Protocol of the Session on February 1, 2001

Herr Landowsky! Wenn die Verluste sich realisieren und nicht mehr einfach Rückstellungen sind, sondern Abschreibungen, dann schlägt sich das in der Bilanz nieder, und dann bedeutet das auch Steuerausfälle, und zwar in Größenordnungen.

[Landowsky (CDU): Nein!]

Frau Fugmann-Heesing hat ja freundlicherweise 1996, als die 2,2 Milliarden DM rückgestellt werden mussten, ausgerechnet, was das hypothetisch an Steuerausfällen für das Land Berlin und für die öffentliche Hand insgesamt bedeutet. Wenn sich 2,2 Milliarden DM Rückstellungen realisieren in Form von wirklichen Verlusten und Abschreibungen, hätten sie damals 890 Millionen DM Verlust an Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer bedeutet. Das ist das, was die Bankgesellschaft Berlin dem Land Berlin und der öffentlichen Hand insgesamt Gutes tut, wenn es zu der Realisierung dieser Verluste kommt.

[Landowsky (CDU): Quatsch!]

Deshalb Schluss mit dieser Bagatellisierung, die hier betrieben wird.

[Beifall bei der PDS und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Und, Herr Landowsky, der Hintergrund des Problems, über das wir hier diskutieren und dieser hohe Rückstellungsbedarf bei der Bankgesellschaft Berlin: Damit kommen wir zu einem zentralen Problem der Berliner Politik, nämlich dem Größenwahn, der in dieser Stadt existiert und wo man die bescheidenen Verhältnisse, in denen man in dieser Stadt lebt, nicht realisiert. Die Bankgesellschaft, 1994 gegründet, war wirklich der Parvenü unter den Großbanken. Und die einzige Möglichkeit, wirklich ins große Geschäft einzusteigen und schnelles Wachstum zu realisieren, war, die hohen Risiken zu nehmen, die kein anderer nehmen wollte, zu versuchen, im Immobilienbereich möglichst schnell zu expandieren. Und was haben sie gemacht? – Sie haben die berühmten Immobilienfonds aufgelegt. Immobilienfonds, die so sicher sind, dass sie so gut sind wie eine Staatsanleihe. Ihr Vorstandsvorsitzender hat gestern erklärt, die seien so gut wie ein festverzinsliches Wertpapier mit der zusätzlichen Möglichkeit der Abschreibung. Und das bedeutet folgendes – und da haben Sie auch Ihre Konkurrenten verärgert –: Sie haben gesagt: Wir legen Immobilienfonds auf, ihr kriegt eine fast hundertprozentige Sicherheit für das eingesetzte Kapital und für die Verzinsung. Das heißt aber gleichzeitig, dass die Bankgesellschaft fast alle Risiken in diesem Immobilienbereich übernehmen musste, zu 100 %. Das rächt sich jetzt, Sie haben massiv expandiert, weil Sie die hohen Risiken bei der Bankgesellschaft übernommen haben, das fällt Ihnen jetzt auf die Füße. Das war eine unverantwortliche Politik, wo kein sauberes Risikomanagement existiert hat, wo man gehofft hat, man könne diese Expansion und diese Luftnummer weiter vorantreiben. Deshalb mussten Sie Wertberichtigungen vornehmen.

Und das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht, weil die Wertberichtigung in den nächsten Jahren weitergehen wird. Herr Landowsky, Sie wissen das ganz genau, dass sich die Risiken realisieren werden und dass die Wertberichtigung an faulen Krediten und faulem Engagements, die Sie haben, nicht in einem

Bilanzjahr zu realisieren sind. Deshalb wird es in den nächsten Jahren weitergehen, und das dicke Ende wird erst noch kommen. [Beifall bei der PDS und den Grünen – Landowsky (CDU): Quatsch!]

Eines dieser faulen Engagements ist das Aubis-Engagement. Das ist jetzt groß ins Gerede gekommen, aber da muss es doch möglich sein, dass man Fragen stellt und die Fragen definitiv beantwortet werden. Und Fragen gibt es nun mehr als genug. Da stellt sich die Frage: Wie konnte es kommen, dass die Herren Wienhold und Neuling den Kredit bekamen, obwohl sie als erstes versucht haben, bei der Deutschen Genossenschaftsbank ihren Kredit zu bekommen, wo sie versucht haben, den Sohn von Herrn Schwarz-Schilling einzusetzen, dieses Kreditengagement kam aber durch Widerstand innerhalb der Deutschen Genossenschaftsbank nicht zustande, weil sie gesagt hat, das ist kein sauberes Geschäft, das ist nicht seriös, die Risiken sind uns zu groß? Warum haben diese Herren, nachdem sie dort – trotz Lobbyismus – offensichtlich nicht akzeptiert wurden, von der Berlin Hyp diesen Kredit bekommen? Welche Sicherheiten haben sie vorgelegt?

