Jetzt lasse ich über den Ursprungsantrag abstimmen. Wer dem Antrag Drucksache 14/530 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Auch das ist wieder die Opposition. Gegenstimmen? – Erwartungsgemäß die Regierung und damit eine Mehrheit. Enthaltungen? – Keine. Dann ist das abgelehnt.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 2. Mai 2001 zum Antrag der Fraktion der Grünen über Wiederaufbau der Dresdener Bahn mit dem S-Bahnhof Kamenzer Damm, Drucksache 14/623
Die Ausschüsse empfehlen einstimmig die Annahme des Antrages. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Erwartungsgemäß einstimmig! Dann ist das so beschlossen!
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 2. Mai 2001 zum Antrag der Fraktion der PDS über Fortführung des Arbeitslosentickets im Berliner Nahverkehr, Drucksache 14/1056
Pro Fraktion ist eine Redezeit von fünf Minuten vereinbart. Die antragstellende Fraktion der PDS hat nun das Wort. Frau Matuschek steht bereit und hat das Wort. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag hat drei klare Forderungen aufgenommen und hat auch eine klare und konkrete Begründung. Was im Ausschuss daraus geworden ist, ist eine Verwässerung unseres Antrages und fällt weit hinter das zurück, was das Abgeordnetenhaus hinsichtlich des Arbeitslosentickets schon einmal beschlossen hatte. Ich darf Sie daran erinnern: Wir haben hier schon einmal alle miteinander ein Arbeitslosenticket für alle Arbeitslosen für 40 DM beschlossen. Die vorliegende Beschlussempfehlung geht dahinter zurück und spricht nur noch von einer Fortführung dessen, was jetzt läuft, was eben nicht für alle Arbeitslosen gilt und nicht für 40 DM zu haben ist, und verweist auf eine irgendwann einmal vorliegende Auswertung der jetzigen Testphase. Wann die vorliegt, ist nicht klar. Wie die vorliegen soll, ist auch nicht klar. Aber man kann ja darauf verweisen, dass man wartet.
Unser Antrag hat drei ganz wichtige Fehler der bisherigen Regelung aufgenommen, um sie zu korrigieren. Noch ein Wort zur Auswertung: Es gibt laufende Auswertungen des gegenwärtigen Arbeitslosenhilfetickets, die belegen, dass ca. 15 % der Anspruchsberechtigten dieses Ticket erwerben. Noch weitere besorgen sich die sogenannte Trägerkarte, die sie aber nicht jeden Monat mit einer Klebemarke belegen. Das heißt, es haben sich mehr Arbeitslosenhilfeempfänger die Trägerkarte besorgt, als sie sie tatsächlich auch jeden Monat nutzen. Daraus ergibt sich ein Bedarf für eine Einzelfahrscheinregelung. Das ist unser einer Punkt, den wir versuchen zu regeln, indem wir sagen, wer sich eine solche Trägerkarte mit dem entsprechenden bürokratischen Aufwand besorgt hat, der muss berechtigt sein, einen sogenannten Ermäßigungsfahrschein zu erwerben, um Einzelfahrten günstiger betreiben zu können, als der Normaltarif es vorsieht.
