Protocol of the Session on May 14, 2014

Niemand würde diesen Frauen eine solche Tat zutrauen. Deshalb geht es darum, das Umfeld zu sensibilisieren. Die Frauen gehen häufig nicht zur Schwangerenberatungsstelle. Die besten Beratungsstellen nützen nichts, wenn die Schwangeren das Angebot nicht wahrnehmen. Das Umfeld muss ermutigt werden, mehr als einmal nachzufragen, wenn die Frau an Gewicht zunimmt, ob sie vielleicht schwanger ist. Das Umfeld muss dafür sensibilisiert werden, wie der Betroffenen im Zweifelsfalle geholfen werden kann.

Deshalb werbe ich für die landesweiten Empfehlungen, um Jugendämter, Ärzte und Krankenhäuser einzubinden und ein einheitliches Handeln in den Kommunen zu erreichen, sodass nicht jeder Landkreis sein eigenes Management in diesem Bereich entwickelt. Ich werbe um Zustimmung zu dem Antrag und denke, Sie haben ihm entnommen, dass es uns nicht darum geht, die Landesregierung bloßzustellen oder ihr Versäumnisse vorzuwerfen, sondern darum, einheitliches Handeln im Land herbeizuführen. Das geht nur mit der Landesregierung. - Danke.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Blechinger. - Wir sind am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung. Ihnen liegt der Antrag der CDU-Fraktion, Umsetzung „Gesetz zur vertraulichen Geburt“ in Brandenburg, in Drucksache 5/8991 vor. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

(Senftleben [CDU]: Dass ihr nicht einmal über euren Schatten springen könnt! So ein kleiner Schatten! - Bi- schoff [SPD]: Dazu müsste erst einmal Licht an sein! - Senftleben [CDU]: Ach komm, hör auf!)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 19 und rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Stand der Verwirklichung der Leitlinien für Seniorenpolitik und des Seniorenpolitischen Maßnahmenpakets „Aktives Altern in Brandenburg“ und sich daraus ergebende Schlussfolgerungen für eine künftige Seniorenpolitik (gemäß Beschluss des Landtages Brandenburg vom 01.09.2011 - Drucksache 5/3916-B)

Bericht der Landesregierung

Drucksache 5/8935

in Verbindung damit:

Altersgrenzen in Brandenburger Rechtsvorschriften Bestandsaufnahme und Bewertung - Maßnahme Ziffer 1 des Seniorenpolitischen Maßnahmenpakets der Landesregierung „Aktives Altern in Brandenburg …“

Bericht der Landesregierung

Drucksache 5/8307

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie

Drucksache 5/9003

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung.

(Frau Prof. Dr. Heppener ist auf dem Weg zum Redner- pult.)

So steht es auf meinem Blatt. Frau Heppener, das war zu früh und umsonst. Entschuldigung, aber wir müssen nach der Rednerliste vorgehen. - Herr Minister Baaske, Sie haben das Wort.

Umsonst ist hier gar nichts, liebe Sieglinde Heppener, das nennt man aktives Altern.

(Heiterkeit)

Ich habe mir schon ein paarmal einen Filmclip gewünscht, gedreht auf der Brandenburger Straße in Potsdam, in Eberswalde oder wo auch immer, der eine typische Bevölkerungskonstellation der 60er-Jahre zeigt - meinetwegen auch mit dem entsprechenden Outfit -: Wie viele Kinder laufen da entlang? Wie viele Ältere sieht man? - Dann wechselt das Bild in die 70er-Jahre, in die 80er, die 90er und schließlich in das Jahr 2014. Interessant, wie wenig Kinder und wie viele Ältere man dann plötzlich auf dieser Straße sieht. Damit könnte man die Demografie quasi haptisch rüberbringen: Wie entsteht eine alternde Gesellschaft in Brandenburg? Man wird feststellen können, dass diejenigen, die in den 60er-Jahren 60 Jahre alt waren, ein Stück weit älter wirkten als die heutigen 60-Jährigen. Gesunde und fitte alte Menschen gab es damals zu einem erheblich geringeren Anteil als heutzutage.

Wir haben uns dieser Entwicklung gestellt und gesagt: Dafür erstellen wir ein Maßnahmenpaket, das wir voranbringen und forcieren wollen. Wir möchten, dass die Menschen in Brandenburg aktiv altern. Das haben wir mit großer Unterstützung vonseiten des Landesseniorenrates und vieler anderer Beteiligter gut hinbekommen. Politik muss sich darauf einstellen, dass wir in einer alternden Gesellschaft leben. Alte Menschen sind unverzichtbar für die Stabilität und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft; das zeigt uns nicht nur Sieglinde Heppener, das zeigen auch viele andere, die in Seniorenbeiräten, im Seniorenrat und vielen Vereinen - Feuerwehr, Chor, Kunst, Kultur, Umweltschutz - aktiv sind und das Land voranbringen.

Vielfalt heißt aber eben auch, dass wir die Belange von Senioren in allen Bereichen von Anfang an mitdenken müssen. Das trifft auf die Wohnungsgesellschaften genauso zu wie auf Krankenhäuser und Kultureinrichtungen. Immer muss daran gedacht werden, dass die Gesellschaft älter wird und die Einrichtungen entsprechend gebaut bzw. umgebaut werden müssen.

Gut finde ich, wenn Kommunen und Landkreise ihre Region nach Sozialräumen gestalten. Das Umfeld für eine alternde Gesellschaft in Potsdam zu gestalten ist wahrscheinlich um einiges einfacher als zum Beispiel in der Uckermark oder im Hohen Fläming mit einer wesentlich dünneren Besiedlung. Die

Alten wollen in Zukunft gern dort leben, wo sie jetzt leben, aber eben nicht allein. Sie wollen im Alter nicht allein sein und möglichst in ihrem Zuhause bleiben. Wir müssen mehr zulassen, zum Beispiel Senioren-WGs, Wohnungen müssen so gestaltet werden, dass eine Nachbarschaft aktiv sein kann. All das ist zu organisieren. Das gilt für die medizinische Versorgung, für die Versorgung mit Lebensmitteln und kulturellen Angeboten, aber insbesondere für die Pflegeversorgung.

Auch Altersarmut ist derzeit bei uns noch kein großes Thema. Die Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung sind in Brandenburg noch im untersten Prozentbereich angesiedelt. Aber wir wissen genau: Die Erwerbsbiografien der letzten Jahre werden dafür sorgen, dass auch die Altersarmut in Brandenburg zunehmen wird. Wir werden mehr und mehr Leute bekommen, die in der Grundsicherung sind. Aber auch für diese brauchen wir eine Möglichkeit der aktiven Teilhabe. Das muss organisiert werden; auch dazu haben wir einige Angebote in unserem Maßnahmenpaket gehabt.

Ich finde, die Leitlinien waren gut gewählt, das Maßnahmenpaket war gut gestrickt und relativ voll. Fast alles von dem, was wir ins Paket gepackt haben, ist im Laufe der Zeit ausgepackt worden: durch die Seniorenbeiräte, den Landesseniorenrat und die vielen anderen Akteure, die wir dazu im Land haben.

Die erste Maßnahme im Paket bezog sich auf die Altersgrenzen. Wir haben im Sozialausschuss schon einmal diskutiert, welche Notwendigkeiten sich dort ergeben bzw. nicht ergeben; darüber gab es also schon die eine oder andere Diskussion. Ich möchte den Kollegen, die auch noch Altersgrenzen in Verordnungen und Gesetzen entdeckt haben, ausdrücklich Mut machen, zu akzeptieren, dass Altersgrenzen wirklich nur bedingt eine Rechtfertigung in Verordnungen und Gesetzen haben. Das gilt es wirklich genau zu überprüfen, und dann gilt es den Mut zu haben, das in den Gesetzen und Verordnungen entsprechend zu ändern. Denn wir sind eine alternde Gesellschaft. Der Zustand, in dem 1960 ein 60-Jähriger war, und der Zustand eines 60-Jährigen heute - das ist etwas völlig anderes. Wir werden langsam, aber sicher älter, und das sollte man auch in Verordnungen und Gesetzen berücksichtigen. Also habt den Mut und fasst das an! Schaut noch einmal ganz genau nach, was Ihr diesbezüglich verändern könnt und solltet! - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister Baaske. - Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Prof. Dr. Heppener, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Liebe Freunde von „SPD 60 plus“! Liebe Gäste vom Seniorenrat des Landes Brandenburg! Ich begrüße auch die anderen Gäste herzlich. Die Seniorenpolitischen Leitlinien der Landesregierung wurden 2007 erstmalig vorgelegt und 2011 evaluiert. Das Maßnahmenpaket 2011 bis 2014 schafft Rahmenbedingungen für Teilhabe der Seniorinnen und Senioren am sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und bürgerschaftlichen Leben und ermöglicht eine selbstverantwortete Lebensführung bis ins hohe Alter.

