Protocol of the Session on May 15, 2014

Ein zweiter Punkt der Reformen war die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland, die besonders unter der letzten Bundesregierung vorangetrieben wurde. Ich erwähne hier die „Blaue Karte“ für hochqualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten. Auch diese Maßnahme hatte sichtbar Erfolg.

Deutschland ist heute als Einwanderungsland anerkannt, und es hat eines der liberalsten Gesetze zur Zuwanderung in den Arbeitsmarkt.

Das dritte Instrument war die Einführung der Rente mit 67. Man wollte Fachkräfte länger im Arbeitsleben halten. Das Alter des Renteneintritts aus dem Beruf heraus ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Die Rentenreform der gegenwärtigen Bundesministerin Nahles und der CDU/CSUSPD-Bundesregierung möchte eben diese sinnvolle Regelung, die Rente mit 67, zurücknehmen und stattdessen Wohltaten verteilen, für die es keinerlei Rechtfertigung gibt.

Im Übrigen: Anknüpfend an die Debatte zur Aktuellen Stunde, die wir gestern hatten, will ich hier erwähnen, dass wir als Bundesrepublik in der Krise, die wir innerhalb der Europäischen Union hatten, die anderen Nationen immer aufgefordert haben, ihre Renteneintrittsalter zu erhöhen.

(Domres [DIE LINKE]: Wir nicht!)

- Die Bundesregierung.

Dabei hatten wir, Deutschland, vorher schon die entsprechenden Schritte unternommen und konnten deswegen innerhalb der Europäischen Union auch glaubwürdig auftreten. Ich frage mich, wie Deutschland unter dieser Bundesregierung jetzt noch glaubwürdig auftreten will, wenn wir von anderen Staaten weitgreifende, tiefgreifende Reformen fordern, während wir gleichzeitig unsere Reformen zurücknehmen.

Im Übrigen teilen wir die Einschätzung des Arbeitgeberpräsidenten Ingo Kramer, dass wir uns durch die Rente mit 63 mit viel Geld eine Verschärfung des Fachkräftemangels organisieren. Zudem gibt es verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine individuelle Stichtagsregelung zur Anrechenbarkeit von Arbeitslosenzeiten, die in einer Stellungnahme von Bundesinnen-, Bundesjustiz- und Bundesarbeitsministerium bekräftigt werden.

Diese Rentenreform wird sehr teuer. Die Deutsche Rentenversicherung - nicht wir, nicht sonst wer, sondern die Deutsche Rentenversicherung, die es umsetzen soll - hat in der Anhörung im Deutschen Bundestag vor wenigen Tagen massive Kritik daran geäußert. Sie hat gesagt, dass die Beitragssätze mittelund langfristig steigen werden, das Rentenniveau sinken wird und die Finanzierung nicht sachgerecht ist, weil im Wesentlichen die Beitragszahler und - aufgrund einer geringeren Erhöhung - auch die gegenwärtigen Rentnerinnen und Rentner betroffen sind. Allein aufgrund nicht erfolgter Rentensteigerungen bis 2030 werden damit 55 Milliarden Euro nicht an die Beitragszahler ausgezahlt.

Von den Neuregelungen würden im Übrigen nur Facharbeiter, die bereits mit 16 oder 18 ins Berufsleben eingestiegen sind und ohne Unterbrechung durcharbeiten konnten, profitieren.

Das heißt - um das einmal auf den Punkt zu bringen -, die Profiteure sind mehrheitlich männlich, gut verdienend und daher ohnehin mit einer guten Rente ausgestattet.

(Beifall der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Insgesamt droht durch Absenkung des Renteneintrittsalters jedoch eine Frühverrentungswelle, insbesondere für jene, die kurz vor dem Renteneintrittsalter arbeitslos werden, ohne bereits 45 Beitragsjahre vorweisen zu können. Aufgrund der Anrechenbarkeit von Zeiten der Arbeitslosigkeit droht in einigen Fällen der Eintritt in die Rente mit 61 Jahren.

Auch in Brandenburg öffnet sich die Fachkräftelücke weiter; wir reden ja oft genug darüber, weswegen auch bei uns ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt benötigt werden. Die Politik der Bundesregierung torpediert die Anstrengungen der vergangenen Jahre zur Fachkräftesicherung.

Wir wissen aber auch, dass es unwahrscheinlich ist, dass sich diese Bundesregierung mit ihrer 80%igen Mehrheit im Bundestag zu grundlegenden Abstrichen von der Rente mit 63 Jahren bekehren lassen wird. Daher glauben wir, dass es nötig ist, an anderer Stelle Änderungen herbeizuführen, die Beschäftigung älterer Personen zu fördern und damit den Fachkräftemangel zu bekämpfen.

Die beschäftigten Personen im Rentenalter zahlen entgegen jeglicher Logik Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Mit Eintritt ins gesetzliche Rentenalter erwerben Sie aber keine neuen Rentenanwartschaften mehr, genauso wie sie keinen Anspruch mehr auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung haben. Das ist eine Beitragsbelastung für Arbeitnehmer und Unternehmen und daher auch ein politisch gesteuertes Hemmnis, das die Beschäftigung älterer Personen erschwert. Das heißt, die Abschaffung ist nicht nur aus völlig logischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen geboten, um Unternehmen zu entlasten und Raum für Investitionen und Neueinstellungen zu schaffen.

(Beifall FDP)

Neben der Höhe des Beitrags ist - das wird Sie besonders freuen - auch eine Flexibilisierung im Kündigungsschutz erforderlich. Die Unternehmen kritisieren seit Längerem, dass sie unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer, die sie über den Eintritt ins Rentenalter hinaus als Arbeitnehmer beschäftigen wollen, derzeit nur unbefristet übernehmen können. Dies ist mit Blick auf abnehmende Leistungsfähigkeit jedoch wenig sinnvoll; daher muss die Möglichkeit der Befristung gegeben sein. Das wäre das entsprechend wichtige Zeichen, und dafür sollte die Landesregierung sich auch einsetzen.

Der Antrag unserer Fraktion zeigt keinerlei Akzeptanz der Rentenpläne dieser Bundesregierung; diese wird von uns weiterhin abgelehnt. Aber da diese Abkehr von der Rente mit 63 eben unwahrscheinlich ist, zielt der Antrag auf mögliche Verbesserungen, insbesondere für diejenigen, die länger arbeiten, länger als 63 im Beruf sein wollen. Wir bitten um Ihre Zustimmung. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Prof. Dr. Heppener hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste dort oben! Das ist nun nicht die erste Attacke, die die FDP-Fraktion gegen die Rentenpläne der Bundesregierung reitet - wir haben uns hier auch schon über die Mütterrente auseinandergesetzt. Ich habe aber von dem, was Herr Büttner in vielen Worten zu Beginn sagte, nichts in dem Antrag gefunden, der heute hier zur Debatte steht.

(Büttner [FDP]: Dann müssen Sie ihn einmal lesen!)

Ich möchte aber im Hinblick auf die Erörterung, die er vorangestellt hat, und unsere gestrige Debatte über Seniorenpolitik noch einmal sehr davor warnen bzw. auffordern, dass wir auch in der Rentenfrage die Generationen nicht gegeneinander ausspielen sollten. Ich halte das für schädlich und verhängnisvoll.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wenn ich den Antrag richtig verstanden habe, geht es hier um zwei Dinge, mit denen die Landesregierung beauftragt werden, für die sie sich einsetzen soll. Die FDP-Fraktion fordert von der Landesregierung eine Änderung des SGB VI in zwei Fragen. Einmal soll Beschäftigten im Rentenalter - die älter als 65 sind - mit Inkrafttreten der jetzigen geplanten Rentenreform der Bundesregierung die Beschäftigung dadurch erleichtert werden, dass die Pflicht der Arbeitgeber zur Zahlung von Beiträgen in die Arbeitslosen- und Rentenversicherung erlassen wird. Das ist das eine, was sie fordert.

(Büttner [FDP]: Sie haben ihn ja doch gelesen!)

Das Zweite, was im Antrag gefordert wird, ist, dass unbefristete Beschäftigungsverhältnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rentenalter - besser gesagt: mit ihrem Eintritt in das Rentenalter - entfristet werden sollen, dass also in dem Moment, in dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Rentenalter eintreten, unbefristete Arbeitsverhältnisse entfristet werden können.

Das SGB VI sieht da andere Dinge vor. Zu der ersten Forderung: Bezieherinnen und Bezieher einer Regelaltersrente sind in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei gestellt. Die Arbeitgeber hingegen sind bei der Beschäftigung von Rentnerinnen und Rentnern zur Abführung des Arbeitgeberanteils verpflichtet. Diese Regelung verfolgt ganz eindeutig ein arbeitsmarktpolitisches und wettbewerbspolitisches Ziel, nämlich dass die Beschäftigung von Rentnerinnen und Rentnern nicht billiger zu machen ist als die Beschäftigung von jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der FDP geht es hier ganz eindeutig darum, die Kosten für die Arbeitgeber zu senken, damit Rentnerinnen und Rentner billige Arbeitskräfte werden, und das ist wohl nicht das, was wir für die Beschäftigung von älteren Arbeitnehmerinnen und -nehmern brauchen.

(Beifall SPD, DIE LINKE sowie von Minister Baaske)

Die zweite Forderung sieht so aus: Ja, es gibt in Tarif- und Arbeitsverträgen Festlegungen, dass Arbeitsverhältnisse mit dem Eintritt ins Rentenalter, mit Erreichen der Regelaltersgrenze beendet sind. Aber in all den Fällen, für die diese tarif- oder arbeitsvertraglichen Regelungen nicht gelten, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht beenden, wenn der Beschäftigte ins Rentenalter kommt. Über die Tatsache, ob er aufhört zu arbeiten oder nicht, entscheidet allein die Arbeitnehmerin, der Arbeitnehmer. Eine erleichterte Befristungsmöglichkeit des Alters wegen würde genau das bewirken, was wir mit der Überprüfung der Altersgrenzen verhindern wollen, nämlich Altersdiskriminierung. Das wäre eine eindeutige Diskriminierung wegen des Alters, weil man sagt: Mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze kann man nicht mehr unbefristet arbeiten. Man muss dieses Arbeitsverhältnis befristen, und dann kann der Mensch entlassen werden oder nicht.

Frau Prof. Dr. Heppener, darf ich Sie an die Einhaltung der Redezeit erinnern?

Bin ich schon fertig?

Dann muss ich mir leider sparen, all das zu wiederholen, was aber auch dazu führt - wir haben gestern davon gesprochen.

Es geht um die Arbeitsbedingungen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und es geht darum, zu sagen und zu fragen: Ist die Weiterarbeit ein Fluch oder ein Segen für Rentnerinnen und Rentner? - Und wir müssen fragen: Warum arbeiten ältere Menschen weiter? - Aber das ist ein anderes Thema, mit dem wir uns, denke ich, auch noch einmal beschäftigen werden. Schönen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir setzen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Schier hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will ganz kurz anschließen. Ja, wir haben gestern über Altersgrenzen im Seniorenpolitischen Programm gesprochen; das passt gut in den Antrag hinein. Wer will denn das Alter festlegen, wenn die Senioren weiterarbeiten wollen und können und die Arbeitgeber das auch zulassen, weil sie auf die Erfahrungen der älteren Generation nicht verzichten wollen? Dem kann man eigentlich nichts entgegensetzen.

Ich will aber sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der FDP-Fraktion: Ihr Antrag ist in meinen Augen ein Frustantrag. Darin stellen Sie die gesamte Rentenreform infrage. Es geht um Reha-Maßnahmen, es geht um die Rente mit 63, deren Voraussetzungen ja immer noch ausgehandelt werden. Ich habe hier in diesem Haus schon einmal gesagt, dass ich dem auch kritisch gegenüberstehe, vor allen Dingen, weil ich sage, dass man die Voraussetzungen, was auch die Anrechnung der Arbeitslosenzeiten angeht, noch einmal genau über

prüfen muss. Aber Sie greifen, wenn Sie die Rentenreform angreifen, auch die Mütterrente an.

(Frau Lehmann [SPD]: Jawohl!)

Ich sage Ihnen: Die Mütterrente ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich freue mich, dass die Kollegin Lehmann mir Recht gibt.

Zum 01.07.2014 bekommen Mütter, die vor 1992 Kinder geboren haben, mehr Mütterrente. Ich erinnere daran, dass keiner so richtig wusste, warum gerade das Jahr 1992 als Stichjahr ausgewählt wurde, und dass das tatsächlich irgendwann einmal aus fiskalischen Gründen festgelegt wurde. Wir können darüber streiten - gar keine Frage -, ob es der richtige Topf ist, aus dem die Mütterrente gezahlt wird. Ich finde, es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

(Beifall des Abgeordneten Büchel [DIE LINKE])

Diese großartige Leistung zu honorieren finde ich richtig, aber man kann sie sehr gut aus Steuermitteln bezahlen.

(Büchel [DIE LINKE]: Wohl wahr! - Frau Lehmann [SPD]: Wir wollen ja die Steuern nicht erhöhen!)

- Ja, man kann auch unterschiedlicher Meinung sein.

Ich mache einen kurzen Schwenk, weil ich gerade bei der Mütterrente bin: Die Zahlungen in Ost - 25,74 Euro - und West 28,14 Euro - sind ja verschieden, und ich möchte einmal mit einer Mär aufräumen. Dass wir die Mütterrente, wie sie beschlossen ist, gut finden, dass wir nicht für die Rentenangleichung West-Ost sind, ist eine Mär, die immer gern hochgehalten wird. Es ist nicht so. Die Kollegin Blechinger hat hier in diesem Haus schon eindrücklich erklärt: Wir haben, wenn wir die Rentenpunkte berechnen, einen Höherwertigkeitsfaktor, der in etwa die Rentenpunkte der Ostlöhne angleicht. Deswegen: Die Angleichung an der Mütterrente festzumachen halte ich für den falschen Weg. Grundsätzlich: Selbstverständlich sind wir für die Angleichung der Renten in Ost und West.

(Beifall CDU)

Zu Ihrem Antrag, meine Kollegen von der FDP, sage ich kurz: Es ist vom SGB VI gesprochen worden - die Kollegin Heppener hat ja viel ausgeführt. Wir haben ein Solidarsystem. Wenn jemand ein ganzes Leben lang zum Beispiel in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat und nie arbeitslos war, dann ist das schön für denjenigen, aber es ist Geld, was eingezahlt und anderen gegeben wurde. Das ist Solidarität.

Deshalb: Wir brauchen die Erfahrungen Älterer genauso wie die Jungen in unseren Firmen und Unternehmen. Eine Besserstellung oder Schlechterstellung, ein Gegeneinanderausspielen brauchen wir nicht. Deshalb brauchen wir auch Ihren Antrag nicht, und wir lehnen ihn ab. - Vielen Dank.