Protocol of the Session on May 15, 2014

Deshalb: Wir brauchen die Erfahrungen Älterer genauso wie die Jungen in unseren Firmen und Unternehmen. Eine Besserstellung oder Schlechterstellung, ein Gegeneinanderausspielen brauchen wir nicht. Deshalb brauchen wir auch Ihren Antrag nicht, und wir lehnen ihn ab. - Vielen Dank.

(Beifall CDU sowie der Abgeordneten Muhß [SPD])

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schier. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Herr Abgeordneter Büchel hat das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! In einem Punkt, Herr Büttner, sind wir uns einig, nämlich dass die geplante Rentenreform der Bundesregierung ein falsches Signal ist. Aber in der Begründung unterscheiden wir uns gravierend.

(Büttner [FDP]: Das hoffe ich!)

Ich gehe auch gern darauf ein. Sie schreiben in Ihrem Antrag selbst, dass Sie Bedenken haben, dass der bisher erfolgreich beschrittene Weg der sozialpolitischen Erneuerung und der wirtschaftlichen Gesundung unseres Landes bezogen auf die Rente in Gefahr ist. Wenn ich mir jetzt aber die Situation von Rentnerinnen und Rentnern angucke, habe ich eher die steigende Altersarmut im Blick - Sie schreiben aber über wirtschaftliche Gesundung. Ich sehe die steigende Armut im Alter als Problem an, die auch weiter steigt. Selbst Sieglinde Heppener als Vorsitzende des Landesseniorenbeirats hat auch immer wieder deutlich gemacht, dass es nicht nur ein Zukunftsszenario ist, sondern aktuell, weil das Problem schon da ist und im Jahr 2012 bereits über 7 300 Brandenburgerinnen und Brandenburger auf staatliche Grundsicherung im Alter angewiesen waren.

Jetzt müssen wir dahinter schauen, was die Ursachen dafür sind. Ich habe soeben zur Kenntnis genommen, dass Frau Kollegin Schier gesagt hat, dass die CDU für die Angleichung der Renten in Ost und West ist. Ich kann mich noch sehr gut an die letzte Debatte im Plenum erinnern, in der Frau Blechinger mir sehr deutlich zu verstehen gegeben hat, was das für die CDU bedeuten würde. Sie sagen nämlich, der Rentenpunkt Ost würde auf den Rentenpunkt West heruntergeschraubt werden. Das würden Sie unter Angleichung der Ost- an die Westrenten verstehen.

(Zuruf der Abgeordneten Blechinger [CDU])

Das haben Sie mir neulich sehr deutlich erklärt. Dazu sage ich ganz klar: Das ist, was wir nicht wollen!

(Beifall DIE LINKE)

Denn Folgendes haben Sie mir auch deutlich gemacht: dass es ein Nachteil für die Rentnerinnen und Rentner im Osten wäre.

Das Problem ist doch ein ganz anderes. Das Problem ist, dass der Rentenwert Ost, den Sie selbst beschrieben haben, der eine Ausgleichsfunktion zum Rentenwert West geben soll, anscheinend nicht ausreichend ist, weil wir tatsächlich keine Rente auf gleichem Niveau von West und Ost haben. Von daher muss man doch eher darüber nachdenken, inwieweit der Rentenwert Ost angepasst wird, sodass es auch wirklich eine Angleichung an die Rente der alten Bundesländer darstellt.

Ich lasse jetzt keine Zwischenfrage von Frau Blechinger zu, denn das hatten wir bei der letzten Diskussion; ich habe das jetzt bloß noch einmal aufgenommen, was Sie mir letztens erzählt haben.

Aber was ist nun die Ursache dafür, dass Menschen in den neuen Bundesländern eine niedrigere Rente haben und den Rentenwert Ost brauchen? Da sind wir natürlich beim Thema Lohnniveau. Dann schaue ich auf die Situation, in der wir uns heute befinden. Da habe ich Angst, dass die jungen Menschen

von heute, die irgendwann ins Rentenalter kommen, in die gleiche Situation, Grundsicherung in Anspruch nehmen zu müssen, geraten könnten, weil wir nämlich heute immer noch unterschiedliche Lohnniveaus für die gleiche Arbeit in den alten und neuen Bundesländern haben. Das ist doch der Knackpunkt. Von daher ist es dringend notwendig, dass für die gleiche Arbeit sowohl in Ost als auch West endlich der gleiche Lohn gezahlt wird. Dann brauchen wir auch die Debatte über unterschiedliche Rentenniveaus nicht zu führen.

(Genilke [CDU]: Sie kriegen das Gleiche wie in NRW!)

Die Rente ab 63 wurde auch thematisiert, und ja, sie ist ein richtiger Ansatz, aber zur Ehrlichkeit gehört auch, dass die Rente ab 63 de facto nur für die Jahrgänge von 1951 bis 1953 gilt und dann vorgesehen ist, das, beginnend im Jahr 2016, bereits ab dem Jahrgang 1953 in Zweimonatsschritten wieder auf 65 anzuheben.

Die andere Problematik ist die Nichtanerkennung von Arbeitslosenzeiten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat dazu erst heute in einer Mitteilung kommentiert:

„Wir erwarten, dass die Rente ab 63 1:1 umgesetzt wird. Zeiten der Arbeitslosigkeit müssen heute und in Zukunft berücksichtigt werden, denn sie gehören leider auch zu einer lebenslangen Erwerbsbiografie dazu. Dabei darf es kein Verfallsdatum geben, denn Zeiten der Arbeitslosigkeit sucht sich niemand freiwillig aus.“

(Beifall DIE LINKE)

Kurz noch einmal zur Mütterrente: Das ist, was wir einfach nicht verstehen, und Sie haben angesprochen, dass es unterschiedliche Werte gibt zwischen West und Ost, im Westen 28 Euro …

Herr Büchel, Frau Blechinger möchte noch einmal eine Frage stellen.

Nein, danke.

(Bretz [CDU]: Doch!)

Die möchten Sie nicht beantworten.

Es gibt unterschiedliche Punkte zwischen West und Ost, Sie haben es selbst ausgeführt, im Westen etwa 28 Euro, im Osten sind es 26 Euro, und wir verstehen natürlich nicht, dass die Erziehung von Kindern in den alten Bundesländern anders bewertet wird als die Erziehung von Kindern in den neuen Bundesländern. Das macht einfach keinen Sinn!

(Frau Blechinger [CDU]: Unter anderem, weil unsere Kinder der Staat erzogen hat! - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

- Okay. Ja, ja. Jetzt verstehe ich einiges bei der CDU.

(Zuruf der Abgeordneten Blechinger [CDU])

Sie haben an sich richtig erkannt, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Dann bitte schön! Dann muss sie auch wirklich gesamtgesellschaftlich finanziert werden. Da sehe ich schon die Verantwortung bei der jetzigen Bundesregierung, auch tatsächlich eine gesamtgesellschaftliche Finanzierung auf den Weg zu bringen. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büchel. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete Nonnemacher hat das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Parlamentarische Abend naht. Ich will auch nicht auf die Mütterrente und die Ost-West-Rentenangleichung eingehen, sondern mich relativ eng an den FDP-Antrag halten.

Die FDP-Fraktion möchte mit ihrem Antrag Korrekturen an den Rentenplänen der Bundesregierung erreichen, um die Beschäftigung von Personen im Rentenalter zu erleichtern. Deshalb soll sich die Landesregierung bei der Bundesregierung mittels einer Initiative im Bundesrat für folgende Änderungen einsetzen:

Erstens: Die beschäftigten Rentnerinnen und Rentner und auch die Arbeitgeber sollen bei Inkrafttreten der geplanten Rentenreform von der Beitragspflicht für die Arbeitslosen- und Rentenversicherung entlastet werden.

Zweitens: Die Arbeitgeber erhalten das Recht, bislang unbefristet beschäftigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Übergang ins Rentenalter befristet einzustellen.

Damit greift der FDP-Antrag die Vorschläge zur Flexi-Rente erneut auf und will die Situation für die Unternehmen verbessern. Dabei wurde doch schon von Carsten Linnemann von der CDU-Mittelstandsvereinigung selbst auf die drohenden Beitragsausfälle für die Sozialversicherungen hingewiesen. Er hatte die Beitragsausfälle mit 317 Millionen Euro pro Jahr für die gesetzliche Rentenversicherung und für die Arbeitslosenversicherung mit ca. 50 Millionen Euro berechnet. Jedoch müssen diese Berechnungen aufgrund einer Anfrage unserer grünen Bundestagsfraktion beim Bundesarbeitsministerium wesentlich höher angesetzt werden. Die von der Union und der CDU-Mittelstandsvereinigung geforderte Flexi-Rente verursacht deutlich höhere Beitragsausfälle. Vor allem die Rentenkasse müsste mit jährlichen Einnahmeverlusten in Höhe von knapp 1 Milliarde Euro rechnen, und die Arbeitslosenversicherung müsste Ausfälle von bis zu 90 Millionen Euro pro Jahr verkraften. Diese Zahlen müssen erst einmal ernst genommen werden.

Außerdem trifft das Argument der FDP, ältere und jüngere Beschäftigte würden durch die Entlastung der Arbeitgeber im Rentenalter nicht gegeneinander ausgespielt, ebenfalls nicht zu. Leben Sie denn in Wolkenkuckucksheim, Herr Büttner?

Natürlich werden Firmen in solchen Fällen ältere Arbeitnehmer besonders schätzen, wenn sie billiger zu bekommen sind als jüngere Arbeitnehmer, besonders wenn diese dann nach Eintritt ins Rentenalter auch noch befristet beschäftigt werden sollen. Die Unternehmen behalten die erfahrenen und vermutlich gut qualifizierten Fachkräfte, die auf eigenen Wunsch gern länger arbeiten wollen und motiviert sind, sparen die Abgaben für die Sozialversicherung und können sie jederzeit wieder loswerden. Der FDP-Antrag führt schlicht und einfach dazu, auf Kosten der Sozialkassen die Lohnnebenkosten zu senken.

(Beifall B90/GRÜNE, DIE LINKE und SPD)

Den Wunsch vieler vitaler älterer Beschäftigter, länger zu arbeiten, unterstützen wir natürlich. Die aktuellen Umfragen bestätigen ja auch, dass das einem erstaunlich hohen Prozentsatz der Befragten vorstellbar und wünschenswert erscheint. Auch das Interesse der Wirtschaft, erfahrene Fachkräfte zu behalten, ist durchaus legitim und erfreulich. Nur müssen die Konditionen der Weiterbeschäftigung fair verhandelt und nicht ein einseitiges Lohnkostensparmodell für Unternehmer sein. Auch die befristete Beschäftigung der Mitarbeiter im Rentenalter birgt allerlei Probleme. Zumindest sollen die Beschäftigten selbst entscheiden können, wie lange sie denn weiter arbeiten möchten.

Wir Grünen kritisieren die Flexi-Rente und den vorliegenden FDP-Antrag, weil im koalitionsinternen Abwehrkampf gegen die Rente mit 63 Vorschläge gemacht werden, die nicht zu Ende gedacht sind. Die Kombipackung einer unzuträglichen Rentenreform, nämlich der Rente mit 63 - gegen die wir ja auch sind - mit einer nicht ausgearbeiteten Flexi-Rente würde keinen Sinn machen. Der Vorschlag von Herrn Oppermann, dazu eine Arbeitsgruppe einzusetzen, erscheint mir erst einmal vernünftig.

Bei der Diskussion um die verlängerten Beschäftigungen von Rentnerinnen und Rentnern, die länger arbeiten wollen, dürfen wir ein gravierendes Problem nicht aus den Augen verlieren: Wir müssen für all jene Berufs- und Beschäftigungsgruppen, die ihre Tätigkeit wegen sehr hoher physischer oder psychischer Anforderungen nicht bis zum Eintritt des regulären Rentenalters ausüben können, flexiblere Übergänge in die Rente finden. Hier muss zum Beispiel über Teilrenten und - ganz wichtig Verbesserungen der Erwerbsminderungsrente nachgedacht werden. Hier liegen die sozialpolitisch wichtigeren Probleme, weil hier gravierende Abschläge und Altersarmut drohen.

Bis solche Dinge geklärt sind, lehnen wir den FDP-Antrag einstweilen ab. - Danke.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir kommen zum Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Baaske, Sie haben das Wort.

Ich kann es ganz kurz machen - es ist nicht meine Art, Dinge zu wiederholen, die schon gesagt wurden. Herr Büttner, ich bedanke mich ganz herzlich für Ihr Lob In Bezug auf die Zeit von

2002 bis 2004, als auch ich in Berlin sehr viel an den Reformen mitgearbeitet habe. Das nehme ich sehr gern an, aber den Rest, den Sie genannt haben, kann man einfach nur in den Skat drücken.

Ich bedanke mich aber auch bei den anderen Kollegen, die hier gesprochen haben, ganz herzlich für Ihre Ausführungen, insbesondere bei Frau Schier. Das war wirklich das erste Mal, dass ich von einer CDU-Politikerin bzw. einem -politiker gehört habe, dass Sie die Mütterrente aus Steuermitteln finanziert hätten. Das war ja auch ein Wunsch, den wir vor uns hergetragen haben. Das hätten wir auch fairer gefunden als die jetzige Lösung, bei der es die Beitragszahler aufbringen sollen.

Herr Büttner, ich sage ganz kurz, was Sie vorhaben oder was Sie meinen, vorhaben zu wollen oder was Sie gut finden: Die Leute sollen also, wenn sie das wollen oder wenn der Arbeitgeber sie drängt, mit 63 in Rente gehen, dann Rente erhalten, dürfen aber danach wieder angestellt werden, allerdings ohne Beiträge zu zahlen - sowohl arbeitgeber- als auch arbeitnehmerseits. Ja, denken Sie denn, wir haben uns die Hosen mit dem Klammerbeutel angezogen?

(Abgeordneter Vogel [B90/GRÜNE]: Mit der Kneifzan- ge!)