Mit der flächendeckenden Implementierung des gesetzlichen Mindestlohns sowie des Brandenburger Vergabemindestlohns von derzeit 13 Euro pro Stunde - übrigens der höchste deutschlandweit; wir haben es schon gehört - sind wesentliche Eckpfeiler bereits gesetzt worden. Die Festlegung der zukünftigen Höhe des Vergabemindestlohns im Land Brandenburg obliegt der brandenburgischen Mindestlohnkommission, der ich vorstehe. Alle mögen Verständnis dafür haben, dass ich mich nicht zu Spekulationen hinreißen lassen möchte - in diesem Jahr wird sie noch einmal zusammenkommen -, ob und, wenn ja, in welcher Höhe es zu einer weiteren Steigerung kommt.
Zur Tariftreue, insbesondere zu deren Verankerung im Brandenburgischen Vergabegesetz, ist schon einiges gesagt worden. Ich will ausdrücklich die Position, die der Abgeordnete Rüter hier vertreten hat, unterstützen. Das ist wirklich ein sehr komplexer Vorgang.
Ich will darauf hinweisen, was im Rahmen der bekannten Modelle geregelt wird und was nicht. Es geht nicht darum, einen konkreten Tarifvertrag vorzuschreiben, sondern nur dessen Kern, der zum Beispiel die Entgelthöhe und einige andere Rahmenbedingungen betrifft, wird in eine Verordnung gegossen. Diese wird dann sozusagen zur Vorgabe gemacht. Es geht also nicht darum, einen gesamten Tarifvertrag zur Basis zu machen, sondern sozusagen dessen Kern wird herausgezogen.
Das ist - jede und jeder kann sich das vor Augen halten - mit einem ziemlich hohen Aufwand verbunden. Jetzt gibt es Leute, die sagen, es sei doch gar kein Problem, weil die Berliner das im Grunde schon für uns gemacht hätten; wir hätten ja ähnliche Tarife. Man muss ehrlich sagen: Das ist nur ein Teil der Wahrheit. Ja, ein Teil der Tarifverträge ist dort erfasst. Aber es gibt keine Meldepflicht für Tarifverträge, das heißt, wenn sich irgendetwas verändert, sind wir auf diese Information angewiesen. Ferner muss ein solches Register permanent gepflegt werden, wozu ein entsprechender Apparat zur Verfügung stehen muss.
Deshalb bin auch ich der Meinung, dass wir eher abwarten sollten - ich weiß, das gefällt nicht allen -, was auf der Bundesebene geregelt wird. Die Hoffnung ist ein Stück weit, dass wir das, was die Kollegen auf Bundesebene sich vornehmen und in Gesetzesform gießen, möglichst eins zu eins bei uns in Brandenburg übernehmen können. Das hätte auch den Vorteil, dass wir zwischen den Bundesländern vielleicht ähnlich geartete Regelungen hätten. Ich weiß, dass die Kollegen in Hamburg - und in Bremen, meine ich - ähnlich denken wie wir. Wir werden sehen, wie sich das entwickelt.
Es kam die Anregung, die Tariftreue auch in die Regelungen zur Fördermittelvergabe einzubauen. Ja, richtig, der Aspekt „gute Arbeit“ muss auch bei der Fördermittelvergabe eine Rolle spielen. Das ist übrigens bereits der Fall. Bei der GRW-Förderung haben wir es so geregelt - übrigens in Absprache mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund; ich selbst habe sie damals vorgenom- men -, dass Beratungen zum Thema „gute Arbeit“ verpflichtend für die Inanspruchnahme der GRW-Förderung sind. Zudem gibt es eine um 5 % höhere Förderung auf den Basissatz, wenn ein Tarifvertrag vorliegt bzw. tarifgleich gezahlt wird.
