Protocol of the Session on November 30, 2000

Antrag der Fraktion der Grünen über Klimaschutz I – Neuorientierung der Fördermittel zur energetischen Altbausanierung

d) Drucksache 14/829:

Antrag der Fraktion der Grünen über Klimaschutz IV – Energie sparen und Kosten senken in Berlins Krankenhäusern

Hierbei handelt es sich um zwei Gesetzanträge und zwei normale Sachanträge. Der Ältestenrat empfiehlt die gemeinsame Beratung der Anträge, mit einer Redezeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir diese fünf Minuten etwas großzügig, aber nicht übermäßig ausdehnen werden. – Bitte, Herr Berger, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Liebe Abgeordnete! Werte Gäste! Als wir diese Anträge zum Weltklimaschutz Anfang dieses Monats eingebracht haben, hatten wir noch gehofft, dass wir heute einen Silberstreifen am Horizont sehen können. Seit dem desaströsen Ende der Weltklimakonferenz in Den Haag am letzten Wochenende müssen wir feststellen, dass wir das nicht können. Es gibt in diesem für die Zukunft so wichtigen Gebiet derzeit keinen Hoffnungsschimmer. Der Himmel der Zukunft ist dunkel, regenverhangen und unheilverkündend. Aber wir wissen auch, dass es kein unabwendbares Naturereignis, sondern ein schweres Versäumnis der Weltpolitik ist, und nicht nur der Weltpolitik. Wir wissen auch, dass die Verantwortlichen für dieses Versäumnis – gleich wie nun der zukünftige Präsident der Vereinigten Staaten heißt – Namen und Adressen haben. Es sind nicht nur, aber es sind vor allen Dingen die Vereinigten Staaten, die der Welt weiterhin die mit Abstand pro Kopf und insgesamt höchste Menge an Treibhausgasen zumuten wollen und mit faulen Tricks in Den Haag versucht haben, diese Menge in den nächsten Jahren nicht einzuschränken, sondern sogar ausweiten zu wollen. Die Europäische Union hat richtig gehandelt, dass sie sich auf diesen faulen Kompromiss, der nicht mehr, sondern weniger Weltklimaschutz bedeutete, nicht eingelassen hat.

[Beifall bei den Grünen]

Wir wollen und dürfen dieses Verbrechen an den nachfolgenden Generationen – so muss man das wohl nennen – nicht schönreden, aber wir wissen auch, dass es nicht weiterhilft, Dinge beim Namen zu nennen, sondern wir müssen sehen, was wir vor Ort tun können. Um den berühmten Satz von Immanuel Kant etwas abzuwandeln: Wenn schon der Weltklimaschutz nicht zu einem allgemeinen Gesetz der Weltpolitik wird, dann müssen wir vor Ort wenigstens so tun und handeln, als ob er es wirklich wäre. Das heißt, wir dürfen im Klimaschutz nicht aufgeben, und wir dürfen auch nicht resignieren. Wir müssen in die Hände spucken und die Dinge, die wir bewirken können, auch tun – ob in Berlin, in Deutschland oder in Europa.

In diesem Sinne haben wir Ihnen mit den vier Anträgen einige Vorschläge unterbreitet, was wir wie in Berlin besser machen können. Ich möchte hinzufügen: Anders als bei einer früheren Bundesregierung stehen wir jetzt in Berlin nicht allein. Anders als noch vor zwei Jahren haben wir jetzt Rückenwind von der Bundesregierung und vom Bundestag und können uns auf Impulse von dort stützen, insbesondere das Anfang November beschlossene Klimaschutzprogramm der Bundesregierung, das sich sehen lassen kann, weil mit ihm erstmals nicht nur das wichtige Zwischenziel, eine Reduktion der Treibhausgase um

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25 % bis zum Jahr 2005 noch einmal festgeschrieben wird, sondern weil auch verbindlich gesagt und beschlossen worden ist, mit welchen Maßnahmen dieses Ziel erreicht werden soll.

[Beifall bei den Grünen]

Die Anträge, die wir einbringen, fußen durchaus auf diesen Vorschlägen, und einiges davon wollen wir in der Landespolitik umsetzen.

