Letzter Punkt: Es gibt von den Koalitionsfraktionen einen Entschließungsantrag, in dem es um den Beauftragten und das Zentrum für Lehrerbildung an der Universität Potsdam geht. Wir haben das nicht ins Gesetz übernommen, weil wir denken, dass das der Autonomie der Hochschule widerspricht. Aber wir legen darauf großen Wert - nicht zuletzt deshalb, weil wir die Lehrerinnen und Lehrer im Land Brandenburg dringend brauchen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir beraten heute das Gesetz zur Neuregelung des Hochschulrechts. Verschiedene Regelungen darin finden durchaus unsere Zustimmung, insbesondere die Durchlässigkeit und Öffnung der Hochschulen. Es gibt aber auch Themen, die als Angriff auf die Hochschulautonomie oder auf die Freiheit von Forschung und Lehre verstanden werden müssen, aber auch die finanzielle Gesundheit unserer Hochschulen ist gefährdet, sodass wir einige Punkte nicht akzeptieren können.
Vor genau einer Woche haben wir im AWFK die Gelegenheit gehabt, darüber zu diskutieren. Wir haben die vielstimmige Kritik der Anzuhörenden aufgenommen. Die Fraktionen SPD und DIE LINKE haben mit ihrer Mehrheit einen Gesetzentwurf angenommen, aber haben sie auch wesentliche Kritikpunkte der Landesrektorenkonferenz aufgenommen, beispielsweise zur finanziellen Mehrbelastung oder zu den Experimentierklauseln für die Eignungstests? Nein, das haben Sie nicht. Deshalb werden mit diesem Gesetz sowohl die Hochschulen als auch die Studierenden alleine gelassen, weil sie die finanziellen Folgen nicht abschätzen können. Die übliche Rechtsfolgenabschätzung ist damit eben nicht erfüllt worden. Die finanziellen Mehrbelastungen bleiben damit intransparent.
Ich möchte mich aber aufgrund der Aktualität der Themen nicht nur auf diese Novelle beschränken - das Wichtigste haben wir ja im Ausschuss durch unsere Anträge, aber auch durch unsere Diskussionsbeiträge dokumentiert. Nein, ich möchte die Gelegenheit nutzen, das nach wie vor unsägliche Agieren der Ministerin und die von ihr angeschobenen substanziellen Veränderungen der Hochschullandschaft in der Lausitz zum Thema zu machen. Zum einen wird versucht, ein mangelhaftes Errichtungsgesetz zu heilen, was meines Erachtens nicht gelingt. Zum anderen machen es die Querelen um die Vorgänge der Bestellung des Gründungspräsidenten der BTU nötig, auch dazu Stellung zu beziehen.
Frau Ministerin, Sie haben gegen den Rat zahlreicher Experten und Gutachter sowie gegen alle Widerstände durch ein wahrscheinlich verfassungswidriges Gesetz eine Neugründung der BTU erzwungen. Frau Ministerin, die Brandenburger Presse bezeichnet dieses Projekt als Ihr Prestigeprojekt. Aber schauen Sie, was in der Lausitz gerade passiert: Dieses Prestigeprojekt scheitert soeben.
Ihre Diffamierungen und Indiskretionen gegenüber Herrn Zimmermann, der angeblich vom Vertrag zurückgetreten sei, weil er seinen Dienstwagen nicht privat nutzen durfte, sind einfach nur skandalös.
Sie wollten Herrn Zimmermann von Anfang an nicht. Sie wollen keine frei denkenden und frei agierenden Präsidenten und Professoren.
Damit werfen Sie die Zukunft der BTU weit nach hinten. Dass Sie noch eine erfolgreiche Universität in der Lausitz wollen, daran habe ich jetzt so meine Zweifel.
Sie haben damit das Vertrauen aller Gutwilligen in der Lausitz zerstört. Fahren Sie in die Lausitz und schauen Sie, was dort jetzt gerade passiert!
Da können Sie jetzt lachen wie Sie wollen, ich sehe das ziemlich ernst. Wie lange will sich der Ministerpräsident das noch gefallen lassen, meine Damen und Herren? Wir werden uns das als Lausitzer nicht gefallen lassen!
Ich lasse nicht zu, dass Sie die Hochschullandschaft in der Lausitz mit Ihrem unsäglichen Agieren zerstören. Dafür stehe ich, dafür arbeite ich und dafür bin ich hier. - Herzlichen Dank.
(Anhaltender Beifall CDU - Frau Mächtig [DIE LINKE]: Was haben Sie jetzt eigentlich zum Hochschulgesetz ge- sagt? Gar nichts! - Weitere Zurufe von den Fraktionen SPD und DIE LINKE)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Prof. Schierack! Gestern Nachmittag fand hier in Potsdam die Eröffnung eines neuen Gebäudes auf dem Campus der Fachhochschule Potsdam statt. Dabei waren neben der Ministerin auch die Präsidentin der Fachhochschule Brandenburg, der Präsident der Technischen Fachhochschule Wildau und der Präsident der Fachhochschule Potsdam anwesend. Ich möchte stark bezweifeln, dass diese drei Präsidenten sich in diesem Land Brandenburg unfrei fühlen.