Der zweite Punkt, den wir aufnehmen, ist das Bestreben, diese Spaltung innerhalb der Armen aufzuheben. Wir wollen nicht mehr diese Regelung aufrechterhalten: Nur wer Arbeitslosenhilfeempfänger ist, darf dieses Ticket erwerben, und die Arbeitslosen nicht. Denn wir wissen, ca. 17 000 Arbeitslosengeldempfänger haben weniger als der durchschnittliche Arbeitslosenhilfesatz. Sie liegen also unter den durchschnittlichen Einkommenswerten der Arbeitslosenhilfeempfänger und können nicht dieses Ticket erwerben. Das ist eine schreiende soziale Ungerechtigkeit, und es kommt noch hinzu – darauf hat der Senator im Ausschuss zu Recht verwiesen –, dass es eine ganze Reihe Leute gibt, die in Lohn und Brot stehen, in Arbeitsverhältnissen stehen, und die auch noch weniger bekommen, als durchschnittliche Arbeitslosenhilfe gezahlt wird. Wir sagen, wir wollen nicht diese Trennung. Wir wollen gerne eine Regelung finden, die den Bedürftigen tatsächlich in der Gesamtheit entgegenkommt. Da gibt es eine Regelung, nämlich die Befreiung von der Zuzahlung zur Krankenkasse. Das ist eine gängige Regelung bei der BVG, bei den Verkehrsbetrieben. Sie wird angewandt, wenn es darum geht, die Familientickets auszustellen. Sie wird angewandt, wenn es darum geht, ein Seniorenticket zu erwerben. Das muss auch für das sogenannte A-Ticket möglich sein. Das ist unser zweiter Punkt im Antrag.
Dann haben wir noch einen dritten Punkt aufgegriffen: Wenn ein Inhaber eines Arbeitslosenhilfetickets in das Berliner Umland fahren will, in das sogenannte Tarifgebiet C, dann wird die bisherige Fahrt mit dem Arbeitslosenhilfeticket nicht als vollwertige Fahrt gezählt, sondern am Stadtrand muss derjenige ein volles Ticket nachlösen, um in das Tarifgebiet C zu fahren. Das ist eine Ungerechtigkeit, das kann so nicht hingenommen werden. Jeder Schüler, der ein AB-Ticket hat, kann mit dem Erwerb eines normalen Ergänzungsfahrscheines für 2,50 DM ins Tarif-C-Gebiet weiterfahren. Das kann jeder Inhaber einer sonstigen Monatskarte. Die Arbeitslosenhilfeempfänger, die das A-Ticket haben, dürfen das nicht. Auch das ist eine schreiende soziale Ungerechtigkeit, die möchten wir gerne aufheben.
Wir hatten im Ausschuss dazu eine heftige Diskussion. Der Senator hat dabei darauf verwiesen, das sei alles gar nicht mehr notwendig, es gäbe ab 1. August das wunderbare Ticket, Berlin-Card genannt, für das ein – recht bürokratisches – Verkaufsverfahren eingeführt werde, mit dem die Berechtigung gegeben sei, Einzelfahrscheine zum Ermäßigungstarif, also zum günstigeren Tarif, zu kaufen. Dazu kann ich nur sagen: Das ist eine Mogelpackung, weil sich jeder ausrechnen kann, wie oft man fahren kann, um nicht zum Preis einer normalen Monatskarte zu kommen. Und diejenigen, die bisher eine Monatskarte haben, werden sich das genau ausrechnen, wann sie lieber diese Berlin-Card nutzen. Aber das wichtige Problem dabei ist doch – man redet immer davon, die Verkehrsbetriebe seien so belastet –, die Berlin-Card wird einen so großen Vertriebsaufwand mit sich bringen, der sehr schwer zu handhaben sein wird.
Letzter Satz: Wir haben drei konkrete Forderungen mit entsprechenden Begründungen vorgelegt. Wir wollen nicht abwarten, bis irgendwann eine Auswertung erfolgt. Die Auswertung kann jetzt stattfinden, und wir möchten den Ärmsten in dieser Stadt die Gewissheit geben, dass sie ab 1. August sich auf eine sichere Regelung verlassen können und auch weiterhin in dieser
Stadt mobil sein können. Schließen Sie sich unserem Antrag an und nicht dieser verwässerten Formulierung aus dem Ausschuss an! Wir werden uns der Stimme enthalten, weil wir diese Verwässerung nicht mittragen und Ihnen aber auch keinen Vorwand geben wollen, dass wir gegen die Verlängerung des Arbeitslosenhilfetickets seien.
