Protocol of the Session on March 15, 2001

Ich weiß, was Eigenkapital ist. Machen Sie sich darüber keine Sorgen! – Bei Aubis gab es aber gar kein Eigenkapital. Es gab auch keine Sicherheiten. Es gab aber ein paar Parteifreunde, es gab ein Parteibuch, und es gab einen Briefumschlag mit 40 000 DM. Natürlich gibt es keinen Zusammenhang. Ich weiß, dass Sie das abstreiten werden. Das war schon im Fall Schneider so, das war auch im Fall Antes so. Es gab nie einen Zusammenhang; es wird auch in Zukunft keinen Zusammenhang geben. Und trotzdem sind 1995 40 000 DM übergeben und 1996 die Kredite bewilligt worden. Wollen Sie uns hier eigentlich für doof verkaufen?

[Beifall bei den Grünen]

Bei jedem Kreditnehmer, unabhängig davon, ob ein Taxiunternehmen Kredite beantragt, ob ein Steuerberater eine Praxis eröffnen oder ob jemand eine Immobilie erwerben möchte, müssen als Voraussetzung 40 % Eigenkapital nachgewiesen werden.

[Atzler (CDU): Das ist doch Quatsch!]

Sie müssen persönlich haften. Sie müssen sogar meistens noch eine Lebensversicherung vorlegen und häufig noch eine Bürgschaft beibringen. Das ist offensichtlich bei der Berlin-Hyp überhaupt nicht üblich. Die Berlin-Hyp scheint diesbezüglich ihre eigenen Gesetze zu haben. Das ist es, was für uns in der Zukunft interessant ist. Welche und wie viele dieser Kredite sind eigentlich vergeben worden? Die Kredite, über die ich derzeit stolpere und die von der Berlin-Hyp kommen, sind alle in der Risikoabteilung. Ich habe den Eindruck, dass die ganze Berlin-Hyp eine einzige Risikoabteilung ist.

[Beifall bei den Grünen]

Über den GEHAG-Fonds, den Exklusivfonds für Reiche, ist bereits einiges gesagt worden. Wir gehen natürlich davon aus, dass auch dieser Fonds nicht der einzige ist, der bisher öffentlich geworden ist. Wir gehen alle davon aus, dass wir davon noch mehr finden werden. Ich sage es hier an dieser Stelle und werde es nachher noch einmal wiederholen: Es kann nicht sein, dass wir als Abgeordnete, die wir Kontrollfunktion haben, auf die Recherche von Journalisten angewiesen sind, um zu erfahren, was in der Bankgesellschaft läuft. Die Vergünstigungen hören mit dem GEHAG-Fonds nicht auf. Auch die interessanten Zahlungen, die Herr Landowsky in Zukunft noch erhalten wird, wurden bereits angesprochen. Jeder kleine Bankangestellte, der sich jenseits von Gesetzen bewegt und Kredite vergibt, muss persönlich haften. Im Allgemeinen wird ihm gekündigt. Wenn es hier aber um Milliardenbeträge geht, scheint alles erlaubt zu sein. Da gibt es offensichtlich keine persönliche Haftung. Auch dieses muss in dem Untersuchungsausschuss geklärt werden.

[Beifall bei den Grünen und der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Typisch bei den Auseinandersetzungen ist – dass kennen wir schon von Koch, Kohl und Konsorten –, dass immer nur das zugegeben wird, was andere schon längst beweisen können. Das trifft zum Beispiel auf die Fonds und die Strohmänner der Fonds zu. Zuerst gab es überhaupt keine Strohmänner. Dann hat sich einer gemeldet. Plötzlich gab es doch welche. In welchem Umfang diese Strohmänner existieren und in welchem Umfang dies tatsächlich in der Geschäftspolitik der Bank eine Rolle spielt, wollen wir im Untersuchungsausschuss prüfen.

Zum Jahreswechsel hat es das elegante Geschäft mit dem Verkauf der IBAG gegeben. Auch hier gab es wieder den großen geheimnisvollen amerikanischen Investor von den CaymanInseln. Wer war dies letztlich? – Es war die Bankgesellschaft selbst. Dieser Flop wurde mir spätestens dann deutlich, als die IBAG ganz schnell in das Unternehmen der Groth-Holding einstieg. Es war die Bankgesellschaft, die eigentlich in dieses Geschäft einsteigen wollte, was aber Aufsichtsratsmitglieder offensichtlich verhindert haben. Also musste sofort die IBAG heran. Es war klar, dass kein anderer Investor dahinter stehen konnte als die Bankgesellschaft selbst.

