Protocol of the Session on July 15, 2016

Denn das Bundesprogramm gibt es schon vier Jahre. Man stel le sich vor: Alle neuen Bundesländer haben es genutzt, nur Brandenburg nicht.

(Beifall CDU)

Es war Ihre SPD-Kollegin Manuela Schwesig, liebe Frau Alter, die dieses Programm auch für nichtverheiratete Paare geöffnet hat.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Das war wohl auch spätestens der Weckruf für Sie, liebe Koa litionsfraktionen: Wendet euch dem doch einmal zu! Erfüllt Paaren, die sich sehnlichst Kinder wünschen, den Kinder wunsch.

Ich war auch dankbar für die Anhörung, die wir im Ausschuss durchführen konnten.

Weiter muss ich sagen: Bei aller Freude, die ich jetzt haben könnte, weil wir den Antrag hier behandeln und heute eventu ell auch beschließen werden, bin ich doch enttäuscht darüber, was aus diesem Antrag geworden ist. Diese Beschlussempfeh lung führt den eigentlichen Antrag ad absurdum. Ich frage mich wirklich, ob Sie sich überhaupt einmal damit auseinan dergesetzt und im Vorfeld auch einmal bei der Kollegin Manu ela Schwesig gefragt haben, ob das, was Sie gerade ausgeführt haben, Sinn macht.

Ich sage es gleich vorneweg: Gerade weil dieser Antrag durch die Beschlussempfehlung so sinnwidrig geworden ist, können wir ihm heute leider nicht zustimmen.

(Zurufe von der SPD)

Ich finde das schade, denn wir haben dieses Thema auf die Agenda gesetzt.

Ich will auf die Dinge eingehen, die Frau Alter gesagt hat. Da bei - ich bin ein optimistischer Mensch - will ich zuerst das Positive sagen: Ich bin froh, dass es überhaupt kommt. Die fi nanzielle Unterstützung nur bis zum dritten Versuch der künst lichen Befruchtung auch landesseitig zu gewähren - wie Sie ausgeführt haben -, gut, das können wir noch akzeptieren. Da zu möchte ich aber darauf hinweisen, dass Sie das nicht sofort umsetzen wollen. In Ihrer Beschlussempfehlung steht, es solle erst einmal die Umsetzung geprüft werden. Damit ist uns noch nicht weitergeholfen.

(Frau Lehmann [SPD]: Haushaltsplanung!)

Aber wirklich sinnwidrig wird es leider mit der von Ihnen vor geschlagenen Erweiterung auf die gleichgeschlechtlichen Paa re. Ich glaube, mir wird niemand den Vorwurf machen, dass ich diese Gruppe nicht im Blick habe. Ich glaube, ich habe hier im Plenum mehrfach bewiesen, dass es nicht so ist.

(Beifall CDU)

Nun bin ich keine Medizinerin, aber ich habe mir im Ausschuss wirklich den Mund fusselig geredet, um zu erklären und darauf hinzuweisen, warum das hier sinnwidrig ist: Mit dem Bundes förderprogramm werden zwei Formen der künstlichen Be fruchtung unterstützt: Das ist das eigene Genmaterial des Paa res, die Eizelle und die Samenzellen. Das ist einfache Biolo gie - ich weiß nicht, ob Herr Baaske als Lehrer auch Biologie unterrichtet hat; dann hätten Sie sich an ihn wenden müssen -: Dieses Programm lässt sich einfach nicht auf gleichgeschlecht liche Paare ausdehnen.

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

Wenn Sie nun sagen, Sie wollen dieses Bundesförderprogramm ausdehnen, dann frage ich, liebe Frau Lehmann: Warum spie len Sie diese Gruppen gegeneinander aus?

(Frau Fortunato [DIE LINKE]: Das macht sie doch gar nicht!)

Die Fremdspende, die nicht gefördert wird, betrifft auch Hete ropaare. Warum müssen Sie mit diesem Satz die einzelnen

Gruppen unnötig in der Kinderwunschbehandlung gegeneinan der ausspielen? Das macht diese Beschlussempfehlung leider so widersinnig.

(Beifall CDU)

Ja, Frau Alter, liebe Frau Lehmann, im Förderprogramm ist ei ne Form der künstlichen Befruchtung enthalten.

(Frau Lehmann [SPD]: Ja!)

Fremdspenden werden gar nicht gefördert. Auch verheiratete Paare, bei denen der Mann vielleicht nicht zeugungsfähig ist, bräuchten einen Fremdspender.

(Frau Lehmann [SPD]: Das geht doch dann auch!)

Sie sprechen in Ihrer Beschlussempfehlung nur von der Aus dehnung auf gleichgeschlechtliche Paare. Bitte stellen Sie doch einfach einen eigenen Antrag, dann können wir auch gern darüber sprechen, wie wir gleichgeschlechtlichen Paaren beim Kinderwunsch helfen können. Aber hier haben Sie nur eines gemacht: Sie haben etliche Gruppen gegeneinander ausgespielt. Sie haben die Alleinerziehenden nicht erwähnt. Darüber müs sen wir dann sprechen. Das zeigt eigentlich nur eines: Sie woll ten dem ursprünglichen CDU-Antrag so nicht folgen,

(Frau Lehmann [SPD]: Ach Quatsch!)

Sie haben sich gedacht: „Wir toppen das einfach mal drauf und erweitern es um die gleichgeschlechtlichen Paare.“ Dadurch ist die eigentliche Beschlussempfehlung einfach nur schwach und durchsichtig. Das müssen Sie sich leider anhören.

(Beifall CDU)

Wenn Sie wirklich zum Vorreiter der Kinderfreundlichkeit in Brandenburg werden und dem Kinderwunschgedanken folgen wollen, vergegenwärtigen Sie sich noch einmal die leiden schaftlichen Ausführungen der Ärzte in der Anhörung. Ich ha be mich im Nachgang noch mit weiteren Gynäkologen unter halten. Wer die betroffenen Familien vor Ort nicht gesehen hat, weiß nicht, wovon er spricht. Unser Ansprechpartner aus dem Kinderwunschzentrum hat es sehr leidenschaftlich vorgetra gen: Es sind weniger als 1 %, die bis zum zehnten Mal hände ringend versuchen, ein Kind zu bekommen. Diese kleine Grup pe, die finanziell nur einen geringen Teil ausmacht, zu unter stützen, das wäre wirklich Familienfreundlichkeit gewesen. Deshalb werbe ich um Zustimmung zu unserem Entschlie ßungsantrag und danke Ihnen.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun die Abgeordnete Bader.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Her ren! Wer lange vergeblich versucht, ein Kind auf natürlichem Wege zu bekommen, scheut letztendlich weder Kosten noch Mühe, um sich diesen Wunsch endlich zu erfüllen. Maßnah men zur Behandlung von Kinderlosigkeit stellen für Betroffene

sowohl emotional als auch finanziell eine große Herausforde rung dar.

Ich darf daran erinnern, dass die gesetzlichen Krankenkassen bis zur Gesundheitsreform 2004 vier Versuche einer künstlichen Befruchtung erstattet haben. Dann hat die Bundesregierung die se Leistung gekürzt, und seither müssen in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Paare mit Kinderwunsch die Hälfte der Kosten bei medizinischen Maßnahmen zur künstli chen Befruchtung selbst tragen. Dies hat bundesweit zu einem deutlichen Rückgang der Behandlungszahlen geführt, das heißt, die Bundesregierung hat mit der Leistungskürzung die Proble me geschaffen, die wir hier nun auf Landesebene lösen sollen.

