Wir haben Verständnis dafür, dass gerade eine Partei wie die Grünen, die sich aus einem ökologischen Nährbecken vergangener 68er Zeiten gegründet und nun Probleme mit jungen, nachwachsenden Wählergruppen hat,
Klar ist jedoch: Es gibt angemessenen Wohnraum für Studierende in Berlin. Wir müssen uns nun dieser Frage aktuell stellen. Staatssekretär Dr. Lange von der Wissenschaftsverwaltung machte gestern wiederum deutlich: Die Situation hat sich entspannt. Zuziehende Studierende wollen in den für sie „schicken“ Innenstadtbezirken Mitte, Kreuzberg und Prenzlauer Berg und nicht unbedingt in Zehlendorf wohnen. Aus unserer Sicht kann man auch über einen neuen Standort Oskar-Helene-Heim nachdenken. Ich weiß gar nicht, warum Sie solche Probleme damit haben. Wir versuchen, uns dem Problem zu nähern. Dass Sie das gleich rundweg ablehnen, verstehe ich nicht.
Aus Sicht der Studenten ist das nicht sehr praktikabel. In diesem Zusammenhang ist der Vorschlag des Bausenators zu begrüßen, prophylaktisch einen runden Tisch zu gründen, wo alle Beteiligten und auch diejenigen, die meinen, sie müssten sich damit beschäftigen, zusammenkommen, um auch dieser Situation Herr zu werden. [Zuruf des Abg. Brauer (PDS)]
Tatsache ist, dass das Studentendorf Schlachtensee vom Studentenwerk jährlich über 1 Million DM zur Deckungsfähigkeit erhält. Tatsache ist ebenfalls: Wir haben einen großen Wohnungsleerstand in ganz Berlin – übrigens auch im Studentendorf Schlachtensee.
Tatsache ist auch, dass es genug freien studentischen Wohnraum im ehemaligen Westteil Berlins gibt, in dem sich ausländische Studierende auch sicher fühlen können.
Dieses nicht unbedingt vereinigungsfördernde Argument, dass besonders ausländische Studierende sich nur im Westteil der Stadt ansiedeln sollten, wurde von der Fraktion der Grünen gestern angeführt. Das bedauere ich angesichts des Zusammenwachsens dieser Stadt.
Auch dass der Sanierungsbedarf im Studentendorf Schlachtensee aus haushalts- und gesamtpolitischen Erwägungen heraus nicht vertretbar ist, ist Tatsache.
Es sind nämlich 36 Millionen DM, die in diesen maroden Bau investiert werden müssen, und das erwähnen Sie mit keiner einzigen Silbe hier in der Diskussion.
Außerdem sind die entsprechenden Ausschreibungen bereits von der Senatsbauverwaltung gemeinsam mit der Wissenschaftsverwaltung herausgegeben worden. Das ist deutlich gemacht worden. Wir sind bereits im Verfahren, so Leid es uns allerdings um die Gebäude in Schlachtensee tut. Wir müssen leider in diesen Zeiten, wo es vor allen Dingen um die Haushaltskonsolidierung geht, auch unpopuläre Schritte tun. Sparen ist notwendig ohne Ansehen einer bestimmten Wählerklientel,
Nein! – Also, wie gesagt, das Sparen ist nötig und notwendig, auch wenn es wehtut und auch, wenn wir damit einer Wählerklientel von Ihnen vielleicht wehtun; das in die Richtung der Adresse der Grünen gesagt. Es tut uns Leid. Sie sind die Opposition, Sie können immer nur öffentlichkeitswirksam fordern. Wir sind die Regierung und müssen so konsolidieren. Deshalb werden wir die überarbeitete Variante des Wissenschaftsausschusses leider nicht weiterverfolgen können. Deshalb bitte ich, die gestern beschlossene Vorlage des Hauptausschusses zu befolgen und damit dem gemeinsamen Verfahren von Bau- und Wissenschaftsverwaltung nicht weiter im Wege zu stehen. interjection: [Beifall bei der CDU]
Danke schön, Herr Kollege. Das waren saubere vier Minuten. Das Wort für die Fraktion der PDS hat nunmehr der Kollege Brauer, bitte!
