Ich erwarte von Berlin, dass es Rücksicht auf die Bewohner im Umfeld des BER nimmt. Ich selbst habe in den letzten Wochen und Monaten einige Gespräche mit Vertretern der Berliner Politik zum Thema Nachtflug geführt und dabei ein für mich erschreckendes Maß an Ignoranz gegenüber den Brandenburgern und ihren Sorgen vorgefunden.
Deshalb ist für mich ganz klar: Gerade die fusionswilligen Berliner sollten zeigen, wie wichtig ihnen Brandenburg und die Interessen seiner Bewohner sind. Wenn Berlin nicht endlich die nötige Rücksichtnahme entwickelt, kann ich mir persönlich jedenfalls nicht vorstellen, wie man irgendwann, zu irgendeinem Zeitpunkt jemals Mehrheiten in der Brandenburger Bevölkerung für eine Fusion der beiden Bundesländer finden will. Wenn Berlin nicht zumindest den vorgelegten Kompromissvorschlag aufgreift, wird es zwangsläufig zu einem veränderten Blickwinkel der Brandenburger auf die größte märkische Stadt kommen. Das kann nicht im Interesse Berlins liegen, aber auch nicht im Interesse der Gesamtregion.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ball liegt nach dem Vorschlag von Dr. Dietmar Woidke jetzt im Berliner Spielfeld,
und zwar beim Bund wie auch bei der Berliner Landesregierung. Ich hoffe, dass sowohl der Bund als auch der Senat den vorgelegten Kompromissvorschlag aufgreifen werden. Wenn uns das Anliegen der Bürger für mehr Nachtruhe wichtig ist, sollten wir hier im Landtag der Landesregierung den Rücken für die Verhandlungen stärken und nicht in kleinteiliges Polittheater verfallen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Hier und heute geht es nicht um Wahlkampf. Hier und heute und in den nächsten Tagen, bis zur Gesellschafterversammlung am 7. April 2014, geht es darum, ob wir überhaupt mehr Nachtruhe für die betroffenen Brandenburger Bürgerinnen und Bürger erreichen. Der Vorschlag unseres Ministerpräsidenten bietet dafür eine sehr konkrete Chance und eine ausgestreckte Hand. Ich appelliere an das Land Berlin und den Bund, diese Hand nicht auszuschlagen - im Interesse einer weiterhin guten Zusammenarbeit und eines friedlichen Zusammenlebens im Umfeld des Flughafens.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Gestern war der 1. April. Es gibt eine schöne Tradition. Ich jedenfalls finde es schön, dass man am 1. April die Leute auch einmal auf die Schippe nimmt.
Es gibt aber einen Unterschied zwischen den 1. Aprils der vergangenen Jahre und dem gestrigen 1. April. Wir haben gestern einen Aprilscherz gehört, demzufolge ab 1. Juli 2014 ein „BER-Soli“ eingeführt werden soll. Wissen Sie, was das Schlimme ist? Es gab viele Bürgerinnen und Bürger, die das geglaubt haben. Es gibt viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, die schlichtweg alles glauben, was mit diesem Flughafen zusammenhängt. Wahrheit und List sind hier kaum noch zu unterscheiden. Genau das ist das Problem.
Es gibt eine gute Tradition oder eine schlechte Tradition, die Ministerpräsident Dr. Woidke gerade dabei ist zu begründen, nämlich die Tradition von völlig nichtssagenden Regierungserklärungen.
Wir haben das schon mehrfach von Ihnen gehört. Ich will Sie, Herr Ministerpräsident, durchaus beim Wort nehmen.
Ich möchte meine 15 Minuten Redezeit, die ich hier habe, unter eine Aussage von Ihnen stellen, die am 15. Februar 2014 in den „PNN“ zu lesen war und die lautet: „Es geht darum, wie die Politik mit ihren eigenen Beschlüssen umgeht.“
Was ist eigentlich passiert? Wir haben eine erfolgreiche Volksinitiative gehabt. 106 392 Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg haben sich für ein planerisches Nachtflugverbot ausgesprochen. Herr Kollege Ness, wenn Sie es hier vor diesem Parlament so darstellen wollen, als hätten Sie mit der Übernahme,
mit der Anerkennung, mit der Akzeptanz dieser Volksinitiative nicht gewusst, dass es um ein planerisches Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr geht, muss ich Ihnen sagen: Es wundert mich, dass Ihnen Ihre eigenen Aussagen hier in diesem Haus nicht selbst zu peinlich sind, Herr Kollege Ness.
