Im Land gibt es bereits gute Beispiele sozialen Unternehmertums, die beweisen: Wenn alle Akteure vor Ort - Kommunen, Jobcenter, Unternehmen sowie Arbeits-, Struktur- und Bildungsgesellschaften - zusammenarbeiten und die materiellen und finanziellen Ressourcen bündeln, dann ist es möglich, entsprechend den Bedingungen vor Ort gemeinwohlorientierte Arbeit anzubieten. Sie beweisen, dass es allemal besser ist, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Das trägt zur Integration und sozialen Teilhabe der Menschen bei und senkt auch die gesellschaftlichen Kosten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann in der kurzen Zeit nicht alle Facetten der guten Arbeit beleuchten. Deswegen nehmen wir mit unserem Entschließungsantrag auch Bezug auf den Entschließungsantrag aus dem letzten Jahr, in dem entscheidende inhaltliche Schwerpunktaufgaben benannt sind, an deren Umsetzung wir weiter arbeiten. Es ist auch immer gut, nach neuen Instrumenten zu suchen, um die Situation im Land noch genauer zu erfassen und Schwerpunkte zu erkennen. Ich glaube, dass dafür der Index „Gute Arbeit“ des DGB ein gutes Mittel ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie sehen, unsere Arbeit ist noch lange nicht getan. Ich habe bis jetzt nur die Landes- und Bundesperspektive bemüht. Die europäische Ebene beleuchtet dann meine Kollegen Kerstin Kaiser. - Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Rede aus der Geschäftsordnung zitieren:
„Eine Fraktion kann zu einer Frage der aktuellen Landespolitik eine Aussprache (Aktuelle Stunde) beantragen. Anlass zu einer Aktuellen Stunde sollen Vorgänge sein, die den Antragstellern seit der letzten Plenarsitzung, für die ihnen das Antragsrecht nach Nummer 2 zustand, zur Kenntnis gelangt und öffentlich geworden sind.“
Jeder mag selbst beurteilen, ob DIE LINKE bei der Antragstellung diesen Passus der Geschäftsordnung im Blick hatte. Es ist jetzt nicht mehr nur von guter Arbeit in Brandenburg und Deutschland, sondern in ganz Europa die Rede.
Der Text der Begründung lässt erahnen, dass wir uns das nächste Mal auf gute Arbeit in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Kanada einstellen dürfen.
(Beifall CDU - Lachen bei der Fraktion DIE LINKE - Frau Mächtig [DIE LINKE]: Das kann nur der CDU passieren!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bislang haben Sie es noch nicht einmal geschafft, Ihre Vorstellungen in Brandenburg umzusetzen. Trotz Ihrer ideologischen Projekte wie dem Mindestlohn bei öffentlichen Aufträgen, dem Schüler-BaföG und dem Programm „Arbeit für Brandenburg“ hat die Armut in Brandenburg zugenommen.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat bereits im Jahr 2010 darüber berichtet, dass die Armutsquote in Brandenburg gestiegen ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Inzwischen ist jedes vierte Kind in Brandenburg armutsgefährdet. Ich sage das, weil Sie den Armutsbegriff so gerne verwendet haben, als DIE LINKE noch in der Opposition war.
Wenn man sich die Plenarunterlagen ansieht, dann stellt man fest, dass er in der 4. Wahlperiode 122 Mal vorkam. DIE LINKE hat Armut in allen Facetten thematisiert:
(Beifall des Abgeordneten Müller [DIE LINKE] - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Und das ist etwa kein Problem, oder was!)
von der Besorgnis erregenden Armut, über die wachsende Altersarmut bis zur Armut bei Kindern und Jugendlichen.
Ich halte Ihnen das vor, weil sie unredlich agieren. Wir haben immer argumentiert, Frau Kaiser, dass man Armut nicht einseitig betrachten darf; denn Armut spiegelt sich eben nicht nur im materiellen Bereich wider.
Nun aber zurück zu Ihrem Antrag. Meine Fraktion hat sich bereits im Jahr 2011 zu einem Mindestlohn bekannt - nachzulesen in der Broschüre „Brandenburg - Arbeitsplatz der Zukunft“, auf Seite 19.
Wie Sie richtig feststellen, hat sich der Bundestag am 21. März mit dem Thema Mindestlohn befasst. Dennoch muss ich ein wenig Wasser in den Wein gießen. Man muss ehrlicherweise hinzufügen, dass der Mindestlohn nicht die Vielfalt unserer Wirtschaft abbildet. In den meisten Branchen wird bereits jetzt weitaus mehr verdient als die geforderten 8,50 Euro.
