Protocol of the Session on July 13, 2000

[Doering POS): Da machen Sie lieber gar nichts!]

Untauglich deshalb, weil Ihre Forderung nicht erfüllbar ist. Wir erinnern uns: Rot-Grün beschließt das Staatsangehörigkeitsgesetz im Bundestag. Dort gibt es u. a. einen§ 38 des Staatsangehörigkeitsgesetzes- Gebührentatbestände. Dieser sieht vor: 500 DM Regelgebühr. Eine Abweichung ist möglich -auch dies hat der Bundesgesetzgeber so beschlossen - aus Billigkeitsgründen oder bei einem besonderen öffentlichen Interesse.

[Over (PDS): Ja, genaul]

Besonderes öffentliches Interesse an der Einbürgerung aller ob jung oder alt -oder bestimmter Gruppen kann der Gesetzgeber nicht gemeint haben, sonst hätte er es von vornherein hineingeschrieben. Das hätte eine gewisse Logik gehabt. Dann hätte er sie niedriger angesetzt. hat er aber nicht.

[Zuruf des Abg. Berger (Grüne)]

Bleibt also noch die Billigkeit übrig. Was ist Billigkeit? - Seit Aristoteles - ich weiß jetzt gar nicht, ob der Kollege Lorenz da ist, der normalerweise immer auf historische Anmerkungen Wert legt versteht man darunter die Einzelfallgerechtigkeit, das bedeutet. besondere Umstände eines einzelnen Falles.

[Zuruf des Abg. Weinschütz (Grüne)]

Das passt auch nicht. Sie sagen selber, eine Gruppe von 33 000 potentiellen Antragstellern. Selbst bei wohlwollender Interpretation ist das wohl kein Einzelfall mehr. Es gibt quasi keinen Ansatzpunkt im Gesetz, die Gebühren zu mindern.

Zimmer

(A) Aber auch Ihre Zielrichtung ist falsch. Sie sagen: 500 DM für die Einbürgerung sind zu teuer.- Nun lassen Sie mich einen Vergleich ziehen, der sicherlich wieder zu einem Aufschrei führen wird, aber ein anderes wichtiges Dokument im Leben eines jungen Menschen ist z. B. der Führerschein. Was meinen Sie, wie viele dieser jungen Menschen planen. in Zukunft ihren Führerschein zu machen?

[Zurufe der Abgn. Over (POS) und Mutlu (Grüne)]

Was kostet wohl ein Führerschein heutzutage 2000 DM. 3 000 DM?

[Over (PDS): Für die Fahrschule, aber doch nicht an Prüfungsgebühren! - Weitere Zurufe von links]

Es geht doch darum. was ich zu zahlen bereit bin. Sie wollen die Staatsbürgerschaft zum Discountpreis. Die Purzelpreise in der Werbung haben es Ihnen offensichtlich angetan.

[Beifall bei der CDU]

Meines Erachtens ist es doch eher eine Frage des mangelnden Interesses. Wenn es denn wirklich an den sozialen Verhältnissen liegt. dann gibt es doch die Möglichkeit, eine Gebührenermäßigung aus Billigkeitsgründen zu beantragen. Nun gut, wir sind nicht böswillig.

[Zurufe von der POS]

Wir erläutern Ihnen das gerne noch einmal in den Fachausschüssen. Insofern werden wir uns darüber noch unterhalten. aber ich sage Ihnen gleich: Die CDU-Fraktion wird diesem Antrag mit Sicherheit nicht zustimmen können. - Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU - Over (POS): Na, das haben wir uns gedacht!]

Vielen Dank, Herr Zirnmer, für

Ihren Beitrag, vor allen Dingen für die konsequente Einhaltung

(8) der Zeit!- Für die Fraktion der Grünen hat nun Herr Mutlu das Wort. - Ihre Zeit beginnt!

Mutlu Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich mit meiner Rede anfange. zu Ihnen, Herr Zimmer: Las

sen Sie es sein, Sie können nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

Die Gebühr bei der Beantragung eines Führerscheins beträgt 64 DM und keine 2 000 DM, 3 000 DM. Die fallen an, wenn man Fahrprüfungen machen muss, wenn man Fahrpraxis machen muss usw. Daran verdient der Staat gar nichts. Lassen Sie es sein, das ist ein blöder Vergleich!

[Beifall bei den Grünen und der POS]

Seit über sieben Monaten gibt es nun in der Bundesrepublik

ein neues Staatsbürgerschaftsrecht, ich meine, ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht Wer sich an die hitzige Debatte des letzten Jahres erinnert, wird vielleicht überrascht sein, denn der Untergang des Abendlandes ist ausgeblieben. Stattdessen wer

den Kinder ausländischer Eitern in den Krankenhäusern der

Republik geboren, die mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit haben und von Anfang an zumindest rechtlich gesehen gleichberechtigte Bürger dieses Staates sind und sein werden.

