Protocol of the Session on May 15, 2014

Die Werte des menschlichen solidarischen Miteinanders und der gegenseitigen Fürsorge, ohne die eine freiheitliche Demokratie nicht existieren kann, erhalten in Kirchen und Religionsgemeinschaften einen religiösen Sinn und auch Überbau. Menschen werden zu einer bejahenden Mitgestaltung ihres Lebensumfelds und zum Engagement für die Gesellschaft ermutigt. Die Landesregierung ihrerseits schafft im Rahmen der politischen und rechtlichen Möglichkeiten angemessene Bedingungen für das Wirken von Kirchen und Religionsgemeinschaften. Durch die Verträge mit der evangelischen Kirche, dem heiligen Stuhl und dem jüdischen Landesverband hat das Land seine Rechtsverhältnisse zu einigen der wichtigsten Religionsgemeinschaften im Land geregelt.

Kirche und Staat sind nicht nur organisatorisch und strukturell, sondern grundsätzlich auch finanziell voneinander unabhängig. Ausnahmen bestehen dort, wo die Kirchen und Religionsgemeinschaften staatliche oder gesellschaftliche Aufgaben wahrnehmen. Wenn sie beispielsweise Träger von Krankenhäusern, Heimen oder anderen sozialen Einrichtungen sind, werden sie selbstverständlich ebenso wie auch andere Träger gefördert. Ein weiterer Bereich, in dem Kirchen staatliche Mittel erhalten, sind die sogenannten Staatsleistungen, die als Entschädigung dafür ausgereicht werden, dass der Staat in früheren Jahrhunderten kirchliches Vermögen enteignet hat.

Es ist leider nicht möglich, im vorliegenden Rahmen alle Facetten kirchlichen und religiösen Lebens umfassend zu beleuchten. Lassen Sie mich daher nur ganz wenige Beispiele nennen: Das Land unterstützt die Erhaltung kulturellen kirchlichen Erbes und fördert die Wiederbeheimatung der jüdischen Religion in Brandenburg. Der Zusammenhang mit den Kirchen bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit und bei der Integration von Zuwanderern wird fortgesetzt. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften werden als Träger von Schulen sowie Krankenhäusern, Seniorenheimen, Behinderteneinrichtungen und anderen diakonisch karitativen Einrichtungen weiterhin fest eingeplant und entsprechend unterstützt.

Meine Damen und Herren! Die Antwort auf eine Parlamentarische Anfrage ist kein einheitlicher Bericht, sondern jeweils auch aufgrund der Fragestellung vorgegeben und durch sie strukturiert. So wurde zu meinem persönlichen Bedauern beispielsweise die identitätsstiftende Rolle von Religion für viele Spätaussiedler nur am Rande gestreift, für andere Gruppen wie Vertriebene oder die Sorben/Wenden hingegen gar nicht erwähnt. Die Rolle von Kirche und Religion wird aber deutlich, und abschließend betone ich ganz ausdrücklich die Wertschätzung der Landesregierung. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Prof. Dr. Kunst. - Bevor die CDU-Fraktion noch einmal das Wort erhält, begrüße ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler des Sängerstadt-Gymnasiums Finsterwalde sowie Schülerinnen und Schüler der Kleeblatt-Grundschule in Seelow. Seid herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Abgeordnete Blechinger, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass alle Redner die Bedeutung der Kirchen, das soziale gesellschaftliche Wirken und die Bedeutung der Kirchen für den Zusammenhalt und die Identifikation hervorgehoben haben. Frau Ministerin Kunst ist zusätzlich auf einige Gruppen, für die diese Identifikation eine besonders große Rolle spielt, eingegangen.

Auch die moralisch-ethische Orientierung ist für unsere Gesellschaft von großer Bedeutung. Ich denke, viele von Ihnen kennen das Zitat von Ernst-Wolfgang Böckenförde, nach dem der freiheitliche, säkularisierte Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann. Der Staat ist darauf angewiesen, dass die Bürger gewisse Grundeinstellungen, ein staatstragendes Ethos haben. Sonst hat er es schwer, eine am Gemeinwohl orientierte Politik zu verwirklichen. Wenn all seine Ziele nur mit Zwang durchgesetzt werden müssten, wäre der Staat bald kein freiheitlicher Staat mehr.

Wie sehr man auf solche moralischen Grundwerte angewiesen ist, hat selbst die DDR gemerkt. Der eine oder andere erinnert sich noch an die Pioniergebote oder die zehn Gebote der sozia

listischen Moral. Man hat nämlich festgestellt, dass man allein mit Gesetzen die Voraussetzungen für das Zusammenleben nicht schaffen kann.

Dass die von mir genannten Instrumente nicht so recht wirksam waren und den Bürgern nicht als Ersatz für die zunehmende Entchristlichung dienten, haben viele persönlich erlebt.

So komme ich zu dem Thema Weltanschauungsgemeinschaften, welches hier angesprochen wurde. Weltanschauungsgemeinschaften waren nicht Gegenstand der Anfrage. Es steht natürlich der Linksfraktion frei, auch zu dem Wirken, beispielsweise dem sozialen Wirken der Weltanschauungsgemeinschaften, Anfragen zu stellen. Ich kann dazu sagen: Ich habe den Unterschied erlebt. Ich weiß, welche Vorbereitungen Kinder und Jugendliche absolvieren, die beispielsweise zur Konfirmation oder zur Kommunion gehen, dass da eine sehr breite moralisch-ethische Vorbereitung erfolgt, dass man sich mit Fragen nach dem Sinn des Lebens intensiv auseinandersetzt, dass eine Wertevermittlung stattfindet.

Ich wurde einmal von einer Weltanschauungsgemeinschaft gefragt, ob ich bei einer Jugendweihe eine Rede halten würde. Ich habe mich dazu unter der Voraussetzung bereiterklärt, dass die Möglichkeit besteht, vorher ein Gespräch mit den Jugendlichen zu führen, um auf ihre jeweiligen persönlichen Vorstellungen eingehen zu können. Mir wurde dann aber mitgeteilt, dass die Vorbereitung darauf doch sehr ausgefüllt sei mit Typberatungen, Modeschauen und Frisörbesuchen. Insofern ist ein entsprechendes Gespräch meist nicht möglich.

(Zuruf des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Ich kann nur sagen, was ich persönlich erlebt habe: dass in diesem Fall bei der Vorbereitung auf die Jugendweihe keine Werteerziehung stattgefunden hat. Was das soziale Engagement anbelangt, so kann die Linke Anfragen stellen, und dann werden wir uns sicherlich gern mit diesem Bereich auseinandersetzen. Ich bedanke mich.

(Beifall CDU sowie vereinzelt B90/GRÜNE und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Blechinger. - Wir sind am Ende der Aussprache angelangt. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 33 ist damit zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Brandenburg als selbstbewusste Region innerhalb der Europäischen Union

Große Anfrage 35 der Fraktion der CDU

Drucksache 5/8376

Antwort der Landesregierung

Drucksache 5/8891

Wir setzen damit die gestrige Debatte fort. Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Frau Abgeordnete Richstein, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Mit Bedacht haben wir als Titel der Großen Anfrage „Brandenburg als selbstbewusste Region innerhalb der Europäischen Union“ gewählt. Ja, wir können selbstbewusst auf das schauen, was die Brandenburgerinnen und Brandenburger in den letzten 25 Jahren in der Europäischen Union geschaffen haben. Um es mit den Worten von Prof. Dr. Michael Schierack von gestern zu sagen: Brandenburg in Europa ist eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte. Es ist auch noch mehr. Wir haben nicht nur unseren Transformationsprozess bestens gemeistert, sondern wir stehen auch denjenigen Staaten hilfreich an der Seite, die ihren Transformationsprozess noch bewältigen müssen.

Ich greife einmal die Anregung von Herrn Beyer von heute Morgen auf, der sagte: Die Frage ist nicht, wie gut wir sind, sondern wie gut wir sein könnten. Ich möchte das an einigen Aspekten beleuchten und beginne mit der Europatauglichkeit der Verwaltung, die zugegebenermaßen in den letzten 25 Jahren wirklich ein gutes Niveau erreicht hat. Aber man erkennt anhand der Antworten: Die Europatauglichkeit der Verwaltung im Land Brandenburg ist durchaus noch verbesserungswürdig, insbesondere dort, wo wir die Möglichkeit haben, Einfluss zu nehmen, beispielsweise im europäischen Normensetzungsverfahren.

Zum Beispiel wissen wir - das ist ganz aktuell -, dass die Kompensationszahlungen für Brandenburg-Südwest erst im Wege der nationalen Nachverhandlungen erreicht werden konnten und eben nicht bei der Ausgestaltung der Förderstruktur. Wir müssen hier verstärkt mehr Landesbedienstete als nationale Experten nach Brüssel entsenden. Wir brauchen endlich einmal für alle Ressourcen eigens entsandte Landesbedienstete.

(Beifall des Abgeordneten Lipsdorf [FDP])

Gerade so wichtige Ressorts wie das MWFK, das MASF und das MBJS haben eben keinen eigenen Referenten, sondern werden von anderen Referenten auf Arbeitsebene mit bedient.

Ich komme zur Europatauglichkeit des Landtags: Hier haben wir nämlich aufgerüstet. Seitdem wir die neue Regelung nach dem Lissabon-Vertrag haben, wonach auch die nationalen Parlamente mit einbezogen werden, haben wir eine Kontakt- und Informationsstelle des Landtages in Brüssel. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen hier, die bei den Haushaltsberatungen diese Anregung der CDU-Fraktion aufgenommen und umgesetzt haben. Daher glaube ich, ich spreche nun in unser aller Namen, wenn ich sage, dass uns die Arbeit von Frau Schwartz in unserer alltäglichen europapolitischen Arbeit durchaus hilft. Hier wünsche ich mir allerdings noch mehr Unterstützung seitens der Landesregierung

(Beifall des Abgeordneten Senftleben [CDU])

zum Ersten bei der tagtäglichen Arbeit mit der Kontakt- und Informationsstelle, insbesondere beim Informationsaustausch. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die doch etwas

kryptische Beantwortung der Frage 13. Ich würde mich auch freuen, wenn wir eine bessere Unterrichtung des Landtags bei den Frühwarndokumenten erreichen könnten, beispielsweise bei der Übersendung der Berichtsblätter. Denn warum soll in Brandenburg nicht funktionieren, was in anderen Bundesländern durchaus funktioniert: dass ein guter Austausch stattfindet?

Ich möchte Kritik vorbringen, was die Beantwortung von Großen Anfragen angeht und es Ihnen an einem Beispiel deutlich machen. Wenn wir eine Frage wie die Frage 19 stellen, wie der Landtag derzeit von der Landesregierung über die EU-Gesetzgebung unterrichtet wird, und anschließend die Frage 20 stellen, wie der Landtag derzeit bei der Willensbildung des Landes bei der EU-Gesetzgebung beteiligt wird, und dann als Antwort zu beiden Fragen bekommen:

„Der Landtag wird auf Basis der Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung über die Unterrichtung des Landtages nach Artikel 94 der Verfassung des Landes Brandenburg unterrichtet und beteiligt“,

dann ist das für mich eine Geringschätzung, wenn nicht sogar eine Missachtung des Landtages. Das muss ich Ihnen ganz deutlich sagen.

(Beifall CDU sowie vereinzelt FDP und B90/GRÜNE)

Ich verweise in Debatten auch nicht auf irgendwelche Rechtsnormen, sondern wir müssen diese Rechtsnormen auch mit Leben erfüllen. Gerade bei der Ausgestaltung der Vereinbarung nach Artikel 94 würde ich mich freuen, wenn die Landesregierung ein bisschen kooperativer wäre.

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt noch zu den Werten der Europäischen Union. Darüber ist gestern schon viel in der Aktuellen Stunde gesprochen worden. Man kann es aber nicht oft genug betonen, dass wir uns glücklich schätzen können, in einem friedlichen, freien und demokratischen Europa zu leben, wo wir soziale Sicherheit und auch Wohlstand erfahren dürfen. Dies gilt es zu bewahren und zu verfestigen. Hier ist unsere Aufgabe, diesen Weg eben nur mit den Menschen zu beschreiten, ihnen die Augen zu öffnen und die Vorteile der Europäischen Union nahezubringen. Das ist schwierig, je älter wir sind; das wissen wir. Wir sind verfestigt in unseren Rollen.

Wir haben aber gerade im Bereich der Bildung eine enorme Aufgabe, wie in der Großen Anfrage auch schon beantwortet wurde. Daher wäre mein Appell und meine Bitte, dass wir gerade im frühkindlichen Bildungsbereich noch weitere Anstrengungen unternehmen. Meines Wissens haben wir nur eine deutsch-polnische Kindertagesstätte in Frankfurt (Oder). Es soll demnächst eine polnisch-deutsche Kindertagesstätte in Slubice geben.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE: Die gibt es schon!)

Aber das ist bei Weitem nicht genug, wenn wir den Verfassungsauftrag, nämlich in guter Kooperation mit unseren polnischen Nachbarn zu leben, verwirklichen wollen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU sowie vereinzelt FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Richstein. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Folgart, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit der EU-Osterweiterung im Jahr 2004 liegt Brandenburg im Herzen Europas. Das ist keine neue Weisheit, aber ich möchte sie trotzdem aussprechen, weil es ein großes Glück ist. Es ist ein Glück für uns, dass die europäische Integration die Menschen in Ost und West näher zusammenbringt, und es ist ein großes Glück und eine besondere Leistung, dass wir als Europäer an der europäischen Solidarität teilhaben.

(Beifall SPD)

Brandenburg hat seit der deutschen Einheit erheblich von dieser europäischen Solidarität profitiert, und Brandenburg hat sich als europäische Region gut entwickelt. Das hat nicht zuletzt unser Ministerpräsident in seiner gestrigen Regierungserklärung dargestellt. Brandenburg, meine Damen und Herren, ist ein Aufsteigerland geworden. Die Wirtschaft im Land ist überaus dynamisch, die Beschäftigungszahlen im Land steigen stetig, und die Arbeitslosigkeit ist stark gesunken. Sie liegt auf dem niedrigsten Stand seit dem Jahr 1991 und hat sich seit 2005 mehr als halbiert. Diese Erfolge haben sich die Brandenburgerinnen und Brandenburger hart erarbeitet. Die Unterstützung durch EU-Fördermittel hat dabei einen wesentlichen Beitrag geleistet.

Aus der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU geht diese positive Entwicklung in der Tat eindeutig hervor. Ich denke etwa an die Auszeichnung des Landes Brandenburg als europäische Unternehmerregion im Jahr 2011 und an die mehrfache Verleihung des Leitsterns für erneuerbare Energien. Diese Beispiele zeigen nämlich, dass wir eine gute Entwicklung konstatieren können und die Wirtschaft in unserem Land international wettbewerbsfähig ist.

Meine Damen und Herren, gewiss - Brandenburg gehört in der neuen EU-Förderperiode 2014 bis 2020 nicht mehr zu den strukturschwächsten Regionen Europas. Deshalb wird das Land etwa ein Drittel weniger an Geldern aus Brüssel zur Verfügung haben. Dazu sage ich aber ganz klar: Dass Brandenburg nicht mehr zu den schwächeren Regionen in Europa zählt, ist ein Erfolg, an dem das Land über 20 Jahre lang hart gearbeitet hat. Vielmehr müssen wir erkennen, dass nun andere europäische Länder stärker von der Europäischen Union unterstützt werden, die wirtschaftlich eben nicht so gut dastehen wie wir. Ich denke - und das ist auch richtig so -, genau das macht eben Solidarität in Europa aus.