Der Mindestlohn wird vor allen Dingen die Betriebe in den neuen Ländern treffen, unter anderem den Handel, die Gastronomie und die Landwirtschaft. Es wird Diskussionen geben, wenn die Gehälter in der untersten Gruppe angehoben werden; denn zu Recht fordern dann auch die besser qualifizierten Mitarbeiter höhere Gehälter.
Es muss auch eine Antwort darauf gefunden werden, ob Schulabgänger nicht auf eine Ausbildung verzichten, wenn sie auch für Hilfstätigkeiten einen Lohn von 8,50 Euro erhalten.
Ich halte die in der Union diskutierten 25 Jahre für zielführender. Es kann nicht unser Ziel sein, dass wir es befördern, dass junge Menschen unausgebildet arbeiten gehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das größte Problem bleibt aus arbeitsmarktpolitischer Sicht die hohe Langzeitarbeitslosigkeit. In Brandenburg gab es im Februar 53 621 Langzeitarbeitslose; das entspricht fast 40 % der Arbeitslosen. Besonders hoch ist die Quote bei Menschen mit geringer Qualifikation. Für sie ist der Mindestlohn jedoch keine Chance, sondern eher eine Bedrohung.
Wenn er zu hoch liegt, verringert er die Chancen von Arbeitslosen, wieder in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis zurückzufinden. Da helfen auch Ihre Landesprogramme so gut wie gar nicht. Wie wenig erfolgreich Ihr Landesprogramm „Arbeit für Brandenburg“ war, wissen Sie selbst am besten. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration kann nur in einer zielgerichteten Integrationsbegleitung und Qualifizierung liegen.
Aber das sagen wir Ihnen seit Jahren: Fördern und fordern muss auch für Landesprogramme gelten. Dabei darf es keine Denkverbote geben. Notfalls müssen wir, wie schon einmal bis 2003 geschehen, Betriebe unterstützen, die zusätzliche Ausbildungsplätze bereitstellen und auf diese Weise schwer vermittelbaren Jugendlichen eine Ausbildung ermöglichen.
Das ist allemal zielführender, als Programme zum Stressabbau bei Langzeitarbeitslosen zu fördern. Kontraproduktiv ist auch die von der Fraktion DIE LINKE wiederholt geforderte Ausbildungsplatzabgabe für alle Betriebe.
Solange die Ausbildungsfähigkeit oft gar nicht gegeben ist und Grundrechenarten sowie die deutsche Sprache in den Betrieben vermittelt werden müssen, gibt es auch Nachholbedarf in der schulischen Bildung.
Wenn in der neuen Förderperiode die ESF-Mittel weniger werden, werden wir besonders gründlich über deren sinnvollen Einsatz nachdenken müssen. Dazu gehört auch die Erfolgsquote der einzelnen Programme. Dort werden wir einmal gründlich entrümpeln müssen. Im Februar waren fast 11 000 freie Arbeitsstellen gemeldet. Es muss doch das Ziel aller arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sein, möglichst viele Arbeitslose so zu qualifizieren, dass sie eine reguläre Beschäftigung finden, denn gut ausgebildet zu sein bedeutet auch eine gute Entlohnung. Wir helfen den Menschen nicht, wenn wir sie mit irgendwelchen Maßnahmen dauerhaft vom ersten Arbeitsmarkt ausschließen. Wir lösen damit auch nicht das zunehmende Arbeitskräfteproblem. Bevor Sie sich mit guter Arbeit in Europa und in Übersee befassen, sollten Sie sich dafür einsetzen, dass die Langzeitarbeitslosen in Brandenburg in gute Arbeit gebracht werden.
„Im Land sind zum Beispiel durch die Schaffung einer Lohnuntergrenze von derzeit 8,50 Euro pro Stunde für öffentliche Vergaben und durch das arbeitsmarktpolitische Programm bereits wichtige arbeitspolitische Erfolge erzielt worden.“
Sonntag früh am Frühstückstisch habe ich den Pressespiegel gelesen. Da war im „Nordkurier“ zu lesen:
„Land für Hilfe beim Mindestlohn - Potsdam. Brandenburg will der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg finanziell helfen, wenn ab 2015 für die öffentliche Hand arbeitende Betriebe Mindestlohn zahlen müssen. ‚Wir stehen zu unserer Verantwortung‘, sagt Finanzminister Christian Görke nach einem Treffen. Es geht vor allem um die Löhne von Wachleuten.“
Das ist ja ganz schön und ganz gut. Jetzt ist der Minister leider nicht da, aber ich wüsste gerne, wie, in welcher Form und vor allen Dingen in welcher Höhe man denn dieser Verantwortung nachkommen wird. Und zählt das dann nur für die Stiftungen? Dürfen sich dann die Landwirte an den Minister wenden?