Protocol of the Session on April 5, 2001

2. Ist dem Senat bekannt, dass der bisherige Ansatz des Budgetierungskonzeptes der Bezirke darin bestand, dass eine Vergleichbarkeit der Ausgaben über die zu lösenden Aufgaben hergestellt werden sollte und nicht über eine Größe „DM pro Einwohner“?

Herr Senator Dr. Werthebach, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Ich bitte damit einverstanden zu sein, dass ich beide Fragen gemeinsam beantworte.

Die Senatsverwaltung für Inneres hat dem Senat einen Vorschlag unterbreitet, der sowohl einen Sparbeitrag der Bezirke zur Haushaltskonsolidierung als auch eine Umverteilung von Personalressourcen nach Wertausgleichkriterien beinhaltet. Dieser Vorschlag soll in der Sitzung des Rates der Bürgermeister am 9. April dieses Jahres behandelt werden. Erst danach wird der Senat abschließend entscheiden. Die Innenverwaltung entspricht mit einem solchen Vorschlag sowohl dem Wunsch des Rates der Bürgermeister als auch dem Auftrag des Abgeordnetenhauses, Sozialstrukturen und städteräumliche Besonderheiten bei der Verteilung der den Bezirken zugewiesenen Personalmittel zu berücksichtigen, zumal alle Analysen gravierende Unterschiede bei der bisherigen Stellenausstattung der Bezirke aufzeigen. Nach Auffassung des Senats wird die schrittweise Einführung der Budgetierung durch den Vorschlag unserer Verwaltung nicht behindert oder konterkariert; denn Sie müssen wissen, dass der Anteil des Produktsummenbudgets beim Übergangsbudget 2002 nur 12,5 % beträgt. Die Budgetierung auf

Produktbasis macht solche Strukturdatenmodelle nicht überflüssig. Das Mengenangebot – zum Beispiel Anzahl der Bibliotheken, um es zu verdeutlichen – beeinflusst derzeit ein Budgetierungsverfahren nicht, da Istmengen budgetiert werden. Es besteht jedoch Einvernehmen mit den Vertretern der Bezirke, in den folgenden zwei Jahren die Erkenntnisse aus der Kosten- und Leistungsrechnung stärker in die Modellrechnung einzubeziehen. Und Sie wissen auch: Der Ausgleich erfolgt voraussichtlich in drei Schritten. Derzeit ist nur der erste Schritt getan.

Eine Nachfrage des Kollegen Schneider – bitte!

Herr Präsident! Erlauben Sie, dass ich gleich zwei Nachfragen zusammen stelle! Dann kann auf beide zusammen geantwortet werden. – 1. Nachfrage: Herr Werthebach! Werden Sie am 9. April, in der Sitzung des Rates der Bürgermeister, die Planung der Innenverwaltung vorstellen, wie in den Bezirken 2002 die 973 Stellen zu erbringen wären? Welche Vorstellungen zu einem Personalmanagement existieren in dieser Richtung?

2. Nachfrage: Sind Ihre Papiere so zu interpretieren, dass Sie den Bezirken vor allen Dingen empfehlen werden, die Personalkostenreduzierung in den Bereichen Bibliotheken, Kultur, Volkshochschulen, Musikschulen und Umwelt vorzunehmen?

Herr Senator Dr. Werthebach!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Wir haben schon in der ersten Sitzung des Rates der Bürgermeister, die dazu führte, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die das Gesamtproblem noch einmal aufarbeiten sollte, auch über diese Fragen gesprochen. Aber eins ist sicher, und daran kann auch der Innensenator nichts ändern: Alle diese Entscheidungen sind in der Verantwortung der Bezirke zu treffen. Ich bin gerne bereit, dabei mit Rat zur Seite zu stehen, aber es ist die Entscheidungshoheit der Bezirke, insbesondere, wo und in welchen Bereichen diese Einsparungen vorgenommen werden müssen.

Eine weitere Nachfrage des Kollegen Schneider!

Herr Werthebach! Wie ernst zu nehmen ist Ihre Äußerung, dass die Entscheidungen allein den Bezirken überlassen sind? – Die Bezirke werden von Ihnen eine reduzierte Personalsumme zugemessen bekommen, und den Bezirken ist dann anheim gestellt, die Reduzierung zu erbringen. Meine Frage zielte dahin: Werden Sie die Bezirke erneut in die Situation bringen, dass Sie kw-Vermerke anbringen, diese jahrelang vor sich herschieben und damit die Personalhaushalte der Bezirke noch mehr belasten?

