Ich eröffne die Aussprache. Als Vorsitzender des Ausschusses für Haushaltskontrolle spricht Herr Abgeordneter Dr. Zeschmann. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Wehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Die Finanzlage des Landes ist kritisch - so sagt es bereits der Jahres
bericht des Landesrechnungshofs 2022, den wir hier zu behandeln haben. Noch immer sind die Auswirkungen der Coronajahre zu spüren. Zusätzlich resultieren aus den Energiepreisexplosionen seit Herbst 2021 und dem sich verschärfenden Krieg in der Ukraine enorme Belastungen für den Haushalt des Landes. Das wissen wir alle.
Den kommenden politischen Herausforderungen kann sich jedoch nur derjenige wirksam entgegenstellen, der Wege findet, sie auch finanziell zu meistern. Daher kann ich nicht oft genug betonen, wie wertvoll und wichtig die Arbeit des Landesrechnungshofs und des Ausschusses für Haushaltskontrolle ist. Die Kontrolle der Mittelbewirtschaftung ist ein wichtiges Instrument, um beständig einen sparsamen und sachgerechten Umgang mit den Steuergeldern unserer Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen.
Gerade in Krisenzeiten ist es noch wichtiger als sonst, mit klarem, nüchternen Blick darauf zu schauen, welche Ausgaben wirklich erforderlich sind, vor allem, ob die Mittelverwendung zielführend war und wie sie optimiert werden kann. Dabei geht es in dem gesamten Prozess der Haushaltskontrolle vorrangig darum, konstruktive Lösungen zu erarbeiten, damit in Zukunft achtsamer mit unseren knappen Haushaltsmitteln umgegangen wird. Diese Absicht spiegelt sich auch in den vorliegenden Beschlüssen des Haushaltskontrollausschusses zu den 21 Beiträgen des Jahresberichts wider.
Lassen Sie mich nun kurz zum Haushaltsvollzug des Jahres 2020, zur Haushaltslage 2021 und zu den im Bericht des Landesrechnungshofes aufgeführten besonderen Prüfungsergebnissen und den hierzu im Ausschuss für Haushaltskontrolle geführten Beratungen berichten.
Ende November 2022 stellte der Landesrechnungshof seinen Jahresbericht vor. Bereits im Januar haben wir aus unserer Ausschussmitte die Berichterstatter zu den einzelnen Beiträgen gewählt. Diese haben sich in den darauffolgenden Monaten ans Werk gemacht und in Besprechungen und Abstimmungen Beschlussvorschläge erarbeitet.
Dabei befassten wir uns immer wieder mit einer breiten Palette des Verwaltungshandelns in Ministerien und weiteren Landesbehörden. Die Beratungen des diesjährigen Berichts erforderten erneut ein tiefes Eindringen in unterschiedlichste Materien der Landesverwaltung.
Das Motto der Pressemitteilung bei der Veröffentlichung des Jahresberichts 2022 lautete: „Haushalte(n) im Krisenmodus“, lesbar also als „Haushalten im Krisenmodus“ oder als „Haushalte im Krisenmodus“. Dieses Motto war gut gewählt, denn wir halten Rückschau auf das Wirken der Ressorts in den Coronajahren und sehen mit Sorge, dass die Haushaltslage zusehends in den Krisenmodus gerät.
Aus der Haushaltsrechnung 2020 ist als einzelnes Ergebnis hervorzuheben, dass nach Auffassung des Landesrechnungshofs die notlagenbedingte Nettokreditaufnahme zur Bekämpfung der Folgen der Coronakrise um 95,5 Millionen Euro zu hoch erfolgte, in der Höhe also nicht erforderlich war.
Zur Haushaltslage war dann unter anderem festzustellen, dass kreditfinanziert eine Reserve zur Deckung coronabedingter Ausgaben in Höhe von 500 Millionen Euro gebildet wurde, die nicht mit konkreten Maßnahmen hinterlegt war. Der Kreditaufnahme fehlte es sowohl an der Erforderlichkeit als auch an der notlagenspezifischen Veranlassung - so der Landesrechnungshof.
Trotz der unerwartet guten Konjunkturerholung nach der Coronazeit aufgrund eines erneuten massiven Anstiegs der Ausgaben stieg das strukturelle Defizit allerdings bereits 2021 auf über 730 Millionen Euro.
Daneben befasste sich der Ausschuss für Haushaltskontrolle vor allem mit den zehn besonderen Prüfungsergebnissen in den geprüften sieben Ministerien. Der Rechnungshof hatte vorausschauend die unzureichende Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes untersucht, die in unseren Sitzungen der letzten Wochen und Monate tagesaktuell immer wieder eine Rolle gespielt hat.
Weitere Themen, die das Ministerium des Innern und für Kommunales betrafen, waren die belastenden Arbeitsbedingungen des Einsatz- und Lagezentrums der Polizei und ein lockerer Umgang mit Dienstvorschriften im Polizeiärztlichen Dienst.
Transparenz, Effizienz und die Verwendung von Fördermitteln untersuchte der Landesrechnungshof gleich in fünf Ressorts - in den Bereichen Sportförderung, Kulturförderung, Ladesäulenförderung für Elektrofahrzeuge, Investitionsförderung für die Landwirtschaft sowie in Bezug auf die Umsetzung des Ziels der Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr - und förderte zum Teil erhebliche Mängel zutage.
Ein weiteres Thema war die Kostenexplosion bei den mehr als zehn Jahre andauernden Planungen für den Bau des Gebäudes der Polizeidirektion in Cottbus.
Die Veranlagung von Einkommensteuerfällen im Risikomanagement, die wir letztes Jahr bereits beraten haben, war erneut Gegenstand der Untersuchung des Landesrechnungshofes.
Obwohl in den abschließenden Ausschussberatungen erwartungsgemäß zu einzelnen Beiträgen Kontroversen über die aus dem Bericht des Landesrechnungshofs zu ziehenden Schlussfolgerungen entstanden, konnte den meisten Beschlussvorschlägen im Ausschuss erneut einstimmig zugestimmt werden - auf 16 Seiten Beschlussempfehlung. Die liegen Ihnen vor, Sie haben sie sicherlich zur Kenntnis genommen. Details zu den einzelnen Beiträgen werde ich jetzt nicht referieren - das werden sicherlich die nachfolgenden Rednerinnen und Redner der Fraktionen tun.
Ich möchte dem Präsidenten des Rechnungshofs, Herrn Weiser, sowie den weiteren Mitgliedern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesrechnungshofs für die ausgezeichnete Arbeit danken, die sie geleistet haben.
Gleichfalls danke ich allen Regierungsvertreterinnen und -vertretern für die mehr oder weniger konstruktive Zusammenarbeit mit dem Landesrechnungshof.
Im Ergebnis liegt Ihnen heute zur Abstimmung eine Beschlussempfehlung über zahlreiche Feststellungen, einzuleitende Maßnahmen und Umsetzungstermine vor. Sofern Sie dieser Empfehlung folgen, wird sich der Ausschuss in den kommenden Monaten wieder zusammensetzen, um zu kontrollieren, ob die Beschlüsse von den Ressorts tatsächlich umgesetzt werden. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Als Nächster spricht zu uns der Präsident des Landesrechnungshofs, Herr Weiser. Bitte schön.
Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Haushaltskontrollausschuss hat unseren Jahresbericht 2022 am 1. Juni 2023 beraten.
Seit dieser Legislaturperiode - darüber freue ich mich sehr - nimmt auch die Finanzministerin immer an den Ausschusssitzungen teil. Das war zuvor - ich bin immerhin schon über zehn Jahre Präsident des Landesrechnungshofs - nicht der Fall. Das ist eine besondere Ehre. Darüber freue ich mich, Frau Lange.
Ministerin Lange konnte sich daher auch einen unmittelbaren Eindruck von unseren Berichten machen, die nicht direkt mit der Haushaltslage und der Haushaltsrechnung, also den Kernthemen im MdFE, zu tun haben. Auch die haben es manchmal in sich, so zum Beispiel unser Bericht zum Stand des Onlinezugangsgesetzes.
Hier gibt es immer noch unterschiedliche Auffassungen zwischen uns und dem Innenministerium, was die Frage einer zentralen Verantwortung angeht. Das Ressort-Prinzip in allen Ehren - ich hätte Herrn Minister Stübgen jetzt direkt angesprochen; ich kann aber auch Frau Schneider ansprechen, denn das könnte auch die Staatskanzlei übernehmen -: Zwingend erforderlich ist eine gebündelte Steuerung und Koordinierung durch ein Ressort, durch das MIK oder durch die Staatskanzlei. Wie wichtig das ist, hat auch der Landesrechnungshof in Niedersachsen bei seiner Prüfung zum Onlinezugangsgesetzes festgestellt.
