Meine Frage, Frau Junge-Reyer, lautet: Wenn alle die von Ihnen geschilderten Bemühungen scheitern sollten, auch gerade die Initiativen, die auf der ministeriellen Ebene erfolgten, könnten Sie sich dann vorstellen, dass das Land Berlin, vielleicht sogar im Konzert mit anderen Bundesländern, noch einmal über eine Bundesratsinitiative aktiv wird, weil sich offenbar die Selbstverwaltung nicht in der Lage sieht, dieses Problem zu klären?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Simon! Ich würde eine solche Bundesratsinitiative allerdings dann erst erwägen wollen, wenn wir alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben. Ich sage dies auch vor dem Hintergrund der Fragestellung, dass wir damit verbinden würden einen massiven Eingriff und eine Einschränkung der Selbstverwaltung, die ein hohes Rechtsgut in unserem Verhältnis zu den Leistungsträgern ist. Deshalb kann ich eine solche Bundesratsinitative hier und an dieser Stelle nicht zusagen.
Dann rufe ich auf die Mündliche Anfrage Nr. 4. Die Frau Abgeordnete Jantzen von der Fraktion der Grünen hat nunmehr das Wort zu der Frage
1. Wie ist die Ankündigung des Regierenden Bürgermeisters im Rechtsausschuss zu werten, die pauschale Kürzung der freien Träger werde beispielsweise bei Projekten der Resoziali
sierung von Straffälligen zurückgenommen; gilt sie auch für alle anderen Ressorts, und bedeutet sie eine eindeutige Abkehr von der pauschalen 5-%-Kürzung der Summe der Zuwendungen?
2. Was hat der Senat unternommen oder wird er unternehmen, um die Mehrheitsfraktionen im Abgeordnetenhaus von der aus seiner Sicht offenbar notwendigen Änderung des Haushaltssanierungsgesetzes bezüglich der 5-%-Kürzung der Zuwendungen zu überzeugen?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Jantzen! Meine Damen und Herren! Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Der Senat hat dem Parlament mit der 2. Nachschiebeliste vorgeschlagen, die Absenkung der Zuwendungen für das Projekt „Arbeit statt Strafe“ im Einzelplan 06 gegen einen entsprechenden Ausgleich zurückzunehmen. Da das Haushaltsgesetz 2001 als materielles, jüngeres Gesetz dem Haushaltssanierungsgesetz 2000 vorgeht, bedarf es einer Änderung des Haushaltssanierungsgesetzes nicht. Im Übrigen bleibt es bei den dem Parlament vorliegenden Ansätzen.
Zu 2: Da wir im Hauptausschuss über diese Änderung in der 2. Nachschiebeliste diskutiert haben, gehe ich davon aus, dass nicht nur die Koalitionsfraktionen, sondern alle im Parlament vertretenen Parteien dem Vorschlag des Senats folgen werden.
Das war eine recht kryptische Antwort. – Deswegen frage ich Sie, Herr Kurth: Wäre es nicht doch angesichts der vielen Ungereimtheiten und deutlichen Abweichungen vom Gesetz, wie das Beispiel im Bereich Justiz zeigt, geboten, unserem Antrag auf Streichung der Regelung des § 10 Haushaltssanierungsgesetz 2000 zuzustimmen, um damit Klarheit für alle zu schaffen?
Herr Präsident! Frau Kollegin Jantzen! Die von Ihnen vorgeschlagene Folgerung halte ich für unvernünftig und würde ihr nicht folgen wollen. Selbstverständlich ist die Absenkung der Zuwendungen ein Bestandteil der Konsolidierungsanstrengungen im nächsten Haushalt. Ob man die nun auf der Basis des Haushaltssanierungsgesetzes oder auf Grund eines Einzelbeschlusses im Senat macht, führt im Ergebnis für die betroffenen Zuwendungsempfänger zu keinem Unterschied.
Wir haben im Hauptausschuss über diese Frage umfassend diskutiert. Ich sage noch einmal: Die Ansätze liegen dem Parlament nunmehr vor. Das Haushaltsgesetz 2001 als materielles Recht bietet hier dem Parlament bestimmte Möglichkeiten. Der Senat schlägt vor, den dem Parlament vorliegenden Ansätzen zu folgen.
Sie werden verstehen, dass wir mit dieser Antwort nicht sehr zufrieden sind. Ich möchte sie fragen: Sie tun so, als seien die freien Träger geradezu von Kürzungen ausgenommen gewesen. Sie wissen aber doch genau wie alle anderen, dass dem in den vergangenen Jahren nicht so gewesen ist. Können sie mir ein Jahr der zurückliegenden sechs oder sieben Jahre nennen, in denen die Zuwendungsempfänger nicht wie alle anderen Bereiche auch von Kürzungen betroffen gewesen sind?
Herr Präsident! Frau Jantzen! Mir sind die Kürzungen im Bereich der freien Träger durchaus bekannt. Dieses kann angesichts der Haushaltslage nicht dazu führen, dass sie in den folgenden Jahren von Kürzungen ausgenommen werden.
Inwieweit lässt sich seitens des Senats die im Haushaltssanierungsgesetz festgeschriebene pauschale Kürzung der Zuwendungsbeträge um 5 Prozent überhaupt noch aufrecht erhalten angesichts des scheibchenweise Eingestehens der Nicht-Sinnhaftigkeit dieser Regel, nachdem zuerst um Begriffe gestritten wurde, dann die jährlich vorgesehene Kürzung jetzt nur noch einmal zu erbringen sein soll und neuestens anscheinend auch Ausnahmemöglichkeiten geschaffen werden?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Ich sehe kein „scheibchenweises Zurückweichen“, wie Sie sagen.
[Frau Ströver (Grüne): Schade! – Wieland (Grüne): Muss jetzt jedes Projekt den Regierenden Bürgermeister als Unterstützer gewinnen, oder wie soll das laufen?]
Die Begrifflichkeit ist geklärt nach der Vorlage der Finanzverwaltung, die der Hauptausschuss diskutiert hat. Das Parlament hat über die vom Senat vorgeschlagenen Ansätze, in den folgenden Wochen zu entscheiden. Ich kann mich da nur wiederholen. Sie gehören zu einer Konsolidierungsleistung, an der der Senat insgesamt festhält.
Herr Senator Kurth! Ich teile Ihre juristische Beurteilung, dass das jüngere Gesetz dem älteren vorgeht und sich deswegen niemand an die 5-%-Kürzung halten muss. Ich frage Sie dann aber: Warum hat der Senat mit dem Haushaltssanierungsgesetz ein Gesetz vorgeschlagen, das in der Wirkung nichts anderes darstellt als einen unverbindlichen Programmsatz, an den sich niemand halten muss? Ist es nicht politisch fast schon hinterhältig, ein Gesetz zu machen, das man einmal anwendet, einmal nicht? Wenn man mit den betroffenen Zuwendungsempfänger redet, zieht man sich auf das Gesetz zurück und sagt: Tut uns Leid, wir können nicht anders, es steht so im Gesetz. Und wenn es gerade einmal wieder an anderer Stelle nicht passt, sagt man: Ja, aber wir brauchen uns nicht daran zu halten. – Halten Sie das für eine angemessene politische Vorgehensweise?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Weinschütz! Meine Damen und Herren! Das Haushaltssanierungsgesetz enthält eine ganze Reihe von gesetzlichen Bestimmungen, die Absenkung der Zuwendungen ist nur eine. In der Tat hat sich in der Praxis der Haushaltsaufstellung der letzten Monate gezeigt, dass dieser eindeutige Wille, dem sich auf Vorschlag des Senats das Parlament auch angeschlossen hat,
dazu geführt hat, dass wir eine ganze Reihe von Kürzungen haben durchsetzen können, so dass wir insgesamt mit dem Haushaltssanierungsgesetz und dem hierdurch erreichten Erfolg auch zufrieden sind.
Nun hat Frau Abgeordnete Richter-Kotowski von der Fraktion der CDU das Wort zu einer Mündlichen Anfrage über
1. Treffen die Meldungen des Magazins „Focus“ zur Einschätzung und Finanzierung des Verbandes Jungdemokraten/Junge Linke zu, und teilt der Senat die Auffassung von Herrn Senator Böger zu diesem Vorgang?
2. Ist der Senat mit mir einer Auffassung, dass die staatliche Finanzierung einer vom Bundesamt für Verfassungsschutz eingestuften extremistischen Gruppe rechtsstaatliche Grundsätze verletzt und ein fatales Signal für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung bedeutet?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Richter-Kotowski! Meine Damen und Herren! Sie beziehen sich in Ihrer ersten Frage auf einen Artikel in einem Wochenmagazin. Da ich dort wörtlich zitiert bin, und das den Eindruck erwecken mag, als hätte mich das Magazin dazu befragt, liegt mir daran festzuhalten: Das ist nicht der Fall.
Ansonsten muss ich darauf aufmerksam machen, dass diesem Artikel in der Wochenzeitschrift ein Schriftwechsel mit dem Bund der Steuerzahler vorausging. An diesem Schriftwechsel war auch die Senatsverwaltung für Inneres beteiligt, insofern gehe ich davon aus, dass der Senat die Auffassung meiner Verwaltung teilt, dass die Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Zu 2: Es geht hier nicht um Auffassungen, sondern um Entscheidungen im Rahmen der Rechtsordnung. Es trifft zu, dass der Bundesverband der Jungdemokraten/Junge Linke neben der PDS und anderen im Bericht der Bundesregierung zum Bundesamt für Verfassungsschutz Erwähnung findet. Der Verfassungsschutzbericht des Landes Berlin macht keine Aussagen zum Landesverband der Jungdemokraten/Junge Linke. Wir haben die Senatsverwaltung für Inneres beteiligt, und uns wurde mitgeteilt, dass sich dieser Verband zwar teilweise am Marxismus orientiere – Wenn ich mir die Wertung erlauben darf: Das ist rechtlich absolut zulässig, das sagt überhaupt nichts. –,
er aber diffuse Forderungen vertrete – ob ich das „diffus“ hier übernehme, stelle ich in Frage – wie die Demokratisierung aller Lebensbereiche. Frau Abgeordnete Richter-Kotowski, mir fällt da meine Studentenzeit ein, es könnte sein, dass ich da einmal ein Flugblatt unterschrieben habe über die Demokratisierung aller Lebensbereiche. [Heiterkeit bei der SPD – Landowsky (CDU): Haben Sie dafür Subventionen gekriegt?]