Vielen Dank, Herr Vorsitzender! – Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Ein bisschen starker Tobak war es schon zum Teil, Kollege Friederici, das wissen Sie auch, was Sie uns hier präsentiert haben. Aber das entsprach so in etwa der einigermaßen zynischen Argumentation von Koalitionsvertretern gestern im Hauptausschuss. Ich entsinne mich an die Aussagen des Kollegen Kaczmarek, CDU, der erklärt hat, Leute, die in Wohnheime wollten, seien eh nicht so recht lebensfähig, sie sollten sich besser etwas anderes suchen.
Gleichzeitig wird erklärt, die Studierenden – das wurde eben noch einmal gesagt – sollten doch bitte schön auf die 100 000 in Berlin leer stehenden Wohnungen – ich habe sehr genau hingehört, Herr Kaczmarek, anders als Sie es mitunter tun – ausweichen. Ansonsten wurde auch schon mal aus diesem Haus das Engagement der Studenten für den Erhalt ihrer Wohnheime mit warmen Worten gelobt, mit der schönen Konsequenz, dass sich inzwischen die Abrissbagger warm laufen. Was ist dagegen sachlich zu sagen?
Erstens: Weltweit sind Studentenwohnheime eine der wichtigsten Formen studentischen Wohnens. Wenn man die Situation insbesondere in den angelsächsischen Ländern einschließlich der Vereinigten Staaten von Amerika betrachtet, sind Wohnheime fester Bestandteil des pädagogischen Konzepts.
Zweitens: Studentenwohnheime sind für viele Studierende die einzige Möglichkeit, ein Studium weitab von ihrem Elternhaus aufnehmen zu können. Dies gilt vor allem für diejenigen mit geringem Einkommen sowie für die Studierenden, die sich nur kurze Zeit am Hochschulstandort aufhalten, z. B. ausländische Austauschstudenten.
Drittens: Diese Aspekte sind noch von weit größerer Bedeutung für ausländische Studierende, von denen gleichzeitig noch das Erlernen einer fremden Sprache, die Anpassung an andersartige Lebensverhältnisse und häufig einen völlig fremden Kulturkreis erwartet werden. Ohne das Kontakt erleichternde und fördernde Wohnen in einem Studentenwohnheim zusammen mit Studierenden der Gastnation wäre Integration erheblich behindert, wenn nicht sogar gefährdet.
Herr Senator, Ihnen müssten jetzt die Ohren klingen – das sind Ihre eigenen Worte, wortwörtlich ohne Abstriche aus einer Vorlage, die Sie uns überreicht hatten. Die ist ein knappes halbes Jahr alt. Herr Friederici, in einem halben Jahr hat sich Berlin so grundsätzlich nicht geändert.
Und, meine Damen und Herren von der Koalition, werfen Sie mir bitte keine DDR-Nostalgie hinsichtlich Erinnerung an meine hervorragenden Studentenwohnheime, die so toll nicht waren, vor. [Niedergesäß (CDU): Baracken!]
Ich glaube kaum, Herr Niedergesäß, dass man Herrn Stölzl eine DDR-Studentenbiographie vorwerfen kann, noch ist er ein besonders ausgewiesener DDR-Fan; da würde man ihm auch Unrecht tun. Nehmen Sie wenigstens die Argumente des von Ihnen nominierten Senators ernst, und erhalten Sie der Berliner Hochschullandschaft die auch durch die Existenz Schlachtensees für Berlin einmaligen Campusstrukturen der Freien Universität.
Ein Hinweis auf eines Ihrer Dokumente sei mir noch gestattet: Die Berlin-Studie der Senatskanzlei bezeichnet auch die Berliner Hochschulen „bei ausländischen Studenten als wenig offen und gastfreundlich“. Zumindest da sollten Ihnen die Ohren klingen, für diese Studie haben Sie sehr viel Geld ausgegeben.
Über die Aspekte des Denkmalschutzes will ich hier gar nicht mehr reden. Gestern machten sowohl Senator Strieder als auch Staatssekretär Lange deutlich, dass letztlich sie es seien – nach dem Motto „L’e´tat, c’est moi“ –, die festlegten, was schutzwürdig ist und was nicht. Da kann man den Artenschutz auch gleich in die Hände des ansonsten sehr ehrenwerten Landesjagdverbandes legen, der Volksmund sagt es drastischer: Da wird der Bock zum Gärtner gemacht. – Der Vorgang hat zudem eine gewisse politische Brisanz. Dass ich als ehemals Ostberliner Lehrer mit einer ziemlich typischen DDR-Biographie einmal in die Lage geraten werde, ein Geschenk des amerikanischen Volkes an die westliche Hälfte der geteilten Stadt zu verteidigen, hätte ich mir auch nicht träumen lassen.
Ja eben! Die Welt ändert sich, das möge aber bitte auch Ihre Fraktion langsam mitkriegen. – Mir scheint, dass einige preußentrunkene Strategen der Koalition jede, aber auch jede Erinnerung an die baulichen Zeugnisse der – Herr Werthebach – Reeducation-Bemühungen – Umerziehung, Sie kennen das aus Ihrem Studium – der Alliierten tilgen möchten.
Nein, das ist ein anerkannter Begriff, da gucken Sie mal ruhig im Lexikon nach! Das kann nicht schaden. – Wenn Schlachtensee fällt, dürften wohl auch Kongresshalle und Amerika- Gedenkbibliothek irgendwann auf der Abrissliste erscheinen.
Kommen Sie mir jetzt bitte nicht noch mal mit dem Finanzierungsargument. Schlachtensee ist weder so marode, wie Sie es immer darstellen, das ist pure Heuchelei, noch wären Unsummen für die Sanierung auszugeben. Das Gebäude an der Wasgenstraße hat überhaupt keinen Sanierungsbedarf, davon können Sie sich selbst überzeugen. Und ich erinnere an dieser Stelle an unsere Vorschläge, dem Studentenwerk Berlin mittelfristig Planungssicherheit zu verschaffen und dennoch einen wirksamen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu ermöglichen. Wir fordern den Erhalt und die Sanierung des vorhandenen Wohnheimbestandes, wir verlangen den Erhalt des Standorts Schlachtensee. Nehmen Sie wenigstens Ihre eigenen Fachpolitiker ernst, wenn Sie unserem Antrag schon nicht zustimmen können oder dürfen, was ich für möglich halte, so lehnen Sie wenigstens den unsäglichen studentenfeindlichen Änderungsantrag des Hauptausschusses ab und bekennen Sie sich bitte einstimmig zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und die Beiträge!
Danke, Herr Kollege! – Für die Fraktion der SPD hat nunmehr Frau Dunger-Löper das Wort, bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Brauer! Ich will hier keine Polemik verbreiten, deswegen werde ich es kurz machen. Das Ganze ist eine unendliche Geschichte. Sie geht zurück auf ein Angebot der Kulturverwaltung, im Gegenzug zu der Renovierung für die Berlinische Galerie dieses Grundstück zur Verfügung zu stellen. Zwischendrin hat es dann verschiedene Rettungsversuche gegeben, obwohl das Ganze schon beschlossen war. Einer ist jetzt auch wieder im Ausschuss für Wissenschaft in die Form dieses Antrags gebracht worden. Aber wir haben gestern im Hauptausschuss noch einmal ausdrücklich die Verwaltung gefragt, die dieses Grundstück angeboten hat und die eigentlich auch Bedarfsträger für studentisches Wohnen ist, ob sie die Aufrechterhaltung dieses Standorts für studentisches Wohnen für notwendig hält. Der Staatssekretär Lange hat dieses ausdrücklich verneint, und insofern ist es an dieser Stelle sicherlich nicht notwendig, dass wir noch einmal einen Vorgang, wie er in diesem § 2 des ursprünglichen Antrags vorgesehen war, durchlaufen, um im Endeffekt doch zu dem gleichen Ergebnis zu kommen. Deswegen werden wir der Hauptausschussempfehlung zustimmen. interjection: [Beifall bei der SPD]