Dies ist inzwischen angekommen; der Herr Minister hat schon darauf hingewiesen. 2010 kannten 88,6 % der befragten Kommunalverwaltungen und 94,4 % der Seniorenvertretungen die Leitlinien. 78 % aller Befragten bestätigten, Anregungen für ihre Arbeit bekommen zu haben. Eigene Seniorenpolitische Leitlinien oder ähnliche Dokumente bestätigen ihre motivierende Wirkung unter regionalen bzw. kommunalen Voraussetzungen. Der Bericht bestätigt den bis Jahresende 2013 abgeschlossenen Maßnahmen überwiegend positive Ergebnisse.

Für die Konzipierung und erfolgreiche Realisierung der Maßnahmen war von entscheidender Bedeutung, dass sie von einer straff geführten Projektgruppe begleitet wurden, an der alle Ressorts der Landesregierung in ihrer jeweiligen Zuständigkeit sowie der Städte- und Gemeindebund und der Seniorenrat des Landes Brandenburg beteiligt waren. Wollen wir in unserer alternden Gesellschaft bei Wohnen, Mobilität, Bildung, Gesundheit und Pflege auch zukünftig vorankommen, müssen die verantwortenden Ressorts effektiver zusammenarbeiten.

Die jeweiligen Zuständigkeiten des Landes und der kommunalen Daseinsvorsorge sind klar abzustimmen. Seniorinnen und Senioren, Seniorenrat und Seniorenbeiräte sind als Spezialisten ihrer eigenen Lebenszustände zu beteiligen. Das gilt in besonderem Maße für die Einheit von Senioren- und Pflegepolitik. Aktives Altern kann dazu beitragen, Pflegebedürftigkeit zu verhindern oder hinauszuzögern und Lebensqualität auch bei gesundheitlicher Beeinträchtigung zu erhalten. Altern ist eben keine Kette des unausweichlichen Verlustes der körperlichen und geistigen Kräfte. Aber die Alten brauchen gleichermaßen Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes aktives Leben und für Lebensumstände mit bestehendem oder drohendem Hilfe- und Pflegebedarf.

Der Abschlussbericht der Brandenburger Fachkräftestudie Pflege geht davon aus, dass eine gelingende Pflegepolitik vor Ort auch immer eine funktionierende Seniorenpolitik voraussetzt. Das gilt auch für das Wohnen. Alle wissen: Ältere Menschen wollen so lange wie möglich in ihrer vertrauten Häuslichkeit und sozialen Gemeinschaft leben. Wohnqualität ist Lebensqualität. Die Wohnung wird im Alter immer mehr zum Lebensmittelpunkt. Alle wissen es, aber es reicht nicht, das nur zu wissen. Wir brauchen mehr Druck auf ressortübergreifendes Herangehen, klugen Einsatz von Fördermitteln für barrierefreien Um- und Neubau, Abbau von Hemmnissen nach dem Grundsatz „So viel Schutz wie nötig, so viel Selbstbestimmung wie möglich“. Da, so denke ich, haben wir noch sehr viel zu tun.

Die sozialen und wirtschaftlichen Aufgaben müssen zukünftig von weniger und zunehmend von älteren Menschen bewältigt werden. Mit der Zielstellung des Maßnahmenpakets, realistische Vorstellungen über das Alter zu entwickeln, wurden die in Brandenburger Rechtsvorschriften festgeschriebenen Altersgrenzen überprüft. Im Ergebnis schätzte eine ressortübergreifende Projektgruppe 16 davon als überarbeitungsbedürftig ein. In den Ressorts gelang eine zunehmende Sensibilisierung dafür, dass sowohl Altershöchst- als auch Altersmindestgrenzen Menschen überall dort ausgrenzen und diskriminieren, wo von einem erreichten oder noch nicht erreichten Lebensalter pauschal auf das Fehlen von Fähigkeiten geschlossen wird.

