Protocol of the Session on May 15, 2014

(Schulze [B90/GRÜNE]: Sie bekämpfen gar nichts! - Ge- nilke [CDU]: Doch, sich selbst! - Heiterkeit und Beifall CDU)

Die CDU bekämpft die Statistik. Das, meine Damen und Herren, ist etwas, was die Bürger im Lande nun wirklich am wenigsten brauchen. Die Landesregierung braucht allerdings objektive Daten zur Kriminalitätslage im Land. Deswegen - das habe ich mehrfach gesagt und das ist im Übrigen auch von niemandem in Zweifel gezogen worden - hat niemand im Ministerium angewiesen, dass irgendwelche Veränderungen, Manipulationen oder Beschönigungen an der Statistik vorgenommen werden. Im Gegenteil, ich gehe, seit ich im Amt bin - übrigens genauso wie mein Vorgänger Dietmar Woidke -, sehr offen mit den Daten um. In der Tat ist die Lage im Land, was die Kriminalitätsbelastung angeht, nicht gut. Wir haben in einigen Deliktsbereichen, Einbruchs- und Kfz-Diebstähle, erhebliche Zuwächse, und das - das habe ich von Anfang an gesagt - belastet, beunruhigt und besorgt die Menschen erheblich. Deswegen müssen wir gegensteuern.

(Bretz [CDU]: Das sagen wir doch aber auch!)

Das ist unser Ziel, und deswegen haben wir immer einen klaren und offenen Umgang mit der Statistik gepflegt. Was Sie in den letzten Wochen und Monaten bei diesem Thema treiben, ist, den Eindruck zu erwecken, als hätte die Polizei im Land nichts anderes zu tun, als ihre eigene Arbeit schönzureden und zu manipulieren. Es ist eben nicht so, dass es darauf ankäme, nur die Führungskräfte im Blick zu haben. Sie werfen den einzelnen Polizistinnen und Polizisten vor, die mit der Statistik beschäftigt sind, dass sie etwas falsch machen.

(Bretz [CDU] und Eichelbaum [CDU]: Nein! Mitnich- ten!)

Diesen schlechten Ruf, den Sie der Polizei im Land andichten, hat sie nun wirklich nicht verdient.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich nehme - das hatte ich gesagt - die Statistikzahlen so, wie sie sind.

(Bretz [CDU]: Sie reden wider besseres Wissen!)

Ich erwarte in der Tat von der Polizei, dass sie die Statistik nach fachlich bestem Wissen und Können erstellt. Die Statistik ist übrigens ein Bund-Länder-Produkt, eine bundeseinheitliche Richtlinie, die im Land Brandenburg einzuhalten ist. Daran habe ich nie Zweifel gelassen. Genau das erwarte ich von der Polizei.

Es gibt natürlich - das ist ein Ansatz für Diskussionen - Auslegungsprobleme,

(Lachen des Abgeordneten Genilke [CDU])

zum Beispiel bezüglich der Definition von Tateinheit/Tatmehrheit. Wir haben im Oktober 2013 - lange, bevor hier irgendwer über Richtlinien und Auslegungen diskutiert hat - das Thema PKS-Erfassungsregeln im Bereich der Fallerfassung in die zuständige Kommission beim Bundeskriminalamt eingebracht, die sich damit befasst. Dort ist der Einsatz einer Arbeitsgruppe beschlossen worden, an der das Land Brandenburg, die Länder Sachsen, Schleswig-Holstein, Bayern und Niedersachsen beteiligt sind. In den nächsten Monaten wird zu dem Thema ein Ergebnis erwartet. Das ist es, was in dieser Angelegenheit zu tun ist: auf Fachebene eine Klärung herbeizuführen. Es ist nicht meine und im Übrigen auch nicht Ihre Aufgabe, uns bei der Auslegung von Richtlinien in die Details zu begeben; das sollen die Fachleute bei der Polizei tun, und das tun sie jetzt.

Im Übrigen ist dafür gesorgt worden, dass seit dem 7. April 2014 eine landeseinheitliche Richtlinie gilt, und die schon erwähnte Richtlinie der Direktion West, die nur kurzzeitig in Kraft war, ist damit außer Kraft getreten.

Meine Damen und Herren! Die Polizistinnen und Polizisten in Brandenburg sind verpflichtet, die Weisungen der LKA-Fachdirektion zu beachten. Sie kommen dieser Pflicht nach - davon bin ich überzeugt -, und sie werden die Erstellung der Statistik korrekt handhaben.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch zwei Sätze zu dem, was Sie, Herr Lakenmacher, eingangs ausführten, sagen. Es ist ein völlig anderer Aspekt, und ich bin einigermaßen erstaunt, dass andere Abgeordnete noch nicht darauf eingegangen sind: In einem öffentlich laufenden Gerichtsverfahren ergreifen Sie Partei, indem Sie Vermutungen äußern, wohl wissend, dass der Polizeipräsident und andere am Verfahren Beteiligte sich gar nicht öffentlich äußern dürfen, weil sie Zeugen in diesem Prozess sind und, wenn es beantragt wird - Sie haben ja Aufklärung gefordert -, als solche aussagen werden zu der Frage, wie ermittelt wurde. Das ist von erheblicher Relevanz, zumal in einem Indizienprozess. Sie erwarten nicht ernsthaft von mir als Innenminister, nicht vom Justizminister und auch nicht vom Polizeipräsidenten oder dem Generalstaatsanwalt, dass wir uns in einem laufenden Gerichtsverfahren - noch dazu einem so brisanten - öffentlich positionieren. Ich halte es für schäbig, dass Sie den Polizeipräsidenten in eine derartige Lage bringen, ihm Unterstellungen an den Kopf werfen, gegen die er sich nicht verteidigen kann. Wir werden uns dazu nicht äußern, aber wir werden uns das merken, Herr Lakenmacher. - Danke.

(Ooh! bei der CDU - Beifall SPD - Homeyer [CDU]: Das hat Alwin Ziel auch immer zu mir gesagt!)

Jetzt freuen wir uns auf die Kurzintervention des Abgeordneten Schulze.

(Frau Muhß [SPD]: Nein, darauf freuen wir uns nicht!)

- Darauf freuen Sie sich nicht, Frau Fortunato? Dazu haben Sie auch keinen Grund.

(Domres [DIE LINKE]: Sie hat gar nichts gesagt!)

- Dann hat es eine Ihrer Zimmergenossinnen gesagt.

Sehr geehrter Herr Holzschuher, wir reden über die Vorfälle bei der Erstellung der Kriminalitätsstatistik. Worum geht es an dieser Stelle? Um Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit. Im Englischen heißt es credibility. Glaubwürdigkeit ist das Maß der Bereitschaft, die Aussage einer anderen Person als gültig zu akzeptieren. Vertrauenswürdigkeit ist das subjektive Gefühl des Glaubens an die Richtigkeit, die Wahrheitstreue und die Redlichkeit der handelnden Person.

Sehr geehrter Herr Holzschuher, Ihre Glaubwürdigkeit existiert bei mir nicht. Ich werde Ihnen auch sagen, warum nicht. Im Oktober 2010 hatten wir in Caputh, nachdem Herr Speer seine Polizeireform auf Biegen und Brechen durchzusetzen versucht hat - es war kurz nach seiner Absetzung bzw. Demissionierung -, eine heftige Arbeitskreisklausur der SPD-Innenpolitiker. Es gab damals einige Leute in der SPD, die die Auffassung vertreten haben - einige sind auch heute hier im Raum und können das sicher bezeugen -, dass der Weg der Speerschen Polizeireform ein Weg in Chaos, Niedergang und Kriminalität ist.

(Widerspruch bei der SPD)

Diese Sitzung war nicht ruhig; es wurde sehr laut argumentiert. Herr Holzschuher, Sie sind es gewesen, der damals alle kritischen Geister, die gesagt haben, dass die Reform in den Abgrund führe, niedergehalten haben. Sie haben die Position der weiteren Durchsetzung der Speerschen Polizeireform wider besseres Wissen mit durchgesetzt. Sie können sich nicht damit herausreden, dass Sie nicht gewusst hätten, wohin es führt. Denn alle drei Polizeigewerkschaften haben das dezidiert vorgetragen. Deshalb ist Ihre Glaubwürdigkeit vertan und sind vor allem auch die von Frau Nonnemacher schon angesprochenen Aktionen, die Polizeiwachen offenzuhalten, nichts weiter als plumpe Wahlkampftaktik. Das finde ich in höchstem Maße verantwortungslos. Übernehmen Sie doch einmal Verantwortung für das, was Sie damals getan haben! Sie hätten es in der Hand gehabt, diesen falschen Weg zu stoppen und all den Kollegen in der Polizei die großen Probleme, die ihnen die Reform bereitet hat, zu ersparen. Sie haben es nicht getan. Deshalb genießen Sie bei mir keine Glaubwürdigkeit, und deshalb vertraue ich Ihnen auch nicht.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU)

Der Innenminister hat die Möglichkeit zu reagieren.

Herr Abgeordneter Schulze, das klang ein bisschen nach einer Abrechnung mit einer ganzen Legislaturperiode und nicht mit einem Thema.

(Beifall SPD)

Über die Glaubwürdigkeit einzelner Abgeordneter, die ihre Position, auch ihre Sitzposition wechseln, will ich mich hier nicht äußern.

(Petke [CDU]: Mehr davon!)

Aber eines, Herr Schulze, werden Sie mir nicht vorhalten können: dass ich behaupte, ich hätte damals die Polizeistrukturreform bekämpft. Nein, in der Tat, ich war wie die Fraktion der SPD insgesamt überzeugt, dass das der richtige Weg ist.

(Schulze [B90/GRÜNE]: Es war aber nicht der richtige Weg!)

Ich bin weiterhin überzeugt, dass es der richtige Weg war, aber wir haben - und zwar nicht erst, seitdem ich im Amt bin, sondern auch schon zur Zeit meines Amtsvorgängers Dietmar Woidke - immer gesagt: Wir müssen uns die Lage im Land genau ansehen und entscheiden, wie wir reagieren. Deshalb hat es schon unter Dietmar Woidke und dann unter meiner Amtsführung Änderungen am ursprünglichen Konzept gegeben. Eine der Problemlagen, die wir damals nicht erwartet hatten, ist in der Tat die zunehmende Kriminalitätsbelastung im Land. Deswegen ist der Manipulationsvorwurf so grotesk; ich beschönige es doch überhaupt nicht. Das ist doch der Ansatz, warum wir sagen: Die ursprüngliche Zielzahl von 7 000 ist so nicht zu halten. Wir haben gegengesteuert, weil es sinnvoll und erforderlich ist und nicht, weil Wahlen anstehen, Herr Schulze.

(Heiterkeit bei der CDU - Bretz [CDU]: Nein! Morgen ist Montag!)

Gelegenheit für das Schlusswort erhält noch einmal der Abgeordnete Lakenmacher.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, zunächst zur BAO „Imker“: Also ganz ehrlich, ich habe mich hier auf Medienberichte berufen. Wenn Berichte existieren, die besagen, dass in Brandenburg einseitig ermittelt wurde und die rechtsstaatlichen Grundsätze nicht angewandt wurden, dann ist es doch verständlich und normal, dass ich Aufklärung fordere. Und Sie kommen mit Ihrer Drohgebärde: „Das merke ich mir.“ Was soll das? Was soll das?!

(Beifall CDU)

Frau Stark, Herr Minister, Sie wissen ganz genau, dass ich nichts gegen die Bediensteten im Land gesagt habe. Im Gegenteil! Sie wissen das und sagen hier wider besseres Wissen das, was in Ihrem Redemanuskript steht. Da weiß ich, was schäbig ist.

(Frau Stark [SPD]: Na, da fragen Sie bei den Betroffenen einmal nach!)

Wenn Sie wissen wollen, wie sich die Bediensteten im Land fühlen, müssen Sie nicht im Zimmer des Polizeipräsidenten oder des Direktionsleiters fragen, dann müssen Sie die Polizisten im Funkstreifenwagen, in den BAOs und Hundertschaften fragen. Wenn Sie das tun, wissen Sie, wie es in den Seelen der Polizeibeamten im Land Brandenburg aussieht.

(Beifall CDU - Minister Holzschuher: Das tue ich!)

Sie sagen nämlich im Hinblick auf die Debatte, die wir hier führen: Herr Lakenmacher, Sie sprechen mir aus der Seele. Das ist die Wahrheit.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren! Damit ist die Rednerliste erschöpft. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 5/9013. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 16 und rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Schnelle Verkehrsverbindungen aus allen Ober- und Mittelzentren nach Berlin - eine zielgerichtete Verkehrspolitik für die Pendler in Brandenburg

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/8998

Wir beginnen die Debatte mit dem Beitrag des Abgeordneten Genilke, CDU-Fraktion.