Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur späten Stunde noch etwas ohne Corona, ein reiner Sachantrag. Ich hoffe, Sie können mir trotzdem noch folgen.
Tierwohlgerechte Schlachtung fördern, mobile und dezentrale Schlachtverfahren umsetzen, so lautet der Titel. Die Erfahrung der letzten Jahre hat uns auf allen Ebenen gezeigt, wie empfindlich zentralistisch ausgerichtete Systeme auf globale Marktschwankungen reagieren. Tönnies hat bewiesen, wie ein ganzer Industriezweig reagiert. Das stellt uns heute vor große Herausforderungen, insbesondere auch weil die Politik und die Verwaltung immer neue Hürden für die Fleischverarbeitung aufgetürmt haben. Ich erinnere nur an die letzten Änderungen im Hausschlachtverfahren.
Aber zurück zum Thema: Aus einst drei Schlachthöfen im Süden Brandenburgs wurde zum Beispiel ein neuer, hochmoderner in Kasel-Golzig. Dieser ist inzwischen ebenfalls der Marktbereinigung zum Opfer gefallen - ein Trend, den Sie bundesweit verfolgen können. Tiere werden Hunderte Kilometer und stundenlang
durchs gesamte Bundesgebiet gekarrt. Ein wirklicher Wettbewerb findet nicht mehr statt, weil einige wenige Betreiber - gerade bei größeren Viehbeständen - die Preise diktieren, marktbestimmend den Bauern Konditionen und Lieferbedingungen aufzwingen. Leidtragende sind wie immer die kleinbäuerlichen Betriebe, die Bedingungen auferlegt bekommen, die sich immer mehr als Daumenschrauben für ihren wirtschaftlichen Fortbestand erweisen.
Deshalb ist es an der Politik, zu handeln und diese Marktungleichheit abzumildern. Ein Hebel hierzu ist die Stärkung der regionalen Wertschöpfungsketten. Das Verbraucherverhalten fordert dazu geradezu auf. Ich zitiere:
„Gemeinsames Ziel der Koalitionsparteien ist der Ausbau der regionalen Produktion und Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte. Hierzu werden wir mit qualifizierten Organisationen ein zweistufiges EU-notifiziertes Qualitätssiegel für regionale Produkte erarbeiten.“
So heißt es im Koalitionsvertrag. Ferner soll „ein eigenes Förderprogramm zum Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten - bevorzugt auf der Grundlage der Förderinstrumentarien der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) -“ entwickelt werden.
Wie aber soll diese Regionalität funktionieren, wenn unsere Tiere erst außer Landes gebracht werden, um dann landesweit zurück in die Verarbeitungen zu gelangen, wobei niemand garantieren kann, dass sie auch zurückkommen? Hier sollen sie auch noch Standards eines Regionalsiegels und Frische suggerieren - Mogelpackungen, die schon das Vertrauen in das Bio-Siegel zerstört haben. Wir sind es den Menschen aber schuldig, die Versorgungssicherheit auch abseits der großen globalen Warenströme zu erhalten. Wir müssen weg von den zentralen Großschlachtungen, hin zu dezentralen Lösungen, die auf den ersten Blick vielleicht etwas teurer sind, dafür aber Flexibilität, Sicherheit und regionale Wertschöpfung garantieren. Bereits Anfang September gab es dazu im Wirtschaftsausschuss einen Außentermin zu einem Fachgespräch mit möglichen Interessenten.
Die Vorteile von regionaler und auch mobiler Schlachtung, für die ich heute werben möchte, liegen auf der Hand. Erstens: Sie erfüllt tierwohlgerechte Standards, weil sie den Tieren unnötiges Leid und weite Transportstrecken erspart sowie Stress vermeidet. Zweitens: Sie bringt Wertschöpfung in die ländliche Region, fördert den Wettbewerb, weil sie den Tierhaltern Alternativen und Chancen eröffnet, ihre Tiere zu besseren Preisen zu schlachten, Brandenburger Tiere auch in Brandenburg zu vermarkten und damit Regionalität zu schaffen. Drittens: Mobile und regionale Schlachtung erhält zudem die landwirtschaftliche Vielfalt, weil insbesondere kleine Mastbetriebe ohne eigene Schlachtung ortsnah regionale Kreisläufe aufbauen können. Viertens: Zu guter Letzt ist sie weniger anfällig für Tierseuchen, weil sie dezentral ausgerichtet ist und zudem die Möglichkeit eröffnet, gesunde Tierbestände innerhalb von Sicherheitszonen zu schlachten, die anderenfalls gekeult werden müssten.
Diese Gründe sollten allen einleuchten, die keine monatlichen Schecks von Tönnies & Co erhalten, meine Damen und Herren - man kann nämlich nie wissen, wie viele Politiker in beratender Funktion für die Fleischverarbeitungsgroßindustrie am heutigen Tag unter uns weilen. Alle anderen sollten sich davon überzeugen lassen, heute gemeinsam einen politischen Impuls zu setzen, um dezentrale, regionale Schlachtung zu fördern und damit verbundene regulatorische Hürden aus dem Weg zu schaffen.
Das Know-how und für die Umsetzung notwendige personelle Ressourcen stehen bereit. Das Land Brandenburg sollte aber durch einen Abbau der Hürden und die Initiierung eines Pilotprojektes dabei helfen, Zweifel bei Landwirten und Investoren auszuräumen, und der dezentralen Schlachtung zum Durchbruch verhelfen.
Einige Bundesländer sind hier schon Vorreiter und besitzen - unter Beteiligung - landeseigene Schlachtstätten, die auch Lohnschlachtungen anbieten. Mögliche Standorte wie Eberswalde, Brandenburg oder Kasel-Golzig könnten Brandenburg komplett ortsnah abdecken. Das ist sicher kein Projekt, das sich kurzfristig umsetzen lässt, aber eines, das perspektivisch möglich und auch notwendig ist.
Schneller ginge es mit mobilen Schlachtstätten, die bereits am Markt sind, aber seit Jahren an den Zulassungshürden und -regularien scheitern. Das Land kann hier wertvolle Schützenhilfe leisten, indem es gemeinsam mit den Kommunen sowie ausgewählten Pilotpartnern und regionalen Schlachtbetrieben ein Leuchtturmprojekt initiiert. Ein günstiger Nebeneffekt wäre neben der Förderung einer neuen Technologie auch die Möglichkeit der Seuchenprävention; denn die ASP-Sicherheitszonen stellen viele Landwirte und Mäster vor kaum lösbare Probleme. Mobile Schlachteinheiten, vor Ort eingesetzt, sichern die artgerechte Tötung, Schlachtung und Beschau. Ein Transport von Tieren über Kreis- und Landesgrenzen wird vermieden, der andernfalls zum Totalverlust führen würde.
Hierzu schlagen wir vor, dass das Land zwei mobile Schlachteinheiten kauft und diese mit landesweiter Betriebserlaubnis betreibt, verpachtet oder von Experten betreiben lässt, die dieser Aufgabe gewachsen sind. Damit hätte man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Zum einen könnten Landwirtschafts- und Verarbeitungsbetriebe ohne größere Investitionen neue Vermarktungswege erschließen und kurzfristig vor Ort eine Lohnschlachtung durchführen. Im Seuchenfall könnten Transporte aus der Sicherheitszone vermieden werden - ein nicht zu unterschätzender Vorteil einer Technologie, die hauptsächlich durch rechtliche Rahmenbedingungen behindert wird, insbesondere auf EU- und Bundesebene. Brandenburg könnte die Tür öffnen, um dort mehr Verständnis für Neuerungen mit regionalem Charakter zu erwirken - eine Sache, die ein Unternehmer nicht aus eigener Kraft leisten kann.
Ich möchte mit meiner Rede dort enden, wo ich begonnen habe: Die Regionalität ist der wichtigste Baustein einer Politik, die sich ihrer globalen Verantwortung stellt. Wir sollten deshalb alles daransetzen, die Versorgungssicherheit so gut es geht zu stärken; denn, meine Damen und Herren, in einer zunehmend unsicher gewordenen Welt behält ein Zitat von Bismarck bis heute seine Berechtigung: „Im Verfall der Landwirtschaft sehe ich eine der größten Gefahren für unseren staatlichen Verband.“ Deshalb müssen wir alles daransetzen, um unsere Ernährungsgrundlagen auch für künftige Generationen sicherzustellen; denn es ist nicht absehbar, mit welchen Herausforderungen wir in Zukunft noch zu kämpfen haben. Sicher ist nur eines: dass neue Bewährungsproben vor der Tür stehen, und da ist man besser dezentral und flexibel aufgestellt. Ich freue mich auf Ihre Diskussion. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich stelle fest, dass ich seit geraumer Zeit das erste Mal wieder nach 19 Uhr in diesem Hohen Hause reden darf, und frage mich, warum. Ich habe doch wirklich was zu sagen! - Das kann ich so auch vom Kollegen Senftleben übermitteln, für den ich die anschließenden Worte mit vortragen darf.
Es ist gut - das betone ich -, dass sich der Brandenburger Landtag einem Thema widmet, das ich persönlich für die große Blackbox der modernen und arbeitsteiligen Gesellschaft halte. Unser Blick auf die Nutztiere und die tierischen Lebensmittel reduziert sich allzu oft auf die Tierhaltung auf der einen und die Fleischtheke im Supermarkt, das Burger-Bistro, den Dönerladen, das Wurstbrot oder einfach nur den Sonntagsbraten auf der anderen Seite. Was zwischen Stall und Teller passiert, findet in unserer Wahrnehmung im Grunde nicht statt. In Sachen Schlachtung gäbe es daher sicherlich vieles, was wir zu bereden hätten. Heute führen wir zumindest eine kleine Strukturdebatte.
Grundsätzlich gilt: Schlachtstätten im eigenen Land zu haben ist das Beste, um die Transportwege der Tiere kurz zu halten. Darin besteht fraktionsübergreifend Einigkeit. Quer durch die Parteien ist derzeit ein Ruf nach mobilen und/oder teilmobilen Schlachtstätten zu vernehmen. Der Begriff Weideschlachtung ist aus meiner Sicht synonym.
Ich versuche einmal, das Anliegen einzuordnen. Wir zählen in Brandenburg etwa 4 000 Betriebe mit rund einer halben Million Rindern. Für diese wiederum gibt es nur 140 in Brandenburg zugelassene Schlachtstätten, die eine Schlachtkapazität für gerade einmal 33 000 Rinder im Jahr haben. Die Ableitung daraus ist: Die vorhandenen Schlachtkapazitäten liegen schon heute weit unter dem Potenzial, das wir mit den vorhandenen Tierbeständen eigentlich hätten. Somit komme ich zu dem vorläufigen Schluss, dass die derzeitige Diskussion um Weideschlachtungen eine gewisse Übergewichtung hat. Das Gebot der Stunde ist definitiv nicht die Einzeltierschlachtung. Was wir im Land tatsächlich brauchen, sind Schlachtstätten. Wenn es nach mir ginge, dürften es nur gläserne Schlachtstätten sein, die über nennenswerte Kapazitäten verfügen.
Derzeit betreiben Bundesrat und Bundesregierung einen intensiven Austausch zu den Möglichkeiten der Weideschlachtung. Das ist EU-rechtlich durchaus kompliziert, weil auch bei diesem Thema schnell ein europäischer Flickenteppich droht, weshalb Brüssel derzeit eher bremst. Da das Land Brandenburg und der Freistaat Bayern in Sachen Weideschlachtung aber gerade Hand in Hand vorangehen, ist Bewegung in die Sache gekommen, und wir dürfen alle auf die Ergebnisse gespannt sein.
Da ich das Privileg habe, für die SPD zum Thema zu sprechen, möchte ich einen sehr wichtigen Aspekt hinzufügen, nämlich die Lohngerechtigkeit. Wenn wir über die Stärkung eines Wirtschaftsbereiches reden, müssen wir zumindest halbwegs ein Bild davon haben, ob die eingesetzte menschliche Arbeitskraft auch eine Chance auf angemessene Entlohnung hat, auch dann, wenn wir über freie Unternehmen und freie Unternehmer reden. Bekannt ist, dass Weideschlachtungen besonders arbeitsintensiv sind und das erzeugte Fleisch trotzdem auf einem sehr gut versorgten Markt untergebracht werden muss. Fleisch aus Weideschlachtungen muss also sehr hochpreisig vermarktet und an die Frau und den Mann gebracht werden, und zwar mit noch höheren Preisen als bei allen Bio- und Regionallabels. Für diesen Markt fehlt mir im Moment die Fantasie. Deswegen kann ich dem Antrag heute nicht zustimmen. - Danke fürs Zuhören.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, hier im Haus besteht große Einigkeit darüber, dass haltungsnahe mobile Schlachtungen eine sehr gute Sache sind und ausgeweitet werden sollten. Dazu sind sowohl in den Ausschusssitzungen als auch hier schon viele Argumente genannt worden: vom Tierschutz über die Qualitätsverbesserung des Fleisches bis hin zur Steigerung der regionalen Wertschöpfung. Die Ereignisse der letzten Wochen, was sowohl Corona als auch die Afrikanische Schweinepest betrifft, haben gezeigt, wohin die Abhängigkeit der Tierhaltungsbetriebe von wenigen zentralisierten Schlachtbetrieben führt. Dass die regionalen Schlachtkapazitäten in den 90er-Jahren abgebaut wurden, war eine katastrophale Fehlentwicklung. Jetzt muss mühsam daran gearbeitet werden, dies wieder zu verändern. Im Ziele sind sich alle Fraktionen weitestgehend einig. Trotzdem habe ich mich über den vorliegenden Antrag der AfD etwas gewundert und den Kopf geschüttelt, denn er enthält einige Unsinnigkeiten.
Wir haben uns ja in letzter Zeit mehrfach mit dem Thema auseinandergesetzt, sei es durch Anfragen oder Ausschussbefassungen - zuletzt im August im ALUK auf Antrag meiner Fraktion. Dabei ist deutlich geworden, dass die rechtlichen Hürden das Haupthindernis für mobile Schlachtungen sind, denn sie sind EU- und bundesrechtlich derzeit nur bei einzelnen, ganzjährig im Freiland gehaltenen Rindern erlaubt.
Deshalb müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert werden. Der Bundesrat hat dazu im Juni einen guten Beschluss gefasst, mit der Zustimmung Brandenburgs - Johannes Funke hat es eben schon gesagt. Jetzt ist also die Bundesregierung am Zug.
Wenn sich die Antragstellerin intensiv mit der Materie beschäftigen würde, wäre ihr die Antwort der Landesregierung auf meine diesbezügliche Anfrage bekannt. Vorher können sicherlich hier und da Beispielprojekte gestartet werden, aber eine durchgreifende Verbesserung wird schwierig.
Nun zu Ihrem Antrag. Erstens: Sie fordern die Prüfung von Vereinfachungsmöglichkeiten durch die Erstellung von Leitlinien einer guten fachlichen Praxis, wie Sie es nennen. Da Sie sich direkt auf die EU-Richtlinie beziehen, meinen Sie offenbar die dort vorgesehenen Leitfäden für bewährte Verfahrensweisen. Diese zu erstellen ist laut EU-Richtlinie vornehmlich Sache der Unternehmensorganisationen. Tatsächlich hat der Verband der Fleischwirtschaft 2014 entsprechende Leitfäden für die Schlachtung von Rindern und Schweinen erlassen. Diese müssten allerdings um das Thema mobile Schlachtung ergänzt werden. Es ist aber schwer vorstellbar, wie eine Landesregierung hier tätig werden soll, zumal so etwas ja wohl bundeseinheitlich angegangen werden müsste.
Zweitens: Sie wollen den Auftrag erteilen, kooperative Pilotprojekte durchzuführen. An sich ist das eine sinnvolle Sache, aber soll das Land das wirklich selbst machen? Letztlich ist das doch nur auf dem Wege der Förderung machbar und auch das nur, wenn es, wie gesagt, die rechtlichen Vorgaben ermöglichen. Minister Vogel hat im Ausschuss berichtet, dass mit dieser Einschränkung bereits jetzt Fördermöglichkeiten bestehen, die ausgeweitet werden sollen.
Drittens wollen Sie, dass das Land selbst zwei mobile Schlachteinheiten anschafft, um - so wörtlich im Antrag formuliert - „im Zuge der Afrikanischen Schweinepest die Kapazitäten der Notschlachtung zu erhöhen und Totalverluste bei den Schweinehaltern zu vermeiden“. Wie stellen Sie sich das eigentlich vor? Zunächst einmal verwechseln Sie wohl die Begriffe. Notschlachtung betrifft einzelne verletzte Tiere. Wenn - hoffen wir, dass es nicht dazu kommt - in einem Betrieb die Afrikanische Schweinepest auftritt, müssen laut Schweinepestverordnung dort alle Tiere getötet werden. Das ist aber keine Schlachtung. Wie wollen Sie da durch zwei mobile Schlachteinrichtungen einen Totalverlust verhindern? Oder meinen Sie, dass mobile Schlachteinrichtungen einspringen sollen, wenn Schlachthöfe die Annahme von Tieren verweigern? Mobile Schlachteinrichtungen werden immer nur für eine geringe Anzahl von Tieren geeignet sein. Sie sind gut für Betriebe mit wenigen Tieren, die ihr Fleisch regional vermarkten wollen, werden aber in einem solchen Fall keine Hilfe darstellen. Viele dezentrale, auch mobile Schlachtmöglichkeiten wären ein wichtiger Beitrag, um die Abhängigkeit von Großschlachthöfen zu vermindern. Zwei Einrichtungen in öffentlicher Hand sind aber weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein und bringen gar nichts.
Also, im Ziel, mobile Schlachtungen zu fördern, sind wir uns einig. Ihr Antrag liefert dazu aber keinen sinnvollen Beitrag. - Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Senftleben hat seine Gedanken schon in den Beitrag des Abgeordneten Funke einfließen lassen, sodass wir nun zum Beitrag der Abgeordneten Wernicke für die Fraktion BVB / FREIE WÄHLER kommen.
Jetzt bin ich etwas überrascht. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren von der AfD, ich verstehe das Problem, aber ich verstehe den Antrag nicht. Vielleicht liegt es daran, dass dies ein Thema ist, dem ich mich noch nie richtig gewidmet habe.
Aus Kindertagen weiß ich, welch großen Stellenwert eine Schlachtung auf dem Hof hatte. Das Quieken der Schweine habe ich noch heute in den Ohren; das zum Ausbluten aufgehängte Schwein sehe ich auch noch vor dem Schuppen hängen. Bei den vielen darauffolgenden Arbeiten durften wir Kinder nicht dazwischen umherlaufen und verschwanden daher lieber im Dorf. Danach wurde es lecker: Gehacktes, Wurstsuppe und Topfsoße wurden gekocht und gekostet. Die Würste verschwanden im Rauch, und gutes Essen für den Winter war gesichert.
Keine Schweinetransporte quer durch Europa, kein Steak aus Argentinien kam auf den Tisch, und die Gans, die auf dem Dorfteich schwamm, musste sich mit keiner französischen Mastgans vergleichen. Es gab einfach gutes Fleisch aus der Nähe - ein regionaler Kreislauf, der heute wiederentdeckt wird.
Nach der EU-Hygiene-Verordnung 853/2004 müssen Tiere lebend in einen EU-zugelassenen Schlachthof verbracht werden. Gleichwohl lässt eine andere EU-Verordnung als Betäubungsverfahren den Schuss aus einer Feuerwaffe zu, was wiederum voraussetzt, dass außerhalb der Schlachtanlage betäubt wird.
Bisher gibt es Ausnahmen, unter anderem für einzelne Rinder aus ganzjährig extensiver Haltung - unter der Auflage, dass Vorrichtungen zum hygienisch einwandfreien Entbluten vorhanden sind und ein Transport des entbluteten Tieres zur nächstgelegenen zugelassenen Schlachtstätte innerhalb von 60 Minuten erfolgt. Ein amtlicher Tierarzt muss bei der Schlachtung und beim Entbluten anwesend sein.
Bei einer Schlachtung auf der Weide - da stimmen wir sicher alle überein - hätten die Tiere deutlich weniger Stress. Der Transport und das damit verbundene Verletzungsrisiko entfallen, das Fleisch hat durch die geringere Adrenalinausschüttung eine bessere Qualität, und das Tier verbleibt im Herdenverband. Mit einem Kugelschuss auf der Weide in einem separat abgeteilten und gesicherten Bereich oder einem Bolzenschuss im Haltungsbetrieb von Tieren, die nicht ganzjährig im Freien gehalten werden, könnten die Tiere stressfreier und so schonend wie möglich geschlachtet werden.
Mobile Schlachteinheiten sind durch das EU-Hygiene- und Tierschutzrecht gedeckt. Natürlich müssen die Hygieneregeln eingehalten werden, und die Nachweise der fachlichen Qualifizierung der schlachtenden Personen, wie Sachkundenachweise nach dem Waffengesetz, dem Tierschutzgesetz und der TierschutzSchlachtverordnung, müssen erbracht werden. Schwierig wird es dann mit der tierschutzrechtlichen Einwilligung der zuständigen Kreisordnungsbehörden und mit der waffenrechtlichen Genehmigung durch das Polizeipräsidium. Vielerorts begrenzen die spürbaren Bedenken und Unsicherheiten seitens der Zulassungs- und Kontrollbehörden die Möglichkeiten des Einsatzes mobiler Schlachtsysteme.
Leider ist der vorliegende Antrag einfach zu unkonkret. Ich frage mich: Welche konkreten Hürden bei der Beantragung mobiler Schlachteinheiten soll die Landesregierung anpassen, damit was bestmöglich aus dem Weg geräumt wird? Ich frage mich: Welche konkreten verwaltungstechnischen Optimierungen werden gefordert? Ich frage mich auch, warum die Landesregierung eine Prüfung der Möglichkeiten zur Schaffung von mehr Flexibilität durch eventuelle Aufhebung welcher bestehenden Zulassungsgrenzen vornehmen soll.
Die handwerkliche Schlachtung und Verarbeitung von Tieren ging in den letzten Jahren immer weiter zurück. An ihre Stelle rückten zentralisierte Großschlachthöfe mit industrieller Arbeitsteilung, die Supermärkte und Discounter mit günstigem Fleisch beliefern. Mit mobilen Schlachteinheiten können Tierhalter die Tiere bis zum Tod verantwortungsvoll betreuen, ihre Wertschöpfung optimieren und dem geänderten Verbraucherbewusstsein Rechnung tragen. Rechtlich ist dies schon jetzt möglich. Was fehlt, ist anscheinend das Vertrauen seitens der Zulassungs- und Kontrollbehörden. Dieses Antrags bedarf es daher nicht. Wir werden ihn ablehnen. - Vielen Dank.
Danke schön. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Raschke. - Ich konnte von hier oben genau sehen, wie Veganer und Vegetarier gerade gelitten haben.
Frau Präsidentin, vielen Dank! Liebe Abgeordnete! Wir haben schon gehört, die AfD beantragt, die dezentrale, mobile Schlachtung umzusetzen. Und es wird Sie nicht verwundern: Auch für uns ist klar, dass das Anliegen nicht verkehrt ist; das System der zentralen Megaschlachthöfe hat sich selbst völlig deklassiert. Was vorgeschlagen wird, ist in der Sache natürlich eine Verbesserung für den Tierschutz; damit wird das Leid auf Tiertransporten reduziert - dazu aber morgen mehr anlässlich unseres Antrags. Schade, dass Sie keine verbundene Debatte wünschten, wir hätten das zusammenlegen können.
- Dass damit auch die Lage der Mitarbeitenden in den Schlachthöfen verbessert wird, ist spätestens seit den heutigen Razzien in vielen Bundesländern klar. Das Thema Lohngerechtigkeit wurde schon angesprochen.
Hinzu kommt der ökonomische Aspekt: Kleinere Schlachthöfe - manchmal auch mobile Schlachtung - und eine regionale Vermarktung führen dazu, dass die Betriebe, die beteiligt sind, oft mehr Erlös, mehr Geld haben. Das können sie in eine bessere Haltung stecken. Das tun sie auch oft, wie ich weiß.
Alles in allem zeigt das: Es käme durch kleinere Schlachthöfe, dezentrale und mobile Schlachtung zu einer Verbesserung. Nur leider trägt dieser Antrag auch aus bündnisgrüner Sicht nichts, aber wirklich nichts dazu bei.