[Beifall der Frau Abg. Martins (Grüne)]

Nichtsdestotrotz war diese Staatsbürgerschaftsreform. die das

Wilhelminische Reichsund Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 abgelöst hat, keine leichte Geburt. Wir erinnern uns sehr gut, in welcher Art und Weise die CDU und die CSU im ganzen Land Unterschriften gegen die Modernisierung des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts gesammelt haben, wie sie mit der Unterschriftensammlung Ressentiments gegen die Menschen, die seit Jahrzehnten in diesem Land leben und arbeiten, geschürt haben und davor nicht zurückschreckten, ausländerfeindliche Behauptungen in die Diskussion einzubringen.

[Na, na! von der CDU -Zurufe von den Grünen]

- So war es, Sie können sagen, was Sie wollen!

[Beifall bei den Grünen und der POS]

Auch wenn diese Reform letztendlich nicht so wurde, wie wir sie (C) wollten- das föderale System hat es leider verhindert-. hat sie dennoch wichtige Veränderungen gebracht, die wir gutheißen. Neben dem lus soliund der erleichterten Einbürgerung, der Herabsetzung der Einbürgerungsfristen sieht das neue Gesetz auch die erleichterte Einbürgerung von Kindern vor, die nach dem 1. Januar 1990 geboren sind und bis zum 31. Dezember 2000

einen Antrag auf Einbürgerung gemäß § 40 des Staatsangehörigkeitsgesetzes stellen. Bis hierhin ist alles schön und gut. Schön und gut ist allerdings nicht die Verwaltungsgebühr in Höhe von 500 DM, die auch bei der Einbürgerung gemäß § 40 Staatsangehörigkeitsgesetz anfällt. Dass die Einbürgerung als ein wichtiger Verwaltungsakt auch einer Verwaltungsgebühr bedarf, zweifeln wir in keiner Weise an. Allerdings muss die zu erhebende Gebühr verhältnismäßig und durch den Verwaltungsaufwand gerechtfertigt sein.

Was passiert bei dieser Einbürgerung gemäß § 40 Staatsan

gehörigkeitsgesetz? Es wird seitens der Einbürgerungsbehörde festgestellt. ob das Kind nach dem 1. Januar 1990 geboren ist, und es wird durch Hinzuziehung der Ausländerakte quasi geprüft, ob ein Elternteil eine Aufenthaltsberechtigung besitzt oder aber seit drei Jahren im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist. Sagen Sie mir bitte - der Herr lnnensenator, der dieser Behörde vorsteht, ist nicht da-, was diese Gebührenhöhe rechtfertigt!

[Beifall des Abg. Sayan (POS)]

Wir sind der Meinung, dass der Verwaltungsaufwand dieser Einbürgerung keinesfalls mit einer Einbürgerung nach§ 8 Staatsangehörigkeitsgesetz oder nach § 85 Ausländergesetz vergleichbar ist.

Nun komme ich zu § 38 : Absatz 2 Satz 4 besagt - das hat Herr Zimmer zitiert -, dass aus Gründen der Billigkeit oder des öffentlichen Interesses davon abgesehen werden kann, und das liegt im Ermessen der Länder. Wir sind der Meinung - und das fordert dieser Antrag und ist in diesem Sinne auch keine Kopie (D) oder der einfache Versuch, auf Grund einer Kleinen Anfrage der Grünen etwas zu tun-, dass hierdie Gründe für die Billigkeit vorliegen. Wir meinen auch, dass in Berlin als Metropole und Hauptstadt der Bundesrepublik ein öffentliches Interesse gegeben ist und dass hier wie in Köln, in Stuttgart und anderswo die Gebühr auf 100 DM reduziert werden soll.

[Beifall bei den Grünen und der POS]

Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen: Stellen Sie

sich vor, eine Familie X aus Jugoslawien, aus der Türkei oder aus einem anderen ehemaligen Anwerberstaat hat drei Kinder und beantragt für alle drei Kinder, die nach dem 1. Januar 1990 geboren sind, eine Einbürgerung gemäß § 40 Staatsangehörigkeitsgesetz! Es fallen folgende Gebühren an: beim ersten Kind 500 DM, beim zweiten Kind 500 DM und beim dritten Kind 500 DM - summasummarum 1 500 DM. -Können Sie sich vorstellen, dass eine Familie überhaupt fähig ist, für diesen Akt so viel zu bezahlen?

Denken Sie bitte an das Ende

Ihrer Redezeit, Herr Abgeordneter!

Mutlu Grüne): Ich meine, das ist auch ein Grund, weshalb

hier in jedem Fall eine Veränderung auf Länderebene vorgenommen werden sollte im Sinne der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben.

[Beifall bei den Grünen und der POS]