Seitens der Landesregierung bauen wir zudem auf eine funktionierende Sozialpartnerschaft. Wir stärken diese unter anderem durch unsere vielfältigen Aktivitäten im Rahmen des „Bündnisses für Arbeit“, das einmal im Jahr beim Ministerpräsidenten zusammenkommt und auch durch entsprechende Arbeitsgruppen untersetzt ist.
Ich will exemplarisch auch ein Dialogformat nennen, das direkt bei mir im MWAE angebunden ist und das ich schon mehrfach geleitet habe, den sogenannten Sozialpartner-Dialog. Wir sind übrigens gerade auf der Suche danach, wie wir die Tariftreue jenseits einer Verankerung im Vergabegesetz mit den uns zur Verfügung stehenden Instrumenten weiter voranbringen können. Ich bin nach den jüngsten Runden ganz optimistisch, dass wir das eine oder andere auf den Weg bekommen werden.
Es ergibt sich von selbst, dass wir diesem Antrag so nicht zustimmen würden. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! - Nein, Herr Keller, wir werden den Antrag nicht zurückziehen - völlig überraschend.
Ich will versuchen, auf einige Argumente noch einmal einzugehen. Hier ist wirklich ganz, ganz viel durcheinandergegangen. Ich habe von allen - tatsächlich von allen - Rednerinnen und Rednern gehört: Es ist selbstverständlich, dass wir gute Löhne brauchen, von denen die Menschen gut leben können.
Ich will mich auch an Sie, Herr Dr. Zeschmann, wenden. Ich bin sehr froh, dass wir beide uns nicht im Sandkasten im Kindergarten getroffen haben; denn dort wäre, um es einmal so auszudrücken, einiges geflogen.
Herr Dr. Zeschmann, Sie haben das behauptet, was auch Herr Bommert behauptet hat. Wenn es denn so wäre, wie hier immer erzählt wird - auch Sie, Herr Staatssekretär, haben es leider angedeutet; zumindest habe ich Sie so verstanden -, dass die Löhne automatisch steigen, weil die Handwerkerinnen und Handwerker sonst gar keine Leute mehr fänden, dann frage ich mich: Warum arbeitet dann immer noch jeder dritte Beschäftigte in Brandenburg zu Niedriglöhnen?
Das Problem ist nur, dass der Markt wenig für die Menschen regelt; meistens regelt er erst einmal nur die Profite für wenige. Das zeigt sich immer wieder. Deshalb brauchen wir auch Tarifverträge und die Tarifbindung. Und das ist - entschuldigen Sie bitte - keine Raketenwissenschaft, auch wenn Sie hier versucht haben, eine Nebelkerze nach der anderen ins Plenum zu werfen; von Ihnen war es zum Teil sogar eine Rauchbombe, Herr Staatssekretär - im übertragenen Sinne!
Wenn Sie sagen, wir hätten doch ein Tariftreueregister, dann sage ich: Ja, es ist tatsächlich so; ich habe nachgeschaut. Nach meinen Berechnungen und nach Angaben der DGB-Gewerkschaften sind 98 % - 98 %! - der Tarifverträge, die im Tarifregister des Landes Berlin verzeichnet sind, auch auf Brandenburg anwendbar.
Herr Staatssekretär, glauben Sie im Ernst, dass nicht auch die Gewerkschaften großes Interesse daran hätten, Veränderungen, die sie an einem Tarifvertrag vornehmen, zu melden? Dafür brauchen wir keine Meldepflicht, sondern das ist schon das eigene Interesse von Gewerkschaften.
Deswegen sage ich noch einmal: Es ist wirklich keine Raketenwissenschaft. Selbst die rot-rot-grüne Landesregierung Brandenburgs … Quatsch! - Schön wär’s.
Selbst die ehemalige Landesregierung von Berlin hatte eine Tariftreueregelung eingeführt. Das sollten wir auch hier machen; sonst können Sie sich Ihre Krokodilstränen wirklich sparen. Ich hoffe, dass möglichst viele Menschen dieser Debatte zugehört haben. Sie alle erklären: „Ja, wir brauchen gute Löhne. Aber tun können wir nichts. Wir warten wieder einmal auf den Bund.“
Das hat nichts mit der Wahrnahme von Verantwortung durch eine Landesregierung zu tun, und mehr wollen wir gar nicht.
Kollege Walter, eines ist mir vorhin entgangen. Wir sprechen ja hier von öffentlichen Vergaben. Die Frage, die ich jetzt habe, wollte ich Ihnen schon vorhin stellen. Das Land vergibt ja auch Aufträge, die EU-weit ausgeschrieben werden. Wie wollen Sie es bei europaweiten Ausschreibungen mit der Tariftreue halten? Wird dann das Tariftreuegesetz aus Polen, das aus Spanien oder
das aus Portugal angewendet? Wie wollen Sie das regeln? Soweit ich weiß, ist das in der EU noch nicht geklärt; selbst mit dem Mindestlohn ist es noch schwierig. Ein Unternehmen aus Deutschland, insbesondere ein Mittelständler, hätte ja dann keine Chance.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Kollege Bommert, es wäre dann so, wie es heute schon mit dem Vergabemindestlohn und dem deutschen Mindestlohn ist: Jeder, der hier einen Auftrag von einer öffentlichen Stelle erhält - ob er aus Kuba, aus Rumänien oder aus San Marino kommt; völlig egal -, muss hier den deutschen Mindestlohn zahlen, in Brandenburg den brandenburgischen Vergabemindestlohn. Er muss dann auch den deutschen Tarifvertrag, der in dem entsprechenden Bereich gültig ist, beachten. Oder: Dieser Tarifvertrag wird zur Grundlage genommen; das ist die richtige Formulierung. Punkt! Fertig! Und das weiß jeder. Deswegen kann auch das - Herr Bommert, ich muss Sie enttäuschen - nicht als Ausrede herhalten. Das ist kein Problem. Da können Sie die Prüfung auch an dieser Stelle abschließen.
Ich will zum Ende noch Folgendes sagen: Ich rege mich gar nicht mehr so richtig auf; denn ich kenne Ihre Argumente. Die Grünen sind eigentlich dafür und wollen zusätzlich ökologische Kriterien einfügen, können aber trotzdem nicht zustimmen. Die SPD ist natürlich immer für gute Löhne; das ist völlig klar. Nur setzt sie das Vorhaben nicht um. Und die CDU? Sie hat halt den Koalitionsvertrag und damit die Forderung nach guten Löhnen unterschrieben, meint es aber eigentlich nicht so richtig. Die AfD ist sowieso für Niedriglöhne; das hat sie nachgewiesen.
Herr Drenske, was Sie heute erzählt haben, war wirklich Schmarrn. Es war fachlich nicht nachvollziehbar, zumindest aus meiner Sicht nicht. Und zu Herrn Dr. Zeschmann habe ich schon alles gesagt.
Ich bitte Sie wirklich, Ihre Reden mitzunehmen und damit zu den Menschen zu gehen, die in diesem Land jeden Tag hart arbeiten gehen und am Ende des Monats nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Danach kommen Sie vielleicht mit einer anderen Meinung zurück. Wir jedenfalls werden dieses Thema wieder auf die Tagesordnung setzen. Wir werden jetzt Ihren Job machen und einen Gesetzentwurf dazu erarbeiten. Machen Sie sich keine Sorgen; wir brauchen nicht so lange für die Prüfung. Dann können Sie wenigstens unsere Vorschläge prüfen und werden dann sicherlich - natürlich! - zustimmen. - Vielen herzlichen Dank.
(Beifall AfD - Hünich [AfD]: Sehr gut! - Bretz [CDU] in Rich- tung des Abgeordneten Walter [DIE LINKE]: Sebastian, jetzt pass auf, wie es in der Schweiz ist!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man merkt es wirklich: Bei den Linken war noch niemand selbstständig. Das muss man so deutlich sagen!