Protocol of the Session on December 15, 2016

„Brandenburgs Aufbruch vollenden“ - so lautet der Leitgedan ke, mit dem die Regierungskoalition aus SPD und DIE LINKE im Herbst 2014 den Koalitionsvertrag überschrieben hat. Nun lässt sich darüber, welcher Weg der für unser Land richtige und beste ist, immer wieder trefflich streiten. Das ist Teil der parla mentarischen Arbeit. Es ist auch das Wesen unserer Demokra tie, hier gemeinsam nach den besten Lösungen im Sinne einer wirtschaftlich starken und sozial gerechten Zukunft unseres Landes zu suchen. Dabei darf - und ich füge hinzu: muss - es im Parlament manchmal auch emotional zugehen. Die Diskus sionsbeiträge haben auch gezeigt, dass die Haushaltsdebatte als Königsdisziplin unserer parlamentarischen Demokratie immer noch viel guten Stoff für eine leidenschaftliche und angriffslus tige Demokratie- und Debattenkultur in unserem Haus liefert. Dass der Ton trotzdem fair und sachlich bleibt, ist ein wertvol ler Konsens der märkischen Demokraten. Ich bin allen Fraktio nen an diesem Tag dafür sehr dankbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen ver sprochen, kurz auf die Emotionen der Opposition zum vorlie genden Doppelhaushalt einzugehen. Erstens: Wir verabschie den einen Haushalt des sozialen Ausgleichs. Wo diese Regie rung ihre Schwerpunkte setzt, ist leicht zu erkennen: Es sind die Bereiche der Bildung, der Wissenschaft und der sozialen Sicherheit. Wir werden die Finanzausstattung unserer Kitas weiter verbessern, nicht nur mit dem neuen Betreuungs schlüssel von 1:11 bei den 3- bis 6-Jährigen, sondern auch mit zusätzlichen Programmen, beispielsweise für Kiez-Kitas und für das Leitungspersonal. Das ist gute Politik für die Jüngsten in unserem Lande, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir werden weiter an der Stärkung unserer Schulen arbeiten und bis 2018 insgesamt 1 350 zusätzliche Lehrer einstellen. Das ist gute Politik für gleiche und gerechte Bildungschancen in unserem Land von Anfang an.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir nehmen unsere Verantwortung aber nicht nur in Bezug auf die soziale, sondern auch auf die innere Sicherheit wahr. Wir tun dies mit realistischen und angepassten Zielzahlen bei der Polizei und mit einer Zahl - der Fraktionsvorsitzende der SPD ist darauf eingegangen - von 360 Anwärtern pro Jahr. Das ist

die höchste Zahl seit vielen Jahren, meine sehr verehrten Da men und Herren.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Zweitens verabschieden wir einen Haushalt, der weitsichtig ist, lieber Herr Senftleben, und der in die Zukunft investiert.

(Frau Richstein [CDU]: Eben nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Senftleben hat es angeführt, aber ich glaube, es heißt nicht „die märkische Mutter“, sondern „die schwäbische Hausfrau“.

(Einzelbeifall - Senftleben [CDU]: Ich sprach von meiner Mutter!)

Egal, die Regel ist immer die gleiche: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“ Brandenburg beweist Jahr für Jahr, dass eine Politik der sozialen Gerechtigkeit und der soliden Haus haltsführung eben kein Kontrastprogramm sein muss, sondern sehr gut unter einen Hut passt. Seit 2011 haben wir keine neuen Schulden mehr gemacht. Wir haben bereits 291 Millionen Euro Schulden getilgt und eine relativ hohe Rücklage.

Herr Senftleben, ich habe mich vorhin ein bisschen über Ihre Kritik daran gewundert, dass das Land den Haushalt auch aus Teilen - allerdings aus einem kleinen Teil - der Rücklagen fi nanziert. Entweder kennen Sie die Anträge der CDU in diesem Bereich nicht, oder aber Sie versuchen, den Leuten hier etwas zu verkaufen, was einfach nicht stimmt. Ich habe hier drei An träge der CDU. In einem steht - ich lese es einmal kurz vor -: „Zuschüsse für Investitionen an Gemeinden und Gemeindever bände, Entnahme aus der allgemeinen Rücklage“ - siehe da: 30 Millionen Euro.

(Bischoff [SPD]: Donnerwetter! - Weitere Zurufe von der SPD)

„Zuführung an den Landesbetrieb Straßenwesen und für Stra ßenplanung“ - 20 Millionen Euro aus der allgemeinen Rückla ge. Und beim Sonderinvestitionsprogramm für Straßenbahnen und Busse darf ich ebenfalls die Frage stellen, meine sehr ver ehrten Damen und Herren: Woher kommt die Deckung von 10,4 Millionen Euro? Durch Entnahme aus der allgemeinen Rücklage.

(Minister Görke: Plündern die!)

Ich glaube, dass wir gut beraten sind, bei der Wahrheit zu blei ben. Das Land Brandenburg hat über viele Jahre eine solide Finanzpolitik betrieben. Wir werden im nächsten Jahr - der Fi nanzminister hat es bereits angekündigt - 120 Millionen Euro zur Schuldentilgung einsetzen.

Sie können das alles als zu wenig betrachten, wir sind stolz auf diesen Beitrag zur Generationengerechtigkeit, der uns trotz weiter abschmelzender Einnahmen aus dem Solidarpakt gelun gen ist.

(Beifall SPD und des Abgeordneten Büchel [DIE LINKE])

Aber bedenken wir, meine sehr verehrten Damen und Herren: Politische Weitsicht bedeutet eben nicht nur Schulden abzu

bauen oder Rücklagen aufzubauen, sondern auch, möglichst keine neuen Schulden aufzubürden. Das gilt im fiskalischen wie im gesellschaftlichen Sinne. Deshalb ist vieles von dem, was an neuen und fortgeführten Programmen Eingang in unse ren Doppelhaushalt gefunden hat, sehr wohl weitsichtiges In vestieren in unser Land, egal ob es dabei um zusätzliche Stel len an Schulen und Kitas, um ausreichende Unterstützung der Integrationsbemühungen zugunsten geflüchteter Menschen, um den Erhalt und die Modernisierung unserer 62 Krankenh ausstandorte oder um eine deutlich verbesserte Unterstützung der sinnvollen und sehr engagierten Rückkehrer-Initiativen hier im Land geht. Diese und viele weitere Beispiele zeichnen sich durch ein hohes Maß an Weitsicht aus, weil wir schon heu te in das Brandenburg von morgen investieren. Wir verabschie den einen Haushalt, der das ganze Land im Blick hat.

Meine Damen und Herren, manche Polemik der Opposition sprach für sich. Ich möchte heute vor allem die Gelegenheit nutzen, mich bei den Regierungsfraktionen ganz herzlich dafür zu bedanken, dass die Profilierung des Haushaltes zugunsten der Kreise und Gemeinden im Land gelungen ist. Es hat in den vergangenen Wochen, seit dem Beginn der parlamentarischen Debatte, viele Initiativen gegeben, die aktuelle Problemlagen in unseren Kommunen abbilden. Ich denke zum Beispiel an die Unterstützung der Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Rückerstattung von Gebühren nach dem Urteil des Bundesver fassungsgerichts. Bis zu 250 Millionen Euro aus zinslosen Krediten und Steuermitteln stellen einen vernünftigen Kom promiss aus kommunaler Verantwortung und landesseitiger Unterstützung dar.

(Beifall SPD)

Lieber Herr Senftleben, wenn ich mir Ihren Antrag ansehe, stelle ich fest, dass wir in der Frage, wie man dieses Problem angehen muss - Sie haben etwas mehr Geld eingestellt -, gar nicht so weit auseinander sind. Wir liegen aber weit auseinan der, wenn es um Ihre Bewertung geht, dass Sie, die Branden burger CDU, in der Vergangenheit nichts mit diesem Thema zu tun gehabt hätten. Diesbezüglich haben wir sehr viel Streit mit einander. Sie wissen genau, dass der damalige CDU-Innenmi nister in Reaktion auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts entsprechende Gesetzentwürfe erarbeitet hat und einige der heute noch aktiven Innenpolitiker diesen Prozess intensiv be gleitet haben. Also tun Sie nicht so, als wären Sie an diesem Prozess nicht beteiligt gewesen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Bringen Sie sich konstruktiv in diese Debatte ein. Wir müssen und werden dieses Problem gemeinsam lösen.

Ich denke bei dieser Frage auch an den gefundenen Lastenaus gleich zwischen Land und Kommunen, was die Leerstandskos ten in angemieteten, zurzeit aber nicht benötigten Flüchtlings unterkünften betrifft. 11,6 Millionen Euro sind dafür im Haus halt vorgesehen; das ist eine deutliche Entlastung der betroffe nen Kreise und Kommunen. Schließlich denke ich auch an die gesicherte Kofinanzierung der Breitbandinitiative des Bundes, in deren Rahmen die Kreise und kreisfreien Städte ab dem Jahr 2017 ihre Anträge stellen können. 80 Millionen Euro haben wir über Verpflichtungsermächtigungen für die Fälligkeit von 2018 bis 2020 geblockt. Ein Pappenstiel, der uns beim Thema Breit band häufig vorgeworfen wird, sieht wahrlich anders aus.

Wo wir schon bei den Brandenburger Kommunen und dem Be mühen der Landesregierung um die Zukunftsfestigkeit dieser Kommunen sind, möchte ich abschließend auf meine Ein gangsworte zurückkommen, nämlich auf das postfaktische Zeitalter: Emotionen statt Fakten. Lassen Sie mich bezüglich der Verwaltungsstrukturreform noch einmal an die Fakten erin nern: Die Verwaltungsstrukturreform besteht aus fünf Elemen ten. Es geht erstens um die Aufgabenverlagerung vom Land auf die Kreise, zweitens um die Teilentschuldung von kreisfrei en Städten und Landkreisen, drittens um eine verbesserte Kul turfinanzierung, viertens um die weitere Digitalisierung und fünftens darum, auch zukünftig starke und handlungsfähige Kreise zu haben. Deshalb brauchen wir die Verwaltungsstruk turreform. Sie ist mit ihren fünf Elementen wichtig für die Zu kunft unseres Landes: für eine handlungsfähige, fachlich starke Verwaltung in allen Teilen Brandenburgs.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Nur mit einer solchen Verwaltung, die auch eine starke regio nale Politik entwickeln kann, werden wir in Zukunft starke Re gionen haben - Regionen, die den Menschen ein Zuhause ge ben, Regionen, die den Menschen ein Heimatgefühl vermitteln. Wir können über diese Reform streiten; das tun wir - hart im Ton, fair in der Sache. Wir können über den richtigen Weg streiten; das kann man immer tun. Nur eines rate ich uns allen: Bleiben wir bei der Wahrheit. Wir dürfen den Menschen keine Märchen auftischen.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Problematisch wird es dann, wenn jemand, der diesen Weg mit initiiert hat und bei der Initiative zur Einsetzung einer Enquete kommission des Landes sozusagen der Wanderführer war - derjenige, der morgens in der Berghütte sagt: „Los, wir ma chen uns auf, ich zeige euch den Weg!“ -, sich beim ersten stei leren Anstieg in die Büsche schlägt und von dort aus dann auch noch versucht, die Kolonne zu stören. Ich möchte aus der Rede von Herrn Petke - damals innenpolitischer Sprecher der CDUFraktion; jetzt leider nicht im Raum - zur Einsetzung der En quetekommission 5/2 zitieren:

„Wir nehmen hier als Abgeordnete eine Aufgabe wahr, für die wir von den Menschen in Brandenburg gewählt worden sind. Auch ohne die demografische Entwicklung und ohne die veränderten finanziellen Grundlagen für den Haushalt in Brandenburg wären wir in den nächsten Jahren gefordert gewesen, die Strukturen im Land zu ver ändern. [... ] Wir sind uns sicher, dass das Land so, wie es heute verfasst ist, in den nächsten Jahren nicht mehr ver fasst sein wird. Es wird Veränderungen geben. Dieser Landtag hat den Mut, die Herausforderung anzunehmen und gemeinsam mit den Menschen im Land Neues umzu setzen.“

(Beifall SPD und DIE LINKE)

- Herr Petke im März 2011 in seiner Landtagsrede zur Einset zung der Enquetekommission, die die fachlichen Grundlagen für das geliefert hat, was wir heute diskutieren. Und Sie, Herr Senftleben, stellen sich heute hierhin und fordern von der Lan desregierung Weichenstellungen für die Zukunft.

(Dr. Schöneburg [DIE LINKE]: Klassischer Fall von Wendehals!)

Sie fordern Weitblick für die Zukunft, aber da, wo er gefordert wird und in Diskussionen mitunter auch Mut erfordert, schla gen Sie sich als Brandenburger CDU in die Büsche und sind bezüglich der Zukunft des Landes nicht mehr ansprechbar.

(Beifall SPD, DIE LINKE und der Abgeordneten Nonne macher [B90/GRÜNE])

Was hat Sie bewogen, diesen gemeinsamen Pfad zu verlassen? Wann hat Sie der von Herrn Petke geforderte Mut verlassen, intern schwierige Diskussionen zu führen? Was hat Sie bewo gen, diesen Weg zur zukunftsfesten Brandenburger Verwaltung zu negieren und jetzt sogar dagegen zu Felde zu ziehen? - Vielleicht gibt es eine Antwort darauf: Sie haben keinen Ge staltungsanspruch für dieses Land, weil Sie auch keinen Mut haben, eine solche Diskussion zu führen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Sie sind es, die nach Weitsicht rufen - das haben Sie hier gera de eben wieder getan - und selbst kurzsichtig sind wie Maul wurf Buddelflink.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

In Wirklichkeit sind Sie es, die unsere Kommunen nicht ernst nehmen, und Sie nehmen auch die Menschen im Land nicht ernst, weil Sie ihnen vorgaukeln,

(Wichmann [CDU]: Haben wir nie gemacht!)

in den Verwaltungen könnte alles so bleiben, wie es ist, nur das ganze Land muss sich verändern.

(Wichmann [CDU]: Haben wir nie gesagt!)

- Jawohl, Herr Wichmann, auch Sie tun das.

Vielleicht ist es wirklich besser, Sie bleiben in den Büschen sit zen, während wir weiter an der Zukunft unseres Landes Bran denburg arbeiten und dafür kämpfen, zum Beispiel mit dem Doppelhaushalt 2017/2018. Dieser Doppelhaushalt, meine sehr verehrten Damen und Herren, macht unser Land sicherer, er macht es solidarischer, und er macht es zukunftsfester.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Die Brandenburger CDU hat leider wieder einmal den An schluss verpasst, aber das können wir nicht ändern. Weil wir in Zeiten leben,