Danke schön, Frau Kollegin! – Für die Fraktion der CDU hat nunmehr Frau Abgeordnete Mommert das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU will, dass das Arbeitslosenticket fortgeführt wird. Wir freuen uns, dass das Arbeitslosenticket so gut angenommen wurde. Es erhöht die Mobilität der Arbeitslosenhilfeempfänger, ermöglicht ihnen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und erleichtert die Arbeitssuche. Wir erwarten allerdings die zügige Auswertung des Modellversuchs. Ich finde es richtig, dass wir erst, wenn der Modellversuch ausgewertet ist, über Erweiterungs- und Änderungsvorschläge reden, insbesondere auch über die Einbeziehung von Menschen, die von der Zuzahlung bei Medikamenten befreit sind. Ich hoffe – das ist mein Appell an Senator Strieder –, dass seine Verwaltung in der Lage sein wird, Zahlen vorzulegen, die den Kreis beziffern, der von einer solchen Vergünstigung für das Arbeitslosenticket betroffen sind. Denn bisher hatte ich immer das Gefühl, Herr Strieder, dass Ihre Verwaltung in dieser Richtung mauert.
Das Arbeitslosenticket hat sich bewährt und muss möglichst in erweiterter Form eine Dauereinrichtung im öffentlichen Personennahverkehr in Berlin werden.
Danke schön, Frau Kollegin Mommert! – Nunmehr hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erwartungsgemäß der Kollege Cramer das Wort. – Bitte schön, Herr Cramer!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir brauchten uns heute über dieses Ticket überhaupt nicht zu unterhalten, wenn die große Koalition nicht vor einigen Jahren die Sozialtarife im öffentlichen Nahverkehr abgeschafft hätte.
Mittlerweile haben wir in Berlin die höchsten Tarife und die meisten fehlenden Sozialtarife. Das heißt, Berlin ist eine sozial feindliche Stadt, was die Tarife im öffentlichen Nahverkehr betrifft. Das ist ein Skandal!
Frau Matuschek hat den PDS-Antrag und die 3 Punkte begründet. Alle 3 Punkte sind gerechtfertigt. Deshalb haben wir den PDS-Antrag auch unterstützt. Die große Koalition wollte es nicht und bringt jetzt einen Änderungsantrag ein, der in der Wortwahl die gegenwärtige Situation völlig gegenständlich darstellt. Hier ist von einer Fortführung des Arbeitslosentickets die Rede. Es gibt kein Arbeitslosenticket, sondern es gibt ein Arbeitslosenhilfeticket. Das setzt die soziale Ungerechtigkeit fort.
Ich habe damals schon, als der Antrag zum ersten Mal eingebracht wurde, eine Statistik vorgelegt, dass es in Berlin Bezieher von Arbeitslosenhilfe gibt, die erheblich mehr an Bezügen bekommen als Menschen, die Arbeitslosengeld haben, und umgekehrt. Das heißt, zielgerichtet waren Sie nicht genau, sondern Sie haben willkürlich eine Gruppe herausgenommen, bei der Sie meinten, das wären die Bedürftigsten. Dabei haben Sie
übersehen, dass viele, die Arbeitslosengeld beziehen, bedürftiger sind. Aber die werden ausgeschlossen. Das ist sozial ungerecht, das lehnen wir ab.
Wir möchten natürlich auch, dass der Versuch ausgewertet wird. Aber warum schreiben Sie nicht korrekt „Arbeitslosenhilfeticket“? Es gibt eben kein Arbeitslosenticket. Das sollte ausgeweitet werden. Aber eigentlich brauchen wir dafür nicht die Auswertung des gesamten Modellversuchs. Wir wissen schon alle, wo die Defizite sind. Deshalb braucht sich die große Koalition nicht hinter nötigen Auswertungen zu verstecken. Sie kann entscheiden, sie sollte entscheiden. Wir fordern Sie auf, den Ursprungsantrag zu unterstützen. Wenn die Beschlussempfehlung des Ausschusses zur Abstimmung kommt, werden wir uns der Stimme enthalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese heutige Debatte ist ziemlich überflüssig. Sie von der PDS und den Grünen versuchen nur, ein Thema zu besetzen, zu dem wir im Abgeordnetenhaus große Einigkeit hatten, dass wir das umsetzen wollen, aber, wie Sie genau wissen, auf Grund der Rechtslage gegenüber dem Verkehrsunternehmen nicht so agieren konnten, wie wir das wollten.