Ich nenne Ihnen kurz diese vier Punkte – erstens, das Stichwort der „Kraft-Wärme-Kopplung“: Wir alle wissen, dass es demnächst ein Gesetz geben soll, das steigende Anteile an die Kraft-Wärme-Kopplung am gesamten Stromverbrauch festschreibt. Da sagen wir: Nutzen wir diese Chance, um die KraftWärme-Kopplung in Berlin nicht nur zu verteidigen, sondern sogar auszubauen, und zwar durch moderne, hoch effiziente Technologien und nicht durch Steinkohlekraftwerke. An dieser Stelle sage ich auch: Jede Megawattstunde an kraft-wärmegekoppeltem Strom, die wir durchsetzen, schafft und erhält auch Arbeitsplätze in Berlin. Das ist nämlich Strom, der in Berlin erzeugt wird und nicht woanders. Das sollten unsere Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitiker auch bedenken, wenn wir über Klimaschutz reden.

[Beifall bei den Grünen]

Unser Vorschlag zu diesem Punkt ist, dass das Potential der Krankenhäuser genutzt wird. Die Krankenhäuser haben einen enormen Strom- und Wärmebedarf, der ihnen zugleich riesige Kosten aufdrückt. – 15 % des gesamten Bedarfs außerhalb der Personalmittel werden durch die Energie aufgebraucht. – Eine wirksame Modernisierung des Energiesystems durch Blockheizkraftwerke würde nicht nur dem Weltklimaschutz dienen, sondern auch die Krankenhäuser könnten finanziell nur dabei gewinnen.

Der zweite Vorschlag, den wir machen, betrifft die Altbausanierung. Wir haben im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung ein Programm, das mit Investitionszusagen in den nächsten drei Jahren 5 Milliarden DM mobilisiert. Unser Vorschlag lautet: Berlin soll seine Beteiligung an diesem Programm, bei dem enormen Bestand an Miet- und Altbauwohnungen, den wir haben, frühzeitig einbringen. Aber zugleich sollte eine Achillesferse, die die Förderung bisher hatte, kuriert werden. Die Achillesferse ist nämlich die nicht stattfindende Kontrolle. Die Energiemaßnahmen, die in Berlin gefördert werden, sind in ihrer Wirkung nicht überprüft. Deswegen schlagen vor, zu sehen, ob das gesamte Fördersystem nicht umgestellt werden sollte, dass die öffentliche Hand nicht mehr einfach Fördergelder zahlt für Energiesanierungen, sondern dass sie die letzten Raten der Kreditrückzahlung übernimmt. Das hieße, dass dann, bevor die letzten Kredite erlassen werden, sie also von der öffentlichen Hand übernommen werden, noch einmal eine Kontrolle stattfindet, ob der Erfolg der Energiesparmaßnahmen tatsächlich eingetreten ist oder nicht. Das hieße: Wir hätten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, das ist unser Vorschlag in diesem Bereich.

[Beifall bei den Grünen]

Wir befinden uns schon in der großzügigen Phase, Herr Abgeordneter.

Darf ich noch den letzten Punkt erwähnen, weil sich daran die Debatte und die Gemüter erhitzen werden? – Wir haben vorhin noch einmal darüber gesprochen, wie schlecht wir in der Nutzung erneuerbaren Energien dastehen; insbesondere in der Nutzung der Sonnenwärme sind wir das Schlusslicht unter den Bundesländern. Deswegen schlagen wir vor, eine neue verbesserte Solaranlagenordnung in Berlin einzuführen, die auch für Ein- und Zweifamilienhäuser gilt und insbesondere bei der Altbaumodernisierung die Pflicht zum Einbau von Sonnenkollektoren festschreibt. – Das ist unser Vorschlag in diesem Bereich.

Ich hoffe – damit komme ich auch zum Schluss –, dass Sie sich diesen Vorschlägen, mit denen wir das dahindümpelnde Schiff des Weltklimaschutzes in Berlin wieder in Fahrt bringen

wollen, anschließen werden. Wir laden Sie gern ein, weitere Vorschläge dazu zu machen, und erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Vielleicht können wir dann gemeinsam auf lokaler Ebene das Eis der Erstarrung aufbrechen, das derzeit den weltweiten Klimaschutz so dramatisch lähmt.

Vielleicht noch ein Abschlusswort: Ich bedauere sehr, dass der zuständige Senator zu diesem Punkt nicht anwesend ist und hoffe, dass das nicht auf sein mangelndes Interesse an diesem so wichtigen Thema schließen lässt – aber ich befürchte es.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Berger! Ich gehe davon aus, dass der zuständige Senator in Kürze hier sein wird. – Für die Fraktion der CDU hat nun der Abgeordnete Bornschein das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Berger! Sie haben einen Abriss der Weltklimapolitik gemacht.

[Wieland (SPD): War schön! – Zuruf des Abg. Doering (PDS)]

Ja, der war schön – –

[Wansner (CDU): Aus der Sicht der Grünen!]

Herr Wansner hat Recht, aus der Sicht der Grünen.

Wir haben gerade in Den Haag erlebt, wie es eine Bundesregierung schafft, durch überzogene Forderungen, durch Unfähigkeiten zum Konsens – –

[Dr. Rogall (SPD): Unerhört! – Zurufe von PDS und Grünen – Dr. Rogall (SPD): Da bleibt Ihnen das Wort im Halse stecken!]

Wissen Sie, Ihre Disziplin lässt auch sehr zu wünschen übrig. –

[Anhaltende Zurufe]

Wenn Herr Berger hier ausgeführt, dass wir endlich grüne Politik oder Umweltpolitik hätten, dann muss ich Sie darauf hinweisen, dass die letzte Wärmeschutzverordnung und damit zusammenhängende Verschärfung des Rechts nicht unter einer rot-grünen Regierung erfolgt ist. Hierzu ist von Ihnen nur eine Reihe von hohlen, nicht nachhaltigen Entscheidungen getroffen worden.

In Ihrem Antrag Drucksache 14/827 stellen Sie eine Frage zu den Fördermitteln. Das ist ein interessanter Ansatz, über den man reden sollte. Dabei muss man aber auch beachten, dass damit gerade die Haushälter in unserer Stadt ihre Probleme haben.

Bei Frage der Bauordnung, Herr Berger, haben Sie in Ihrem Antrag gut abgeschrieben. Das muss man Ihnen schon lassen. In einer Veröffentlichung des Verbandes der Eigenheimbesitzer im Jahre 1997 – ich habe es vorliegen, Sie können gerne Einblick nehmen – stand es bereits geschrieben und ist nun von Ihnen abgeschrieben worden. Das ist Ihre Geschwindigkeit bei der Klimapolitik. Auf solche Fragen sollten Sie besser zeitnah eingehen.

Bei der Solartechnik heben Sie ausschließlich noch auf die thermischen Anlagen für Warmwasser ab. Haben Sie schon einmal die Komplexität einer Solartechnik begriffen? Es geht doch nicht nur um Warmwasser, sondern um vielschichtige Nutzung von solarer Energie. In der heutigen Fragestunde ging es auch um Legionellen. Das ist ein Thema, das mit der thermischen Nutzung von Solarenergie bei Warmwasser behandelt werden muß. Hier sind echte Probleme vorhanden, die aber von Ihnen einfach so weggewischt werden. Wo bleibt denn dabei die Fachlichkeit?

Der Punkt Ihres Antrags, der die Krankenhäuser betrifft, ist reine Industrielyrik. Die Krankenhäuser sind in ihrem Bemühen, die laufenden Kosten zu mindern, gezwungen, auch die laufenden Kosten für Energie und Wasser zu senken. Hierbei brauchen wir keine weitere Regelung.

[Zurufe von den Grünen]

Ich stelle immer wieder fest, dass die Anträge der Grünen in kleinen Zirkeln erarbeitet werden mit ideologischen Brillen.

[Beifall bei der CDU]

Sie betrachten jeweils die Wärme-Kraft-Koppelung, ohne sie jemals verstanden zu haben. Ich hoffe, dass der Herr Professor Rogall uns nachher noch einmal einen Vortrag über Nachhaltigkeit halten wird.

[Anhaltende Zurufe von links]

Meine Damen und Herren! Wenn Sie den Abgeordneten etwas fragen wollen, dann geben Sie mir ein Zeichen. Aber wenn nur zwischengerufen wird, versteht keiner etwas.

[Wieland (Grüne): Der beleidigt uns die ganze Zeit!]

Setzen Sie endlich Ihre ideologische Brille ab! Schauen Sie in die Bücher, die mit naturwissenschaftlichen Grundlagen aufwarten, um den Begriff der Nachhaltigkeit zu verstehen!

Der erste Energieerhaltungssatz heißt: Die Summe aller Energien ist gleich Null. – Viel mehr Wert haben Ihre Anträge auch nicht. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der CDU – Wieland (Grüne): Unverschämter Knilch!]