Protocol of the Session on June 8, 2000

Mit dem Christopher Street Day soll aber für nichts anderes geworben werden. Und an dieser Stelle, meine Damen und Herren von der CDU, sei Ihnen die vielleicht unterschwellige Sorge genommen: Im Gegensatz zum Kirchentag soll am Christopher Street Day niemand missioniert werden.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Der Christopher Street Day will nur werben für Solidarität, für gesellschaftliche Anerkennung und für die Gleichstellung. Man fordert von uns, und zwar völlig zu Recht, wie wir finden, dass wir Schwule und Lesben in ihrem Streben nach Gleichstellung unterstützen. Ich bitte Sie, unterstützen wir nun gemeinsam den Innensenator, in dem wir ihm die offenbar sehr schwere Last der Verantwortung nehmen, über die Frage zu entscheiden, ob am Christopher Street Day in einigen Bezirken die Regenbogenflagge wehen darf.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Geben wir diese Entscheidung in die bewährten Hände der Bezirke. Beweisen Sie, meine Damen und Herren, dass die weltoffene und tolerante Metropole Berlin bitte nicht nur in bunten Hochglanzbroschüren existiert!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Meine Damen und Herren! Es ist von der antragstellenden Fraktion der PDS die sofortige Abstimmung beantragt worden. Im Ältestenrat wurde jedoch auch die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung beantragt.

[Oh! bei der PDS und den Grünen]

Da gibt es kein Oh!, das ist so. Darüber lasse ich zuerst abstimmen.

Wer den Antrag in den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenstimmen! – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Antrag überwiesen und wird dort behandelt.

[Wieland (Grüne): Dann ist er wieder vorbei! – Unruhe]

Wir kommen zur

lfd. Nr. 28, Drucksache 14/429:

Antrag der Fraktion der Grünen über Mieterinnen und Mieter bei Verkäufen landeseigener Wohnungen absichern

[Unruhe – Glocke des Präsidenten]

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Ruhe, sonst bekommen sie gar nicht mit, worüber Sie abstimmen sollen. – Auf eine Beratung wird verzichtet. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr sowie an den Hauptausschuss. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Überweisung beschlossen.

Die lfd. Nrn. 29 und 30 sind durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 31, Drucksache 14/432:

Antrag der Fraktion der Grünen über Bericht über Chancen und Risiken gentechnischer Forschung in Berlin

Hier hat die antragstellende Fraktion Beratungsvorbehalt gehabt, der ist aufgegeben. Somit haben wir keine Beratung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann haben wir so beschlossen.

Die lfd. Nr. 32 ist durch die Konsensliste erledigt.

Wir sind damit bei der

lfd. Nr. 33:

a) Drucksache 14/434:

Antrag der Fraktion der PDS über Vorlage eines Errichtungsgesetzentwurfs für das Einheitsunternehmen städtischer Krankenhäuser in der Rechtsform der Anstalt öffentlichen Rechts

b) Drucksache 14/435:

Antrag der Fraktion der PDS über Überführung aller städtischen Krankenhäuser sowie des Krankenhauses Moabit und des Max-BürgerZentrums in ein Einheitsunternehmen

Für eine gemeinsame Beratung ist Redezeit vorgesehen gewesen. Es gibt aber nur eine Wortmeldung von der Fraktion der PDS. Das Wort hat Frau Abgeordnete Simon, bitte sehr!

[Czaja (CDU): Die hat ja auch noch nicht gesprochen, die muss noch einmal!]

Ich bin etwas überrascht, dass zu Anträgen, von denen ich denke, dass sie für diese Stadt, die Patentinnen und Patienten sowie die Beschäftigten der Häuser von erheblicher Bedeutung sind, der Redebedarf nicht vorhanden ist.

Nichtsdestotrotz spreche ich jetzt für die PDS-Fraktion zu unseren beiden Anträgen, die für die Struktur der künftigen Krankenhauslandschaft in Berlin von großer Bedeutung sind.

[Zuruf des Abg. Czaja (CDU)]

(A) (C)

(B) (D)

Herr Czaja, Sie können ruhig einmal zuhören, es ist bestimmt ganz gut, wenn Sie im Ausschuss gut vorbereitet sind.

[Niedergesäß (CDU): Keine Reglementierung von Abgeordneten!]

Die PDS-Fraktion stimmt dem entwickelten Konzept, das die Bildung eines Einheitsunternehmens der städtischen Kliniken vorsieht, zu. Nicht einverstanden sind wir allerdings mit der Reduzierung der Beteiligten auf nur neun städtische Krankenhäuser. Es ist höchst befremdlich, wenn das städtische Klinikum Buch und das Krankenhaus Zehlendorf sowie das Max-BürgerZentrum und das Krankenhaus Moabit ausdrücklich in den zwischen Senat, Gewerkschaften und dem Hauptpersonalrat beschlossenen Kooperationsvertrag für einen gemeinsamen Modernisierungs- und Organisationsentwicklungsprozess der Krankenhäuser des Landes Berlin einbezogen, dann aber im Ergebnis der Vertrages ausgeschlossen werden. War ihre Einbeziehung eine Finte, ein Täuschungsmanöver? Sollte ihre Teilnahme nur eine zeitlich begrenzte Befriedung darstellen oder ist der Senat ursprünglich von ihrer Einbeziehung ausgegangen?

Der Senat will mit dem von ihm angestrebten Einheitsunternehmen ein zukunftsfähiges, wirtschaftlich starkes Unternehmen schaffen, das nicht nur Rückgrat der bezirklichen und kommunalen Versorgung sein soll, sondern auch stark gemacht werden soll für den nationalen und internationalen Gesundheitsmarkt. Eine Analyse im Rahmen des VIEW-Projekts ergab, dass die Herausnahme der Leistungsangebote der Klinik Zehlendorf und des Klinikums Buch eine Schwächung des Gesamtunternehmens bedeuten würde. Außerdem würde man sich mit einer solchen Ausgrenzung starke Konkurrenten schaffen, sowie auf die besonderen Angebots- sowie Versorgungsprofile dieser Kliniken verzichten, die doch gerade für den Wettbewerbsvorteil von herausragender Bedeutung wären.

Vergleichbares lässt sich zur Zeit auch für die am VIEW-Projekt beteiligten Häuser Krankenhaus Moabit und Max- BürgerZentrum sagen, deren Mitarbeit vom Senat im Kooperationsvertrag ausdrücklich begrüsst wurde. Beide sind auf Grund einer auf Jahre entwickelten Vernetzung mit teilstationären, ambulanten und komplementären Einrichtungen auf dem Weg zu dem vom Senat gewollten Netzwerk Gesundheit weit voran gekommen. Sie bieten zudem mit einem international renommierten Tumorzentrum, einer auf Naturkundebasis arbeitenden Abteilung und einem geronto-psychiatrischen Verbund Profile, die dem Einheitsunternehmen enorme Attraktivität verleihen können. Bei dem vom Senat vorgenommenem Ausschluss dieser vier Einrichtungen stellt sich die Frage, ob er wirklich ein attraktives, modernes Krankenhausunternehmen will.

Mit unserem Antrag fordern wir zur Realisierung und Absicherung des von den Koalitionsparteien angestrebten wettbewerbsfähigen Unternehmens die Einbeziehung von Buch, Zehlendorf, Moabit und des Max-Bürger-Zentrums.

Mit unserem Antrag zur Vorlage eines Errichtungsgesetzentwurfs für eine Anstalt öffentlichen Rechts wollen wir sicherstellen, dass über Zweck, Ziel und Inhalt der beiden Rechtsformen GmbH und Anstalt öffentlichen Rechts gleichermaßen diskutiert werden kann, bevor das Parlament seine Entscheidung trifft. Warum? – Die Arbeitsergebnisse von VIEW machen deutlich, dass die vom Auftraggeber verfolgten Ziele der eigenen Rechtsfähigkeit, des politikfernen Managements und der sachgerechten Kompetenzverteilung von beiden Rechtsformen gleichermaßen erfüllt werden könnten. Wenn sich jetzt die Senatorin und Koalitionspartner im Senat dennoch auf die GmbH festgelegt haben, muss es dafür einen besonderen, zusätzlichen Beweggrund geben. Diesen zu erraten, ist nicht schwierig. Mit der Entscheidung für die private Rechtsform einer GmbH macht der Senat deutlich, wohin die Reise gehen soll. Er beherzigt hier die Empfehlung von VIEW, dass die GmbH-Rechtsform zu bevorzugen sei, wenn man mittelfristig die materielle Privatisierung, also den allmählichen Rückzug des Senats als öffentlichen Träger, durchsetzen will.

Unsere Fraktion hat das dringende Interesse und den Anspruch, die vom VIEW-Projekt als gleichermaßen in Frage kommenden Rechtsformen in ihren Errichtungsgesetzentwürfen

diskutieren und bewerten zu können, zumal wir sowie Bündnis 90/Die Grünen im Gegensatz zu den Koalitionsfraktionen von der Mitarbeit und Beratung im VIEW-Projekt ausgeschlossen blieben. Es ist kein Geheimnis, dass die PDS-Fraktion die Anstalt öffentlichen Rechts als Rechtsform für die städtischen Kliniken favorisiert. Dieses haben wir bereits zum Ende der letzten Legislaturperiode mit einem entsprechenden Antrag deutlich gemacht.

Frau Abgeordnete! Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. Die mit der jetzt bei Annahme unseres Antrags eröffnete Möglichkeit, im Für und Wider die zwei in Frage kommenden Rechtsformen zu überprüfen, gibt die Gelegenheit, die vom Senat abgelehnte Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts noch einmal gemeinsam kritisch hier im Parlament zu überdenken. – Danke!

[Beifall bei der PDS]

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung beider Anträge in den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Migration. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann haben wir die Überweisung so beschlossen.

Wir sind damit bei

lfd. Nr. 33 A, Drucksache 14/443: