Protocol of the Session on June 18, 2024

„Passend“ heißt vor allem, dass die Hilfe zu Hause ankommt. Die meisten Menschen wollen so lange, wie es irgendwie geht, selbstbestimmt, in den eigenen vier Wänden, leben und alt werden, nicht aber im Pflegeheim. Nirgendwo in Deutschland gelingt das so gut wie bei uns. Mit 86,9 % aller Fälle sind wir bundesweit absolute Spitze.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD)

Ein guter Moment, um Danke zu sagen: an den Landespflegeausschuss, an die Krankenkassen, an die kommunalen Spitzenverbände, an alle Abgeordneten, die daran mitgewirkt haben, an das gesamte Team im Gesundheitsministerium, vorneweg unsere grüne Ministerin Ursula Nonnemacher, die so leidenschaftlich für dieses Projekt gekämpft hat. Und: Danke vor allem an jede einzelne Pflegekraft in diesem Land! Danke für euren Einsatz jeden Tag!

(Beifall B90/GRÜNE)

Der Pakt für Pflege ist ein großer, gemeinsamer Erfolg. Also alles gut? Nein. Gerade eben hat SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wieder einmal festgestellt, dass die Kosten völlig aus dem Ruder laufen und der Bedarf steigt.

Mal im Ernst: Wen hat das überrascht? Aber daraus müssen doch Konsequenzen gezogen werden. Anderenfalls, das heißt, wenn es so weitergeht, wird Pflege unbezahlbar.

Wir hier haben unseren Beitrag geleistet; jetzt muss der Bund seine Hausaufgaben machen. Im Koalitionsvertrag der Ampel ist eine grundlegende Pflegereform verankert - hart erkämpft! Wo bleibt diese Reform? Wo bleibt das Mitspracherecht der Kommunen in Sachen Pflege?

Und vor allem, werte Abgeordnete, kann es doch nicht sein, dass immer noch nicht alle Menschen in eine gemeinsame Pflegeversicherung einzahlen, dass sich die Reichen immer noch diesem Solidarsystem entziehen. Wenn wir bezahlbare Pflege wollen, werte Abgeordnete, braucht es auch die solidarische Bürgerversicherung für alle!

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Danke, nein. - Aber auch in Brandenburg haben wir noch eine große Aufgabe vor uns. Der Pakt für Pflege ist ein erfolgreiches, aber freiwilliges Programm. Geld gibt es dafür nur bis Jahresende; dann ist Schluss. Das darf nicht sein!

(Frau Bessin [AfD]: Sie sind in der Bundesregierung!)

Was Ursula Nonnemacher und ihr Team in diesen fünf Jahren aufgebaut haben, was wir alle aufgebaut haben, muss eine Daueraufgabe werden.

(Beifall B90/GRÜNE)

Diese 20 Millionen Euro müssen in den Haushalt eingestellt werden, und zwar dauerhaft. Der Pakt für Pflege muss dauerhaft im Landespflegegeldgesetz verankert werden. Dafür - versprochen! - werden wir Grüne uns und werden sich viele andere hier im Haus mit aller Kraft einsetzen.

(Beifall B90/GRÜNE sowie der Abgeordneten Hilde- brandt [SPD])

Werte Abgeordnete, ich lade Sie ein: Lassen Sie uns das gemeinsam anpacken! - Ich freue mich auf Ihre Redebeiträge. Sagen auch Sie Ja zum Pakt für Pflege in Brandenburg - dauerhaft! - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE sowie der Abgeordneten Hilde- brandt [SPD])

Danke schön. - Meine Damen und Herren, diejenigen Abgeordneten, die nicht wieder kandidieren, halten heute ihre letzte Rede im Landtag Brandenburg. Wir haben vereinbart, dass es möglich ist, ein paar Abschiedsworte zu äußern, keine Abschiedsrede - das wäre zu dick -, aber ein paar Worte. Damit beginnt heute Frau Abgeordnete Barthel für die Fraktion der AfD. Bitte schön.

(Zuruf von der AfD: Wir haben getauscht!)

- Sie haben getauscht? Das konnte ich nicht wissen.

Sie merken sich bitte meine Rede; sie kommt später nicht noch einmal. Ich erwähne das nur.

(Heiterkeit - Keller [SPD]: Frau Oeynhausen kann auch ihre Abschiedsrede halten!)

Bitte schön, Frau Dr. Oeynhausen.

(Beifall AfD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Brandenburger! Wer morgens aufsteht, zur Arbeit geht, sein Leben lang Steuern und Sozialabgaben zahlt, der darf im Alter nicht vergessen werden!

(Beifall AfD)

Doch die Realität sieht anders aus. 185 000 Brandenburger sind aktuell pflegebedürftig, und es werden von Jahr zu Jahr mehr. Die meisten von ihnen werden zu Hause gepflegt - von Angehörigen, von Pflegediensten. Aber etwa jeder Achte lebt in einem Heim, und das wird richtig teuer. Dafür fallen pro Monat Tausende Euro Selbstbeteiligung an; momentan sind es im Durchschnitt 2 260 Euro im Land Brandenburg. Das ist eine Menge Geld!

Damit wird Pflege in Brandenburg zum Luxus. Der Pakt für Pflege ist deswegen kein grünes Prestigeprojekt - nein, er ist wichtig für die Zukunft unseres Landes. Deswegen ist er auch durchaus parteiübergreifend konsensfähig. Das heißt aber nicht - definitiv nicht -, dass er nicht verbessert werden müsste.

(Beifall AfD - Keller [SPD]: Das ist ja fast ein Lob!)

Es geht heute um die Sorge Nummer eins der Brandenburger - das ergab kürzlich eine INSA-Umfrage -, nämlich um den Pflegenotstand. Diese Sorge ist berechtigt. Ich erinnere Sie an den Vorfall in einer Berliner Pflegeeinrichtung, als in der Nacht Polizei und Feuerwehr ausrücken mussten, weil zu jener Zeit nicht mehr genügend qualifiziertes Personal vorhanden war.

(Scheetz [SPD]: Ich denke, wir haben keinen Fachkräfte- mangel!?)

Das verursachte natürlich mächtig Schlagzeilen, weil damit der Pflegenotstand ganz offensichtlich zutage trat.

Seit Jahren hören wir von den Verantwortlichen von Rot, Grün, CDU, Links Sonntagsreden, aber Lösungen lassen auf sich warten. Dreh- und Angelpunkt des Problems ist der Mangel an Menschen, die in der Pflege arbeiten wollen. Die Landesregierung hat aber nichts Besseres zu tun, als den Fachkräftemangel sogar noch zu verschärfen.

Das gilt auch für den Pakt für Pflege. 100 zusätzliche Stellen wurden für diesen Pakt in den Kommunen geschaffen - Fachkräfte, die an anderer Stelle fehlen.

(Lachen des Abgeordneten von Gizycki [B90/GRÜNE])

Der öffentliche Dienst wächst und wächst. Er plustert sich auf und entzieht dem Arbeitsmarkt dringend benötigtes Personal. Das muss aufhören!

(Beifall AfD)

Obwohl der Stellenaufwuchs durchaus gut gemeint war, müssen wir darauf achten, dass es kein Beratungsunwesen gibt. Beratung muss qualitativ hochwertig und schlank organisiert sein.

Weiterer Grund für den Fachkräftemangel: Das rot-grüne Bürgergeld macht Arbeit vor allen Dingen für Hilfskräfte unattraktiv, insbesondere für solche mit Kindern. Wenn Wohnung, Heizkosten und Lebensunterhalt vom Amt bezahlt werden, lohnt es sich für viele nicht, arbeiten zu gehen. Das sieht man ganz besonders an den ukrainischen Flüchtlingen bei uns im Land.

(Kretschmer [Die Linke]: Das ist doch Quatsch! - Dr. Berndt [AfD]: Es ist eine Tatsache! Mit Fakten haben Sie es nicht so!)

Nur 17 % haben einen Job - nach über zwei Jahren. 17 %!

(Zuruf des Abgeordneten Scheetz [SPD])

Der Großteil bezieht noch immer Bürgergeld. Das sieht im europäischen Ausland ganz anders aus. Dänemark: 80 % Erwerbsbeteiligung, Polen: zwei Drittel. Viele von denen arbeiten auch in der Pflege. - Hier läuft doch gewaltig was schief!

(Beifall AfD)

Arbeiten zu gehen, ist doch nicht zu viel verlangt, von niemandem, auch nicht von den derzeit über 4 Millionen erwerbsfähigen Bürgergeldempfängern in Deutschland.

(Beifall AfD)

Viel verlangt ist es dagegen von pflegenden Angehörigen, wenn sie sich um Oma, Opa, Mama und Papa kümmern sollen und nebenbei regulär arbeiten gehen, um mit ihren Steuern und Sozialabgaben diejenigen zu finanzieren, die es sich in der sozialen Hängematte bequem machen. Diese Politik der Zumutungen für die arbeitende Bevölkerung muss aufhören!

(Beifall AfD - Zuruf: Ihre Rede ist eine Zumutung! - Zuruf des Abgeordneten Keller [SPD])

Meine Damen und Herren! Der Pflegeberuf muss attraktiver werden. Ja, es gibt schwierige Bedingungen. Wenn Sie sich aber mit Pflegekräften unterhalten, dann sagen die vor allen Dingen eines: Jedes Jahr kommt ein Formular nach dem nächsten hinzu, und die Bürokratie erstickt uns. - Aber weder diese Landesregierung noch der Bund gehen das Problem des Bürokratiemonstrums an.

Ich nenne Ihnen ein Bespiel: das E-Rezept. Es sollte eigentlich Entlastung bringen. Aber das E-Rezept führt zu noch mehr Umständen. Deswegen fordern wir von der Alternative für Deutschland: Jede Neuerung im System muss zuerst darauf hin untersucht werden, ob sie tatsächlich Entlastung bringt.