Wenn Sie hier beschwören, wir sollten sofort für alle Arbeitslosen ein Ticket einführen, dann sollten Sie uns auch sagen, wie man das gegenüber dem Verkehrsunternehmen durchsetzt. Herr Strieder hat es mehrfach versucht, und ihm ist auch zu verdanken, dass der einstimmige Beschluss dieses Hauses überhaupt in einem ersten Schritt umgesetzt wurde. Die Verkehrsunternehmen haben sich bereit erklärt, eine einjährige Testphase für ein Arbeitslosenticket, zunächst beschränkt auf Arbeitslosenhilfeempfänger, durchzuführen. Das war ja kein begeisterter Aufschrei bei den Verkehrsunternehmen, sondern ist in harten Kämpfen durchgesetzt worden. Das dürfte auch einmal Ihre Anerkennung verdienen und nicht nur Ihre Kritik.
Den Hinweis von Herrn Cramer, dass es eine Mogelpackung sei, wenn von Arbeitslosenticket gesprochen würde, müssen Sie an die Kollegin Matuschek richten. Von der stammt der Antrag mit diesem Text. Wir haben diese Form im Änderungsantrag nur übernommen
und sind auch nach wie vor der Auffassung, dass wir ein Arbeitslosenticket erreichen wollen. Wir sind jetzt in der ersten Stufe dazu, und die Auswertungsphase soll nach Auskunft der Verkehrsunternehmen bis zum 3. Quartal 2001 vorliegen. Insofern ist es ein Erfolg, dass es gelungen ist, über den einjährigen Test hinaus das zu verlängern und es nicht wegen der Auswertung des Versuchs zu unterbrechen, so dass die Arbeitslosenhilfeempfänger nicht erst einmal wieder eine normale Karte kaufen müssen. Auch dem, finde ich, gebührt eine gewisse Anerkennung, denn da haben sich die Verkehrsunternehmen von ihrer ursprünglichen Position wegbewegt.
Grundsätzlich ist es wichtig, über Lösungen nachzudenken, wie sie von der PDS angeregt sind. Es sind nicht nur Arbeitslosengeldempfänger, die eventuell weniger Geld haben als Arbeitslosenhilfeempfänger. Wir haben auch eine Menge Arbeitende, die auch weniger Geld haben als Arbeitslosengeldempfänger. Insofern sollten wir zu der Überlegung kommen, ob man in Verhandlungen mit den Verkehrsunternehmen eine wirkliche
Sozialkarte erreicht, die unterhalb einer gewissen Einkommensgrenze von allen erworben werden kann, gleichgültig, ob sie arbeitslos sind oder nicht, egal, ob sie Arbeitslosenhilfe bekommen oder Sozialhilfe, sondern dass man das am Einkommen festmacht. Das ist der richtige Weg!
Herr Cramer, Sie selber halten immer viel auf die Unabhängigkeit der Verkehrsunternehmen und die Einhaltung der entsprechenden Regeln. Sie wissen, dass das ein schwieriger Aushandlungsprozess ist. Ich hoffe, dass die Auswertung des Modellversuchs uns dabei Hilfestellung leistet. Insofern lassen Sie uns diese abwarten und Ende des Jahres dann in Verhandlungen gehen, damit wir im nächsten Jahr eine solche Karte tatsächlich einführen können.