Wenn Herr Diepgen schon die ganze Zeit die Hosen runter lassen will, frage ich einfach einmal Folgendes: Es gibt das Gerücht, Herr Diepgen habe höchstpersönlich überall herumtelefoniert, dass man doch, bitte schön, die Groth-Holding unterstützen möge. Dann soll er doch wenigstens einmal sagen, ob das stimmt, ehe das hier jetzt immer weiter wabert.

[Kittelmann (CDU): Das ist ein gutes System, was Sie da machen! Beispielhaft! – Cramer (Grüne): Da kennen Sie sich aus, Herr Kittelmann! – Wieland (Grüne): Auf Sie kommen wir noch zu sprechen! – Zurufe von der CDU]

Sie wollen die Sachen auf den Tisch legen, und Sie wissen ganz genau, dass wir an die meisten Unterlagen überhaupt nicht herankommen. Sagen Sie doch einmal ein bisschen mehr als das, was wir Ihnen sowieso schon beweisen können!

[Beifall bei den Grünen und der PDS – Zuruf des Abg. Wieland (Grüne)]

Ich weiß, dass Sie all diese Umgangsformen offensichtlich normal finden. Ich finde sie nicht normal, sondern katastrophal, und ich finde sie speziell für das Land Berlin unter aller Kanone.

[Beifall bei den Grünen]

Aber auch die jetzige Entwicklung – und Herr Kurth gibt sich sicherlich Mühe – ist nicht unproblematisch. Die alte IBG hat alle ihre Risiken behalten. Der persönliche Komplementär ist in mindestens 30 bis 40 Fällen ein Herr L., der ist jetzt aber Geschäftsführer der IBAG. Deshalb interessiert mich schon, was es für uns für die Zukunft bedeutet, wenn die Risiken und diese ganzen Gesellschaften mit ihren Risiken bei der IBG bleiben, aber der Geschäftsführer bei der IBAG wiederum fröhlich ein neues Geschäft beginnen kann – das ja jetzt entschuldet ist. Besteht die Gefahr, dass wir nach sechs Jahren die IBAG zurücknehmen müssen, und zwar genauso hoch verschuldet, wie die IBG es heute ist? – Denn es sind ja die gleichen Leute, die die gleiche Art von Geschäften weiter machen wollen.

Dann höre ich noch, dass der Geschäftsführer der IBAG sich hinstellt und sagt, er habe Interesse an der GSW, an dieser Wohnungsbaugesellschaft. Es ist doch absurd, die Größenordnung dieses Investments jetzt schon anzukündigen, obwohl es noch nicht einmal einen Investor für die IBAG gibt. Das ist doch albern.

[Beifall bei den Grünen]

Wenig hoffnungsfroh hat mich auch gemacht, was ich in letzter Zeit über den Bankvorstand gelesen habe. Zunächst einmal war diese Hilfeleistung für das Unternehmen Hornbach äußerst fragwürdig. Da entsteht sehr schnell der Eindruck, dass an dieser Stelle der Aufsichtsrat des Unternehmens und nicht der Bankvorstand gehandelt hat. Solche Verquickungen sind einfach anrüchig.

Jetzt stand aber auch noch in der Zeitung, dass der Vorstand der Bankgesellschaft einen Rechtsanwalt beauftragt – quasi im Namen der Bank beschäftigt –, um alle Vorstandsmitglieder, die wegen zu billiger Mieten Probleme mit ihrem Finanzamt haben, zu vertreten. Das bestätigt den Eindruck, dass die Bankvorstände zusätzliche Vergünstigungen erhalten – über die besonders günstigen Mieten hinaus –, denn jeder andere muss seinen Rechtsanwalt gegenüber dem Finanzamt selber bezahlen. Wenn dann noch dazu kommt, dass der beauftragte Rechtsanwalt der Aufsichtsratsvorsitzende ist, der eigentlich diesen Bankvorstand kontrollieren soll, aber jetzt zum Auftragnehmer des Bankvorstandes wird, so stellt das eine unglaubliche Verquickung dar. Sie setzen sich damit nach wie vor dem Geruch aus, dass sie alles mit allem vermischen wollen und nicht einmal mehr ein Gespür dafür haben, dass es hier Interessenkollisionen gibt.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Die Auswirkungen dieser Geschäftspraktiken haben bei einer mehrheitlich landeseigenen Bank immer Auswirkungen auf Steuerzahler und Steuerzahlerinnen. Das kostet richtig Geld, das

sind deutliche Summen. Wir haben vorhin gehört: 8 Milliarden DM in der Vergangenheit. – Schuld daran sind u. a. immer wieder die Leute, die sich besonders heftig über die „Sozialschmarotzer“ und die hohen Kosten der Sozialhilfe aufregen oder im Parlament schon ihre interessanten „Ratten“-Reden geführt haben. Wenn man sich die Zahlen bei den Bankgesellschaften ansieht, wird ganz offensichtlich, wer in dieser Gesellschaft die Sozialschmarotzer sind.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Wir als Abgeordnete haben die Aufgabe, hier eine Kontrollfunktion zu übernehmen. Es kann nicht sein, dass weiterhin nur Journalisten Recherchen betreiben, sondern jetzt hilft nur noch die zügige Einrichtung des Untersuchungsausschusses und eine intensive und schnelle Aufklärung über die Praktiken in der Bankgesellschaft. Vor allem die Haftungsfragen und die Konsequenzen müssen geklärt werden. Nur so lässt sich das Vertrauen in die Bankgesellschaft Berlin wieder herstellen.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Das Wort hat nun der Herr Abgeordnete Wolf – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Ältestenrat hatten wir darüber diskutiert, diesen Tagesordnungspunkt vorzuziehen, damit der Regierende Bürgermeister noch die Gelegenheit hat, dieser Debatte beizuwohnen, bevor er zur Immobilienmesse nach Cannes fliegt. Nun sehe ich, dass der Regierende Bürgermeister nicht da ist. Der noch amtierende Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion ist ebenfalls nicht da. Ich verzichte aber auf meine Möglichkeit, den Regierenden Bürgermeister zu zitieren, weil ich davon ausgehe, dass wir an den Zustand gewöhnt werden sollen, dass auf der Regierungsbank nicht mehr Herr Diepgen und auf dem Platz des CDU-Fraktionsvorsitzenden demnächst nicht mehr Herr Landowsky sitzt. Diesen Zustand finde ich keineswegs schlimm.

[Beifall bei der PDS und den Grünen – Zuruf von der CDU]

Herr Landowsky! Schön, dass Sie kommen! Es wird nicht mehr lange Gelegenheit sein, dass Sie uns von diesem Platze aus so nett zulächeln.

[Zurufe von der CDU]

Der Untersuchungsausschuss hat mehrere Komplexe zu untersuchen. Ein Komplex ist das Aubis-Geschäft bzw. die Bewilligung des Aubis-Kredites. Da ist nun mittlerweile nicht mehr so fürchterlich viel zu untersuchen.

[Zuruf von der CDU: Bravo!]

Ja, bravo! Das finde ich. – Denn mittlerweile ist bekannt – das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen hat das noch einmal bestätigt, und auch die Zahlen, die wir gestern zum Aubis-Engagement im Vermögensausschuss erhalten haben, bestätigen eindeutig: Das Aubis-Engagement war von Anfang an ein Kredit, der sich nicht gerechnet hat und der auf einer Grundlage ausgereicht wurde, auf der er nie ausgereicht hätte werden dürfen. – Bis auf Heller und Pfennig wird darin das, was wir vor einigen Wochen auf einer Pressekonferenz über das Aubis-Engagement und seine ökonomischen Grundlagen gesagt haben, bestätigt. Der Untersuchungsausschuss wird das sehr schnell ratifizieren können und damit auch sehr schnell öffentlich Ergebnisse zu dieser Frage produzieren können.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Der zweite Komplex, mit dem sich der Untersuchungsausschuss beschäftigen muss, ist die Frage nach der Parteispendenpraxis der CDU – der Barspende, die Herr Landowsky in den Räumen der Bankgesellschaft von den beiden Aubis-Geschäftsführern, Herrn Wienhold und Herrn Neuling, entgegengenommen hat. Dieser Komplex bedarf der Aufklärung. Diesen Komplex müssen wir im Untersuchungsausschuss behandeln, weil er von der CDU nicht aufgeklärt wird. Das ist eigentlich eine Arbeit, die die CDU und ihr Parteivorsitzender leisten müsste, nämlich aufzuklären, wie es mit der Spendenpraxis innerhalb der CDU und wie es mit der Verquickung von politischen Ämtern der CDU und privaten Ämtern im Rahmen der Bankgesellschaft Berlin bestellt ist. Diese Aufgabe wird nicht geleistet. Da kann der Regierende Bürgermeister noch so oft erklären, was er mit seiner Hose macht und was er auf den Tisch legt: Es passiert nichts in diesem Bereich, und deshalb werden wir uns das als Untersuchungsausschuss vornehmen müssen.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Es ist heute noch einmal durch Presseveröffentlichungen deutlich gemacht worden, dass es sich durchaus lohnt, diesen Bereich etwas weiter zu fassen. Der Schneider-Kredit – 310 Millionen DM – und der Zusammenhang mit einer – da allerdings offen deklarierten – Parteispende für die CDU macht deutlich, dass es offensichtlich ein System wechselseitiger Gefälligkeiten gibt, das man genauer beleuchten muss und das der Aufklärung harrt. Ich kann der CDU nur sagen und habe das das letzte Mal schon gesagt: Bemühen Sie sich da selbst, in ihren eigenen Reihen Ordnung zu schaffen und aufzudecken, was geschehen ist, bevor es andere tun müssen!

Wenn Sie in Ihrem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses – wobei Sie nicht in der Lage waren, diesen fristgemäß einzureichen, weil Sie tatsächlich nicht handlungsfähig sind –

[Zimmer (CDU): Tätä! – Weitere Zurufe von der CDU]

eine Parallelität zwischen dem, was in der SPD Zehlendorf stattgefunden hat, und der Parteispendenaffäre von Herrn Landowsky konstruieren wollen, übersehen Sie einen Punkt: Bei der SPD Zehlendorf sind die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen worden, und bei der SPD Zehlendorf ist von Seiten der SPD Zehlendorf aufgeklärt worden. Dort ist man an die Probleme herangegangen statt sie auszusitzen und sie zu verschweigen, wie das bei Ihnen geschieht, wo man sich damit zufrieden gibt, dass es nur ein Einzelfall war, und dann die Lebensleistung würdigt.

Nein, meine Damen und Herren, Sie können das gerne in den Untersuchungsausschussauftrag schreiben, man kann das auch gerne untersuchen. Aber es wird nicht gut für Sie ausgehen, weil die unterschiedliche Umgangsweise zwischen beiden Fällen sehr deutlich werden wird. Da schießen Sie ein Eigentor!

[Beifall bei der PDS, der SPD und den Grünen]

Es geht nicht nur um Herrn Landowsky, es geht nicht nur um die Parteispende, sondern es geht um mehr. Die Tatsache, dass in der Bankgesellschaft Berlin mittlerweile 5 Vorstandsmitglieder haben gehen müssen, ein einmaliger Vorgang in der deutschen Bankengeschichte nach 1945, verweist darauf, dass das, was unter den Stichworten „Affäre Landowsky“ und „Parteispende“ läuft, nur die Spitze eines Eisberges ist. Es geht nämlich nicht nur um das System Landowsky, sondern es geht um ein ganzes System der Verflechtung von privaten und öffentlichen Interessen, von privaten und parteipolitischen Interessen, das auch als System der Westberliner Subventionswirtschaft benannt wird. Das gehört zu den Dingen, die in diesem Untersuchungsausschuss mit aufgeklärt werden müssen und bei denen aufgeräumt werden muss. Ich will dazu einige Anmerkungen machen.

Dieses System hat seine historischen Gründe. Dieses System beruht unter anderem darauf, dass nach dem Mauerbau 1961 viel an realwirtschaftlicher Aktivität, an produzierender Aktivität aus dieser Stadt verschwunden ist.

[Zuruf von der CDU: Warum wohl?]

(A) (C)