Protocol of the Session on April 3, 2014

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in Drucksache 5/8766, ein Antrag aller Fraktionen: Schaf- und Ziegenhaltung im Land Brandenburg stärken - wirtschaftliche Rahmenbedingen verbessern! - Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Es gibt keine. Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

(Beifall des Abgeordneten Folgart [SPD])

Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Medizinische Versorgung für Asylbewerber verbessern!

Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 5/8765

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter Tomczak, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht kann ich die große Übereinstimmung, die eben geherrscht hat, auf den nächstfolgenden Antrag der FDP überleiten; Grund dazu gibt es genug.

Insgesamt 194 Initiativen zum Themenkomplex Asylbewerber und damit 88 mehr, als in der gesamten letzten Wahlperiode hat es seit Beginn dieser Legislaturperiode gegeben, angefangen beim baulichen Zustand der Erstaufnahmeeinrichtung in

Eisenhüttenstadt bis hin zur Frage der zentralen oder dezentralen Unterbringung in den Landkreisen und kreisfreien Städten. Der Landtag hat die Unterbringung der mitreisenden Kinder und pflegebedürftigen Angehörigen debattiert, genauso wie Fragen der Residenzpflicht und der sofortigen Arbeitserlaubnis. Wenn man diesem Hohen Hause etwas sicherlich nicht unterstellen kann, dann ist es das, die Probleme asylsuchender Personen nicht im Blick gehabt zu haben.

Einer Frage bei der Integration von Asylbewerbern ist jedoch bislang zu wenig Beachtung geschenkt worden: Wie steht es um die medizinische Versorgung dieser Menschen?

Meine Fraktion hat daraufhin Ende November des vergangenen Jahres eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt, um Qualität und Quantität der medizinischen Versorgung sowohl in der Erstaufnahmeeinrichtung als auch in den Landkreisen und kreisfreien Städten nachvollziehen zu können. Lassen Sie mich diese Ergebnisse zusammenfassen:

Erstes Ergebnis: Die Anzahl der Erstuntersuchungen ist von 523 im Jahr 2007 auf 1 761 im Jahr 2012 gestiegen. Bis zum Ende des dritten Quartals 2013 war eine weitere Steigerung auf 2 267 Personen - zu verzeichnen. Hochgerechnet auf das ganze Jahr ergeben sich somit fast 3 000 Erstuntersuchungen eine Steigerung gegenüber 2007 um rund 580 %. Entsprechend müsste auch die Anzahl der Mediziner deutlich gestiegen sein, sollte man annehmen. Die Praxis sieht jedoch anders aus: Eine Honorarärztin führt an zwei Wochentagen die entsprechenden Untersuchungen in Eisenhüttenstadt durch. Sie wird unterstützt von zwei Sozialmedizinischen Assistentinnen. Des Weiteren wird wöchentlich eine Tuberkulosesprechstunde von den Internisten des Krankenhauses Eisenhüttenstadt angeboten. In Krankheitsfällen ist zudem ein niedergelassener Arzt stundenweise in der Erstaufnahmestelle präsent. Während die Versorgung von Tuberkulose- und allgemeinen Krankheitsfällen abgesichert zu sein scheint, ist schwer vorstellbar, dass die Durchführung von rund 3 000 Erstkontakten pro Jahr allein durch eine auf Honorarbasis tätige Ärztin zu leisten ist.

Zweites Ergebnis: In den zwei Untersuchungsräumen in der Erstaufnahmestelle stehen bislang keine PC-Arbeitsplätze zur Verfügung. Das bedeutet, dass die Ärztin die Untersuchungsergebnisse handschriftlich erfassen und später in ihren Rechner übertragen muss. Bis zum Vorliegen der Antworten war ich fest davon ausgegangen, dass jeder praktizierende Arzt mit einem PC-Arbeitsplatz ausgestattet ist - gerade im öffentlichen Gesundheitsdienst. Aber in Eisenhüttenstadt ticken die Uhren, wie es scheint, anders. Hier müssen Ärzte doppelte Arbeit leisten, weil das Land die nötige Infrastruktur nicht zur Verfügung stellt.

Drittes Ergebnis: Bei der Untersuchung von Asylbewerbern gibt es eine Reihe zumeist kulturell bedingter Konflikte. So klappt die sprachliche Verständigung oftmals nur dort, wo Dolmetscher vorhanden sind. Zudem verhindern bestimmte Glaubensrichtungen die Untersuchung der Ehefrauen. Auch wird von Fällen berichtet, in denen Medikamente eben nicht nach Vorschrift eingenommen werden.