(Beifall DIE LINKE)

Brandenburg bemüht sich seit Jahren gemeinsam mit anderen Bundesländern um eine bundeseinheitliche gesetzliche Rege lung zur Unterstützung von Maßnahmen der assistierten Re produktion, der sogenannten Kinderwunschbehandlung. In der vergangenen Legislaturperiode hat sich die Landesregierung im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz und im Bundes rat dafür eingesetzt, Paare mit Kinderwunsch finanziell zu ent lasten. Leider sind all diese Initiativen 2012 an der CDU/CSUFDP-Bundestagsmehrheit gescheitert. Vielleicht, liebe Frau Augustin, wäre es ratsam gewesen, mit den Kolleginnen und Kollegen im Bundestag zu sprechen, wenn Ihnen das Thema so am Herzen liegt, denn jetzt soll das Land wieder in die Bresche springen und Paare mit unerfülltem Kinderwunsch finanziell unterstützen. Grundlage ist aber ein Förderprogramm des Bun des, welches an eine entsprechende Kofinanzierung durch die Länder gebunden ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 2012 haben Krankenkassen die Möglichkeit, zusätzliche Leistungen auch im Bereich der künstlichen Befruchtung anzubieten. Das im gleichen Jahr aufgelegte Förderprogramm des Bundes ist halb herzig und unzureichend.

(Beifall DIE LINKE)

Diese Ungerechtigkeit bezieht sich nicht nur auf die nach wie vor hohe finanzielle Belastung der betroffenen Paare, sondern auch darauf, dass eingetragene Lebenspartnerschaften und auch Alleinstehende von einer Förderung komplett ausgeschlossen sind.

(Domres [DIE LINKE]: Das stimmt!)

Hinzu kommt: Die Erstattung der Gelder erfolgt nachträglich, sodass Geringverdiener und finanziell benachteiligte Paare von vornherein ausgeschlossen sind; und ich möchte nicht, dass die Erfüllung des Kinderwunsches von der Vermögens- und Ein kommenssituation der betroffenen Paare abhängt.

(Beifall DIE LINKE)

Diese Ungerechtigkeit kann auch durch eine Bereitstellung von Haushaltsmitteln des Landes nicht geheilt werden. Konsequent wäre eine vollständige Kostenübernahme durch die gesetzli chen Krankenkassen oder eine adäquate Erhöhung des Bundes zuschusses und natürlich eine Kostenübernahme auch für gleichgeschlechtliche Paare,

(Beifall DIE LINKE)

sonst bleibt es deutschlandweit bei einem Flickenteppich und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, ob und in welcher Höhe eine Kinderwunschbehandlung unterstützt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da wir offenbar aber nicht mit der Unterstützung der Bundesregierung rechnen und die Not der betroffenen Paare nachvollziehen können, haben wir uns nach der Expertenanhörung im Ausschuss für eine Än derung Ihres Antrages entschieden. Die Landesregierung wird aufgefordert, die Kofinanzierung des Bundesprogramms zu prüfen und gegebenenfalls ein eigenes Landesprogramm auf zulegen. Gleichzeitig soll sie eine Ausweitung des Programms auf Regenbogenfamilien befördern und dazu auch Gespräche mit dem zuständigen Bundesministerium führen. Das ist ein kleiner Schritt zu mehr Gerechtigkeit auf diesem Gebiet, der uns wichtig ist, und hier wird niemand ausgespielt.

(Beifall DIE LINKE - Domres [DIE LINKE]: Ja!)

Gleichzeitig ist es ein zusätzlicher Baustein, sich den aktuellen demografischen Herausforderungen aktiv zu stellen. Wenn Sie, Frau Augustin, sagen, die Unterstützung von Regenbogenfami lien funktioniere nicht, da sie nicht im Bundesprogramm ent halten sei, dann wird es Zeit, dass dieses Programm geändert wird. Wir meinen es ernst. Wir wollen gleichgeschlechtliche Paare gleichstellen und gegen Diskriminierung kämpfen, und dies nicht nur am Internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie, sondern immer.

(Beifall DIE LINKE - Lachen bei der AfD)