einer solchen Antwort heute von Ihnen erwartet, dass Sie sagen, warum nicht, wo nicht, was wollen Sie stattdessen machen, warum können wir uns nicht immer an jeden dieser vorgeschlagenen Punkte halten, wie stehen die betroffenen Hochschulen dazu, haben Sie sie einbezogen, wenn es an die Umsetzung geht. Vielleicht bekommen wir alle eine Chance, dies ein anderes Mal etwas angemessener zu diskutieren.

Zum Thema Hochschulräte: Die CDU hat dazu ein großes Expertenhearing gemacht, und es wundert mich schon, dass Sie offensichtlich immer noch keine Meinung dazu haben. Allein zu sagen, wir warten mal die Dienstrechtsreform ab, die übrigens seit Jahren in der Pipeline auf Bundes- und Landesebene ist, und so ein kleines Küken kommt dabei im Moment heraus, reicht für die Berliner Verhältnisse nicht. Hier müssen wir uns etwas schneller entscheiden, ob wir einen Hochschulrat haben wollen, ob wir einen Landeshochschulrat haben wollen, ob wir den Universitäten verschiedene Wege ermöglichen usw.

SPD, Grüne und PDS haben sich bislang geweigert, das Berliner Hochschulgesetz zu modernisieren, obwohl es seit August 1998, Frau Senatorin, ein Hochschulrahmengesetz gibt. Das müßten Sie zumindest aus der Hamburger Zeit noch kennen. Es ist kein Zeichen von Gesetzestreue, wenn in Berlin noch nicht einmal die Anpassung daran passiert!

[Weinschütz (Grüne): Ihr Senator war das, nicht die rot-grüne Koalition!]

Zur leistungsbezogenen Mittelvergabe, die wir in die neuen Hochschulverträge hineingeschrieben haben, wären wir gerne noch weitergegangen. Sinnvoll wäre es unseres Erachtens nach gewesen, einen Wettbewerb zwischen den Hochschularten zu ermöglichen. Das war offensichtlich manchem Gewerkschafter unter Ihnen ein bisschen zu schnell.

[Zuruf des Abg. Schuster (SPD)]

Ja, das galt Ihnen, Herr Schuster, das haben Sie schon richtig verstanden!

Dann das leidige Thema FHTW-Campus. In buchstäblich letzter Minute – das weiß ich noch genau – haben wir es in die Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU Ende 1999 hineingeschrieben. Jetzt haben wir zweieinhalb Jahre später, und es wird behauptet, weil die Senatsverwaltung sich einigen muss, die Hochschulen im Moment noch verstreut bleiben, dreiviertel hellblau, Frau Senatorin, damit geben sich die Einrichtungen einfach nicht zufrieden.

Leider können wir einander hier und heute die Auseinandersetzung über die Hochschulverträge nicht ersparen. Ich finde es fast ein bisschen dreist, dass es immer heißt, Sie hätten die unter Dach und Fach gebracht. Für den Preis einer leistungsfähigen Hochschulmedizin haben Sie Herrn Wowereit die Verträge serviert, die er gerne haben wollte. Unsere Idee war das nicht. Die hervorragenden Neuerungen, die gegenüber dem bisherigen Status enthalten sind, die Leistungskriterien, das ProfessorenErneuerungsprogramm – Sie sind eben nicht mehr dazu gekommen, das zu erwähnen –, 50 Millionen DM als Antwort auf den Generationenwechsel, die Tarifvorsorge, die Vorsorge im Sachmittelbereich, die Zielvereinbarungen und die teilweise Finanzierung der Versorgungslasten, – alles das haben wir in jahrelanger mühsamer Arbeit zwischen den Verwaltungen – übrigens erfolgreich – für die Wissenschaft ausgehandelt. Das sind die schwarzen Federn, mit denen man sich in der Übergangsregierung dann schmücken kann, nicht wahr?

[Beifall bei der CDU]

Aber was haben Sie daraus gemacht, dem Herrn Regierenden Bürgermeister und seinen manchmal etwas kaltherzigen Wissenschaftsexperten zuliebe? Das ist manchmal ein Trauerspiel, die Medizin – Sie haben es ja gehört –, ich hoffe nur, dass durch diese Dinge nicht die leistungsfähige Medizin in ganz Deutschland an Punkt eins bei Drittmitteleinwerbungen in die Krise getrieben wird. Das PEP – das Professorenerneuerungsprogramm – ist übrigens auch auf Initiative von Stölzl und der CDU in die Verträge aufgenommen worden, und darauf sind wir stolz. Das ist einer der wesentlichen Punkte bei den Empfehlungen des Wissenschaftsrats gewesen.

Aber dass sie am Ende sagen mussten, es sei ein besonderes Anliegen, wieder zur Verlässlichkeit der staatlichen Hochschulplanung zurückzukehren, das kann ich nun wirklich nicht mehr ernst nehmen. Ausgerechnet Sie, die da schnell lernen musste, dass es die Verträge bereits gab, deren Einführung Sie in Ihrer Antrittsrede als Wunsch formulierten, die Sie diese Verträge so verschlechtert haben gegenüber dem Status, den sie hatten, als Sie kamen – mit minus 145 in der Medizin –, Sie meinen, das wäre ein Ausdruck von Verlässlichkeit! Das entbehrt nicht einer gewissen Komik, würde ich fast sagen, wenn es nicht so traurig wäre.

Ich sagte schon, mir tun die Hochschulen leid, aber vielleicht erweist sich das Gutachten des Wissenschaftsrats vor diesem Hintergrund und bei dieser Regierung als ein Segen für die Unis, wenn Sie sich auf den vielgelobten auswärtigen Sachverstand dann aber auch bitte berufen und umsetzen, was diese uns und Ihnen empfehlen. – Vielen Dank!