Protocol of the Session on June 22, 2023

TOP 13: Verbraucherschutzrechte für die Bürger nach Bürgerlichem Gesetzbuch erhalten - EU-Reparatur-Richtlinie abwenden

Antrag der AfD-Fraktion

Drucksache 7/7880

Das Wort geht an Frau Dr. Oeynhausen für die Fraktion der AfD. Bitte.

(Beifall AfD)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Brandenburger, stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Sie sind zu der Hochzeit Ihres besten Freundes eingeladen, wollen sich richtig in Schale werfen, kaufen sich ein neues Kleid oder einen neuen Anzug, lassen sich das auch etwas kosten - es soll ja gut ausschauen -, und als Sie mit dem frisch Erworbenen nach

Hause kommen, stellen Sie fest: Der Stoff am Reißverschluss ist eingerissen, hat ein Loch.

(Frau Kotré [AfD]: Ärgerlich!)

Bisher wäre es so gelaufen: Sie nehmen das frisch Erworbene, gehen damit zum Händler, und wenn das Kleidungsstück in Ihrer Größe noch da ist, tauscht der Händler das normalerweise einfach um, und wenn es nicht da ist, suchen Sie sich etwas anderes aus oder bekommen Ihr Geld zurückerstattet.

Doch damit, meine Damen und Herren, wird es in Kürze vorbei sein, wenn es nach den Plänen der EU geht,

(Dr. Berndt [AfD]: Nein!)

denn die neue Reparaturrichtlinie sieht etwas ganz anderes vor. Ist der Schaden niedriger als der Neuwert, muss das Produkt repariert werden. Ein Umtausch wäre ohne Weiteres nicht mehr möglich.

(Bretz [CDU]: Ursache dafür ist die Massenmigration! - Ver- einzelt Heiterkeit und Beifall CDU, SPD, B90/GRÜNE und DIE LINKE)

Krass ausgedrückt: Der Anzug oder das Kleid ist erst einmal für ein paar Tage weg, nämlich in der Näherei. Und Sie zahlen dann auch noch einen hohen Neupreis für etwas Repariertes - nicht weil Sie das so wollen, sondern weil Ihnen das EU-Bürokraten vorschreiben,

(Beifall AfD)

die damit auch noch den deutschen Verbraucherschutz aushebeln.

Die geplanten Regeln betreffen alle langlebigen Produkte, das heißt alles, was Sie nicht aufessen oder sofort verbrauchen können. Das heißt, wir reden hier von Autos, Kleidung und allen möglichen Geräten. Bei denen können Sie sich zukünftig nicht mehr sicher sein, etwas Neuwertiges zu bekommen, auch wenn Sie es ausdrücklich wünschen und dafür einen hohen Neupreis bezahlen.

Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch sieht bislang folgende Regelung vor: Jeder Verbraucher, der eine defekte Ware erhält, kann sich bisher entweder für eine Reparatur oder für einen Ersatz entscheiden. Diese Verbraucherschutzregeln sollen jetzt fallen, und zwar zulasten der Bürger und zulasten der Freiheit.

(Bretz [CDU]: Das kann man sich zu dieser Uhrzeit nicht mehr anhören!)

Brüssel gibt mal wieder den Kurs in eine Richtung vor, die wir alle zur Genüge kennen, nämlich: Gängelungen, Einschränkungen und Verbote.

(Beifall AfD - Bretz [CDU]: Zulasten der Freiheit! Mensch! Also!)

Doch es ist noch nicht zu spät, denn dieser Richtlinienvorschlag muss noch durch das EU-Parlament und den EU-Rat. Hier kann

das Land Brandenburg im Interesse seiner Bürger einschreiten, wenn es den Verbraucherschutz ernst nimmt,

(Beifall AfD)

nämlich mit einem Auftrag an die Landesregierung, sich für den Erhalt des Verbraucherschutzes nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch einzusetzen.

Meine Damen und Herren, wir müssen diesen EU-Unsinn stoppen. Wir wollen selbst entscheiden, was wir mit defekten Neuwaren machen. Wir wollen kein EU-Diktat.

(Keller [SPD]: Freiheit!)

Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Für die Koalition spricht der Abgeordnete von Gizycki. Bitte sehr.

(Beifall B90/GRÜNE - Kretschmer [DIE LINKE]: Einmal Ge- währleistungsprinzip erklären! Herr Abg. von Gizycki (B90/GRÜNE) :

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Oeynhausen, glauben Sie das eigentlich selber noch, was Sie hier erzählen?