[Müller-Schoenau (Grüne): Keine!]

Welches Eigenkapital hatten sie? Welche Kalkulationen haben sie vorgelegt? Ist es denn wahr, dass beim Aubis-Engagement eine Kalkulation vorgelegt wurde für eine Teilsanierung, wo für die Sanierung Quadratmeterpreise von 350 DM kalkuliert wurde, obwohl zu gleicher Zeit – und das ist auch Ihnen bekannt, Herr Landowsky – bei der Senatsbauverwaltung Gutachten vorlagen, die für die Plattenbausanierung von Kosten zw. 800 DM und 1 200 DM pro qm ausgingen? Ist es richtig, dass von der AubisGruppe Kalkulationen vorgelegt wurden, die davon ausgingen, dass 3,50 DM pro qm Mieterhöhung genommen werden muss, obwohl das jedem Mietrecht widerspricht? Ich kann ja verstehen, dass das vielleicht bei meiner Sparkassenfiliale in Kreuzberg durchgeht, aber dass so etwas bei einer Hypothekenbank in Berlin durchgeht, das ist mir nicht nachvollziehbar. Da muss Aufklärung her!

[Beifall bei der PDS und den Grünen – Zuruf des Abg. Eyck (CDU)]

Herr Wolf! Ich habe eine Wortmeldung zur Zwischenfrage. Bleibt die aufrecht, Herr Schuster? – Es scheint ein Versehen zu sein. – Herr Wolf, Sie haben das Wort!

[Müller-Schoenau (Grüne): Das war wegen der Sparkasse in Kreuzberg!]

Ich wollte jetzt nichts gegen die Sparkasse in Kreuzberg gesagt haben, ich wollte damit nur sagen: Ich würde mit einem solchen Kreditantrag noch nicht einmal in meine von mir sehr geschätzte Sparkassenfiliale in Kreuzberg gehen.

[Beifall und Heiterkeit bei der PDS und den Grünen – Zurufe der Abgn. Wansner (CDU) und Kittelmann (CDU)]

Folgendes ist notwendig, auch im Interesse der Bankgesellschaft Berlin: Ich hatte gestern in der Diskussion im Vermögensausschuss, wie auch in vergangenen Sitzungen, in denen wir uns mit diesem Thema beschäftigten, den Eindruck, dass Herr Rupf in der Tat ernsthaft und energisch dabei ist zu versuchen, die Risiken in diesem Konzern aufzudecken, abzuschirmen und Vorsorge zu treffen. Ich bin aber gleichzeitig der Auffassung, dass es notwendig ist, dass hier wirklich umfassende Aufklärung erfolgt, wie bestimmte Kreditengagements zustande gekommen sind – das ist eine Frage, die innerhalb des Konzerns intensiv diskutiert und geklärt werden muss, weil der Konzern kein Interesse daran haben kann, aber eigentlich auch wir nicht, dass die Bankgesellschaft Berlin, die eine der wichtigsten Beteiligungen des Landes ist, dermaßen ins Gerede kommt. Deshalb ist Aufklärung dringend notwendig. Da muss Klarheit geschaffen werden.

[Beifall bei der PDS und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Kittelmann (CDU): Ob das glaubwürdig ist? – Faber (CDU): Herr Benneter hat geklatscht!]

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(B) (D)

Zweitens: Die Tatsache, dass jedes Problem bei der Bankgesellschaft Berlin auch gleich zu einem politischen Vorgang wird,

[Zurufe von der CDU]

hat auch etwas zu tun mit der personellen Verquickung zweier der wichtigsten politischen Funktionen in diesem Land, nämlich dem Fraktionsvorsitz der CDU und einer der wichtigsten Funktionen der Bankgesellschaft Berlin, nämlich der Verantwortlichkeit für das Immobiliengeschäft, was das wichtigste Geschäft dieser Bankgesellschaft ist. Das ist in einer Hand. Es ist in den letzten Tagen in der Presse diskutiert worden: Bei jedem Lehrer, der auf Grund der Bildung des Landesschulamts jetzt nicht mehr im Parlament vertreten sein darf, legen wir harte Maßstäbe an. Aber in dieser Frage existiert immer noch die Lex Landowsky, die erst vorher rechtlich existiert hat, jetzt existiert sie durch die Umorganisierung innerhalb der Bankgesellschaft. Die Interessenkollision und das Problem, dass die Bankgesellschaft und jedes Problem bei der Bankgesellschaft sofort ein politisches Problem wird, finde ich, muss im Interesse der Bankgesellschaft gelöst werden.

[Zuruf der Frau Abg. Richter-Kotowski (CDU)]

Herr Landowsky, Sie selbst sollten daran ein Interesse haben, dieses Problem zu lösen, in welcher Form Sie es auch auflösen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Starker Beifall bei der PDS und den Grünen]

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Müller das Wort – bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte heute und auch die Berichterstattung in der Öffentlichkeit in den letzten Tagen zeigen deutlich, dass sehr aufmerksam verfolgt wird, wie wir zu den Vorwürfen, die es zur Bankgesellschaft gibt, hier heute diskutieren, ob da etwas dran ist und ob die Kontrollmechanismen, die wir in diesem Bereich haben, eigentlich noch funktionieren. Das ist auch das Hauptthema der Debatte heute.

Herr Kaczmarek, ich weiß nicht, über welches Thema Sie diskutiert haben.

[Beifall und Gelächter bei der SPD, der PDS und den Grünen – Zuruf des Abg. Kaczmarek (CDU)]

Es geht hier nicht um eine Koalition, es geht hier nicht um all die Punkte, die Sie angesprochen haben – BSE war, glaube ich, das Einzige, das in Ihrer Aufzählung noch fehlte –, sondern einzig und allein um die Frage, inwieweit die Interessen des Landes Berlin durch die Geschäftpolitik der Bankgesellschaft wahrgenommen werden, welcher Schaden eventuell entstanden ist, wer für dieses Missmanagement, wenn es welches gegeben hat, verantwortlich ist und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Hier erwartet die SPD eine vollständige und umfassende Aufklärung, insbesondere natürlich auch über die Vorgänge bei der Berlin Hyp, unabhängig und ohne Rücksicht auf Personen.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Insofern sind die Fragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen völlig berechtigt gestellt, und es ist auch richtig und wichtig, dass sich das Parlament heute in dieser Aktuellen Stunde mit den Problemen bei der Bankgesellschaft auseinander setzt.

Unstrittig ist wohl, dass für die wirtschaftliche Entwicklung in Berlin eine starke Bank ein wesentlicher und positiver Standortfaktor ist. Aber auch finanzpolitisch muss es doch das Ziel sein, dass die Bankgesellschaft den Haushalt entlastet und nicht belastet, z. B. als guter Dividenden- und Steuerzahler. Vor diesem Hintergrund machen die Nachrichten des Bundsaufsichtsamtes für das Kreditwesen dann allerdings schon nervös. Wenn man aus Bankkreisen erfährt, dass das Aufsichtsamt immerhin nach einer Sonderprüfung den Bankenvorstand geradezu zwingen musste, Wertberichtigungen in dreistelliger Millionenhöhe vorzunehmen, dann lässt das nichts Gutes ahnen, wie das Management mit diesen aktuellen Problemen umgeht, über die wir heute diskutieren.

Natürlich muss genau untersucht werden, wie es unter anderem zu dem Aubis-Geschäft kommen konnte, wenn die gesamte Fachwelt im Vorlauf vor diesem Geschäft gewarnt hat,

[Landowsky (CDU): Unsinn!]

wenn die eigene Unternehmenstochter IBG der Bankgesellschaft in internen Gutachten dringend von diesem Engagement abgeraten hat, dann ist schon die Frage, wie es dazu kommen konnte. Und mit Sicherheit ist es interessant zu erfahren, ob bei der Kreditvergabe wirklich nach banküblichen Kriterien entschieden wurde oder ob es andere Gründe für den Ausschlag gegeben hat, zwei verdienten CDU-Mitgliedern den Kauf von immerhin 16 000 Wohnungen zu ermöglichen. Das muss man an der Stelle noch einmal deutlich sagen, Herr Wolf ist darauf schon eingegangen: Das ist noch nie einem Handwerksmeister oder einem anderen Mittelständler gelungen, so unkompliziert, ohne Sicherheiten, ohne Qualifikationen auch nur 60 000 DM zu bekommen, ganz zu schweigen von diesen 600 Mio. DM. Da wurde und wird offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Zuruf der Frau Abg. Greiner (CDU) – Müller-Schoenau (Grüne): Herrn Schneider ist es gelungen! – Zuruf des Abg. Dr. Steffel (CDU)]

Aber nach merkwürdigen Geschäften gibt es nun auch merkwürdige Rettungsaktionen oder -versuche. Um die Bankgesellschaft aus einer schwierigen Situation zu befreien, soll z. B. die IBG bzw. nun die IBAG, die bis vor kurzem – uns jedenfalls noch – als eine völlig gesunde Immobilientochter dargestellt wurde, auch von der CDU-Fraktion wurde die besondere Bedeutung dieser Gesellschaft als wichtiges strukturpolitisches Instrument hier dargestellt, nun verkauft werden an einen amerikanischen Investor oder eine Investorengruppe. Ich hoffe, Herr Kurth, Sie haben dazu gute Informationen; alles, was man jetzt dazu hört – die Firma Greico wird im Zusammenhang mit Sicherheiten erwähnt, die eingebaut werden sollen –, lässt befürchten, dass das schon wieder ein Windei werden könnte.

Vielleicht ist das auch die Stelle, um den Finanzsenator direkt zu fragen, welche Strategie er mit der Bankgesellschaft verfolgt und welche Kontrollmöglichkeiten er überhaupt noch für die Umsetzung seiner Ziele hat. Vielleicht können Sie uns einmal anschaulich darstellen, wie das im Bankvorstand vonstatten geht. Sie, Herr Kurth, sind der Interessenvertreter des Landes Berlin. Das Land Berlin hat 56 % der Anteile an der Bankgesellschaft, und Sie haben die Pflicht, verantwortungsvoll mit diesem Vermögen des Landes umzugehen. Da kann man erwarten, dass im öffentlichen Bereich genauso kritisch mit dem eigenen Management umgegangen wird, wie es im privaten Bereich üblich ist. [Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wer hier wen kontrolliert, ist eine interessante Frage. Da darf nicht der Eindruck haften bleiben, dass Sie sich in Ihrer Aufgabe durch personelle Konstellationen – in welcher Form auch immer – behindert fühlen.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Heide (CDU)]

Auch das muss man an der Stelle noch einmal in Richtung Finanzsenator sagen: In dieser Situation fällt dem Finanzsenator offensichtlich nichts anderes ein, als den eher schlichten Vorschlag der Scholz-Kommission zur IBB aufzugreifen, diese aus der Landesbank herauszulösen oder vielleicht sogar ganz aufzulösen, um schnell 600 Millionen DM zur Absicherung der Bankgesellschaft zu bekommen und 1 Milliarde DM für den Landeshaushalt aus den Rücklagen der IBB.

[Zuruf der Frau Abg. Toepfer-Kataw (CDU)]

Über das Thema „IBB“ in Richtung Strukturbank redet offensichtlich in letzter Zeit ohnehin kaum noch jemand, obwohl das Parlament gerade erst vor wenigen Wochen die entscheidenden Beschlüsse in Richtung Landesstrukturbank gefasst hat. Auch der Verkauf der GSG – das steht alles im Zusammenhang – war so im Parlament nur möglich, weil wir damit die Investitionsbank

in Richtung Landesstrukturbank stärken wollten. Wir wollten damit ein wichtiges wirtschaftspolitisches Instrument in der Stadt haben. Welcher Schaden, welche Verunsicherung durch das Infragestellen dieser Beschlüsse zu diesem Komplex bei den Mitarbeitern der IBB und auch für das Land Berlin entstanden sind, kann noch gar nicht richtig ermessen werden. Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass es richtig war und ist, die IBB zur Landesstrukturbank machen zu wollen.

[Beifall bei der SPD]

Viele Fragen wurden heute also zu Recht gestellt. Man darf gespannt sein, ob der Finanzsenator hinreichend Auskunft geben kann, damit weitere Untersuchungen vermieden werden.