Protocol of the Session on June 22, 2023

Oberbürgermeister Kelch hat ja 2018 im Innenausschuss gesagt - das Protokoll liegt Ihnen sicherlich vor bzw. es ist abrufbar -, dass es für Ordnungsbehörden, die auch polizeiliche Aufgaben übernehmen, zurzeit keinerlei Rechtsgrundlage gibt. - Wir wollen, dass die Landräte, die Oberbürgermeister, die Bürgermeister rechtskonform ihre Arbeit machen können; das ist unser Anspruch. Wir wollen letztendlich die Kommunen unterstützen - und nichts anderes.

(Vereinzelt Beifall AfD)

Vielen Dank. - Herr Adler, möchten Sie reagieren?

(Adler [SPD]: Das braucht es nicht!)

Er möchte nicht. - Dann fahren wir in der Rednerliste fort. Frau Abgeordnete Block hat das Wort für die Fraktion DIE LINKE. Bitte schön.

Herr Vizepräsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Bereits vor etwa einem halben Jahr haben wir über einen ähnlichen Antrag der AfD-Fraktion im Plenum beraten. Damals ging es im Rahmen des Oberbürgermeister-Wahlkampfs in Cottbus um eine „Stadtpolizei“ in Cottbus und brandenburgweit. Auch damals setzten Sie zur Begründung Ihres Antrags auf Fake News und behaupteten wahrheitswidrig, Cottbus habe eine hohe Kriminalitätsbelastung und sei die gewalttätigste Stadt im Land Brandenburg. Heute weiten Sie das Ganze noch aus. Wahrheitswidrig - erneut - behaupten Sie, es gebe eine „Terror- und Gefährdungslage“, aber nicht etwa, was vielleicht zutreffend wäre, durch rechtsextreme Kampfgemeinschaften,

(Hohloch [AfD]: Oh!)

Umsturzpläne von „Reichsbürgern“ und Rechtsextremisten, sondern durch Migranten und Klimaaktivisten.

(Hohloch [AfD]: Richtig!)

Herr Adler hat zutreffend ausgeführt, wie man die Kriminalstatistik richtig zu lesen hat; vielleicht sollten Sie das nach den Debatten, die wir hier ja immer wieder führen, auch einmal versuchen.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD)

Heute fordern Sie die Aufstellung einer neben den Ordnungsämtern und der Polizei agierenden und mit Waffengewalt ausgestatteten Hilfspolizei, genannt „Stadtpolizei“, die gegen Migrantinnen und Migranten sowie gegen Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten eingesetzt werden soll; denn nichts anderes ergibt sich aus Ihrer Begründung.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Rahmen der sogenannten Entpolizeilichung in den meisten deutschen Bundesländern, auch in Berlin und Brandenburg, die Gefahrenabwehr, also die eigentliche materielle Polizeiaufgabe, der allgemeinen Verwaltung übertragen. Die mit den Aufgaben der Verwaltungspolizei betrauten Behörden werden seither auch nicht mehr als „Polizei“ bezeichnet, sondern überwiegend als Ordnungsbehörden. Die Polizei ist seitdem aus guten Gründen nur noch für die Gefahrenabwehr in Eilfällen und, als weitere Aufgabe, für die Strafverfolgung zuständig. Dass es diese Entpolizeilichung und Trennung brauchte, lag natürlich daran, dass im Zuge der nationalsozialistischen Machtergreifung im Jahr 1933 auch Recht und Organisation der Polizei einen tiefgreifenden Wandel erlebten. Der exekutive Handlungsspielraum wurde erheblich erweitert. Es kam zu einer Verpolizeilichung von immer mehr Lebensbereichen.

Der nationalsozialistische Zugriff auf die Polizeiorganisation hatte natürlich zum Ziel, ein schlagkräftiges Instrument zur Sicherung der Diktatur zu schaffen. Bereits mit Erlass vom 28. Februar 1933, vier Wochen nach der Machtergreifung, verfügte Göring die Aufnahme von SA- und SS-Mitgliedern als Hilfspolizei in den Polizeidienst.

(Frau Kotré [AfD]: Sie haben eine ganz schöne Fixierung auf den Nationalsozialismus!)

Das zivile Polizeiverständnis der Weimarer Demokratie wurde ebenfalls zurückgenommen und durch ein militärisches ersetzt.

Dieser Zugriff auf die Polizei und die Schaffung von bewaffneten Hilfspolizisten standen ganz am Anfang der Terrorherrschaft der Nationalsozialisten. Wohin das führte, wissen wir alle in diesem Saal.

(Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜNE - Dr. Berndt [AfD]: Ja!)

In diesem Wissen ist auch Ihr Antrag zu bewerten. Dass Sie nun eine Verpolizeilichung der Ordnungsbehörden fordern, quasi die Entpolizeilichung zurücknehmen wollen, ist kein Versehen, kein Zufall, keine Unterstellung und auch nicht, wie mein Kollege Adler gesagt hat, eine „wirre Zusammenstückelung“, sondern es ist von Ihnen bewusst so formuliert worden; es ist von Ihnen gewollt. Die Antragsbegründung und auch die Ausführungen, die wir soeben gehört haben, sprechen eine klare Sprache.