An diesen Beispielen zeigt sich, dass ein Bedarf vorhanden ist, die behandelnden Mediziner interkulturell zu schulen. Die Landesregierung vertritt jedoch die Auffassung, dass aufgrund der ohnehin begrenzten Anzahl von Medizinern in der Region

Zitat - „keine über das allgemein übliche Maß hinausgehenden Kenntnisse zu den Kulturen der Herkunftsländer vorausgesetzt werden“ können. Damit vermeidet die Landesregierung zwar zusätzliche Belastungen der Mediziner, nimmt gleichzeitig aber in Kauf, dass ihre Arbeit von Personen mit Migrationshintergrund womöglich nicht akzeptiert und damit auch kein Behandlungserfolg eintreten wird. Dass das der richtige Weg ist, bezweifle ich.

Insofern war es naheliegend, dass wir die bestehenden Defizite aufgegriffen und entsprechende Gegenmaßnahmen in den heute vorliegenden Antrag eingebaut haben.

Wir erwarten erstens, dass die Landesregierung gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung einen Bedarfsplan für die Erstaufnahmestelle erarbeitet, mit dem den deutlich steigenden Fallzahlen Rechnung getragen wird.

Zweitens benötigen die Mediziner in der Erstaufnahmestelle endlich einen PC-Arbeitsplatz, um ihre Untersuchungsergebnisse nicht doppelt dokumentieren zu müssen. Es ist unklar, warum diese - aus unserer Sicht - Selbstverständlichkeit noch nicht umgesetzt worden ist.

Drittens wirbt meine Fraktion sehr wohl dafür, den behandelnden Ärzten in den Kreisen und kreisfreien Städten interkulturelle Kommunikationswerkzeuge an die Hand zu geben. Entsprechende Modelle sind bereits Teil der interkulturellen Kommunikationsforschung und werden in Ballungsräumen schon praktiziert. Ob sich die Mediziner dies nach Feierabend aneignen oder im Rahmen einer Weiterbildung, wird zu klären sein. Es kann aber keine Lösung sein, Kommunikationsdefizite zwischen Arzt und Patienten hinzunehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Antrag möchte das Rad natürlich nicht neu erfinden. Hier, vom Landtag ausgehend, schreiben wir die Integration von Asylbewerbern nicht nur als abstraktes Ziel auf das Papier, sondern wir wollen auch in der Praxis ernst machen. Wir alle wissen: Zur Integration gehören nicht nur der Erwerb der deutschen Sprache, die Teilnahme an Bildungsangeboten oder die Erwerbsbeteiligung; auch die medizinische Versorgung beeinflusst die Integration.

(Beifall des Abgeordneten Beyer [FDP])

Bestmöglich auf die Bedürfnisse der hier ankommenden Flüchtlinge einzugehen ist aus liberaler Sicht Teil der Willkommenskultur in Brandenburg. Genau diese soll mit unserem Antrag gestärkt werden. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP sowie der Abgeordneten Schier [CDU] und Bretz [CDU])

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tomczak. - Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Wiederum erhält die Abgeordnete Lehmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Lieber Raimund, ja, es ist schon rich

tig und wichtig, die Zentrale Ausländerbehörde immer wieder im Blick zu haben und gelegentlich auch dorthin zu schauen nicht nur wegen der Kontrolle und um möglicherweise Missstände aufzudecken, sondern auch um eventuell helfend eingreifen zu können. So jedenfalls verstehe ich den Antrag der FDP-Fraktion.

(Beyer [FDP]: Kein Einwand!)

Wenn wir alle uns erinnern, stellen wir fest: Es gab Meldungen über die ZABH in Eisenhüttenstadt, die uns überrascht und zum Teil auch betroffen gemacht haben. Es gab schon sehr angespannte und riskante Situationen: Selbstmord, Hungerstreik, Tuberkulose, um nur einige Stichworte zu nennen.

Insbesondere die wochenlange Überbelegung in Eisenhüttenstadt hat allen beteiligten Mitarbeitern und Flüchtlingen viel abverlangt.

Daraus hat die Landesregierung bereits Schlussfolgerungen und Konsequenzen gezogen, unter anderem wurde das Personal aufgestockt. Bereits im vergangenen Jahr wurden zwei zusätzliche Sozialarbeiter und zwei weitere Verwaltungsmitarbeiter eingestellt. Das Diakonische Werk führt die Flüchtlingsberatung auch innerhalb der Einrichtung durch, und ein Psychologe bietet Krisenintervention an. Auf diese Weise soll frühzeitig erkannt werden, ob Flüchtlinge besondere Probleme haben.

Nun zum Antrag der FDP-Fraktion: Sie schreiben in Ihrem Antrag:

„Die medizinische Versorgung... in Eisenhüttenstadt ist gefährdet.“

Und weiter:

„Die Untersuchung mehrerer Tausend neu ankommender Personen durch nur eine Honorarärztin, die... nur an zwei Tagen in der Woche praktiziert, wird mittelfristig zu einer Überlastung der Medizinerin führen...“

Sie fordern außerdem, die „vorhandenen Untersuchungsräume mit PC-Arbeitsplätzen auszustatten“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, lieber Raimund, in meinen Augen stellt sich die Situation in Eisenhüttenstadt anders dar. Neben der Arbeit zweier Sozialmedizinischer Assistenten in Vollzeit sieht die ärztliche Versorgung wie folgt aus: Eine pensionierte Hausärztin versorgt die Flüchtlinge Montag und Mittwoch nachmittags. Sie ist von Haus aus Allgemeinmedizinerin und Kinderärztin.

(Frau Schier [CDU]: Wie alt ist sie? 75?)

- 76 Jahre, aber Alter ist ja kein Grund zur Diskriminierung.

(Senftleben [CDU]: Nein!)

Des Weiteren steht am Dienstagnachmittag ein Honorararzt zur Verfügung, der im Krankenhaus in Beeskow als Internist arbeitet. Am Donnerstagnachmittag führt ein weiterer Honorararzt, aus der Klinik Eisenhüttenstadt kommend und dort als Kinderarzt tätig, Untersuchungen durch. Somit stehen für die Erstuntersuchung und die medizinische Betreuung in der Zentralen

Aufnahmestelle in Eisenhüttenstadt drei Honorarärzte zur Verfügung, die an vier Tagen in der Woche vor Ort präsent sind. Ein darüber hinausgehender Bedarf ist zurzeit nicht angezeigt.

Das deckt sich auch damit, dass zum einen in letzter Zeit - Gott sei Dank, füge ich hinzu - keine Beschwerden mehr über unzureichende Versorgung bekannt werden; zum anderen scheint auch das System der Überweisung der Patienten an externe Fachärzte und Krankenhäuser zu funktionieren, da die abgerechneten externen ambulanten Behandlungen von 1 839 im Jahr 2012 auf 3 040 im Jahr 2013 gestiegen sind. Natürlich muss die Situation vor dem Hintergrund wachsender Zugangszahlen weiter intensiv beobachtet werden, aber dazu benötigen wir keinen Antrag hier im Plenum.

Die Untersuchungen in Eisenhüttenstadt werden durch das Gesundheitsamt des Landkreises Oder-Spree verantwortet und durchgeführt. Im Gespräch mit der Amtsärztin ist mir noch einmal sehr klar geworden, dass nicht in jedem Fall von einem schlüssigen Versorgungskonzept gesprochen werden kann. Zu viele Informationen gehen immer noch verloren und fehlen dann natürlich auch den Landkreisen. Um diese Lücke zu schließen, brauchen wir aber auch nicht den Antrag der FDP-Fraktion. Hier hilft ein Blick in unseren gemeinsamen Antrag zur Verbesserung der Lebenssituation vom Juni 2012. Unter Punkt 3 haben wir die Landesaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt, ihre Zusammenarbeit mit den Landkreisen, aber auch die Verantwortung in puncto psychosozialer und medizinischer Versorgung angesprochen. Es wäre schön, wenn die Landesregierung ebenfalls einen wiederholten Blick in diesen Antrag werfen könnte,

(Lachen bei der CDU)

denn es sind noch nicht alle Punkte uns gegenüber abgerechnet worden. Ich will nur sagen: Das Parlament vergisst das nicht. Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Lehmann. - Wir kommen nun zum Beitrag der CDU-Fraktion. Frau Abgeordnete Schier hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der FDP-Fraktion zur Verbesserung der medizinischen Versorgung von Asylbewerbern passt zu unserer heutigen Tagesordnung, denn wir haben heute schon über das Landesintegrationskonzept gesprochen. Dort finden sich unter Punkt 2 - Gesundheitliche Versorgung und Prävention - hehre Ziele - Erstens: „Organisation regelmäßiger ärztlicher und zahnärztlicher Sprechstunden in den Gemeinschaftsunterkünften“, zweitens: „Aufsuchende Beratungsarbeit der Gesundheitsämter, der Sozialpsychiatrischen Dienste und der Psychiatrischen Institutsambulanzen in den Gemeinschaftsunterkünften“.

Das sind zwei Ziele, die auf die Arbeit und Verantwortung der Kreise hinauslaufen.