Zum Gesetz, meine Damen und Herren: Wenn wir diesem Gesetz heute zustimmen, wofür ich ausdrücklich werbe, dann erreichen wir damit vor allem zwei wichtige Dinge. Der erste wichtige Punkt ist: Wir beenden in vielen Bereichen rechtliche Regelungen, die von einem CDU-geführten Wissenschaftsministerium unter Frau Wanka eingeführt worden sind. Ich glaube, das ist ein wichtiges Signal. Zum Zweiten greifen wir mit diesem Gesetz viele wichtige Dinge aus der aktuellen wissenschaftspolitischen Debatte auf.
Bereits im Gesetz selbst stehen sehr viele positive Punkte. Ich kann mich hier auf einige wenige beschränken: Wir verbessern die Situation für Menschen mit Behinderungen an unseren Hochschulen; wir erweitern den Hochschulzugang für Men
schen mit Fachhochschulreife; wir erhöhen die Durchlässigkeit zwischen Fachhochschulen und Universitäten; wir sorgen für eine bessere Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses; wir richten eine Ethikkommission ein, die künftig kritische Forschungsprojekte begutachten wird, und wir machen viele kleine Dinge für Studierende. Wir legen fest, dass zukünftig eine Exmatrikulation erst am Ende eines Semesters erfolgt und nicht dann, wenn das Zeugnis ausgehändigt wird. Das kann viele Wochen und Monate einsparen und für die Studierenden sehr positiv sein. Wir schreiben fest, dass es ein Diploma Supplement geben muss, was bisher nicht festgeschrieben ist, und wir regeln, dass die Hochschulen das Studium so organisieren müssen, dass es möglich ist, es in Regelstudienzeit zu absolvieren. Dazu gehören Dinge wie das Einbeziehen von Fahrtwegen bei Studiengängen mit verschiedenen Standorten etc.
Wir haben dann im Rahmen der Debatte hier im Landtag in diesem Gesetzentwurf noch einige weitere Dinge positiv verändert. Das betrifft zum Beispiel die Transparenz von Drittmitteln und die prekäre Beschäftigung, wozu wir viele Regelungen getroffen haben. Zum einen weisen wir die Hochschulen darauf hin, dass sie den Beschäftigungsbedingungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rechnung tragen müssen. Wir sagen, dass Beschäftigte, die aus Drittmitteln finanziert werden, so lange beschäftigt werden müssen, wie die Drittmittelprojekte laufen. Wir sagen, dass es eine Mindestvertragslaufzeit für akademische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben muss, und wir erlegen enge Grenzen für die Nutzung von Lehraufträgen auf - die Kollegin Melior ist schon darauf eingegangen. Ich glaube, das sind wichtige und richtige Maßnahmen für die Bekämpfung von prekärer Beschäftigung an Hochschulen.
Außerdem - das sage ich hier auch noch einmal - gehen wir einen ersten Schritt, damit ein Teilzeitstudium an unseren Hochschulen eher als bisher möglich ist, sodass die Hochschulen jetzt auch gefragt sind, Teilzeitstudiengänge einzurichten, wo der Bedarf besteht. Ich sage ganz ehrlich, wir als Linke haben uns mehr gewünscht, was neue und bessere rechtliche Regelungen in diesem Gesetz angeht. Das betrifft die Frage von mehr Mitbestimmung in Hochschulgremien, zum Beispiel mit der Viertelparität. Das betrifft die Zivilklausel, also die Festlegung, dass die Hochschulen nur noch in bestimmten Bereichen forschen und lehren sollen, dass sie der Nachhaltigkeit und der friedfertigen Verwendung von Wissenschaft und Forschung verpflichtet sind, und ja, das betrifft auch die Rückmeldegebühr.
Im Gegensatz zur Kollegin Melior finde ich durchaus, dass die Rückmeldegebühr eine versteckte Studiengebühr ist, weil die Hochschulen jetzt durch die Gebühr den gleichen Betrag einnehmen, um den damals die Zuweisung vom Land an die Hochschulen reduziert wurde. Damit finanzieren die Studierenden seit vielen Jahren indirekt die Hochschulen mit, und das ist eine verdeckte Studiengebühr.
Wir glauben, dass das falsch ist, wir hätten es gut gefunden, wenn wir diese Rückmeldegebühr abgeschafft hätten, zumal sie zurzeit rechtlich beklagt wird. Ich glaube, dass die Klage auch gegen die Rückmeldegebühr in Brandenburg - vor dem Bundesverfassungsgericht durchkommt. Insofern wäre das ein Signal gewesen. Wir haben uns trotz harter Auseinandersetzun
gen innerhalb der Koalition - was man in der Öffentlichkeit nicht immer mitbekommt - leider nicht durchsetzen können.