(Beifall B90/GRÜNE, SPD, CDU und DIE LINKE)

Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission zielt darauf ab, Waren durch Reparatur länger nutzbar zu machen und dabei die Nachhaltigkeit von Produktion und Konsum zu erhöhen. Länger nutzbare Produkte und mehr Nachhaltigkeit - beides ist im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher. Ihre Interessen werden mit der EU-Reparaturrichtlinie gestärkt und eben nicht geschwächt.

(Beifall des Abgeordneten Walter [DIE LINKE])

Was genau steht in dem EU-Vorschlag? Die Richtlinie soll ein europäisches Formular zur Reparaturinformation einführen, sodass man einen Überblick über die wesentlichen Bedingungen der Reparaturdienstleistung bekommt. Hersteller von bestimmten Waren werden verpflichtet, bei einem Mangel statt eines sofortigen Umtauschs eine Reparatur durchzuführen, wenn sie günstiger ist als ein Ersatz. Die Hersteller müssen auch über die Reparaturpflicht informieren. Sie müssen mindestens nationale Online-Plattformen anbieten, auf denen Reparaturbetriebe genannt sind.

Also, auf den ersten Blick mag es vielleicht ein Vorteil sein, wenn zum Beispiel der Staubsauger, der in der Gewährleistungszeit einen Motorschaden hat, komplett ersetzt und nicht nur repariert wird - dann sind auch gleich die Schrammen weg, die sich vielleicht nach einem halben Jahr schon reingefahren haben. Gut,

das mag ein Vorteil sein. Wenn der Staubsauger den Motorschaden aber nach der Garantiezeit hat, muss man den neuen eben selber kaufen, wenn er nicht repariert werden kann.

Die neue EU-Richtlinie hätte also einen Vorteil für die Verbraucherinnen und Verbraucher, deren Gerät nach der Garantiefrist kaputtgeht. Hier empfehle ich der AfD, schon mal über ein Zurückziehen des Antrags nachzudenken.

(Gelächter bei der AfD)

Spätestens, wenn Sie überlegen, welcher der beiden Fälle häufiger vorkommt - dass ein Gerät vor oder nach der Garantiefrist kaputtgeht -, kann ich Ihnen nur noch empfehlen, den Antrag zurückzuziehen, denn er würde den Menschen, die sich einen Staubsauger oder irgendetwas anderes kaufen, tatsächlich mehr schaden als nutzen. Bei dieser Überlegung habe ich den Aspekt der Nachhaltigkeit noch gar nicht betrachtet. Er käme sozusagen noch hinzu.

Brandenburg hat sich im Bundesrat mit anderen Ländern schon dafür eingesetzt, dass die Gewährleistungs- und Verjährungsfristen so gestaltet sind, dass der nachhaltige Erfolg der Reparatur auch während eines ausreichend langen Zeitraums überprüft werden kann und im Falle eines Fehlschlagens Rechte effektiv wahrgenommen werden können. Die Verlängerung der Gewährleistungsfrist für langlebige Güter schafft also Anreize für die Entwicklung und für den Vertrieb langlebiger Produkte.

Verbrauchsgüter von Anfang an mit längeren Lebensdauern auszustatten, ist ressourcenschonend und nachhaltig. Das ist sehr im Sinne von uns Grünen. Die Ex-und-hopp-Mentalität auf Kosten unserer Lebensgrundlage muss endlich ein Ende haben.

Geplante Obsoleszenzen, also Strategien des Konstruierens von Produkten mit begrenzter Lebensdauer, damit der Kunde das Ganze dann durch Neukauf ersetzen muss, sind obszön, wie der Name eigentlich schon sagt.

Die EU-Reparaturrichtlinie nimmt die Hersteller stärker in die Verantwortung und ist ein Beitrag zur Nachhaltigkeit. Das begrüßen wir ausdrücklich. Der Wunsch nach einer besseren Reparaturfreundlichkeit von Waren ist groß. Reparatur-Cafés erfreuen sich auch in Brandenburg höchster Beliebtheit. Deswegen freuen wir uns auf die EU-Reparaturrichtlinie und empfehlen, Ihren Antrag hier abzulehnen. - Danke.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD, CDU und DIE LINKE)

Von Frau Dr. Oeynhausen wurde eine Kurzintervention angemeldet. Bitte sehr.

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege, ich glaube, Sie haben diese EU-Reparaturrichtlinie nicht korrekt gelesen. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich tatsächlich einmal bei den Kollegen beim EU-Parlament angerufen und mich nach dem aktuellen Diskussionsstand erkundigt.

Da wurde mir gesagt, dass Ihre Kollegen von der Grünen-Fraktion ganz besonders radikal sind, um auch noch das letzte Mottenloch im Mantel stopfen zu lassen - das zum Thema Nachhaltigkeit. Was Sie machen, ist tatsächlich eine Schwächung des Verbraucherschutzes.

(Beifall AfD)