Protocol of the Session on March 15, 2001

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Castor-Transporte ein Fall für Konfliktmanager und Beobachter von Menschenrechtsorganisationen, denn hier findet ein quasimilitärischer Aufmarsch gegen die Zivilbevölkerung statt.

[Oje! von der CDU]

An die bürgerkriegsähnlichen Zustände von 1997 und 1998, meine Damen und Herren Kollegen, werden doch auch Sie sich noch erinnern.

[Gewalt (CDU): Die haben Sie verursacht! – Weitere Zurufe von der CDU]

Berliner Polizeihundertschaften waren eifrig beteiligt und haben sich durch besondere Härte hervorgetan, was selbst von einem Landesinnenminister öffentlich kritisiert worden ist – damals noch unter Ihrem Vorgänger.

Wer wie wir das staatliche Gewaltmonopol für richtig hält, der muss dessen Missbrauch verhindern. Die Gefahr für Staat und Polizei geht nicht von der Bevölkerung des Wendlandes, nicht von querstehenden Treckern und nicht von friedlichen Blokkierern aus. Die Gefahr geht nicht einmal von den autonomen Chaoten aus, diesem von Ihnen, Herr Werthebach, so gepflegten Feindbild. Die Gefahr geht vom Castor aus.

[Zuruf von der CDU: Ach!]

Für die Polizisten ist der Castor eine reale gesundheitliche Gefahr. [Gelächter bei der CDU]

Hören Sie ruhig zu, Herr Gewalt, das macht gar nichts, da können Sie etwas lernen! – Das Strahlenrisiko für die eingesetzten Beamten ist immerhin so hoch, dass selbst die Einsatzleitung die Beamten nur kurze Zeit in unmittelbarer Nähe des Castor agieren lässt. Warum wohl? – Und die Gefahr geht auch von der bisherigen Polizeistrategie aus, wenn man sich die Härte und die Brutalität des Vorgehens bei früheren Castor-Transporten vor Augen führt.

[Niedergesäß (CDU): Sie geht von den linken Chaoten aus!]

Herr Innensenator, Sie haben erklärt, Berlin sei zur Entsendung seiner Polizeikräfte verpflichtet. Das ist richtig, vorausgesetzt, die Kräfte sind entbehrlich und einsatzfähig. Ob eine Einsatzfähigkeit im Sinne einer demokratischen und deeskalationsfähigen Hauptstadtpolizei besteht, möchte ich nicht zuletzt auf Grund meiner persönlichen Erfahrungen insbesondere bei der 23. Einsatzhundertschaft stark in Zweifel ziehen. Herr Senator Werthebach! Wenn Sie der Berliner Bereitschaftspolizei eine gewisse Unpässlichkeit bescheinigen und Sie zu Hause lassen würden, könnten Sie viel für das Ansehen Berlins in der Bundesrepublik Deutschland tun. Vielleicht sollten Sie statt dessen für diesen Zeitraum für die Beamten eine Weiterbildungsmaßnahme ansetzen: Kooperativer Umgang mit Bürgern – diskutieren statt randalieren!

[Beifall bei der PDS und den Grünen – Heiterkeit]

Das würde nicht nur Schlimmeres in Gorleben verhindern, sondern das könnte auch nichts schaden in Vorbereitung auf den 1. Mai. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der PDS]

Das Wort hat der Abgeordnete Gewalt – bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei den anstehenden Castor-Transporten sind wiederum – der Herr Innensenator hat bereits berichtet – Großdemonstrationen zu erwarten. Es ist zu befürchten, dass es wiederum gewalttätige Demonstrationen werden. Eine Besonderheit haben die zukünftigen Demonstrationen allerdings im Vergleich zur Vergangenheit: Diesmal mobilisiert eine Regierungspartei, nämlich die Grünen, gegen die eigene Bundesregierung. Das ist ein Vorgang, der einmalig in der vierzigjährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU: Hört, hört! – Cramer (Grüne): Quatsch! – Weitere Zurufe]

Meine Damen und Herren, Ihre Aufregung zeigt, wir problematisch dieses Verhalten Ihrer Partei ist.

[Zurufe von der PDS und den Grünen]

Es wird leider wieder, wie auch in der Vergangenheit,

[Zuruf von den Grünen: Was wird da „Lando“ sagen?]

zur Herausforderung der Polizei durch Randale kommen.

[Zuruf des Abg. Cramer (Grüne)]

Deshalb hat die niedersächsische Landesregierung wiederum, wie das in der Vergangenheit auch schon geschehen ist, Berliner Polizei angefordert – nicht, weil die Berliner Polizei entbehrlich wäre, sondern gerade weil die Berliner Polizei so demonstrationserfahren ist und diese hervorragenden Einsatzkräfte immer wieder von anderen Bundesländern gebraucht werden.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zurufe von den Grünen]

Auch rot-grüne Landesregierungen – ich erinnere mich an die Anforderungen der nordrhein-westfälischen Landesregierung zu Arhaus – haben immer wieder die Berliner Polizei nicht nur angefordert, sondern sie wie bei den Krawallen um Arhaus in die erste Reihe gestellt, weil sie der Meinung waren, dass die Berliner Polizei am besten in der Lage ist, mit Chaoten und Randalierern fertig zu werden. Und sie ist damals mit diesen Chaoten fertig geworden. [Beifall bei der CDU – Zurufe von der PDS und den Grünen]

Ich sage aber auch ganz deutlich, dass wir von der niedersächsischen Landesregierung erwarten, dass sie dann, wenn sie Polizeikräfte aus Berlin einsetzt, auch die Rückendeckung für diese Polizeikräfte garantiert und sich nicht, wie das damals in Nordrhein-Westfalen geschehen ist, im Nachhinein von den Berliner Polizeikräften distanziert. Das machen wir nicht mit!

[Beifall bei der CDU – Zuruf von links: Warum denn wohl?]

Ich sage ganz deutlich auch mit Blick auf die Vergangenheit, dass ich mir ernste Sorgen mache

[Oh! von den Grünen]

um unsere Polizeibeamten, die wiederum Gewalttätern gegenüber stehen werden. Ich fordere die Bundesregierung, vor allem die grünen Bundesminister auf, ihre Partei zur Räson zu bringen und ihre Gewalttäter zurückzuhalten. Das ist ihre Aufgabe als verantwortungsvolle Regierung der Bundesrepublik Deutschland! [Beifall bei der CDU – Oh! und Ah! von der PDS und den Grünen]

Ich hoffe daher, dass sie die Verantwortung, die sie hier haben, erkennen werden und dass es nicht zu Ausschreitungen kommt. Wenn es allerdings Ausschreitungen geben sollte, dann bin ich der festen Überzeugung, dass gerade die Berliner Polizeieinheiten damit gut fertig werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Abgeordnete Berger das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gewalt! Ihre Anwürfe gegen meine Partei muss ich in aller Entschiedenheit zurückweisen.

[Beifall bei den Grünen – Oh! und Ah! von der CDU]

Wir haben keineswegs dazu aufgerufen, gegen die eigene Regierung zu demonstrieren. Wir haben allerdings klar gesagt, dass es in diesem Land ein uneingeschränktes Recht zur

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Demonstrationfreiheit gibt und dass es auch die Aufgabe einer Regierung ist, Demonstrationen zu respektieren, die ihr vielleicht gar nicht lieb sind.

[Beifall bei den Grünen – Zurufe von der CDU]

Und ich möchte ebenso den Anwurf zurückweisen, wir würden gewalttätige Demonstrationen respektieren. Wir haben deutlich gesagt, dass wir für die Gewaltfreiheit dieser Demonstrationen eintreten. [Beifall bei den Grünen]

Wir wissen auch, dass sie, je konsequenter sie gewaltfrei verlaufen, umso wirkungsvoller sind. Das wissen auch die Demonstranten im Wendland sehr viel besser als Sie, Herr Gewalt.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Nun zum Thema: Herr Werthebach, für Sie stellt sich die Frage, ob Berliner Polizisten demnächst dem Ansinnen einer Transportfirma – nicht einer Regierung – nachkommen sollen, dass ihr Transport hoch gefährlicher Stoffe vom Ärmelkanal in die Norddeutsche Tiefebene unterstützt werden soll.

[Zurufe von der CDU]

Soll die Berliner Polizei einen solchen hoch gefährlichen Transport schützen, oder soll sie lieber zu Hause bleiben? – Die Antwort unserer Fraktion ist: Sie sind klug beraten, wenn Sie der Berliner Polizei keinen Einsatzbefehl in das Wendland zu dem anstehenden Atomtransport geben. Ich will Ihnen dafür drei wichtige Gründe nennen.

Erstens meinen wir, dass diese Beteiligung Berliner Polizisten voraussichtlich dem Ansehen unserer Stadt schaden wird,

[Gelächter bei der CDU]