So weit - so gut. Das Eigentliche steht uns aber noch bevor. Die Überprüfung Brandenburger Gesetze und Verordnungen hinsichtlich diskriminierender Altersgrenzen muss im weiteren Gesetzge

bungsverfahren zur Abschaffung dieser Altersgrenzen führen. Das ist sicher ein Prozess, der einen langen Atem braucht und der an Schwierigkeiten gebunden ist, aber wir müssen diesen Weg gehen. Viel wäre schon gewonnen, wenn sich die Landesregierung entschließen könnte, zukünftig einen Alters-Check in die Liste der Prüfkriterien für Kabinettsvorlagen aufzunehmen.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Lebensqualität im Alter setzt voraus, dass die Lebenschancen der Älteren und die Zukunftschancen der Jüngeren nicht gegeneinander ausgespielt werden. Angesichts einschneidender Veränderungen der Bevölkerungsstruktur ist dies eine große Herausforderung. Seniorenpolitik bleibt wichtig, Leitlinien und abrechenbare Maßnahmen bleiben nötig. Es muss klar sein, wer wann was zu tun hat und welche Mittel dazu nötig sind. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Die Kollegin Schulz-Höpfner setzt für die CDU-Fraktion fort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Prof. Heppener, ich kann Ihren Ausführungen umfänglich zustimmen. Sie wissen, dass das in den Debatten zur Altenpolitik nicht immer so war. Wir hatten auch schon eine sehr muntere Debatte über die Seniorengenossenschaften, wenn ich daran erinnern darf. Da bedurfte es schon einer größeren Debatte, um die Landesregierung davon zu überzeugen, dass die Senioren das für eine gute Sache halten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Seniorenpolitik tatsächlich ein Politikfeld ist, das immer mehr an Bedeutung gewinnt, muss man eigentlich gar nicht sagen. Nicht nur, dass die Anzahl größer wird - nein, es ist auch eine andere Generation von Alten, die da heranaltert mit neuen Bedürfnissen, die unsere Gesellschaft garantiert vor neue Herausforderungen stellen, gleichzeitig aber auch Chancen eröffnen. Heutzutage wollen die Alten mitgestalten, sie wollen nicht mehr gestaltet werden - egal, ob es beim Wohnen, beim ÖPNV, bei Reisen, Freizeit, gesundheitlicher Versorgung, Betreuung und Pflege oder auf dem Arbeitsmarkt ist.

Deshalb sind die Seniorenpolitischen Leitlinien als Handlungsrahmen mit den entsprechenden Maßnahmen ein wichtiger Ansatz. Sie sind weiter zu gestalten. An dieser Stelle möchte ich mich auch bei denjenigen Seniorinnen und Senioren ganz herzlich bedanken, die sich an der Evaluierung - es waren ja meist Seniorenbeiräte - beteiligt haben. Auch dabei stellte sich heraus, dass selbst die Seniorenbeiräte durchaus Nachwuchssorgen haben. Das muss also ebenfalls angepackt werden. Auch dass sich die Stadt-Land-Problematik immer weiter verschärft, ist einer der wichtigen Aspekte, die nicht aus dem Blick gelassen werden dürfen.

Was ich als grundsätzlich wichtigen Aspekt erachte: Es muss immer ein solidarisches Miteinander von junger und älterer Generation sein. Daher ist es wichtig, dass man es im Blick behält. Denn Seniorenpolitik ist Querschnittsaufgabe, aber auch Generationenaufgabe.

Schade ist nur, dass wir uns erst jetzt, am Ende der Wahlperiode, zu einer Auswertung zusammenfinden. Das heißt, es bleibt dem nächsten Landtag vorbehalten, die vorliegenden Ergebnisse umzusetzen bzw. weiterzuentwickeln, und zwar in allen Bereichen des Lebens. Denn Seniorenpolitik findet überall statt, überall werden die Menschen älter, in jeder einzelnen Familie.

Zum zweiten Teil des Tagesordnungspunktes, der Überprüfung der Rechtsvorschriften: Ich finde, es ist eine gute Sache, dass sich der Ausschuss dazu verständigt hat, die Gesetze, die jetzt vorhanden sind, bei Novellierungen auf diskriminierende Altersgrenzen zu überprüfen und dabei realitätsbezogen Altersgrenzen abzuschaffen. In diesem Sinne denke ich, dass die Seniorenpolitik auch im nächsten Landtag eine große Rolle spielen wird. Die Leitlinien und die Maßnahmen müssen entsprechend weiterentwickelt werden. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Die Abgeordnete Böhnisch spricht für die Linksfraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste!