Diese Leistungen haben wir erreicht. Und, Herr Diepgen, ich werde mich auch nicht dazu hinreißen lassen, mich in einer Rede vor mir selbst schützen zu müssen. Ich wundere mich, dass Sie zu solchen Sottisen in der Lage sind. Ich sage Ihnen hier ausdrücklich: Auch wenn etwas auseinandergeht, muss man die Kraft und die Fairness haben,
zu den Leistungen zu stehen, auch zu Ihren ganz persönlichen Leistungen. Dafür danke ich Ihnen, nicht nur im Senat, sondern auch hier.
Sie haben die Seele der Berliner angesprochen. Sie haben hier eine wahrhaft historische Entscheidung, nämlich die Entscheidung des Deutschen Bundestages damals im Wasserwerk in Bonn über die Frage: Soll Bonn weiter Hauptstadt bleiben, oder soll es Berlin werden? – eine historische Entscheidung, eine historische Debatte mit sehr interessanten Reden – dazu genutzt, um sie zu verbinden mit Ihrem Scheitern. Das macht man nicht! Haben Sie’s nicht „’ne Nummer kleener“, lieber Herr Diepgen? – So etwas gehört sich nicht!
[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Dr. Steffel (CDU): Das ist ja lächerlich! – Kittelmann (CDU): Sie haben’s nötig!]
Die ganze Wahrheit in Deutschland und zur Hauptstadtentscheidung ist, dass es nicht gereicht hätte, wenn damals nicht auch 17 PDS-Abgeordnete zugestimmt hätten.
Herr Regierender Bürgermeister! Sie haben einige Punkte angesprochen, bei denen ich hier unterstreiche – weil sie jetzt wichtig werden –, dass sie überhaupt nicht in Frage stehen. Ich bezweifle auch, dass Sie das denken, und muss das als Polemik zurückweisen. Glauben Sie im Ernst, das eine neu gewählte Regierung, die übrigens in der Hauptsache deshalb zu Stande kommen soll, damit Neuwahlen vorbereitet werden, – –
Das ist klar! Meinen Damen und Herren von der CDU! Sie haben noch immer nicht kapiert, was Ihre Bundesvorsitzende bereits erklärt hat: Wir werden Neuwahlen haben, und Sie werden zustimmen. Glauben Sie es mir!
Ich warte nur noch darauf, dass Herr Steffel den Wandel vom Saulus zum Paulus macht. Er sagt eben: Keine Neuwahlen! – Dann warten wir, bis eine neue Regierung bis zu den Neuwahlen gebildet ist, dann stellt er sich auf die Straße und sammelt Unterschriften für Neuwahlen. Für wie blöd halten Sie eigentlich die Berlinerinnen und Berliner?
Aber im Ernst gesprochen: Sie glauben doch nicht tatsächlich, dass eine Regierung die schwierigen Bund-LänderFinanzverhandlungen sozusagen tangiert oder stören würde!
Das ist glatter Unfug, Herr Diepgen! Sie wissen doch: In Wahrheit verlaufen diese Verhandlungen – Sie haben es auch kurz erwähnt – eben nicht zwischen A – und B –, also CDU/CSUund SPD- oder Grünen-geführten Ländern, sondern nach ganz anderen Frontlinien. Eine Frontlinie kann man übrigens erleben, wenn der hessische Ministerpräsident, Herr Koch – der Mann, der mächtig Parteispenden entgegengenommen hat – erklärt: „Wenn es eine neue Regierung in Berlin gibt, dann geben wir kein Geld.“ [Zurufe der Abgn. Frau Klotz (Grüne) und Niedergesäß (CDU)]
Darum geht es gar nicht. Aber dieser Bund-Länder-Finanzausgleich – da wird es wirklich wichtig – hat Auswirkungen für den Standort der Stadt, für den Bankenstandort, für Beschäftigte usw. [Unruhe bei der CDU – Zuruf des Abg. Wansner (CDU)]
Wie können Sie, Herr Diepgen, nach den Verläufen im Senat und nach genauer Protokollkenntnis hier ernsthaft behaupten, das Patronat für die Stützung der Bankgesellschaft sei in Zweifel? – So etwas ist ungehörig! Sie spielen hier mit etwas, was sich nicht gehört!
[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Goetze (CDU): Warum haben Sie denn nicht zugestimmt?]
Und dann finde ich es wirklich bemerkenswert, dass das Wort „Bankenkrise“ bei Ihnen an einem einzigen Punkt vorkam, lieber Herr Diepgen,
nämlich als Sie die SPD, die Grünen, die PDS verdächtigen wollten, sie wollten nicht das Patronat mit den 4 Milliarden DM erhalten. Das, Herr Diepgen, zeigt im Grunde den wahren Anlass, warum Sie abgelöst werden müssen und warum wir in der Stadt neu wählen müssen.
Sie haben in den vergangenen vier Monaten, ausgelöst durch eine Parteispendenaffäre, die Sie negieren wollten, falsch gehandelt. Sie haben immer zögerlich, immer zu spät reagiert. Sie haben die Krise nicht wahrgenommen,
Sie haben nicht wahrgenommen, was es tatsächlich bedeutet, wenn nach all den Sparbemühungen, die Sie auch noch karikiert haben, auf einmal den Menschen gesagt werden muss, wir müssen erneut mindestens 4 Milliarden DM Steuergelder in die Hand nehmen. Das ist die eigentliche Ursache, weshalb wir heute vor dieser Krise stehen.
Wer beauftragt wird, dies längerfristig für die Stadt zu regeln, darüber sollen die Wählerinnen und Wähler dieser Stadt entscheiden. Auch dies wollten Sie nicht. Das sind die Hauptgründe, weshalb wir heute in dieser Situation stehen.
Nun haben Sie noch – das habe ich fast erwartet – am Ende uns an Ernst Reuter und Willy Brandt erinnert.
Ja, rufen nun die Herren von der letzten Bank der Union. Die Berliner Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und die deutsche Sozialdemokratie insgesamt stand schon vor und bei Willy Brandt, als Sie noch „Vaterlandsverräter“ zu ihm gesagt haben. [Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Gram (CDU): Der wird sich im Grabe umdrehen, wenn er das hört!] Sie spekulieren auf das kurze Gedächtnis, und manch einer der Älteren von Ihnen war noch im Westberliner Abgeordnetenhaus und hat die Ostpolitik diffamiert. Hören Sie damit auf! Diese Nummern kommen gar nicht an. Bitte berufen Sie sich nicht Sozialdemokraten, die Sie überhaupt nicht benutzen können. Und machen Sie sich keine Sorgen: Dieses Erbe liegt bei uns und in der Stadt insgesamt in guten Händen! – Vielen Dank! [Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Gram (CDU): Der würde sich schämen! – Anhaltende Zurufe von der CDU – Glocke des Präsidenten]
auf Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Aktuelle Stunde verbinde ich mit folgenden dringlichen Anträgen:
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der Grünen auf Annahme einer Entschließung über Neuwahlen in Berlin zum 23. September 2001