Natürlich ging es mit der Annahme dieser Volksinitiative um die Umsetzung eines Nachtflugverbots von 22 Uhr bis 6 Uhr. Wir brauchen doch überhaupt keinen Hehl daraus zu machen. Ich mache das auch überhaupt nicht. Ich habe nicht für die Annahme dieser Volksinitiative gestimmt, die Mehrheit meiner Fraktion auch nicht. Die Kollegin Vogdt und der Kollege Goetz haben dafür gestimmt. Das ist richtig so und das ist auch gut so, weil es in dieser Frage auch darum geht, dass die Abgeordneten dieses Landtags nach ihrem eigenen Gewissen entscheiden und nach ihrem eigenen Gewissen abstimmen.
Aber die Vertretung des Souveräns dieses Landes, das Parlament der Brandenburgerinnen und Brandenburger, hat in seiner Mehrheit entschieden, die Volksinitiative anzunehmen und das Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr umzusetzen. Es waren Ihre Koalitionsfraktionen - es waren SPD und Linke -, die es sogar gewollt haben. Sie haben die Hoffnungen geweckt. Sie haben den Menschen gesagt: Wir setzen das durch, und zwar ein Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das war das Versprechen von SPD und Linke an die Brandenburgerinnen und Brandenburger. Dieses Versprechen haben Sie schlicht und ergreifend gebrochen, meine Damen und Herren.
Was ist eigentlich passiert? Ein Jahr lang ist gar nichts passiert. Ein Jahr lang haben Sie nichts gemacht. Es gab innerhalb von mehr als einem Jahr keinen Antrag Brandenburgs auf ein planerisches Nachtflugverbot. Jetzt argumentieren Sie, der Bund und das Land Berlin würden sich bockbeinig stellen und nicht auf das Ansinnen des Landes Brandenburg reagieren, das Nachtflugverbot umzusetzen.
Meine Damen und Herren, was ist daran eigentlich neu? Das hat der Bund schon vor über einem Jahr gesagt. Das hat auch das Land Berlin schon vor über einem Jahr gesagt. Es hat überhaupt keine Anzeichen dafür gegeben, dass sich der Bund oder das Land Berlin in dieser Frage bewegen. Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, Sie, liebe Landesregierung, haben letztlich nur abgewartet.
Am 15. Februar 2014 liest sich der Ministerpräsident in zitierter Meldung der „PNN“, dass Brandenburg auch etwas im Alleingang unternehmen könnte. So kann man die Aussagen verstehen. Ich zitiere wörtlich:
„Ich glaube, dass es nach wie vor Chancen gibt, gemeinsam mit den anderen Gesellschaftern etwas zu erreichen.“
Das sagte er am 15. Februar 2014. Das ist eineinhalb Monate her. Nach etwa einem Jahr war Ihnen also immer noch nicht klar, dass sich der Bund und Berlin offensichtlich nicht auf Ihr Ansinnen einlassen. Woidke fügte hinzu:
„Was Brandenburg danach tun könnte, wollte Woidke nicht näher erläutern. Er betonte aber, jeder könne sich sicher sein, ‚dass wir als Koalition diesen Auftrag sehr ernst nehmen.‘ Und: ‚Sie werden von mir hören!‘“
Das Problem ist: Wir haben inhaltlich nichts von Ihnen gehört, was Sie jetzt eigentlich unternehmen wollen.
„Ein solcher Alleingang ist rechtlich nicht möglich. Das ist die vielfach bestätigte und überwiegende Rechtsauffassung.“
Herr Ministerpräsident, es gibt zwei Rechtsgutachten, die Ihnen einen Weg aufzeigen. Ganz unabhängig davon, ob man diesen Weg richtig findet oder nicht, ist es ein Weg, den Sie erst einmal gehen können. Wenn Sie allerdings von vornherein sagen, Sie gehen ihn nicht, ist das verlogen. Da hat der Kollege Vogel, so wie ich ihn heute Morgen in der Zeitung gelesen habe, völlig Recht. Das ist Verlogenheit des Ministerpräsidenten. Herr Ministerpräsident, Sie können den Planungsstaatsvertrag mit Berlin kündigen.
