Protocol of the Session on October 12, 2000

Wenn Sie mir den bescheidenen Hinweis erlauben – Sie waren ja auch einmal in dieser Profession tätig, ich auch eine Zeitlang, jetzt ist das ja verwehrt –, ich darf sagen, ich habe in meiner langjährigen Unterrichtspraxis Rundschreiben nicht immerfort vor meinen Augen gehabt, und ich glaube, ich war trotzdem ganz gut.

Vielen Dank Herr Senator Böger! – Wenn es weitere Zusatzfragen gibt, bitte ich Sie, jetzt zu drücken. Alle vorher gedrückten Fragen sind inzwischen gelöscht, Sie kennen das Spiel. Wer eine zusätzliche Frage hat, möchte sich jetzt bitte drücken. – Herr Mutlu!

Herr Senator! Ich bin anderer Meinung, was das Rundschreiben betrifft, vor allem hinsichtlich der Interpretationsweise, die Sie hier vorgenommen haben. Das Rundschreiben ist in den Schulen entsprechend angekommen.

Ich möchte Sie fragen: Welche Schulangebote werden Sie demnächst noch kürzen, damit Sie ihr Ziel erreichen, den Unterrichtsausfall unter ein Prozent zu senken; was wird mit der Qualität der Berliner Schule, wenn Sie sich nur nach diesem einen Prozent richten?

Herr Senator Böger!

Ich glaube, Herr Kollege Mutlu, Sie haben das Rundschreiben überhaupt nicht gelesen, sonst könnten Sie nicht eine solche wirklich unsinnige Frage stellen. Dieses Rundschreiben legt darauf Wert, dass Unterricht und das, was auf dem Lehrplan steht, tatsächlich in den Schulen geleistet wird. Ich kann gar nicht begreifen, wie ein Bildungspolitiker dagegen sein kann. Dieses Rundschreiben sagt darüber hinaus, dass der Pflichtunterricht zu erteilen ist und danach erst andere Angelegenheiten kommen. Das ist eine pure Selbstverständlichkeit, insofern teile ich nicht die in ihrer Frage enthaltene Unterstellung. Ich empfehle Ihnen wirklich, studieren Sie, gerade Sie, dieses Rundschreiben sorgfältig.

Vielen Dank Herr Senator Böger. Jetzt hat Frau Neumann eine Nachfrage!

Herr Senator Böger! Ich frage Sie, ob Sie in der Folge – Sie haben angedeutet, dass Sie das Gespräch weiter fortentwickeln wollen – bei diesem etwas Verwirrung stiftenden Rundschreiben zwei Dinge klarstellen werden: zum einen, dass Sie es begrüßen, wünschen und erwarten,

dass Klassenfahrten stattfinden, und zum anderen, dass in Gesprächen geklärt wird, dass man in der Gesamtkonferenz und in Rückkopplung mit der Schulleitung Ausfall minimieren kann, auch bei der Planung von Klassenfahrten.

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Neumann! Das Anregen ist bereits geschehen. Der Leiter des Landesschulamtes – es ist ja auch die Aufgabe des Landesschulamtes, Rundschreiben zu verfassen – hat dies schon getan und in einem zweiten Schreiben genau die von Ihnen geschilderte Intention dargebracht, nämlich einerseits, ich wiederhole mich, dass Klassenfahrten eine notwendige, sinnvolle und von der Schul- und Bildungspolitik gewollte Veranstaltung sind, und andererseits, dass wir nach wie vor um das organisatorische Bemühen bitten, den Unterrichtsausfall wegen dieser Klassenfahrten oder anderer außerunterrichtlichen sinnvollen Veranstaltungen zu verringern und ihn möglichst gering zu halten. Genau das hat er getan.

Vielen Dank Herr Senator Böger! – Weitere Zusatzfragen sind nicht möglich.

Wir kommen dann zur Frage des Abgeordneten Kleineidam von der Fraktion der SPD, und wir möchten die Frage 2 mit der Frage 4 verbinden, weil sie beide den gleichen Inhalt haben. Ich bitte beide Fragesteller, Herrn Kleineidam von der Fraktion der SPD und Herrn Volk von der Fraktion der Grünen, nacheinander Ihre Fragen zu stellen.

Wenn ich es richtig sehe, ist Schulsenator Böger erneut der Adressat. Ich befürchte, der Kollege Böger muss heute bei der Fragestunde Schwerstarbeit leisten.

Ich rufe zunächst auf die Frage über

Werbeplakate in Schulen

Herr Kleineidam, Sie haben das Wort!

Ich frage den Senat:

1. Treffen Pressemeldungen zu, nach denen das Landesschulamt die „Bezirks-Battle“-Kampagne eines Sportartikelherstellers in der Weise unterstützt hat, dass Ende August 2000 die Berliner Schulen zum Aufhängen der Werbeplakate des Sportartikelherstellers aufgefordert wurden?

2. Passt es nach Ansicht des Senats zum Erziehungsauftrag der Schule, Kinder und Jugendliche mit martialischen Werbeplakaten und Sprüchen wie „Kämpft um die Vorherrschaft in euren Käfigen“, „Wir gegen den Rest“ oder „Es gibt keine Regeln“ anzusprechen?

Vielen Dank! – Damit in Verbindung steht die Frage über

Landesschulamt – Partner bei Werbeslogan von Nike?

Herr Volk, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Warum tritt das Landesschulamt als Partner der jüngsten stadtweiten Werbekampagne von Nike – „Bezirks-Battle in den Käfigen von Berlin“ – auf, und welche Motive werden damit verfolgt?

2. Wie beurteilt der Senat diese Werbekampagne, bei der mittels Slogans wie: „Wir: Rest“ oder: „Gott vergibt. Ich nicht!“ zu Rivalität und Rache aufgefordert wird bzw. auf fragwürdige Weise Ballspiele ohne Regeln populär gemacht werden sollen?

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Danke Herr Volk! Herr Senator Böger hat natürlich jetzt mehr Zeit, er muss zwei Fragen auf einmal beantworten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die beiden Fragen einheitlich, da sie sinngemäß das Gleiche betreffen, wie folgt:

Zu der ersten Fragestellung: Der Senat bestätigt, dass das Landesschulamt zunächst die Kampagne eines Sportartikelherstellers für Fußball-Bolzplatzturniere im Herbst 2000 unterstützte. Da das Landesschulamt bisher mit solchen Angeboten anderer Sportartikelhersteller für die Gestaltung der Freizeit besonders für nichtvereinsgebundene Schülerinnen und Schüler gute Erfahrungen machte, um Kinder und Jugendliche von der Straße zu holen, sagte es seine Unterstützung bei der Kommunikation des Angebotes zu. Zum Zeitpunkt der Zusage war der Charakter der Aktion noch nicht bekannt, außer dem Umstand, dass es um eine Kampagne für Bolzplatzturniere geht, die ich nach wie vor sehr gut finde. Der Sportartikelhersteller teilte nur mit, dass die Maßnahme durch zwei Plakatsendungen begleitet werden sollte.

Das erste Plakat mit dem Text „Wir: Rest“ hat keinen Hinweis auf martialische Inhalte der gesamten Aktivität beinhaltet und wurde vom Landesschulamt an die Schulen versandt. Ich gestatte mir die Bemerkung, wahrscheinlich haben die gar nicht gewusst was es bedeutet „Wir: den Rest“, ich finde es interessant, aber man kann es nicht beurteilen. – Die zweite Anlieferung mit Anmeldekarten und aggressiven Aussagen wurde vom Landesschulamt nicht weitergegeben. Die Kampagne wurde seitens des Landesschulamts Mitte September gestoppt.

In der zweiten Frage ist danach gefragt, ob wir das künftig fortsetzen wollen. Davon kann keine Rede sein. Ich will bei der Gelegenheit aber auch darauf hinweisen, dass wir durchaus die Idee, Sportvereine und sportliche Aktivitäten an die Schulen zu bekommen und dafür auch zu werben, sehr vernünftig finden und darüber hinaus auch die Idee, dass man mit Bolzplatzturnieren junge Leute zum Sport und einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung bringt. Allerdings ist es in der Tat fragwürdig, wenn dies verbunden wird mit zumindest Verbalaggression und verbal aggressiven Plakaten. Wobei wir, Herr Kollege Volk, nicht wissen, wie es jeweils tatsächlich wirkt, das kann ganz unterschiedlich sein. Aber ich glaube, der erste Anschein bewirkt, dass das nicht unbedingt sinnvoll ist.

Vielen Dank, Herr Senator Böger. die erste Nachfrage geht an Herrn Abgeordneten Kleineidam!

Herr Senator! Ich frage Sie ergänzend: Ist dieser Vorfall zum Anlass genommen worden, mit dem Sportartikelhersteller darüber zu sprechen, wie eine adäquate Ansprache von Kindern und Jugendlichen gefunden werden kann, die auf gewaltverherrlichende Darstellungen verzichtet?

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Kleineidam! Nach meiner Kenntnis hat das Landesschulamt lediglich die Verteilung gestoppt. Ich nehme an, dass es das gegenüber dem Sportartikelhersteller begründet hat. Und in dem Kontext, glaube ich, wird auch darauf hingewiesen worden sein, dass man für an sich sinnvolle Aktionen auch eine entsprechend sinnvolle Werbekampagne ansetzen muss und nicht mit solchen verbal aggressiven Positionen, von denen man annehmen könnte, dass sie der eine oder andere nicht als Werbung, sondern als Aufforderung zum Handeln missversteht, und dass das keinen Sinn macht.

Vielen Dank, Herr Böger. – Herr Kleineidam hat keine weitere Nachfrage. – Dann ist Herr Volk mit seiner Nachfrage an der Reihe!

(A) (C)

(B) (D)

Herr Senator! Ich muss da nochmals nachhaken, weil Sie sagten, die Aktion sei quasi vom Landesschulamt aus wieder abgeblasen worden: Wenn einerseits die Bezirke und Schulen angewiesen werden, Flugblätter, Plakate und Informationen zu verteilen, auf denen nicht nur in den Schulen, sondern auch stadtweit zu lesen ist: „Kämpft um die Vorherrschaft in euerem Käfig“, „Verteidigt euer Revier gegen den Rest der Stadt“, dann frage ich Sie angesichts dessen, dass wir das Problem der Fremdenfeindlichkeit und der zunehmenden Gewalt in dieser Stadt haben: Wann und an welcher Stelle hat das Landesschulamt interveniert und hat diese gesamte Aktion, die im Augenblick läuft, zurückgezogen?

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Volk! Ich hatte das bereits gesagt. Die Kampagne wurde seitens des Landesschulamtes Mitte September gestoppt. Nach meinen Informationen hat das Landesschulamt diese Kampagne exakt dann gestoppt, als eben diese Anmeldekarten und Plakate, mit den von Ihnen genannten Text bekannt wurden.

Herr Volk, zur weiteren Nachfrage! Sie haben noch eine.

Herr Senator! Die Plakate hängen im Augenblick immer noch in den Schulen. Das ist das eine. Auf der anderen Seite frage ich Sie: Werden Sie diese gesamte fragwürdige Aktion zum Anlass nehmen, um eindeutig aufzuklären in den Schulleitungen, vor allem aber im Landesschulamt, das die Aufsicht hat, über den Sinn von Fairplay zu informieren und auch zu kontrollieren, wie mit dem Sport gewaltpräventiv umgegangen werden kann und was auf jeden Fall dabei ausgeschlossen werden muss?

Herr Senator!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Volk! Noch einmal: Ich kann nicht überprüfen, welche Plakate im Einzelnen in den rund 1 000 Schulen im Land Berlin hängen. Ich kann nur sagen, das Landesschulamt – das ist meine Auskunft – hat Mitte September diese Aktion gestoppt. Und wenn sie sie gestoppt hat, wird sie auch Mitteilungen an die Schulen gegeben haben. Wenn das in den Schulen angekommen ist, werden diese Plakate sicherlich auch entfernt werden.

Ich glaube nicht, dass ich das Landesschulamt aufklären muss über die positiven Wirkungen, die gerade der Sport in vielfältiger Weise bei der Erziehung zu Persönlichkeiten ausüben kann beim Lernen von Fairplay, sozialem Engagement, gemeinsam zu siegen und auch zu verlieren usw. Das ist dem Landesschulamt, glaube ich, bekannt.

[Frau Oesterheld (Grüne): Im Gegenteil!]

Das Problem ist offensichtlich, dass ein Sportartikelhersteller oder seiner Kreativabteilung oder die von ihm beauftragte Werbeagentur eine an sich sinnvolle Idee, Bolzplatzturniere zu veranstalten und zu unterstützen, mit einer Kampagne verbunden hat. Da teile ich die Auffassung der beiden Abgeordneten, dass diese jedenfalls nicht sehr sinnvoll erscheint,