Protocol of the Session on April 5, 2001

Zur Beantwortung der Herr Schulsenator – bitte schön, Herr Böger!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Schaub! Am 26. Januar 2001 habe ich – wie in diesem Haus besprochen – ein Rundschreiben an alle Berliner Schulen geschickt mit der Bitte, sich an der „Aktion Noteingang Berlin“ zu beteiligen. Ich zitiere daraus:

Ich sehe in der Diskussion über das Anliegen der „Aktion Noteingang“ eine wertvolle Chance, innerhalb der Schule ins Gespräch über Bedrohungssituationen jeder Art zu kommen und so das Gefühl spontaner Hilfsbereitschaft zu stärken, das Bewusstsein für eine individuelle Verantwortung zur Hilfeleistung zu schärfen sowie die Kenntnis fundamentaler Werte der demokratischen Grundordnung im Bewusstsein aller an der Schule Beteiligten zu verankern.

Am Schluss des Schreibens habe ich geschrieben:

Ich habe die Bitte, das Anliegen der „Aktion Noteingang“ zum Ausgangspunkt einer innerschulischen Diskussion gemeinsam mit Eltern und Schülern zu machen und zu überlegen, ob und in welchem Rahmen Ihre Schule sich dieser Verantwortung stellen möchte und kann.

Ich glaube, und so hatten wir das auch in den letzten Runden im Abgeordnetenhaus diskutiert, dass dies eine eindringliche Aufforderung und Bitte an die Schulen ist. Frau Abgeordnete Schaub, ich halte es hier nicht für richtig, administrativ abzufragen, was geschehen ist. Ich habe aber eine Rundfrage gestartet und habe aus dem Landesschulamt die Mitteilung, dass wir auf ein breites Interesse und die Bereitschaft der Schulen treffen, sich an dieser Aktion zu beteiligen.

Des Weiteren sind die Schulen auch noch durch das Landesschulamt speziell informiert worden und haben Rechtsinformationen erhalten über die Verpflichtung zur Hilfeleistung in Notsituationen. Ich bin ziemlich sicher, dass das in sehr vielen Berliner Schulen breite Diskussionen auslöst, aber nicht – darauf lege ich wert – in Form einer administrativen Anordnung im Sinne: Ich klebe ein Schild hin, das war’s, und keiner weiß warum. Ich bin auch ganz sicher, dass entsprechende Initiativen nach Diskussionen an den Schulen gestartet werden.

Zu Ihrer Frage 2: Ich habe veranlasst, dass die Berliner Schulen durch ein Schreiben des Landesinstituts für Schule und Medien vom 15. März darüber informiert werden, dass zum Thema „Erziehen für die Demokratie – gegen Rechtsextremismus“ Multiplikatoren gesucht werden, die zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in Schulen sowohl beratend tätig sein wie auch geeignete Fortbildungsmaßnahmen planen, durchführen und initiieren sollen. Ich beabsichtige, zum Schuljahr 2001/2002 pro Bezirk einen Multiplikator oder eine Multiplikatorin einzusetzen und dafür je zwei Anrechnungsstunden zu gewähren. Bewerben können sich Lehrkräfte, die an der Seminarreihe der Friedrich-Ebert-Stiftung teilgenommen haben, Lehrkräfte, die an anderen Veranstaltungen zu dieser Thematik teilgenommen haben, und Lehrkräfte, die in der Fortbildung zur politischen Bildung bereits tätig waren. Die Bewerbungen sollen bis zum 9. Mai beim Landesinstitut für Schule und Medien eingegangen sein. Ab Ende Mai wird dann gemäß den Vorschriften ein Auswahlverfahren stattfinden.

Danke schön! – Frau Schaub, Sie haben keine Nachfrage? – Herr Mutlu, bitte!

Herr Präsident! Ich frage den Senat, welche Schritte er im Fall des Lehrers Karl-Heinz S. am Gymnasium Steglitz unternommen hat und ob ein Disziplinarverfahren eröffnet worden ist oder nicht. Diese Frage gehört zum Thema, schließlich geht es hier um Maßnahmen gegen Rechtsextremismus an Schulen, und der betroffene Lehrer Karl-Heinz S. hat gewisse Äußerungen getätigt, die aus meiner Sicht schon rechtsextremistisches Gedankengut wiedergeben.

Herr Senator!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Mutlu! Wie Sie wissen, kann ich aus dienstrechtlichen Gründen zu laufenden Disziplinarverfahren keinerlei Auskünfte vor dem Parlament und der Öffentlichkeit geben. Ich gedenke, mich auch an diese Regel zu halten.

Frau Dr. Barth – bitte schön!

Herr Senator Böger! Ich frage Sie: Wie bewertet der Senat die öffentlichen Äußerungen vom Leiter des Berliner Instituts für Antisemitismusforschung, wonach der Senat den Kampf gegen Rechtsextremismus offenbar nicht

(A) (C)

(B) (D)

so ernst nehme, da die versprochene personelle Verstärkung z. B. bei der Ausländerbeauftragten, der Anti-Gewalt-Kommission und dem Zentrum für Antisemitismusforschung zur Verstärkung der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus bisher noch nicht erfolgt sind?

Herr Senator!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete! Es kommt dem Senat nicht zu, Äußerungen von Professoren oder sachverständigen Personen in der Öffentlichkeit zu bewerten.

[Gelächter der Abgn. Frau Dr. Klotz (Grüne) und Wieland (Grüne)]

Die stehen für sich. – Ich kann Ihnen hier nur noch einmal versichern, dass wir – ich denke, das ist eine breite Initiative in diesem Haus – den Kampf gegen den Rechtsextremismus – egal, wo er vorkommt in dieser Stadt – außerordentlich ernst nehmen. Wir werden jede Maßnahme unterstützen, die dafür notwendig scheint.

Ich warne nur vor einem Punkt, Frau Abgeordnete: Wir müssen uns, wenn ich jetzt über die Schule rede, klar darüber werden, dass im Grunde genommen jede schulische Maßnahme, die im Sinne des Schulgesetzes abläuft, immer ein Kampf für Toleranz und gegen Rechtsextremismus ist. Ich warne davor, dieses Thema auf drei oder vier Sonderstellen abzusondern. Ich bekenne Ihnen aber auch ganz offen, dass ich sehr daran interessiert bin, dass die vom Senat eingesetzte Landeskommission entsprechende Unterstützung erfährt, weil ich das für außerordentlich notwendig erachte.

Weitere Nachfragen gibt es offensichtlich nicht.

Dann rufe ich auf die vierte Mündliche Anfrage des Kollegen Abgeordneten Brauner für die Fraktion der CDU über

Situation der Bäderbetriebe

Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie beurteilt der Senat Berichte, dass die Berliner BäderBetriebe zu Beginn der Sommerbadesaison im großen Umfang Bäder schließen oder gar nicht erst geöffnet werden?

2. Ist dem Senat bekannt, welche Überlegungen seitens der Berliner Bäder-Betriebe diesen Maßnahmen zu Grunde liegen, und wie bewertet er diese?

Herr Senator Böger – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordnete Brauner! Ich möchte zunächst Ihre Frage in einem Punkt klarstellen. Es gibt keinen Schließungsbeschluss der Bäderbetriebe, sondern einen Beschluss, zeitweilig in einer Saison die Öffnungszeiten zu verändern und temporär Hallenbäder nicht zu öffnen. Ich betone das deshalb, weil das von Ihnen, dem Parlament, beschlossene Gesetz über die Bäderbetriebe klar formuliert, dass Schließungen ausschließlich vom Aufsichtsrat zu beschließen sind, dass aber Öffnungszeiten in der Verantwortung des Vorstands liegen.

Nun zur Beantwortung Ihrer Frage. Ich will Ihnen gleich vorab bekennen – das ist meine Auffassung –, dass es keinerlei gesellschaftspolitischen und sportpolitischen Grund gibt, die Öffnungszeiten der Berliner Bäder zu reduzieren oder, wie geschehen, Hallenbäder teilweise nicht zu öffnen, außer einem einzigen,

das ist ein finanzieller Grund. Dieses Parlament hat mit dem Haushalt einen Zuschuss an die Bäderbetriebe in Höhe von knapp 84 Millionen DM beschlossen. Ich habe den Vorstand der Bäderbetriebe beauftragt, als Aufsichtsratschef diese vorhandenen Mittel sachgerecht einzusetzen, vor allen Dingen eine Überschreitung im Sinne von Haushaltsdisziplin nicht zuzulassen.

Der tatsächliche Sachverhalt bei den Bäderbetrieben Anfang 2001 ist etwa wie folgt, ich will das abkürzen: Es sind etwa 18 Millionen DM Forderungen nicht bedient. Das sind in der Regel Rechnungen, die nicht bezahlt sind. Es besteht in Höhe von etwa 22 Millionen DM ein strukturelles Defizit bei den Bäderbetrieben bei einem Jahreszuschuss – nur für die Bäderbetriebe, nicht SEZ oder die Anlage Landsberger Allee, das kommt noch hinzu – von 84 Millionen DM, so dass mir die Aussage erlaubt ist: Aus finanzieller Sicht steht den Bäderbetrieben das Wasser bis zum Hals.

Auf Grund dieser Situation hat der Vorstand der Bäderbetriebe entschieden, dass er einige Hallenbäder in Berlin im Sommer nicht öffnen will und vorschlägt, bei Schwimmbäder in der Badesaison ab Mai reduzierte Öffnungszeiten einzuführen, und dass einige Freibäder in Berlin überhaupt nicht mehr geöffnet werden sollen. In der Diskussion im Aufsichtsrat habe ich den Vorstand der Bäderbetriebe gebeten, zunächst einmal die Schwimmbäder im Sommer früher zu öffnen. Dies ist in einem wichtigen Teilbereich von den Bäderbetrieben bereits entschieden.

Und zum Zweiten habe ich darum gebeten, und zwar nachdrücklich, dass die Schließung der Freibäder dergestalt verhindert werden soll, dass die Bäderbetriebe diese Bäder zur privaten Betreibung ausschreiben. Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Wenn beispielsweise für das Bad Jungfernheide mehrere Tausend Unterschriften gesammelt wurden, dann erkenne ich daraus ein Interesse dieser Unterschriftsleistenden, dass sie dort baden wollen. Wenn das aber so ist, muss es auch möglich sein, saisonal einen privaten Betreiber zu finden, der dieses Bad auf eigenes Risiko betreibt. Ich habe des Weiteren darauf geachtet, dass die Bäderbetriebe ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen müssen, nämlich zu gewährleisten, dass die Kinder schwimmen lernen – das ist ja bei uns im Lehrplan – und dass zum Zweiten die Sportvereine ausreichend Wasserfläche haben. Dies ist durch Umlegung insoweit berücksichtigt.

Nachfrage, Herr Kollege Brauner? – Bitte!

Herr Senator, ich habe noch eine Nachfrage. Sie haben die verschiedenen finanziellen Situationen angeführt. Wie steht es um das Konzept der Bäderbetriebe, das entwickelt werden soll, um gerade dieses strukturelle Defizit zu beseitigen und ein entsprechendes Angebot dauerhaft zu sichern?

Herr Senator!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Brauner! Es ist bekannt, dass ich im letzten Herbst die bisherigen Vorstandsmitglieder mit einem Aufsichtsratsbeschluss aus ihrem Amt befördert habe. Der Aufsichtsrat hat in seiner letzten Sitzung die Entlastung für das Geschäftsjahr 1999 nicht erteilt. Nach meinem Eindruck sind die Bäderbetriebe in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Situation. In der Organisation des Betriebes ist einiges zu leisten. Wir haben nach einem sehr gründlichen Auswahlverfahren eine Person für den Vorstandsvorsitz ausgewählt. Sie wird ihre Arbeit am 1. Mai aufnehmen. Des Weiteren habe ich veranlasst, dass die Bäderbetriebe bis spätestens Mitte Mai einen Sanierungs-, Konsolidierungs- und Zukunftsstatus für die Berliner Bäder-Betriebe vorzulegen haben. Dies wird dann zunächst im Aufsichtsrat und sicherlich auch hier im Parlament zu diskutieren sein.

Herr Volk zu einer Nachfrage – Bitte, Herr Volk!

(A) (C)

(B) (D)

Herr Senator, wie beurteilen Sie als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Berliner Bäder-Betriebe die katastrophale Öffentlichkeitsarbeit, Informationspolitik der Berliner Bäder-Betriebe, die einerseits bei beabsichtigten Schließungen von Bädern weder die Bezirke informiert noch einbezieht – so geschehen zum Beispiel in Charlottenburg – und andererseits die Öffnungszeiten der Berliner Bäder so verändert, dass letztendlich kein vernünftiger Mensch mehr einen Überblick hat, wann welches Bad geöffnet oder geschlossen hat, und in Mitte beispielsweise die Situation entstanden ist, dass über die Osterferien kein Hallenbad geöffnet hat? Teilen Sie die Ansicht, dass dies eher kontraproduktiv ist?

Herr Senator!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Volk! Der zeitweilig eingesetzte Vorstandsvorsitzende der Bäderbetriebe hat im Aufsichtsrat eingeräumt, dass die neu geplanten Öffnungszeiten und die temporäre Schließung leider nicht in den Regionalbeiräten besprochen und diskutiert wurden. Dies ist ein Mangel, der damit auch eingeräumt wurde. Das hätte man in dieser Frage auch anders machen können. Ich will gleichwohl einräumen, dass auf Grund der Notsituation dies relativ unvorbereitet auch mit den entsprechenden Regionalbeiräten geschehen ist. Was im Übrigen die Öffnungszeiten betrifft, so wollten Sie, Herr Abgeordneter Volk, sicherlich nicht unterstellen, dass alle diejenigen Menschen, die dessen ungeachtet in diesen Öffnungszeiten schwimmen gehen, unvernünftig oder unverantwortlich – so ähnlich haben Sie es ausgedrückt – sind. Ich gebe zu, die Öffnungszeiten – das ist ein relativ verwirrendes Bild. Es kommt darauf an, dass man diese Öffnungszeiten in der Bevölkerung stabil bekannt macht. Was im Übrigen die zeitweilige Schließung der Hallenbäder in der Sommersaison betrifft, weise ich darauf hin, dass dies in anderen Großstädten in der Bundesrepublik absolut übliches Verfahren ist, dass Hallenbäder in der Sommersaison geschlossen werden, z. T. weil renoviert wird und z. T. weil Sommer ist und man woanders baden kann.

Die nächste Nachfrage hat Herr Dr. Kaczmarczyk von der Fraktion der PDS!

Herr Senator, teilen Sie meine Auffassung, dass die gegenwärtige Finanzmisere der Bäderbetriebe weniger auf die möglicherweise nachlässige Amtsführung der alten Geschäftsführung, sondern eher auf die chronische Unterfinanzierung durch die Regierung zurückzuführen ist?

Herr Senator!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Kaczmarczyk! Ich teile Ihre Auffassung nicht.

Dann hat Herr Volk die nächste Nachfrage. – Bitte, Herr Volk!