Das ist eine Möglichkeit. Natürlich besteht dann die Möglichkeit, dass dagegen geklagt wird. Das ist auch richtig. Aber es geht hier darum - ich zitiere -, „wie die Politik mit ihren eigenen Beschlüssen umgeht.“ Der Beschluss war die Umsetzung des Nachtflugverbots.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, alles unternehmen, was rechtlich tatsächlich möglich ist, und am Ende scheitern, ja, dann wird Ihnen mit Sicherheit die Opposition, dann wird Ihnen auch die FDP-Fraktion in diesem Haus nicht vorwerfen, dass Sie nichts unternommen haben. Dann müssen wir feststellen: Ja, es funktioniert nicht. Solange Sie aber nicht alles unternommen haben, was die Umsetzung des Beschlusses durch dieses Haus erfordert, werden wir Ihnen vorwerfen, dass Sie die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land schlicht und ergreifend belogen und betrogen haben, Herr Ministerpräsident.
Das Problem ist doch, dass Sie permanent neue Kurven in der Luft drehen, permanent eine neue Sau durchs Dorf treiben und dass einem von den Pirouetten, die Sie drehen, allein vom Zuschauen schlecht werden kann.
Die Bürgerinnen und Bürger, die sich in der Volksinitiative engagiert haben, die ihr demokratisches Recht wahrgenommen haben, die sich eingebracht haben, die um ihre Rechte kämpfen, diese Bürgerinnen und Bürger der Volksinitiative wurden letztlich um ihre anschließende Volksabstimmung betrogen. Es wäre besser gewesen, alle Brandenburgerinnen und Brandenburger in einer Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Diese Möglichkeit haben Sie dieser Volksinitiative genommen. Die Volksinitiative ist mit Ihrer heutigen Regierungserklärung trotz Übernahme durch Rot-Rot gescheitert. So einfach und dramatisch muss man das feststellen.
Sie haben es in der Hand. Sie können agieren. Das haben Ihnen die zwei benannten Rechtsgutachten auch bestätigt. Das, was Sie hier heute geleistet haben, Herr Ministerpräsident, ist ein Offenbarungseid. Sie beerdigen offiziell das Anliegen dieser Volksinitiative.
Ich persönlich - ich sage das noch einmal, damit man mir das nicht vorwerfen kann - lehne ein Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr ab. Ja, ich habe hohen Respekt vor denjenigen, die sich dafür einsetzen, wie aus meiner Fraktion die Kollegen Goetz und Vogdt. Ich habe großen Respekt vor denjenigen, die auch mit guten Argumenten sagen: Nein, ein Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr ist aus wirtschaftlichen Erwägungen für das ganze Land falsch, wie der Kollege Beyer das oft genug hier vorgetragen hat.
Um jetzt aber den Kopf aus der politischen Schlinge zu ziehen, mit einem sogenannten Kompromissvorschlag zu kommen, entbehrt einer gewissen dramatischen Komik nicht, meine Damen und Herren. Es geht nicht um eine Stunde mehr Nachtflugverbot und um eine Stunde mehr Nachtruhe, sondern es geht um maximal 30 Minuten. Das ist nicht das Anliegen gewesen, Herr Ministerpräsident, das die Volksinitiative hatte. Denn Sie wissen, dass diese Verfrühungen - wie Kollege Prof. Dr. Schierack es nannte, ich kannte das Wort noch gar nicht selbstverständlich mehr oder weniger die Regel sind, insbesondere bei Interkontinentalflügen.
Keine geeignete Maßnahme übrigens ist eine freiwillige Selbstverpflichtung der Flughafengesellschaft. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Flughafengesellschaft kann jederzeit freiwillig widerrufen werden. Es entspricht nicht im Ansatz dem Auftrag, den dieser Landtag der Regierung mitgegeben hat. Das auch noch als Modellversuch einzubringen - Modellversuch ist sowieso ein spannendes Thema, wir kennen ganz viele Modellversuche aus der Bildung, Marie Luise, und wir wissen auch, was dabei herausgekommen ist - und zu sagen, wir machen das fünf Jahre und dann schauen wir weiter - Herr Kollege Ness, Sie haben gerade von Wahlkampf gesprochen -, also wenn das kein Wahlkampf ist, habe ich irgendetwas wirklich nicht verstanden. Das ist doch alles, was Sie machen.
Sie haben erst eine Beruhigungspille verteilt mit der Annahme dieser Volksinitiative. Jetzt versuchen Sie, den Kopf aus der