Herr Kultursenator! Meine Frage bezieht sich auf den zweiten Teil der Anfrage von Frau Ströver, auf die Zwangsarbeiterentschädigung. Darauf haben Sie ganz unbefriedigend geantwortet. – Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass gegenwärtig in Berlin täglich bis zu 100 Anfragen von ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern eingehen – in einer Stadt, in der es 100 000 von Zwangsarbeiter gegeben hat? Können Sie nachvollziehen, dass das Landearchiv unter diesen Umständen nicht weniger, sondern weit mehr Arbeit hat, um diese Anfragen sachgerecht zu beantworten, wenn z. B. alte Firmennamen gesucht werden müssen? Wie wollen Sie ernsthaft garantieren, dass die Arbeit geleistet wird, wenn das Landesarchiv in der gleichen Zeit auf den Umzugskisten sitzt und mehr mit dem Umzug als mit seiner täglichen Arbeit beschäftigt ist?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Ich kann hier nur das Archiv zitieren, dass die notwendigen Auskünfte weiterhin gegeben werden. Das wird hier mitgeteilt. Die anfallenden Belastungen werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Archivs in dieser schwierigen Situation hoffentlich bravourös bewältigen. Selbstverständlich sind Archive nicht nur Orte der akademischen Forschung – dieser kann man Einschränkungen zumuten –, sondern sie beziehen sich auf politische Vorgänge. Hier ist das Land Berlin in der Pflicht, rechtzeitig Auskunft zu geben, und das wird auch weiterhin der Fall sein.
Herr Stölzl! Da es sich bei einem Landesarchiv nicht um ein Museum, sondern um eine Institution handelt, die gesetzliche Aufgaben zu erfüllen hat, frage ich Sie noch einmal nach dem konkreten Wiedereröffnungstermin. Wann wird die direkte Nutzung durch die Interessenten und nicht nur die Auskunft durch die Mitarbeiter des Landesarchivs tatsächlich möglich sein? Wenn Sie mit der Jewish Claims Conference gesprochen hätten, wüssten Sie, dass diese es ganz anders sehen. Sie sagen nämlich: Wir müssen die Originalakten selbst einsehen, um unsere Arbeit adäquat leisten zu können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Ströver! Der Dissens zwischen der Claims Conference und dem Archiv wird sich lösen lassen, weil selbst solche provisorischen Zeiten in Gottes Namen bewältigt werden können.
Selbstverständlich ist es auch in einer schwierigen Situation möglich, notwendige Auskünfte zu erteilen. Und wenn die Akteneinsicht vor Ort notwendig ist und sich dies mit einer schriftlichen Auskunft und einer Fotokopie nicht lösen lässt, wird man die Einsicht selbstverständlich ermöglichen müssen. Die Alternative war nicht finanzierbar und entfiel deswegen.
Die Wiedereröffnung wird – wenn der Umzug abgeschlossen ist – wahrscheinlich, wie Sie es sagen, etwa im Herbst stattfinden können.
Meine Damen und Herren! Damit ist die Fragestunde beendet. Alle Mündlichen Anfragen, die heute nicht beantwortet werden konnten, werden gemäß § 51 Absatz 5 GO Abghs wieder schriftlich beantwortet.
Wir sind bis zur vierten Mündlichen Anfrage gekommen. Das lag daran, dass die Antworten ungemein lang waren. Ich erlaube mir diesbezüglich einen Hinweis: In der Kürze liegt sie Würze. Dann kommen wir auch zu mehr Fragen. Das belebt die Debatte, und es ist auch für die Zuschauer draußen und hier drin interessanter, wenn das Frage- und Antwortspiel etwas kürzer ist.
Ich frage Senatorin Schöttler: Wie ist der Verhandlungsstand beim Ausschreibungsverfahren des Klinikums Buch? Welche Auswirkungen hat der Wechsel von Staatssekretär Schröder zur Rhönklinik-AG, die als Mitbewerberin im Verfahren ist?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Der Verfahrensstand ist so, dass wir dem verabredeten Verfahren entsprechend von dem Bewertungsausschuss Empfehlungen erhalten. Dann werden zügig Verhandlungen geführt. – Und zum Teil 2 Ihrer Frage: Der Wechsel von Staatssekretär Schröder hat keine Auswirkungen auf die Verhandlungen.
Frau Schöttler, ich habe noch eine Frage. Wer übernimmt in Ihrem Hause jetzt die Leitung für das Ausschreibungs- und Vergabeverfahren?
