Frau Kollegin Mächtig, interessant ist, was Sie nicht in den Antrag geschrieben und worüber Sie auch nicht geredet haben. „Öffentliche Sicherheit entsteht nicht durch aktionistische Ausweitung polizeilicher Eingriffsbefugnisse“ - völlig richtig, das sehen wir genauso - „und schon gar nicht durch radikalen Personalabbau sowie Schließung von Polizeiwachen“. Dieses Versprechen entstammt Ihrem Regierungsprogramm aus dem Jahr 2009.
In einem weiteren Satz haben Sie gesagt, Sie wollten einen anderen Weg beschreiten als den des damaligen Innenministers Schönbohm. In Wahrheit haben Sie den Zug erst so richtig in Fahrt gebracht und in die völlig falsche Richtung geführt: mit dem bei der Polizei drastischsten Personalabbau in der Geschichte dieses Landes, verbunden mit dem Risiko, dass die in
- Ach so. Wenn Sie in der Regierung sind, können Sie keine Konzepte ändern?! Das ist albern, das wissen Sie selbst.
Schön, dass man manche Themen über drei Plenartage verfolgen kann. Wir haben in der gestrigen Aktuellen Stunde den Auftritt eines Ministers erlebt, den ich so nicht erwartet hätte. Herr Minister Vogelsänger, Sie haben erklärt, es sei gut, dass Sozialdemokraten regierten, und allen Ernstes davon geredet, wie gut doch die Infrastruktur in diesem Land aufgestellt sei.
Herr Vogelsänger, leben Sie noch in der Realität? Reden Sie noch mit irgendjemandem in diesem Land, zum Beispiel mit den Unternehmerinnen und Unternehmern, mit der IHK? Sie wissen doch selbst, dass der Zustand unserer Landesstraßen katastrophal ist. Jährlich wird volkswirtschaftliches Eigentum vernichtet - unter Ihrer Verantwortung als Minister. 60 Millionen Euro bräuchten wir für den Erhalt der Landesstraßen. Sie wissen selbst, dass Sie nur einen Bruchteil dessen zur Verfügung haben. Sie haben Taktausdünnungen im ÖPNV zu verantworten - und diese sind immer der erste Schritt zu Streckenstilllegungen.
Sie reden davon, Sie hätten den Breitbandausbau hinbekommen. Vielleicht in Oder-Spree, wo Sie wohnen; das mag sein, das kann ich nicht beurteilen. Aber in Frankfurt (Oder) kommen im Regelfall 2 Megabit pro Sekunde an. Damit können Sie heutzutage nichts anfangen.
Weiter sagen Sie allen Ernstes, der Flughafen BER sei auf dem Weg zum Erfolg. Da erübrigt sich jeder weitere Kommentar. Wenn Sie das nicht erkannt haben, leben Sie wirklich außerhalb der Realität.
Frau Kollegin Mächtig, wenn Sie in Ihrem Antrag das erste erfolgreiche Volksbegehren in diesem Land erwähnen - ja, aber Sie haben die Leute in diesem Land schlicht und ergreifend auf den Arm genommen.
Sie haben nicht umgesetzt, was Sie den Menschen versprochen haben. Deshalb ist es gut, wenn diese Regierung endlich abgelöst wird. - Vielen Dank.
Die Zwischenfrage hat sich damit erledigt; er hat nicht reagiert. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Kollege Vogel spricht zu uns.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wenn in der Aktuellen Stunde die vorgeblichen Erfolge von Rot-Rot in dieser Legislaturperiode gefeiert werden sollen, gibt es tatsächlich keinen aktuellen Bezug; einen solchen stellte nur Herr Ness‘ AfD-Namedropping her. Aber wer sitzt mit Herrn Gauland im literarischen Quartett der Friedrich-EbertStiftung, und wie äußern Sie sich dazu?
Wenn im Antrag mangels handfester politischer Erfolge eine Forsa-Studie herhalten muss, nach der die überwiegende Mehrheit der Brandenburger gern in diesem Land lebt, könnte man auch den ermittelten Grund ergänzen: Für 97 % sind es Landschaft und Natur, nur für 15 % die hier lebenden Menschen. Das sollte einem zu denken geben, genauso die Erkenntnis, dass die Polizei als einzige Institution in diesem Land bei mehr als der Hälfte der Bevölkerung Vertrauen genießt.
Aber was schert uns das?, fragen sich SPD und die Linke: Hauptsache, eine Mehrheit ist in anderen Umfragen mit der Regierung zufrieden! - Bleibt der kleine Schönheitsfehler, dass nach mehrfachen Emnid-Befragungen - im Auftrag der Linken übrigens - nur rund 40 % der Bevölkerung wissen, dass die Linke in Brandenburg mitregiert; der großen Mehrheit ist das noch gar nicht aufgefallen.
Das ist verständlich - fast alle Wirtschaftserfolge sind der allgemein guten konjunkturellen Lage zu danken. Brandenburg bewegt sich im Gleichklang mit den anderen ostdeutschen Bundesländern. Sie alle verzeichnen einen Zuwachs im produzierenden Gewerbe, Überschüsse im Landeshaushalt und nicht zuletzt durch Abwanderung und demografischen Wandel - sinkende Arbeitslosenzahlen. Ganz Deutschland geht es heute besser als 2009.
Vom Abschied vom vermeintlichen Hoffnungsträger CCS als Heilsbringer für die Braunkohle ist in der Erfolgsbilanz dagegen keine Rede.
So wurde die Linke dank des engagierten Widerstands der Bevölkerung daran gehindert, ihr Wahlversprechen - eine CO2Verpressung in Ostbrandenburg zu verhindern - zu brechen. Es ist auch keine Rede davon, dass jetzt mit Zustimmung der Linken
auch ohne Maßnahmen zur CO2-Minderung ein neuer Tagebau bei Welzow aufgeschlossen und damit die Energiestrategie 2030 zu Makulatur gemacht wird.
Auch einige andere Begriffe sucht man in der Erfolgsbilanz vergeblich. Den Flughafen habe ich im Antrag der Linken nicht gefunden, auch nicht die Synonyme BBI, BER Willy Brandt, FBB - nicht erstaunlich, ist das doch die größte schwärende Wunde, die Sie der nächsten Legislaturperiode überlassen: angefangen bei den halbherzig betriebenen Verhandlungen zum Nachtflugverbot über den hinhaltenden Widerstand gegen einen effektiven Lärmschutz bis hin zum Versagen der Regierungsmitglieder im Aufsichtsrat der FBB im Planungsverfahren sowie im Finanz- und Baucontrolling.
Den Bären, dass sich im Bildungsbereich Grundlegendes verbessert habe, wollen wir uns nicht aufbinden lassen. Natürlich wurden neue Lehrer auf altersbedingt freiwerdende Stellen eingestellt; hinzugekommen ist aber keine einzige Stelle, und so haben wir heute weniger Stellen als zu Beginn der Legislaturperiode.
Die rot-rote Laterne in den Kategorien Finanzierung der Hochschulen und Kitabetreuungsschlüssel sind wir bis heute nicht losgeworden, und die Halbierung der Schulabbrecherquote hat nun einmal auch nicht geklappt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gemeinsinn und Erneuerung sollen hier abgefeiert werden, aber Gemeinsinn wird zunächst einmal von den Opfern der rot-roten Politik erwartet,
von den Lärmbetroffenen am Flughafen BER, bei denen es nicht um Belästigung, sondern um Gesundheitsgefährdung geht; von den Dorfbewohnern, in deren unmittelbarer Nachbarschaft Megatierställe für die industrielle Massentierhaltung entstehen sollen; von den Bauernfamilien, denen die von der Landesregierung gepäppelten finanzstarken Großagrarier die Flächen unterm Hintern wegkaufen;
von den 800 Einwohnern von Proschim, die für die Ausweitung der Braunkohleverstromung ihre Heimat aufgeben sollen - für die Haushalte und Handwerksbetriebe, die mit ihrem Strompreis die Freistellung Vattenfalls von der EEG-Umlage finanzieren sollen.
Gemeinsinn wird von den Eltern verlangt, die ihre Kinder auf freie Schulen schicken und die massiven Kürzungen von RotRot mit erhöhtem Schulgeld bezahlen dürfen. Wir können nachvollziehen, dass viele dieser Menschen diese Anforderun
gen von Rot-Rot an ihren Gemeinsinn zunächst einmal als Riesengemeinheiten auf Kosten des Gemeinwohls begreifen,
Gemeinheiten, gegen die sie mit Volksinitiativen und Volksbegehren, Demonstrationen und Verfassungsklagen mobilisieren. Die Brandenburger geben nicht mehr klein bei, und das ist gut so. Hier drückt sich eine neue Art von Gemeinsinn aus, mit der jede Regierung in Zukunft rechnen muss.