Herr Senator Dr. Werthebach, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Sie berichten über einen Vorgang, mit dem alle Verwaltungen, auch die Hauptverwaltungen, seit Jahren dergestalt umgehen, wie Sie es darstellen. Ich bin gerne bereit, den Bezirken unsere vielen Erfahrungen, die wir bei dem Abbau sogenannter kw-Stellen gewonnen haben, mit zur Verfügung zu stellen. Das meinte ich, als ich vorhin davon sprach, dass ich gerne mit Rat zur Seite stehen möchte.

Dann hat Frau Dr. Barth von der Fraktion der PDS das Wort zu einer Nachfrage!

(A) (C)

(B) (D)

Herr Senator Werthebach! Ich frage Sie: Ist in diesem Zusammenhang mit der Einführung eines neuen Zumessungsmodells konkret im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit zu rechnen, das die jetzige, nach Zufallskriterien erfolgende und völlig unzureichende Finanzierung ablöst? Wenn ja: Wann und in welcher Weise wird dies geschehen?

Herr Senator Dr. Werthebach, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete! Dieses ist so nicht beabsichtigt. Aber ich weise noch einmal darauf hin: Wir reden über einen Entwurf, einen Vorschlag, der in meiner Verwaltung erarbeitet worden ist, der in einer Arbeitsgruppe diskutiert wurde, der am 9. dieses Monats im Rat der Bürgermeister zur Beratung ansteht und erst danach vom Senat entschieden wird. Also: Wir reden derzeit noch über einen Entwurf, der dieses nicht vorsieht.

Dann hat das Wort zu einer weiteren Nachfrage die Kollegin Werner von der Fraktion der Grünen. Bitte schön, Frau Werner!

Herr Senator Werthebach! Für einige Bezirke wird das neue Zumessungsmodell den Verlust von Personalmitteln in zweistelliger Millionenhöhe innerhalb kurzer Zeit bedeuten. Ich frage Sie: Ist es geplant, für einen vorübergehenden Zeitraum eine Abfederung vorzusehen, da schon jetzt vorhersehbar ist, dass die betroffenen Bezirke die Mittel nicht in diesem Umfang werden einsparen können?

Herr Dr. Werthebach, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete! Es gibt diese Überlegung. Wir werden auch diese Frage in unsere Vorlage an den Senat einbeziehen. Es bleibt abzuwarten, wie das Endergebnis sein wird. Mehr kann ich im Augenblick noch nicht dazu sagen.

Dann stellt der Kollege Berger für die Fraktion der Grünen die Mündliche Anfrage Nr. 8 zum Thema

Robin Wood und der Rächer von Klein-Machnow

Das ist eine interessante Geschichte. Bitte – Sie haben das Wort! [Beifall des Abg. Over (PDS)]

Danke schön! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie steht der Senat zur Initiative des Innenministers von Brandenburg, der Umweltorganisation „Robin Wood“ auf der nächsten Bundesinnenministerkonferenz wegen der sehr erfolgreichen und gewaltfreien Aktion gegen den Castor- Transport bei Dannenberg die Gemeinnützigkeit aberkennen zu wollen?

2. Teilt der Senat meine Auffassung, dass ein demokratischer Staat von jedem Verdacht frei bleiben muss, in einem politischen Konflikt Nichtregierungsorganisationen durch Austrocknen ihrer materiellen Unterstützung aus der Zivilgesellschaft zu „bestrafen“?

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen und der PDS]

Herr Senator Kurth! – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Angeordneter Berger! Ich beantworte Ihre beiden Fragen wie folgt: Die Anerkennung und die Aberkennung der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft oder Personenvereinigung obliegt derjenigen Landessteuerverwaltung, die örtlich und sachlich für die jeweilige Körperschaft zuständig ist. Die Innenminister können allenfalls eine Überprüfung durch die zuständige Landessteuerverwaltung anregen und dazu Material beisteuern. Die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung von „Robin Wood“ liegt offensichtlich nicht in Berlin. Ob die zuständige Landessteuerverwaltung eine gemeinsame Entscheidung der obersten Finanzbehörden herbeiführen will, ist derzeit nicht bekannt oder vorhersehbar. Nur in einem solchen Fall würde der Senat von Berlin sich eine Meinung hierzu bilden müssen.

Zur materiellen Rechtslage verweise ich auf Nr. 10 des Abgabenordnung-Anwendungserlasses zu § 52 der Abgabenordnung und die dort zitierte Rechtsprechung des BFH:

Eine Körperschaft im Sinne des § 51 kann nur dann als gemeinnützig behandelt werden, wenn sie sich bei ihrer Betätigung im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung hält. Die verfassungsmäßige Ordnung wird schon durch die Ankündigung von gewaltfreiem Widerstand gegen geplante Maßnahmen und die Nichtbefolgung von polizeilichen Anordnungen durchbrochen.

Zu Frage 2: Der Senat teilt selbstverständlich Ihre Auffassung, solange und sofern die Organisation die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland respektiert und einhält. Der Entzug von Privilegien bei Organisationen, die die Rechtsordnung nicht einhalten, ist keine Strafmaßnahme.

Eine Nachfrage des Kollegen Berger, bitte schön!

Herr Senator, dass Sie sich da ganz raushalten, kann mich nicht zufrieden stellen. Deswegen frage ich noch einmal nach: Sind Sie nicht mit mir der Auffassung, dass, wenn eine Bundesinnenministerkonferenz eine Überprüfung der Gemeinnützigkeit beantragt – das ist ja nicht irgendein Gremium –, sie damit den Stein ins Rollen bringen kann und eben doch damit bewirken kann, dass in einem andauernden politischen Konflikt einer dort aktiven Organisation die materielle Unterstützung entzogen wird? Und meinen Sie nicht, dass sich der Senat dazu eine Meinung bilden sollte, ob er nun mit diese Überprüfung beantragt oder, wie ich hier vorschlage, eine solche Überprüfung aus demokratiepolitischen Erwägungen verweigert?

Bitte schön, Herr Senator Kurth!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Berger! Ich denke zunächst, man soll derartige Voten der Bundesinnenministerkonferenz auch nicht überschätzen und überbetonen. Zuständig ist die jeweilige Landessteuerverwaltung, das habe ich bereits gesagt. Diese muss ohnehin prüfen, ob die Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit noch vorliegen, wenn Anhaltspunkte bekannt sind, dass dieses nicht der Fall ist. Und ich habe auf die Rechtsprechung des BFH verwiesen. Ich meine nicht, dass es sinnvoll ist, dass wir uns zur Zuständigkeit von Steuerverwaltungen in anderen Bundesländern hier äußern sollten. In der Sache selber habe ich zur Beantwortung der Frage 2 Ihre Einschätzung zunächst geteilt, aber auf die Begrenzung durch die Respektierung der rechtsstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik hingewiesen.

Eine weitere Nachfrage vom Kollegen Berger, bitte!

Herr Senator, Sie haben hier eine Verordnung zitiert mit der Zusammenfassung, dass eine Organisation gegebenenfalls gegen die Verfassung verstößt mit gewaltfreien Aktionen. Jetzt frage ich Sie als lebendigen und offenen Bürger

(A) (C)

(B) (D)

dieses Gemeinwesens: Sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass gewaltfreie und friedliche Aktionen, die hier in diesem Fall im Wendland stattgefunden haben, auch von den Anhängern von Robin Wood, keineswegs gegen die Verfassung verstoßen und dass die Menschen, die das getan haben, viel mehr Recht haben, sich auf die Verfassung zu berufen, in der Sorge, dass Leben und Gesundheit durch die andauernde Produktion von Atommüll nun wirklich gefährdet sind?

Herr Senator Kurth!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Berger! Ich habe keine Verordnung zitiert, sondern die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes. Und diese zu respektieren habe ich einmal als lebendiger Bürger, aber insbesondere und auch als Mitarbeiter einer Steuerverwaltung. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bindet die Steuerverwaltung in anderen Bundesländern. Zuständig für die Besteuerung von Robin Wood ist Berlin nicht.

So, jetzt haben wir eine Nachfrage von Herrn Over, bitte!

Herr Senator! Es erfreut mich ja und ich begrüße das sehr, welche Einschätzung Sie hier über die Bundesinnenministerkonferenz und ihre Relevanz geäußert haben. Aber ich möchte Sie doch in Ihrer Eigenschaft als Teil einer Steuerbehörde fragen: Wer von den Kolleginnen und Kollegen aus dem Senat hat denn letztes Jahr für Robin Wood gespendet? Und haben Sie denn schon einmal überlegt, ob Sie dieses Jahr zusammenlegen und noch ein paar Mark draufgeben, damit Robin Wood sich gegen dieses Ansinnen des Brandenburger Innenministers zur Wehr setzen kann?

Herr Senator!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Over! Sie erwarten doch nicht im Ernst, dass ich das Steuergeheimnis dadurch breche,