denn wir haben die Erfahrung der letzten Transporte 1997 im Wendland und 1998 in Ahaus. Herr Gewalt, im Unterschied zu Ihnen habe ich das Auftreten der Berliner Polizei im Wendland 1997 sowohl erlebt wie erlitten.
Das war keine Visitenkarte für Berlin, das war eine Schande für Berlin, wie die Berliner Polizei damals aufgetreten ist.
[Beifall bei den Grünen und der PDS – Widerspruch bei der CDU – Zuruf von der CDU: Berger auf der Barrikade! – Weitere Zurufe von der CDU]
Die Aktivitäten der Demonstranten damals im Wendland – und so wird es auch diesmal sein – waren strikt gewaltfrei. Gewalttätig war allerdings das Auftreten der Polizei.
Wir meinen, dass gerade eine Bundeshauptstadt sich sehr darum sorgen muss, dass ihre Polizei auch das Image und das Ansehen dieser Stadt prägt. Es steht dieser Stadt besser an, dass sie sich für das Recht auf Demonstrationsfreiheit einsetzt, und es steht ihr schlecht an, wenn es Entgleisungen ihrer Polizeikräfte gibt. [Beifall bei den Grünen]
Ich nenne den zweiten Grund. Wenn ich weiß, dass es bei der Berliner Polizei sehr vernünftige und besonnene Kräfte gibt,
die ja auch in das Wendland kommen können: Die Berliner Polizisten werden sich mit einem Einsatz im Wendland vor allen Dingen selber schaden, denn die Gefahren, die von den CastorBehältern ausgehen, sind brisant, und sie sind nicht beherrschbar. Ich will nicht davon reden, dass ein solcher Castor das radioaktive Potential von etwa 20 Hiroshimabomben hat, und es ist kein Spaziergang, einen solchen Transport zu begleiten. Sondern ich will davon reden, dass aus diesen Transportbehältern permanent radioaktive Strahlung austritt und auch die Polizisten
gefährdet. Ich meine, dass auch die Gesundheitsgefahren für die Polizisten ernst genommen werden sollten. Und darum sollten Sie sich dreimal überlegen, bevor Sie die Polizisten dorthin schicken. [Beifall bei den Grünen]
Nun komme ich zum dritten Grund, und den haben Sie anfangs genannt, nämlich Sie haben die vielberühmte nationale Verantwortung für die Zurücknahme des Mülls angedeutet. Der Atomtransport aus der Normandie in das Wendland löst überhaupt keine Probleme, sondern das Mehrfache an neuen Schwierigkeiten. Dieser Transport wird der Türöffner für etwa 10 weitere Transporte sein, die deshalb – und das war die Vereinbarung mit der französischen Regierung – aus deutschen Atomkraftwerken, die in einem akuten Entsorgungsnotstand stehen, in die Normandie und an die Irische See nach England gehen. Wenn der jetzige Castor-Transport an sein Ziel kommt – und ich weiß, er wird an sein Ziel kommen –, dann wird das etwa zehnmal soviel Strahlenmüll erzeugen, der dadurch eben in die Normandie transportiert und dort wieder aufbereitet werden kann.
Das Problem dieses Transportes ist nicht die nationale Verantwortung, sondern die Vergrößerung des Atommülls.
Ich komme zum Ende. – Deswegen haben die Proteste gegen diese Transporte eine ganz klare Botschaft: Die Leute, die dort dagegen protestieren, sagen, sie sind nicht damit einverstanden, dass diese hoch gefährliche Atomkraft weiterbetrieben wird. Sie wollen nicht, dass mit der Atomkraftnutzung ständig mehr Strahlung erzeugt wird. Deswegen werden sie dort protestieren, nicht nur aus dem Wendland, sondern auch aus anderen Städten. Ich kann darum meinen Beitrag mit der Hoffnung beenden, dass auch aus Berlin möglichst keine Polizisten, aber möglichst viele Demonstranten ihr Recht auf Demonstrationsfreiheit wahrnehmen und im Wendland gegen die Fortsetzung der Atomwirtschaft demonstrieren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach insgesamt vier Vorrednern, die sich nicht mit dem Thema dieses Antrags befasst haben, gestatte ich mir, auch eine Vorbemerkung, die eigentlich dem Antrag nicht gerecht wird: Die Sozialdemokratische Partei steht hinter der Bundesregierung und ihrem Minister Trittin.
Von nun an aber werde ich mich mit dem Antrag beschäftigen und nicht damit, welche politische Intention Demonstrationen und welchen politischen Zweck der Polizeieinsatz haben könnte.
Wenn es tatsächlich so wäre, dass jedes Parlament frei entscheiden könnte, ob es der Pflicht nachkommt, die Polizei in einem anderen Bundesland, die mit einer Aufgabe überfordert ist, zu unterstützen, dann würde Berlin sehr blass aussehen.
Dann könnte beispielsweise die bayerische Polizei oder vielleicht auch andere Polizeien sagen, dass die „Saupreißn“ freilich mit ihrem 1. Mai alleine fertig werden sollten.
Oder aber, dass die Berliner Polizei ganz allein mit größeren Demonstrationen – vielleicht rechtsradikaler Parteien – fertig werden soll, weil man das nicht so wichtig findet.
Nein, Sie dürfen jetzt nicht fragen, ob das wichtig im Augenblick ist. Prinzipien und Gesetze sind nicht dazu da, ausschließlich die gegenwärtige Situation zu bändigen, sondern sie sind dazu da, mit einer Situation, die abstrakt gedacht ist und die dann natürlich konkret auch auftreten kann, fertig zu werden.
Deshalb kann ein Land, das nun wirklich dringend darauf angewiesen ist, dass es von Zeit zu Zeit durch andere Bundesländer und den Bund unterstützt wird, eine solche Haltung, wie sie in diesem Antrag zum Ausdruck kommt, überhaupt nicht durchhalten. Im Übrigen – eine kleine ironische Bemerkung, vergessen Sie einmal, dass sie Alzheimer haben, meine Damen und Herren von der PDS –, Sie haben vor 14 Tagen gefordert, dass der Bund die Berliner Polizei weitestgehend alimentiert.
Ja, doch. Sie haben gesagt, der Senat wird aufgefordert, mit der Bundesregierung darüber zu verhandeln, eine höhere Beteiligung des Bundes an den neuen Aufwendungen für die Polizei auszuhandeln.
Man kann das auf sehr vielfältige Weise ausdrücken. Man kann es lateinisch machen, wie es mein Landesvorsitzender es neuerdings tut und „manus manum lavat“ sagen, aber man kann es auch so sagen: Es ist nun einmal so, dass ich von jemandem, dem ich in den Hintern trete, kaum erwarten kann, dass er mich nächstens unterstützt.
Ich meine, ein Land, das wie Berlin wahrscheinlich wie kein zweites auf die Solidarität angewiesen ist, kann sich mit einem solchen Antrag nicht ernsthaft befreunden und auseinandersetzen
und muss selbst dann, wenn es die Ziele von einem Polizeieinsatz nicht hundertprozentig unterstützen sollte, oder einer Demonstration, die polizeilich begleitet wird, sogar Sympathien entgegenbringt – wovon ich bei vielen Sozialdemokraten ausgehe –, selbst in solch einem Fall kann man eine Haltung, wie Sie sie hier zum Ausdruck gebracht haben, nicht billigen. Deshalb kann jemand, der ernsthaft und mit Vernunft diesen Antrag betrachtet, ihm nicht zustimmen.
Meine Damen und Herren! Wir können, nachdem weitere Wortmeldungen nicht mehr vorliegen, die Redezeiten auch erschöpft sind, zur Abstimmung kommen. Die antragstellende Fraktion bittet um sofortige Abstimmung, also keine Überweisung. Überweisungsanträge liegen nicht vor.
Wer also dem Antrag der Fraktion mit der Drucksachennummer 14/1043 über die Entsendung der Berliner Polizei zum Castor-Transport seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieser Antrag bei einigen Stimmenthaltungen und bei sehr vielen Gegenstimmen abgelehnt.
Die lfd. Nr. 18, die drei Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, haben wir bereits beraten und an die Ausschüsse überwiesen.
Dieser Antrag steht eigentlich auf der Konsensliste mit einer Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie – federführend –. Die PDS-Fraktion hat jedoch eine Wortmeldung angemeldet. Deshalb rufe ich Herrn Querengässer auf. Sie dürfen mit einer Redezeit von bis zu fünf Minuten das Wort ergreifen, bitte sehr!
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Ihnen hier vorliegenden Antrag dokumentiert die PDS-Fraktion nicht nur ein weiteres Mal ihre konsequente Politik für die Entwicklung Berlins zur Solarhauptstadt Deutschlands, nein, wir greifen gleichfalls den fundamentalen bundesweiten Konsens sozialistischer Politik in der Bundesrepublik auf, der da lautet: Sofortiger Ausstieg aus der Atomverstromung, sofortiger Einstieg in eine regionale Energieversorgungsstruktur – unter anderem durch Kraft-Wärme-Kopplung und den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energiequellen.
Denn nur so wird es gelingen, dass die Ergebnisse regionaler Wertschöpfung auch dem Land Berlin zugute kommen und nicht über die Stromleitungen abfließen. Nur so wird es gelingen, dass zukunftsfähige Arbeitsplätze in Berlin entstehen, die nicht nur umwelterhaltend sind, sondern gleichzeitig ihren dauerhaften Anteil an dem Berliner Steueraufkommen haben. Nur so werden wir die anspruchsvollen Ziele des Berliner Energieprogramms bis zum Jahr 2005 erreichen, nur so werden wir in der Lage sein, bundesweit das notwendige Ziel der Reduktion des Klimagases CO2 um 25 Prozent bis zum Jahr 2005 zu senken, auch erreichen. Und nur so wird die heutige Politik ihrer Verantwortung für kommende Generationen gerecht.