Meine Frage richtet sich an Herrn Senator Kurth. Herr Senator, der Liegenschaftsfonds soll zum 1. Januar starten und in Betrieb gehen. Trifft es zu, dass die Bezirke jetzt ein Schreiben Ihrer Verwaltung bekommen haben, sie mögen die Verwaltung der vorgesehenen Grundstücke noch zwei Monate fortführen? Was ist die Ursache dafür? Welche Auswirkungen hat das haushaltsmäßig?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Gaebler! Meine Damen und Herren! Wir haben bereits vor einiger Zeit mit allen Bezirken eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in der wir den gesamten Komplex des technischen Übergangs der sehr umfangreichen Akten besprochen haben und besprechen. Wir haben in der Tat, auch um laufende Verkaufsverhandlungen nicht zu beeinträchtigen, mit den Bezirken nach deren Zustimmung ein Verfahren entwickelt, das die Übertragung der laufenden Vorgänge in einem laufenden Verfahren beginnend ab dem 1. Januar regelt und allerspätestens am 28. Februar abgeschlossen sein wird. Alle Bezirke sind mit diesem Verfahren einverstanden. Wir werden über die Folgerungen auch im Vermögensausschuss berichten. Dieses ist in der Vermögensausschusssitzung am gestrigen Tag bereits erörtert worden. Haushaltsmäßige Belastungen durch die Bezirke ergeben sich hierdurch nicht.
Das hörte sich ja jetzt so an, als ob der Grund ist, dass bestimmte laufende Grundstücksgeschäfte und Ähnliches abgewickelt werden sollten. Nun ist aber die Frage: Nehmen Sie die Akten für die abgeschlossenen Grundstücksgeschäfte, die die Bezirke Ihnen am 2. Januar übergeben wollen, entgegen? Können Sie die dann auch verwalten, oder wollen Sie das noch zwei Monate hinausschieben?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Gaebler! Für alle Fälle, die von den Bezirken am 2. Januar übergeben werden wollen, werden wir selbstverständlich die technischen Vorkehrungen getroffen haben. Die Räume für den Liegenschaftsfonds stehen zur Verfügung. Die Personalauswahl ist in vollem Gange. Ich freue mich über eine außerordentlich hohe Bewerberzahl von inzwischen über 700. Das heißt, wenn die Bezirke zum 2. Januar Akten übergeben wollen und wir hierdurch nicht laufende Verhandlungen in irgendeiner Form gefährden, wird das auch möglich sein.
Ich habe eine Frage an Senator Strieder. Herr Strieder, ich habe der Presse entnommen, dass der Immobilienmogul Donald Trump nun nicht am Alexanderplatz bauen wird, sondern in Frankfurt am Main. Diesbezüglich meine Frage: Ist es unter dieser Voraussetzung nicht gegeben, dass die fertigen Planungsunterlagen für die Straßenbahnverlängerung zum Alexanderplatz nunmehr in ein geordnetes Planfeststellungsverfahren übergehen können, da ja die Rücksichtnahme auf den möglichen Investor am Alexanderplatz durch die Absichtserklärung von Herrn Trump hinfällig geworden ist?
Deswegen habe ich den gleichen Informationsstand wie Sie, mehr nicht. Aber es ist Gott sei Dank ja so, dass Berlin nicht auf einen einzelnen Investor angewiesen ist. Das Areal um den Alexanderplatz wird der zentrale Bereich sein, in dem die Bautätigkeiten in Berlin in den nächsten Jahren liegen werden. Es gibt zahlreiche Investoren, die in absehbarer Zeit mit dem Bauvorhaben Alexanderplatz beginnen werden. In diesem Zusammenhang prüfen wir zurzeit die Frage, ob es nicht auch für den Bereich der
Karl-Liebknecht-Straße weitere Investoren gibt. Und es wäre ja wohl ziemlich sinnlos, dort eine Straßenbahn zu bauen, die man nach eineinhalb Jahren wieder verlagern muss. Wenn es also Investoren auch für diesen Bereich gibt, die unmittelbar mit ihren Investitionen beginnen wollen, dann werden wir natürlich die Planung gleich so gestalten, dass die Straßenbahn nicht kurz darauf wieder verlegt werden muss. Das ist schlichtweg ein wirtschaftliches Gebot.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Strieder, ist es aber nicht in erster Linie sinnlos, ein Planungsverfahren für die Straßenbahn seit zwei Jahren durchzuführen und dann kurz vor Eröffnung des offiziellen Planfeststellungsverfahrens festzustellen, dass dort mögliche Investoren in diesem Bereich irgendwann einmal kommen könnten und deswegen die Planung noch einmal neu gemacht werden müsste? Ist das nicht eigentlich die größere Sinnlosigkeit?
Frau Abgeordnete! Es ist Gott sei Dank so, dass sich die Baukonjunktur in den letzten zwei Jahren wesentlich verändert hat. Wir stellen fest, dass es in Berlin wieder ein großes Interesse gibt zu investieren. Darüber freuen wir uns. Infolgedessen ist es notwendig, jetzt auch ernsthaft zu überprüfen, ob wir durch diese Planung, die in der Tat zwei Jahre alt ist, nicht verhindern, dass es zu Investitionen in Berlin kommt. Das kann nicht das Interesse sein. Wir brauchen Arbeitsplätze. Eine Stadt mit knapp 15 % Arbeitslosigkeit kann es sich nicht leisten, auf solche wichtigen Investitionen zu verzichten und neue Arbeitsplätze nicht anzusiedeln. Jedenfalls ist das meine Priorität.