Es muss also definiert werden: Wohin wollen wir? Welche Ziele wollen wir erreichen? Wo sind gesetzliche Regelungen und planerische Vorgaben möglich, und wo gilt es, Anreize zu schaffen? Die Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu, und das Versäumte kann nicht in wenigen Monaten - auch nicht mit dem Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen - auf geholt werden. Auch über den Antrag wäre noch inhaltlich zu sprechen, aber vielleicht arbeiten die Fachkräfte in der Verwal tung schon einmal vor …
… - ich komme zu meinem letzten Satz -, denn das Thema wird uns in der kommenden Legislaturperiode garantiert wieder beschäftigen. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete Schade für die AfD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kollegen! Liebe Gäste! Die vorliegende Große Anfrage verfolgt die Intention, Fehl entwicklungen bei der Inanspruchnahme von Flächen in Bran denburg zu erkennen und aufzudecken. Aber nicht nur das: Sie enthält auch die Hoffnung, dass die Landesregierung, um die Nachhaltigkeitsziele für das Jahr 2030 und möglichst auch für das Jahr 2020 zu erreichen, ihre Entscheidung auf eine ver besserte Datenbasis stützt, um künftige Fehlentwicklungen zu vermeiden.
Schauen wir in die Antwort der Landesregierung, so sehe ich diese Hoffnung schon auf den ersten Seiten getrübt. Das Umweltbundesamt hat einen Maßstab zur Vermeidung von Fehlentwicklungen erarbeitet. Der Großen Anfrage ist zu ent nehmen, dass als Ziel für Brandenburg eine Flächeninan spruchnahme von maximal 1,3 Hektar pro Tag im Zeitraum 2017 bis 2020 ausgewiesen sein soll. 2010 - zur Information - waren es noch 4,8 Hektar pro Tag.
In der Antwort der Landesregierung auf die Frage, ob sie sich zu dem Nachhaltigkeitsziel bekennt, den Flächenverbrauch auf 1,3 Hektar pro Tag zu reduzieren, stellt sie fest, dass das Ziel zur Begrenzung des Flächenverbrauchs bis zum Jahr 2020 nicht besteht. Mit Zielen und ihrem Erreichen hat die Landes regierung ja schon seit Jahren ihre Probleme, das wissen wir.
Der Leser der Großen Anfrage erfährt aber auch, dass der Be griff Flächenverbrauch nicht definiert ist und Angaben zur Ver siegelung im Rahmen der Flächenerhebung vom Land nicht
erfasst werden. Auch der Aussagewert der Zahlenvergleiche in der Antwort der Landesregierung auf die Fragen zur Entwick lung des Flächenverbrauchs von 2008 bis 2017 hat erhebliche Mängel. Wenn Flächenverbrauch und Versiegelung nicht defi niert sind und auch nicht erfasst werden, stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage wir mit diesen Begriffen im politischen Raum argumentieren und wie unter Verwendung dieser Zahl der Flächenverbrauch bewertet und beeinflusst werden soll. Auch ist ein direkter Vergleich der Zahlen für die Siedlungs- und Verkehrsflächen sowie andere Arten der Nutzung in den Jahren 2008 bis 2017 nicht möglich. Wie aber wollen wir dann in Zukunft Tendenzen feststellen und sie für die Zukunft rich tig bewerten und anpassen?
Interessant sind auch die teilweise unbefriedigenden Antwor ten der Landesregierung zum Flächenverbrauch infolge von Infrastrukturprojekten in Natur und Landschaft. Für die unter schiedliche Inanspruchnahme von Flächen, zum Beispiel Windeignungsgebiete, Photovoltaikanlagen, Wildnisflächen oder Flächen für den Hochwasserschutz, benötigen wir als Agrarland ein homogenes, flächendeckendes Zahlenwerk, das es uns erlaubt, Entwicklungen zielgerichtet und vorausschau end zu lenken.
In der Antwort der Landesregierung wird auch nicht betrachtet, in welchem Umfang land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen zur Umsetzung von Infrastrukturprojekten und damit im Zu sammenhang stehende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden. Auch kann der Bedarf an Kompensationsflächen für die Projekte des Bundesverkehrswegeplanes und des Straßen bedarfsplanes durch die Landesregierung nicht angegeben werden. Eine allgemeine Statistik zur vorgesehenen Flächen versiegelung liegt nicht vor. Somit haben wir auch keine Aussage zur Größenordnung für gegebenenfalls zur Verfügung zu stellende Kompensationsflächen.
Die Fragen nach Rücksichtnahmen auf agrarstrukturelle Belan ge bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzter Fläche für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen hat die Landesregierung mit dem Verweis auf eine Arbeitshilfe „Betriebsbedingte Kompensation“ beant wortet. Zur Bewältigung seiner Probleme wird dem Landwirt also eine Arbeitshilfe an die Hand gegeben. Das kann nicht die Lösung sein. Ein Landwirt benötigt langfristig verlässliche Rahmenbedingungen und kompetente Beratung.
Insgesamt ist aus der Antwort auf die Große Anfrage erkenn bar, dass die Landesregierung immer noch große Informations lücken bei der Flächennutzung in Brandenburg hat. Vor dem Hintergrund, dass Flächenausweisungen für den Naturschutz und die Inanspruchnahme land- und forstwirtschaftlicher Flächen für naturschutzrelevante Kompensationsmaßnahmen von der Landesregierung sogar unterstützt werden, ist das für uns eher unverständlich. Unverständlich ist aber auch, dass ein Ausgleich zwischen den Ansprüchen auf die Nutzung landwirt schaftlicher Flächen für außerlandwirtschaftliche Zwecke und damit den Schutz landwirtschaftlicher Flächen nicht vorge sehen ist.
Für ein Agrarland, das Brandenburg zweifelsohne ist, bestehen hier hinsichtlich der künftigen Gestaltung des Landes, aber auch als Agrarland an sich erhebliche Lücken. Die Hoffnung
der Grünen, im Jahr 2019 auf eine fundiertere Datenlage als im Jahr 2014 zu stoßen, sollte damit wohl enttäuscht worden sein.
Im Übrigen: Die Aussage der Landesregierung, dass aktuell eine verstärkte Nachfrage nach Gewerbeflächen zu verzeich nen sei und bestehende Flächenangebote weitgehend auf gebraucht würden, halte ich vor dem Hintergrund der nicht ausgelasteten Gewerbegebiete im ländlichen Raum für eher peinlich.
Auch wenn wir als AfD-Fraktion möglicherweise andere Schlüsse aus der Antwort der Landesregierung ziehen als Sie, bedanke ich mich für die Große Anfrage der Grünen und bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht Ministerin Schneider für die Landesregierung.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine sparsame Flächeninanspruchnahme und ein guter Boden schutz sind wichtige Politikziele in Brandenburg, und das seit vielen Jahren. Wir werden uns allerdings auch in Zukunft mit dem Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Anforderungen aus weiteren Siedlungen - also einer Siedlungsentwicklung -, aus wirtschaftlichen Entwicklungen und dem lebensnotwendi gen Schutz der natürlichen Ressourcen beschäftigen müssen. Wir werden dies weiterhin auf den unterschiedlichen Ebenen aushandeln müssen. Dabei sehen wir, dass wir von dem Ziel dreieck ausgehen, das wir an vielen Stellen ansetzen: eine Abwägung zwischen ökonomischen, ökologischen und sozia len Aspekten.
Brandenburg nutzt die verfügbaren Instrumente, um die Ziele zu erreichen. Die Redebeiträge haben es bereits zum Ausdruck gebracht: In der tatsächlichen Entwicklung gibt es durchaus Erfolge.
Nun ist es gerade bei der Frage Fläche und Flächenversieglung mit der Statistik so eine Sache. Die Statistik wurde an vielen Stellen verändert, die Erfassungsmethoden und die Zuordnun gen wurden verändert. Das macht uns die Debatte um das ima ginäre 30-Hektar-Ziel in Deutschland nicht gerade leicht. Zu dem, was gerade noch einmal zur Frage, wie hoch der Anteil der Versieglungen usw. ist, ausgeführt wurde, liegt in der Statistik nichts vor.
Dennoch gibt es die grundsätzlich positive Entwicklung seit den Jahren 2013 und 2014 auch in Brandenburg - und das, ob wohl sich das Land sehr positiv entwickelt. Wir haben in den verschiedenen Debatten gerade auch zum Landesentwick lungsplan immer zum Ausdruck gebracht, dass sich in den letz ten Jahren eine grundsätzlich positive Entwicklung im Land zeigt. Die von uns seit Jahren verfolgte Strategie, ein Zusam menspiel zwischen Landesentwicklungsplan, Mobilitätsstrate gie sowie Stadtentwicklung und Wohnen herbeizuführen, zeigt auch da Erfolge. Das sind wichtige Instrumente, um sich gera
de auf die Innenentwicklung zu konzentrieren, damit keine weitere Inanspruchnahme von Wäldern, Feldern und Wiesen erforderlich ist. Das tun wir nicht nur beim Landesentwick lungsplan, sondern das verknüpfen wir mit der Mobilitäts strategie und natürlich mit dem Bereich Stadtentwicklung und Wohnen. Ich weise ausdrücklich auf die aktuelle Statistik zu den fertiggestellten Wohnungen hin: Natürlich werden in Brandenburg immer noch mehr Wohnungen in Ein- und Zwei familienhäusern fertiggestellt, aber der Anteil im Geschoss wohnungsbau ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Das ist genau das, was wir wollen und was letztlich auch flächen sparende Siedlungsentwicklung bedeutet.
Auch die gesetzlichen Regelungen - sei es bei der Forstwirt schaft, beim Waldgesetz oder bei landwirtschaftlicher Flächeninanspruchnahme - und die Förderprogramme im Land sind auf Bodenschutz und sparsame Flächeninanspruchnahme aus gerichtet. Die Nachhaltigkeitsstrategie spielt natürlich eine Rolle. Mit ihr wird versucht, diese unterschiedlichen Politikan sätze in den verschiedenen Ressorts zu bündeln.
Flächenrecycling spielt dabei eine große Rolle. Ich will es mit Blick auf Europa genau an den Beispielen aus dem StadtUmland-Wettbewerb deutlich machen, die aus meiner Sicht sehr positiv sind - sei es die Märkische Heide in Eberswalde, der Teufelspfuhl in Bernau, die chemische Reinigung in Wittenberge oder das ehemalige Gaswerksgelände am Bahnhof in Luckenwalde. Das alles sind Projekte im Rahmen des StadtUmland-Wettbewerbs, mit denen auf der einen Seite Altlasten beseitigt werden und damit im weitesten Sinne Bodenschutz betrieben wird und auf der anderen Seite innerstädtische Flächen für die Besiedlung oder für Besiedlung im Rand bereich dieser Flächen, die ohne die Altlastenbeseitigung nicht denkbar wäre, neu zur Verfügung gestellt werden. Das alles sind richtige Entwicklungen, die wir als Landesregierung unterstützen.
Ja, die Kommunen brauchen unsere weitere Unterstützung. Deswegen werden wir uns damit beschäftigen, die Erfassung von Brachflächen und Baulücken weiter zu unterstützen und das automatisierte System mit den Kommunen zu entwickeln, weil auch das für die Innenentwicklung von großer Bedeutung ist.
Kurz und gut, als Fazit: Wir verfügen als Landesregierung über eine Vielzahl geeigneter Instrumente zur Steuerung der Flächennutzung und zum Schutz des Bodens und setzen diese Instrumente ein - mit dem Ziel, sparsamen Flächenverbrauch und Bodenschutz zu erreichen. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Das Wort erhält noch einmal der Abgeordnete Jungclaus, der für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es sich in der Debatte schon ein wenig abzeichnet, dass wir ganz knapp an einer Zustimmung vorbeischrammen
werden, möchte ich mich bei allen Rednerinnen und Rednern - ich betone: bei allen - für die Debatte bedanken. Ich denke, das Thema ist wichtig genug, dass wir es im Landtag behandeln. Ich habe auch den Eindruck, dass bei allen die Sensibilität dafür vorhanden ist, auch wenn wir etwas unterschiedliche Rückschlüsse ziehen.
Trotzdem einige Anmerkungen: Herr Roick, das Umwelt bundesamt muss da nicht nachrechnen. Ich glaube, die sind mit ihrer Berechnung schon ganz gut. Sie sagen, dass wir flächen mäßig so groß sind. Das Umweltbundesamt hat bei seiner Berechnung natürlich auch die Einwohnerzahl berücksichtigt. Insofern denke ich, es liegt mit den 1,3 ha schon ganz richtig.
Lieber Carsten Preuß, das Lob für den guten Überblick in der Antwort kann ich nicht ganz teilen, denn es ist gerade unser Hauptkritikpunkt, dass die meisten Zahlen leider fehlen. Zum Teil sind sie natürlich schwer zu beschaffen, aber zum großen Teil ist das durchaus möglich, wenn man sich die Mühe machen würde.
Beim Kollegen Genilke habe ich das Wortspiel zum Flächen verbrauch - dass Flächen nur umgewandelt würden - nicht ganz verstanden. Mit diesem Argument könnte auch der Schluck aus dem Wasserhahn und das Duschen nicht als Wasserverbrauch, sondern als Wasserumwandlung gelten. Ich glaube aber nicht, dass das im Sinne der Definition von Verbrauch ist.
Mit dem nachfrageorientierten Druck habe ich auch meine Probleme. Sicherlich kann man immer sagen: Wir brauchen die Fläche für Wohnen, Gewerbe, Siedlungen und Verkehr. - Aber man kann ja auch anders, angebotsorientiert herangehen und fragen, was eigentlich vorhanden ist. Vorhanden ist definitiv eine begrenzte Fläche. Deshalb, denke ich, sind wir gut bera ten, das Ganze nicht nur von der Nachfrageseite, sondern auch einmal von der Angebotsseite aus zu sehen.
Klar ist, dass wir mit der Großen Anfrage und der Debatte im vorletzten Plenum keinen Richtungswechsel bei der Landes regierung einleiten werden. Nichtsdestotrotz hat diese Debatte durchaus dazu beigetragen, dass noch einmal einige Fakten benannt wurden und einige Mankos benannt werden. Ich den ke, dass die Anfrage sowie die Antwort und die Debatte für die nächste Landesregierung eine gute Grundlage sein können, sich dem Thema Flächenverbrauch noch intensiver zu widmen, und dafür danke ich Ihnen.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich beende die Aussprache und stelle fest, dass die Große Anfrage 34 zur Kenntnis genommen wurde.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag „Brandenburgs Freiraum und Boden schützen - Flächenver brauch und Bodenversiegelung reduzieren“ der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/11381. Wer
dem Antrag folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegen stimmen? - Enthaltungen? - Bei vielen Gegenstimmen und ei nigen Enthaltungen wurde der Antrag abgelehnt.
Gesetzentwurf der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU der Fraktion DIE LINKE der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN