Protocol of the Session on June 28, 2001

Es gibt aber auch noch einen anderen wichtigen Aspekt. Die Union unterstützt seit Jahren die Privatisierung von Aufgaben, die bisher von der öffentlichen Hand wahrgenommen wurden. Durch die bloße Änderung der Rechtsform ändert sich selbstverständlich nichts an dem Aufgabenbereich. Auch ein wirtschaftliches Unternehmen – zumindest eines, an dem das Land Berlin beteiligt ist –, kann und wird anerkennswerte öffentliche Zwecke verfolgen. Genauso wie Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes als Teil der Exekutive nicht gleichzeitig Mitglied der Legislative sein können, muss auch aus Gründen der Gewaltenteilung eine Einschränkung des passiven Wahlrechts bei denen möglich sein, die als Vorstände von Wirtschaftsunternehmen auch öffentliche Zwecke wahrnehmen. Ich bin sicher, die von der CDU-Fraktion vorgeschlagene strikte Trennung von politischer und wirtschaftlicher Tätigkeit ist auch ein Beitrag zur Transparenz und um das Vertrauen der Bürger in die Politik zu erhalten. Der Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der Grünen ist eine Mogelpackung. Ich werde auch gleich darauf zurückkommen, weshalb.

In der Sitzung des Rechtsausschusses am Dienstag habe ich mich darüber gewundert, dass die vereinigte Linke sich zu diesen Grundsätzen nicht bekennen konnte. Von den Sozialdemokraten habe ich ohnehin nichts anderes erwartet. Ihr Filz lähmt seit Generationen die Stadt.

[Gelächter des Abg. Cramer (Grüne)]

Sie befinden sich in einem Zustand, der zu Hoffnung wenig Anlass gibt. – Hören Sie einmal gut zu, ich zitiere jetzt gerade aus einem Positionspapier von Frau Freundl und Herrn Wolf vom 22. Januar dieses Jahres, also ungefähr fünf Monate alt. Ich werde Ihnen einmal sagen, was die beiden Fraktionsvorsitzenden der PDS gesagt haben. Über die SPD haben sie gesagt:

Sie befinden sich in einem Zustand, der zur Hoffnung wenig Anlass bietet. Den Grünen geht es nicht viel besser, sie leben mehr und mehr von ihrer Substanz. Wirklich neue Vorschläge kommen von ihnen kaum noch. Der Fraktionsvorstand

damit ist Ihr Fraktionsvorstand gemeint, von den Grünen –,

ist als Notgemeinschaft der alten Garde zusammengesetzt.

[Gelächter des Abg. Gram (CDU)]

Dieses muss als Eingeständnis gewertet werden, dass die Integration der jungen, neuen Mitglieder offensichtlich gescheitert ist.

[Beifall bei der CDU – Rösler (CDU): Sehr gut!]

So weit Frau Freundl und Herr Wolf von der Fraktion der PDS über den Zustand Ihrer Fraktion.

[Zurufe von der CDU]

Übrigens, das ist ein wörtliches Zitat, das ich vorgetragen habe.

[Gram (CDU): Eine bittere Erkenntnis, Herr Cramer!]

Ich halte ansonsten von den beiden Herrschaften nicht viel, aber wenn sie Recht haben, soll man ihnen auch Recht geben.

Beachten Sie bitte Ihre Zeit, Herr Abgeordneter!

Bei diesem desolaten Personalangebot der SPD und der Grünen ist es verständlich, wenn Sie sich gegen eine strikte Trennung von Politik und wirtschaftlicher Betätigung wehren. Bei dem wenigen Personal, das Sie haben, benötigen Sie jeden an Bord.

Nun ist aber nicht jedes Personalproblem der Koalitionäre ein Grund dafür, sich vernünftigen Regelungen in den Weg zu stellen. Ich bitte deshalb alle Mitglieder dieses Hauses, den Antrag der CDU zu unterstützen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Gram (CDU): Bravo! – Merkel (SPD): Den Mut hätte ich mir von Ihnen früher gewünscht!]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Braun! – Für die Fraktion der SPD hat Frau Flesch das Wort. – Bitte schön, Frau Flesch!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Antrag der Fraktion der CDU folgen, heißt, den Pfad der Verfassung verlassen. Die drei Prozent, die Sie uns anbieten, das ist ein billiges, populistisches Schaustück. Ich trete sofort in ein Unternehmen ein und gehe zum Bundesverfassungsgericht, das ist billigster Populismus nach dem Motto: Seht her, wir haben uns von unserem großen Landowsky getrennt, seht her, wir lernen aus unseren Fehlern! Leute, geht es wirklich nicht eine Nummer kleiner?

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Zurufe von der CDU]

Die Änderung, die wir heute am Landeswahlgesetz vornehmen wollen, ist mehr als überfällig. Verzögert hat immer die CDU. Sie hat es mit der Lex Simon verzögert,

[Zuruf der Frau Abg. Schultze-Berndt (CDU)]

sie hat es auch jetzt wieder verzögert.

[Dr. Heide (CDU): Stimmt doch gar nicht!]

Ihre Ausführungen in der letzten Sitzung des Rechtsausschusses, in der wir das Thema ausführlich beraten haben, lauteten: Nein, das wollen wir nicht, eigentlich ist es doch schön so, bitte nicht daran rühren. – Kommen Sie uns jetzt nicht mit dieser Variante: Der Wolf hat Kreide gefressen. – Ich finde das sehr degoutant. [Zurufe von der CDU]

Diese Änderung des Wahlgesetzes dient dazu, solche unheilvollen Verquickungen, wie sie bestehen zwischen der Berliner CDU, der Berlin-Hyp – die jetzt ein vorläufiges Ende genommen haben durch die Rücktritte, die sukzessiven Rücktritte des Herrn Landowsky –, zukünftig zu verhindern. Wir wollen eine hohe Hürde aufstellen, damit Landowsky, Berliner CDU, Berlin-Hyp

[Frau Buchholz (CDU): Riebschläger!]

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und dieses merkwürdige Firmenkonglomerat der Herren Wienhold und Neuling nicht weiter die Berliner Politik mitbestimmen können.

[Beifall bei der SPD und den Grünen]

Es soll Ihnen in Zukunft so schwer wie möglich gemacht werden, Ihre Verquickungen unter einen legitimistischen Rahmen zu bringen.

[Dr. Heide (CDU): Drei Prozent deshalb!]

Mitglieder von Geschäftsführungen und Vorstände von Unternehmen, die zu mehr als 25 Prozent Anteil dem Land Berlin gehören oder in denen das Land Berlin sonst einen bestimmenden Einfluss hat, sollen sich künftig überlegen, ob sie ihr Mandat annehmen oder ihnen ihr Job wichtiger ist. Diese 25 Prozent sind schon eine sehr niedrige Grenze.

[Zurufe von der CDU]

Das, was sie bieten, zeigt: Sie haben die Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen vielleicht herumstehen, hineingesehen haben Sie nicht.

[Beifall bei der SPD]

Das passive Wahlrecht ist ein sehr hohes Verfassungsgut. Es so willkürlich und billig populistisch hier beschädigen zu wollen, Sie sollten sich wirklich schämen. Mit diesem Gesetz werden wir mit bösem Willen – böser Wille war auf Ihrer Seite heftig vorhanden –, natürlich Filz und Korruption nicht verhindern können. Aber wir können es so schwer machen wie möglich. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Zurufe von der CDU]

Vielen Dank Frau Flesch! – Für die PDS-Fraktion hat Herr Nelken das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es freut mich, wie viel Erregung heute über lauter Rechtsprobleme in diesem Hause möglich ist.

[Gram (CDU): Sie sollten uns einmal erleben!]

Zunächst einmal möchte ich eingangs darauf hinweisen, dass wir leider auch als Rechtsausschuss es verabsäumt haben, dem mit einer ablehnenden Beschlussempfehlung versehenen Antrag der PDS-Fraktion, der sich mit dem gleichen Thema befasst und die gleiche Passage des Landeswahlgesetzes behandelt, mit Dringlichkeit zu versehen, sodass wir sie eigentlich heute hätten zusammen diskutieren müssen. So wird der PDS-Antrag erst in 14 Tagen in das Plenum kommen, obwohl es um die gleiche Sache geht.

[Rösler (CDU): Das Thema kann man nicht oft genug diskutieren!]

Nicht oft genug, Herr Rösler. Vielleicht ist es aber auch von Vorteil, dass bis zur nächsten Plenarsitzung die Mitglieder dieses Hauses erkennen, dass unser Vorschlag der beste war, nämlich sowohl inhaltlich als auch rechtssystematisch.

[Beifall bei der PDS]

Das ist aus zweierlei Gründen so; erstens weil unser Gesetzesantrag den Durchgriff auf die Tochtergesellschaften eindeutig regelt. Ich erinnere, dass der Anlass dieser Gesetzesänderung die Berlin-Hyp ist, die eine Tochter der Bankgesellschaft war. Zweitens ist die Beschränkung der Wählbarkeit, die ein massiver Eingriff in Grundrechte ist, bei unserem Antrag eindeutig an dem beherrschenden Einfluss des Landes auf die Unternehmensführung ausgerichtet und nicht an irgendeiner Prozentzahl.

[Zuruf des Abg. Wansner (CDU)]

Dies ist sicher ein Problem, denn es ist von beiden Antragstellern nicht ausgeführt worden, warum die Grenze in ihren Anträgen bei 25 Prozent oder bei 3 Prozent liegt, wenn man mit Sicherheit annehmen kann, dass ein beherrschender Einfluss auf ein Unternehmen möglich ist. Insofern ist in dieser Frage unser Antrag der bessere. Vielleicht reden wir in 14 Tagen noch einmal darüber.