Protocol of the Session on May 31, 2001

Für die Stadt mussten und müssen auch noch heute die Grundvoraussetzungen für einen Standortwettbewerb innerhalb von Deutschland und in Europa geschaffen werden. Das ist die Folge der Teilung insgesamt,

[Beifall bei der CDU]

und die Folge, dass wir erst langsam sicherstellen konnten, dass Berlin zusammenwächst und dass die Unterschiede in den sozialen und wirtschaftlichen Ausgangspositionen sich annähern. Und zu einer solchen Politik gehören unsere wissenschaftlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen, dazu gehören die Infrastruktur für Technologieparks, von Adlershof bis Buch, dazu gehört der Grundsatz, der hier vom Abgeordnetenhaus auch ausdrücklich geteilt worden ist – in Veranstaltungen jeweils in der Stadt rühmen sich alle dieser Überlegung –, nämlich der Grundsatz, der im vergangenen Jahrzehnt im Vordergrund stand: Aufbau Ost vor Ausbau West.

Ich stelle mich auch der Verantwortung für die Angleichung der Löhne zwischen Ost und West, mit all den Rückwirkungen, die dieses auch auf den Haushalt hat.

[Beifall bei der CDU]

Aber ich stelle mich auch der Verantwortung und der Notwendigkeit, dass bei aller Dynamik des neuen Berlin – erfreulich, im Medienbereich sehr zukunftsorientiert –, dass es bei all diesen Herausforderungen auch die Benachteiligungen in Stadtquartieren der Berliner Bezirke gibt, die wir nicht vergessen dürfen und nicht vergessen wollen.

[Beifall bei der CDU – Mutlu (Grüne): Mach’ den Stuhl frei!]

Und ich bleibe selbstverständlich auch dabei, dass das strukturelle Haushaltsdefizit des Landes Berlin auch etwas mit teilungsbedingten Lasten zu tun hat.

[Beifall bei der CDU – Cramer (Grüne): Das ist richtig!]

Es ist, und das war eine unserer Schwierigkeiten, immer der Hinweis gekommen, ihr werdet ja Hauptstadt, und deswegen muss man das eine oder andere nicht machen, quer durch die ganze Republik, egal von wem.

[Zuruf von der CDU: So ist es!]

Es ist Anfang der 90er Jahre nicht gelungen, die typischen teilungsbedingten Belastungen des Haushalts außerhalb des normalen Länderfinanzausgleichs in das Finanzierungssystem unseres Föderalismus einzubeziehen. Ich nenne dabei nur noch eine Zahl, der Kollege Strieder weist immer darauf hin: 3,5 Milliarden DM jährliche Finanzierung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus, wesentlich aus der Zeit vor der Wiedervereinigung. Das ist alles ein beredter Beweis dafür, dass wir es mit Folgeerscheinungen der deutschen Teilung zu tun haben.

[Beifall bei der CDU]

Das heißt ja nicht, dass aktuelle Notwendigkeiten dabei zur Seite geschoben werden. Aber es heißt, dass wir uns in der Auseinandersetzung auch um alle psychologischen und tatsächlichen Folgen der Diskussion, die wir im Augenblick zu bestehen haben, auch ein Stückchen auf diese Sachverhalte hin orientieren müssen. Sonst machen wir etwas, was für diese Stadt nicht akzeptabel ist. [Beifall bei der CDU – Cramer (Grüne): Alles unakzeptabel!]

Mit der Lösung der Krise um die Bankgesellschaft, aber auch unabhängig davon, steht der Senat in einer Situation, die es erforderlich macht, eine neue Dimension des Sparens in Angriff zu nehmen. [Gelächter links]

Dies ist schmerzhaft, aber dennoch ohne Alternative. Will sich Berlin die eigene Gestaltungskraft erhalten,

[Cramer (Grüne): Haben Sie doch verspielt!]

ist eine solche weitere Stufe in der Zäsur der Haushaltspolitik unabweisbar. Wir wollen das finanzpolitische Schicksal Berlins nicht in die Hände Dritter legen. Wir werden unsere Schularbeiten machen, und wir werden Sie bitten, mitzuhelfen, Sie alle. Unsere Schularbeiten, das heißt Fortsetzung des Konsolidierungskurses mit Augenmaß und wirtschaftlicher Vernunft.

[Zuruf von links: Neubeginn!]

Die weitere Konzentration auf die Kernaufgaben des Staates steht an, tabulos und ideologiefrei sind die jeweiligen Möglichkeiten ressortübergreifend aufzuzeigen.

[Beifall bei der CDU]

Ich kann niemandem versprechen, dass der Senat, dass wir alle dabei ohne Zumutungen auskommen werden, dass gar Liebgewonnenes auf alle Fälle erhalten bleibt.

[Frau Oesterheld (Grüne): Die Bäder!]

Ich kann Ihnen aber versprechen, dass der Senat gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen wird, die Zukunftsfähigkeit Berlins aus möglichst eigener Kraft zu sichern. Und die Aufräumungsarbeiten bei der Bank haben in den jeweiligen Verantwortlichkeiten begonnen und werden konsequent fortgesetzt.

[Frau Ströver (Grüne): Wer soll Ihnen das denn noch glauben? – Wieland (Grüne): Was war denn Ihr Beitrag dazu?]

Ich darf einige Aussagen zusammenfassen: Es gibt einen Handlungsbedarf, den der Berliner Senat verantwortungsbewusst ausfüllen wird.

[Cramer (Grüne): Das hören wir die ganze Zeit!]

(A) (C)

(B) (D)

RBm Diepgen

Erstens: Die Verantwortlichkeiten bei der Berliner Bankenkrise werden ungeschminkt aufgeklärt, konsequent verfolgt und der Öffentlichkeit schonungslos mitgeteilt.

[Cramer (Grüne): Auch das hören wir die ganze Zeit! – Beifall bei der CDU]

Zweitens: Wir werden die notwendigen strukturellen Aufräumarbeiten bei der Bankgesellschaft forcieren und sie konsequent zu einem Erfolg führen.

[Beifall bei der CDU]

Drittens: Wir werden die notwendigen Haushaltsentscheidungen kurzfristig im Hinblick auf die Wirtschaftskraft Berlins und die soziale Verantwortung treffen und dem Parlament vorlegen.

Seien Sie gewiss, dass dieser Senat seinen Verpflichtungen für die Stadt und für die Menschen dieser Stadt in vollem Umfang nachkommt. –

[Wieland (Grüne): Wer soll das glauben?]

Vielen Dank! [Starker Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister, für die Darstellung der Verantwortung des Landes und der Landesregierung in der gegenwärtigen Situation.

[Gelächter links]

Wir kommen jetzt zur Aussprache. Der Ältestenrat empfiehlt eine Redezeit von 20 Minuten. Es beginnt die Fraktion der PDS. Herr Wolf ist bereits unterwegs. – Sie haben das Wort!

[Wansner (CDU): Reden Sie über die Schulden der ehemaligen DDR!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Zwischenruf von der CDU, wir sollten über die Schulden der DDR reden, macht deutlich, welchen Vergleichsmaßstab Sie mittlerweile wählen: Es handelt sich um ein untergegangenes System. interjection: [Beifall bei der PDS und den Grünen]

Die Rede des Regierenden Bürgermeisters, ich weiß nicht, ob ich sagen soll, hat alle Erwartungen erfüllt oder enttäuscht. Ich glaube, beides ist richtig. Sie hat alle Erwartungen derjenigen enttäuscht, die noch die Hoffnung gehabt haben, dass der Regierende Bürgermeister hier endlich ein klares Wort spricht darüber, wie die Lage wirklich ist, und in der Tat auch über Verantwortung und eigene Verantwortung. Sie hat alle diejenigen nicht enttäuscht, die davon ausgegangen sind, dass dieser Regierende Bürgermeister dazu nicht in der Lage ist.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Das war eine Rede, sage ich, aus einer anderen Welt, das war eine Rede aus dem Paralleluniversum, Herr Diepgen, aber nicht eine Rede über die Stadt Berlin und über die Lage, in der wir uns hier befinden. [Beifall bei der PDS – Niedergesäß (CDU): Du redest wirr!]

Es sind – haben wir gehört – die Banker, die Wirtschaftsprüfer, aber der einzige, der keine Verantwortung trägt, ist Herr Diepgen. Und er muss sogar als Kronzeuge Frau Schreyer zitieren. Herr Diepgen, ich muss sagen: Die von mit geschätzte Kollegin Schreyer kann sich hier nicht verteidigen. Aber ich lese auch Protokolle, und ich war damals bei der Debatte über die Gründung der Bankgesellschaft dabei. Ich kann mich erinnern, dass Frau Schreyer damals prophetische Worte gesprochen hat. Sie sagte nämlich:

Dieses Konstrukt führt dazu, dass für den Berliner Filz von Herrn Landowsky wesentlich größere Finanzmassen zur Verfügung stehen, als er sie jetzt zur Verfügung hat.

Lesen Sie im Protokoll nach! Das waren damals ihre Worte. Sie hatte – leider, sage ich – Recht!

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Dann haben Sie eine zweite Kollegin zitiert, deren Worte Ihnen normalerweise auch nicht so leicht über die Lippen gehen, Frau Fugmann-Heesing. Gut, ich stelle auch die Frage: Warum hat Frau Fugmann-Heesing sich so mit mancher Antwort zufrieden gegeben? – Aber ich stelle gleichzeitig die Frage: Was hat Herr Landowsky denn Frau Fugmann-Heesing in der Bankgesellschaft und über die Situation und über den Wertberichtigungsbedarf erzählt?