Wir bleiben an dem Thema, wie an vielen anderen Punkten auch. Das Gesetz, wie es jetzt vorliegt, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung für ein besseres Hochschulgesetz in Brandenburg, und deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung. Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns liegt in der Tat ein neues Gesetz, kein Ablösegesetz vor - das ist schon einmal positiv zu bewerten. Weiterhin positiv ist natürlich zum einen die Beurlaubung; diese ist nun in begründeten Fällen auch außerhalb der Rückmeldefrist möglich. Schön, dass hier einige erkannt haben, dass sich das Leben nicht an Rückmeldefristen hält; dem Leben sind Rückmeldefristen gleichgültig.
Zu den akademischen Mitarbeitern: Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Mindestvertragslaufzeit des Erstvertrags auf zwei Jahre gesetzt wird bzw. Angestelltenverhältnisse, die überwiegend aus den Mitteln Dritter finanziert werden, für die Dauer der Bewilligung der Projektlaufzeit abgeschlossen werden. Das sind positive Punkte, die uns wirklich sehr gefreut haben.
Insgesamt müssen wir allerdings sagen: Das handwerklich initiierte Gesetz ist angefüllt von politisch motivierten Zusätzen. Wir sagen in liberaler Art und Weise: Ein Gesetz muss so viel wie nötig enthalten, aber so wenig wie möglich. Ich verweise hier ausdrücklich auf die Stellungnahme von Prof. Epping Ethikkommission, Zivilklausel etc. -, auf die ich jetzt nicht näher eingehe. Ich verweise weiterhin auf die Frage der Finanzierung. Ja - darauf hat Frau Prof. Dr. Kunst richtig verwiesen -, es gibt mehr Geld für die Universitäten, es soll auch mehr Geld für die Universitäten geben, aber meine Damen und Herren, wenn Herr Görke mir einen Euro gibt und das Brot zwei Euro kostet und ich mit dem Bäcker nicht verhandeln kann, dass er mir doch ein halbes Brot verkauft, verhungere ich vor dem Laden, dann liege ich irgendwo auf der Straße. Das ist das Problem: Wenn wir den Universitäten mehr Aufgaben übertragen, brauchen die auch mehr Geld, und das muss abgesichert sein.
Die FDP-Fraktion hat verschiedene Änderungsanträge eingebracht. Unter anderem sollte durch Einführung des Kaskadenmodells die Gleichstellung von Frauen und Männern gestärkt werden. Der Übergang von Bachelor- zu Masterstudiengängen sollte erleichtert werden. Personen, die Familienzeit genommen haben, sollte kein Nachteil entstehen. Studentische Beschäftigte sollten nicht als Hilfskräfte bezeichnet werden. Der Anteil der durch Lehraufträge abgedeckten Lehre soll 20 % des Gesamtlehrangebots der Hochschulen nicht übersteigen. Das sind alles Anträge, die abgelehnt wurden.
Wir haben auch ausdrücklich den Anträgen der CDU-Fraktion zugestimmt, die sich von dem Gedanken leiten ließ, den staatlichen Einfluss möglichst zurückzudrängen und zu begrenzen,
um die Hochschulautonomie zu stärken und zu erhalten. Eingriffe durch das Land und die Landesregierung sollten also reduziert werden. Natürlich stellt die Abschätzung eines möglichen Einsatzes von Forschungsergebnissen für nichtfriedliche Zwecke auch dort einen Eingriff dar - das wurde deutlich festgestellt. Aber auch diese Anträge wurden abgelehnt.
Wir hatten dann weiterhin die große Diskussion um das Studieren ohne Abitur. Natürlich, meine Damen und Herren, liegt darin ein Gefahrenpotenzial, weil die Gefahr besteht, dass die Lehre verflacht und das Bildungssystem nivelliert wird. Es liegt aber auch eine Chance darin. Die Chance muss genutzt werden, und die Chance kann genutzt werden, wenn die Universitäten frei und autonom agieren können. Dabei sollte nicht der Wettbewerb um die Zahlen der Studienanfänger ausschlaggebend sein, sondern die Ergebnisse, die aus den Universitäten kommen.
Zum großen Thema Gebühren, meine Damen und Herren: Natürlich, wenn Sie die Rückmeldegebühr als Studiengebühr bezeichnen wollen, Herr Jürgens, dann haben wir eine Studiengebühr. Aber die Frage ist in der Tat: Woher nehmen wir sonst das Geld für diesen ganzen Verwaltungsaufwand? Die Frage ist auch nur ein Teil der Gesamtfrage, denn diese lautet doch: Wie begreifen wir unser Bildungssystem, nämlich von der Geburt an bis zum Abschluss des Studiums oder bis zum Abschluss der Berufslehre? Brauchen wir da nicht vielleicht eine bessere Zusammenarbeit der Ministerien bzw. ein großes Kultusministerium, das diese Gesamtfragen betrachtet? Brauchen wir da nicht vielleicht doch einmal folgende Überlegung - das sind die Fragen, die das Leben und die Leute auf der Straße stellen -: Warum bezahlt man für Kindergartenplätze - es gibt Familien, die zahlen 1 400 Euro pro Monat für Kindergartenplätze -, aber das Studieren ist frei?
- Genau, Herr Jürgens. Das ist der Punkt, auf den ich noch zu sprechen kommen wollte. Sie stellen durchaus gute Fragen, Sie geben aber unserer Meinung nach die falschen Antworten. Das ist das Problem!