Es ist daher nur ein schwacher Trost, dass der Umsetzungsstand auch in vielen anderen Bundesländern, so eben auch in Niedersachsen, suboptimal ist. Unsere Empfehlungen sollte die Landesregierung ernst nehmen, genauso wie sie das - so hat man es vorgestern von dieser Stelle mehrfach gehört - bei der Reform des RBB-Staatsvertrages tun will.
Hier hätten wir uns auch vom Ausschuss etwas mehr Elan in Richtung MIK gewünscht. Das Onlinezugangsgesetz wird uns nämlich noch länger begleiten. Hier ist auch die Finanzministerin wieder gefragt. Sie muss ausreichende Ressourcen für diese in allen Gesellschaftsbereichen wichtige Aufgabe bereitstellen.
Unser Jahresbericht 2022 behandelt das Haushaltsjahr 2020, das ganz im Zeichen der Coronapandemie stand. Seitdem jagt eine Krise die andere, und die Finanzpolitik stand und steht vor Herausforderungen, wie sie zuvor noch nie bewältigt werden mussten. Mit anderen Worten: Krisen sind nicht nur aufwendig, sondern auch teuer. Für die Abmilderung krisenbedingter Notlagen musste viel Geld beschafft werden. In Zeiten der Schuldenbremse ist das nicht mehr so einfach wie früher.
Zur Schuldenbremse und ihrer Auslegung gibt es noch keine ständige und einheitliche Rechtsprechung. Das Bundesverfassungsgericht hat erst vorgestern mündlich über diese Fragen
verhandelt. Unterschiedliche Auffassungen zu den bei einer Neuverschuldung einzuhaltenden verfassungsrechtlichen Grenzen wurden auch im Haushaltskontrollausschuss thematisiert.
Unbestritten ist: Der Gesetzgeber hat in vielen Punkten einen Beurteilungsspielraum. Im Gegenzug muss er dann aber auch transparent und substanziell seine Entscheidungen und insbesondere den Zusammenhang zwischen Krise und kreditfinanzierten Ausgaben begründen. Es geht in der Summe nämlich um Milliarden, und die notwendige Tilgung und Verzinsung der neuen Kredite belasten die Haushalte in der Zukunft massiv.
Auch die steigenden Versorgungsausgaben werden bald einen immer größeren Teil dieser Belastungen ausmachen. Nach dem aktuellen Versorgungsbericht des MdFE werden sich die Versorgungsausgaben von derzeit 450 Millionen Euro jährlich bis 2030 fast verdoppeln. Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange: Die Ausgaben werden in darauffolgenden Jahren auf mindestens 1,2 Milliarden Euro jährlich steigen.
Der Haushaltskontrollausschuss hat daher in seine Beschlussempfehlung für die heutige Debatte eine Aufforderung an das Finanzministerium aufgenommen. Es soll prüfen, welche Alternativen zur Finanzierung der Versorgungsausgaben im laufenden Haushalt bestehen. Die Diskussion im Ausschuss zeigte, dass sich die seit fünf Jahren eingestellten jährlichen Zuführungen an den Versorgungsfonds wegen des in den letzten Monaten massiv gestiegenen Zinsniveaus wieder lohnen könnten. Wir haben als Rechnungshof mehrfach Vorschläge für alternative Vorsorgeformen gemacht. Der Beschluss des Ausschusses könnte jetzt wieder etwas Schwung in die Debatte bringen und das Finanzministerium zu neuen Überlegungen bewegen.
Unsere jährliche Prüfung der Belege führen wir seit vielen Jahren mittels eines mathematisch-wissenschaftlichen Zufallsstichprobenverfahrens durch. Manche Behörden bekommen daher häufiger Besuch von uns als andere. Es zeigt sich: Die Fehlerquote sinkt, je häufiger wir Stellen prüfen. Das belegt: Wenn wir prüfen, verändern und wirken wir, auch wenn es manchmal etwas länger dauert.