Es geht Ihnen nicht allein um die Umbenennung von Ordnungsämtern in „Stadtpolizei“; das wäre im Grunde nur das, was in anderen Bundesländern erfolgt ist. Ihnen geht es nicht allein darum, dem Kind einen anderen Namen zu geben. Ihnen geht es darum, eine bewaffnete Hilfspolizei zu schaffen. Sie fordern eine Stadtpolizei, in der Hilfspolizeibeamte eingesetzt werden. Diese sollen im Rahmen ihrer Aufgaben die Befugnisse von Polizeivollzugsbeamten haben. Die Anwendung von unmittelbarem Zwang durch Hilfsmittel, körperliche Gewalt und Waffen soll durch Rechtsverordnung oder bereits mit der Bestellung zum Hilfspolizeibeamten ermöglicht werden. Staatliches Gewaltmonopol,

ausreichende Ausbildung, Trennung von Polizei und Ordnungsbehörde - für Sie alles „demokratischer Schnickschnack“.

Was die Ausbildung angeht: Gestern hatten wir die Debatte über Seiteneinsteiger als Lehrerinnen und Lehrer. Ein Bachelor war Ihnen von der AfD nicht ausreichend. Wenn es aber darum geht, Hilfspolizisten mit Waffen auszustatten, fordern Sie nicht ein bisschen Ausbildung; das ist für Sie völlig in Ordnung.

(Starker Beifall DIE LINKE, SPD, CDU, B90/GRÜNE und BVB/FW - Bretz [CDU]: Genau, so ist es!)

Meine Damen und Herren! Wir brauchen keine Hilfspolizei und keine kommunalen Bürgerwehren. Die Ordnungsbehörden und die Polizei in diesem Land machen einen guten Job. Sicherer als heute war es in Brandenburg nie - mit Ausnahme der Zunahme der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten, für die Sie mit Ihrer Rhetorik und Ihrer Arbeit mitverantwortlich sind.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD und B90/GRÜNE - Oh! bei der AfD)

Wenn Sie dieses Land wirklich sicherer machen wollen,

(Hohloch [AfD]: Verbotsverfahren für DIE LINKE!)

dann fangen Sie bei sich selbst und Ihrem Verhalten hier im Parlament an! Wir lehnen den Antrag und das, wofür dieser Antrag steht, ab. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD, CDU und B90/GRÜNE)

Es wurde eine weitere Kurzintervention des Abgeordneten Schieske angemeldet. Bitte schön.

(Beifall AfD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss wirklich sagen, es ist erstaunlich und unverständlich, dass Sie hier immer wieder und immer noch die Nazi-Keule herausholen. Das wirkt nicht mehr. Die Nazi-Keule wirkt einfach nicht mehr!

(Beifall AfD)

Sie haben mir die Nennung „wahrheitswidriger“ Zahlen unterstellt. Ich kann sie Ihnen gern vorlesen - sie stammen aus einer BKA-Statistik -: Im Jahr 2014 hatten wir 314 Gewaltstraftaten in Cottbus. In 232 Fällen waren es deutsche Tatverdächtige, in 16 Fällen waren es nichtdeutsche. Im Jahr 2019 hatten wir 355 Gewaltstraftaten; in 225 Fällen waren es deutsche und in 111 Fällen nichtdeutsche Tatverdächtige.

(Frau Kotré [AfD]: Eine Schande ist das!)

Was sagen uns denn diese Zahlen?

(Hohloch [AfD]: Dass die Rechten schuld sind!)

Dazu muss man die Bevölkerungsanteile nebeneinanderlegen: Wir hatten 2014 einen Ausländeranteil von ca. 5 %. Damals passte das Verhältnis ungefähr noch zum Anteil an ausländischen Tatverdächtigen, Frau Block - das ist Mathematik. Aber im Jahr 2019 hatten wir 8,9 %, also knapp 9 % Ausländeranteil, während 32 % der Straftaten von Ausländern verübt wurden.

(Frau Kotré [AfD]: Hört, hört!)

Deswegen war meine Behauptung nicht wahrheitswidrig, sondern einfach nur eine Beschreibung der realen Lage.

(Beifall AfD)

Des Weiteren: Die Terrorgefahr ist da.

(Beifall des Abgeordneten Hohloch [AfD] sowie Zuruf: Rich- tig!)

Wir haben Klimakleber. Wir haben irgendwelche Menschen

(Widerspruch von der Fraktion DIE LINKE)

- es sind offensichtlich auch Leute von den Grünen dabei -, die in den Tagebau einbrechen, die Kumpel dort bedrohen und Tagebaustrecken lahmlegen, sodass die Kohle nicht mehr transportiert werden kann.

(Beifall AfD)

Es sind Leute, die kritische Infrastruktur - ich erinnere bloß an Schwedt und Jänschwalde - außer Kraft setzen. Das sind Terrorakte gegen den deutschen Staat.

(Beifall AfD)

Deswegen muss man hier ganz klar von einer Terrorgefahr von linken und grünen Angreifern sprechen und braucht nicht von irgendwelchen Nazis zu fabulieren.

(Beifall AfD - Bretz [CDU]: Was? - Hohloch [AfD]: Die ma- chen den Staat verächtlich!)