Es steht lediglich fest: Wir als Union im Bund - wir haben mit unserem Innenausschussvorsitzenden auch noch einmal Kontakt aufgenommen - vertreten weiterhin ganz klar die Haltung, dass es eine Abschaffung des Optionszwanges nur für Kinder und Jugendliche geben kann, die hier geboren wurden oder die hier aufgewachsen sind und einen Schulabschluss vorzuweisen
haben. Schließlich kann es nicht sein, dass jeder X-Beliebige ich sage das jetzt einmal so -, der im jugendlichen Alter nach Deutschland kommt, automatisch in den Genuss der doppelten Staatsbürgerschaft gelangen kann. Diese Haltung werden wir auch hier im Landtag Brandenburg als Landtagsfraktion nicht ändern.
Insofern staune ich über die FDP-Fraktion - aber Sie haben gleich noch die Gelegenheit, ihre Position vorzutragen -, dass sie sich so weit von der großen Mehrheit der Bevölkerung in unserem Land, die die doppelte Staatsbürgerschaft in dieser Form ablehnt, wegbewegt hat.
Wir werden jedenfalls diesem Antrag nicht zustimmen und das auch ganz klar mit unserem Abstimmungsverhalten zum Ausdruck bringen.
Nun vielleicht noch ein Punkt, der mir - wenn man über Staatsbürgerschaftsrecht spricht - wichtig ist und den alle Redner aus dem linken Spektrum völlig beiseite tun. Mit dem Staatsbürgerschaftsrecht sind Rechte und Pflichten zwischen dem Bürger und dem Staat verbunden. Man kann sich nicht einfach so mir nichts, dir nichts in völliger Beliebigkeit überall Rechte und Pflichten heraussuchen, wie es einem gerade passt. Das ist unsere Position zu diesem Thema.
Es gibt für die EU-Bürger - das ist klar - die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft, aber wir wollen nicht, dass jeder Bürger - egal, aus welchem Land dieser Erde er stammt - automatisch in den Genuss der deutschen Staatsbürgerschaft kommen und sich völlig beliebig entscheiden kann: Er behält seine Heimatsstaatsbürgerschaft, er nimmt die deutsche Staatsbürgerschaft mit dazu sowie alle Rechte und Pflichten, die sich daran binden. Wenn es ihm dann aber nicht mehr passt, beruft er sich auf seine Eltern und seine Herkunftsstaatsbürgerschaft.
Da muss ich Ihnen ehrlich sagen: Das sehen die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland so wie wir. Insofern werden wir weder im Landtag noch im Bund in der Koalition unsere Haltung dazu ändern. Ich kann nur hoffen, dass dieser Antrag im Bund keine Auswirkungen haben wird. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wichmann. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Frau Abgeordnete Fortunato erhält das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Nach dem gegenwärtig in der Bundesrepublik bestehenden Optionszwang müssen sich in Deutschland geborene Kinder von Migranten, die mit der Geburt zunächst den deutschen und einen anderen Pass bekommen, bis zum 23. Geburtstag für eine Staatsangehörigkeit entscheiden. Legen sie sich nicht fest, geht der deutsche Pass automatisch verloren. Betroffen sind davon vor allem DeutschTürken - Frau Nonnemacher hat es schon erwähnt -, EU-Bürger und viele andere dürfen dagegen bereits heute zwei Staatsbürgerschaften besitzen.
Inzwischen wurden so 248 junge Deutsche infolge dieses Entscheidungszwangs zu Ausländern. Ich finde, das ist eine Zumutung; denn sie bekommen danach einen Aufenthaltstitel als ehemalige Deutsche, den sie jedoch innerhalb von sechs Monaten beantragen müssen.
Das Thema Doppelpass ist seit Jahren ein Reizthema. Die Union wollte das eigentlich verhindern und an der Optionspflicht festhalten. Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition das wurde schon erwähnt - ist ein Kompromiss verhandelt worden, ein, wie ich finde, fauler Kompromiss. Herr Wichmann hat heute noch einmal unterstrichen, dass es ein fauler Kompromiss ist.
Den Plänen des Bundesinnenministers zufolge soll bei Migrantenkindern künftig die doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt sein das ist sehr löblich -, wenn sie ihren Schulabschluss in Deutschland gemacht oder sich bis zum 23. Geburtstag mindestens zwölf Jahre in Deutschland aufgehalten haben.
Von diesen 12 Jahren müssen sie dann wiederum mindestens 4 Jahre zwischen dem 10. und 16. Lebensjahr hier gewesen sein. Also ich finde, dass dieser Kompromiss wirklich ein fauler ist. Was bleibt, ist die Optionspflicht, die sich - nachdem, was ich gerade gesagt habe - wahrscheinlich auch zu einem bürokratischen Monster entwickeln wird. Denn wer soll die Papiere alle beibringen, mit denen man nachweist, dass man diese oder jene Jahre in Deutschland oder woanders verbracht hat?
Die Linke setzt sich seit langem für ein fortschrittliches Staatsangehörigkeitsrecht ein, das Mehrstaatlichkeit auch bei Einbürgerung erlaubt. Wir fordern seit langem eine Erleichterung der Einbürgerung.
Wir wollen die Abschaffung der Optionspflicht ohne Wenn und Aber. Deshalb begrüßen wir die angekündigte Bundesratsinitiative der Länder Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg, nach der die Regelung der Optionspflicht vollständig abgeschafft werden soll und es möglich sein wird, dass alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern zwei Pässe erhalten.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie daran erinnern, dass dieser Landtag im vergangenen Jahr den Kommunen die Zuständigkeit für das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen hat. Das ist im Wege der Auftragsverwaltung seit dem 01.01. dieses Jahres Rechtslage. Insofern hat die Landesregierung durch den
Innenminister bereits nach den ersten Ankündigungen auf Bundesebene gehandelt. Sie hat sowohl zum Thema Optionspflicht am 16.12. des vergangenen Jahres als auch zum Aufenthaltsrecht am 22.01. dieses Jahres allgemeine Weisungen erlassen, die den Zweck haben, rechtlich nachteilige Auswirkungen auf die betroffenen Personen auf ein Minimum zu reduzieren, und so genau das bewirken, was in Ihrem Antrag, Frau Nonnemacher, erklärt ist. Wie Sie sehen, ist die Landesregierung weiter und offensiver, als der Antrag vermuten lässt.
Wir geben der Landesregierung mit dem Entschließungsantrag noch weitere Aufgaben mit, denn ein drängenderes Problem ist unserer Meinung nach die Lösung des seit Jahren bestehenden unhaltbaren Zustands beim Aufenthaltsrecht. Hier soll sich die Landesregierung für eine stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung und die Ausweitung der Möglichkeiten der Aufenthaltsgewährung einsetzen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Fortunato. - Wir kommen nun zum Beitrag der FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter Goetz hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Dieser Antrag, den wir gegenwärtig behandeln, ist ein gemeinsamer, ein grün-gelber Antrag. Mancher mag sich darüber wundern, aber das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913, das voriges Jahr mit einigen Veränderungen 100 Jahre alt geworden ist, hat sich über alle Zeiten, über alle Systeme hinweg gehalten. Selbst während meines Jura-Studiums in der DDR mussten wir uns mit diesem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 befassen, mit dem Ergebnis, dass selbst zu DDR-Zeiten die Regelungen von 1913 im Wesentlichen fortbestanden haben und stur nach Abstammungsprinzip Staatsangehörigkeiten vergeben wurden. Das war also auch damals so. Insofern gab es da keinen Fortschritt. Es wird Zeit, dass sich daran - nach über 100 Jahren - etwas ändert.
Was wir jetzt erleben, ist, dass im Koalitionsvertrag SchwarzRot im Bund nun eine Art „Optionspflicht light“ vorgesehen ist. Frau Kollegin Stark, wenn Sie sagen, die FDP habe bei früheren Koalitionsvereinbarungen mitgezeichnet, dann ist das richtig, genauso wie die SPD auch gegen ihre Überzeugungen diese „Optionspflicht light“, die jetzt mit der CDU gemeinsam ausgehandelt worden ist, mitgezeichnet hat - so ist das bei Koalitionen. Insofern sollten Sie sich dessen, was dort geschehen ist, nicht rühmen. Und wenn Rainer Brüderles Name heute nicht auf diesem Antrag steht, dann vermutlich nur deshalb, weil er nicht Mitglied des Brandenburger Landtags ist, liebe Ursula. Ich gehe davon aus, er würde sich heute gerne anders äußern, wenn er die Gelegenheit dazu hätte.
Richtig ist, dass bei allem, was gegenwärtig geschieht, dieser Koalitionsvertrag - auch wenn es um eine „Optionspflicht light“ geht - gemessen am bisherigen Geschehen ein Fortschritt ist. Aber das Problem dabei ist - das ist bereits erörtert worden -, dass es wegen des Automatismus beim Verlust der Staatsangehörigkeit eben nicht reicht, nichts zu tun, weil durch Nichtstun - die Zahlen sind genannt worden - weiterhin deutsche Staatsangehörige ihre Staatsangehörigkeit verlieren würden, um wenige Monate später die Möglichkeit zu haben, sie wiederzuerlangen, die sie eigentlich nicht hätten verlieren müssen. Ich glaube, das müssen wir niemandem antun. Genau das ist eigentlich auch Inhalt unseres Antrags, den wir - Grün und Gelb - gemeinsam eingebracht haben.
Insofern verwundert mich sehr, Herr Wichmann, was Sie hier vorgetragen haben. Der ursprüngliche Antrag bedeutet doch eigentlich nur, dafür zu sorgen, dass nicht konterkariert wird, was die schwarz-rote Bundesregierung in ihrem neuen Koalitionsvertrag vorgesehen hat und eigentlich ohnehin in absehbarer Zeit einführen will. Wir wollen Übergangsregelungen haben, damit nicht in der Zwischenzeit Leute ihre Staatsangehörigkeit verlieren, die sie eh behalten oder in kurzer Zeit wiedererlangen könnten.
Schön, dass auch die rot-rote Landesregierung - vermutlich im Ergebnis dieses grün-gelben Antrags - auf dieses Thema gekommen ist und es hier behandelt. Ich nehme zur Kenntnis, meine Damen und Herren, und finde es ganz toll: Innenminister Holzschuher ist der beste Innenminister von ganz Brandenburg. - Es freut uns, dass dort entsprechend reagiert worden ist und es die ersten Anweisungen gibt. Nur, was vom Innenminister nicht angewiesen werden kann - und was eben nicht geht -, ist der Stopp des Automatismus beim Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit. Das passiert weiterhin. Gerade deswegen ist es wichtig, dass man denjenigen, denen der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit jetzt kurzfristig droht, weil der Bund so schnell nicht sein kann - das gestehe ich gerne zu -, noch einen Hinweis gibt, wie es auch anders geht, denn genau das wissen viele nicht.
Gehen Sie doch einfach davon aus, dass man sich, wenn Eltern da sind, zwar bespricht und auch miteinander in den jeweiligen Gemeinschaften redet, aber eine Reihe von Leuten ihre Möglichkeiten gar nicht kennt. Insofern geht es darum, auf das, was geht, hinzuweisen, durch Information - das ist in anderen Bereichen ganz genauso - überhaupt erst einmal die Möglichkeit zu schaffen, eigene Rechte wahrzunehmen. Viel mehr wollen wir doch gar nicht. Da stößt das Land bei der Umsetzung eben an Grenzen. Insofern wollen wir die Hinweispflicht, damit das, was gegenwärtig geht, wahrgenommen wird.
Der vorliegende Entschließungsantrag verblüfft teilweise in der Formulierung. Da ist die Rede von „nachhaltig gut integrierten“ Ausländerinnen und Ausländern. Kann mir einer erklären, was das ist? Gut integriert würde ich verstehen. Nachhaltig gut das kenne ich aus der Forstwirtschaft. Ich habe Kollegen Beyer gefragt, was das bedeuten würde. Das würde heißen: immer wieder Integration, Integration, Integration. Ich glaube, Integration ist ein Prozess, aber irgendwann ist er abgeschlossen, und man ist integriert. Insofern kann nicht extra nachhaltig
sein, was dort geschieht. Wir wollen ja gerade, dass sich die Menschen anderer Herkunft in unsere Gesellschaft einfügen.
Wir nehmen zur Kenntnis, dass Sie sich des Themas angenommen haben. Wir stimmen selbstverständlich dem grün-gelben gemeinsamen Antrag zu, der im Grunde prolongiert, was gegenwärtig Tatsache ist und zu neuen Regelungen im Bund führt, auf die wir sehnsüchtig warten. Wir werden aber dem Entschließungsantrag der rot-roten Koalition unsere Zustimmung versagen. Ablehnen werden wir ihn aber auch nicht, sondern uns in dem Fall enthalten. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Holzschuher, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Es gibt ja manchmal Anträge - auch von kleinen Fraktionen dieses Hauses kamen in den letzten Jahren manchmal durchaus welche -, die eine Tür öffnen und in die Zukunft weisen. Aber der Antrag - und das ist mehrfach schon gesagt worden - ist wirklich das Anrennen mit einem riesigen Rammbock gegen ein sperrangelweit offenes Scheunentor. Das, was darin steht, ist schon Praxis im Land Brandenburg. Das ist sicher alles gut gemeint, aber zum heutigen Tag überflüssig.
Schon seit Beginn der Legislaturperiode setzt sich die Landesregierung übrigens dafür ein, dass die Optionspflicht abgeschafft wird. Bereits im Juni 2010 hat das Innenministerium die zuständigen Kommunalverwaltungen gebeten, das, worum es geht - nämlich die Gefahren des unfreiwilligen Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit - durch umfassende Information an die Betroffenen möglichst zu verhindern. Am 16. Dezember letzten Jahres - Frau Stark, Frau Fortunato haben darauf hingewiesen - ist durch das Innenministerium, von mir veranlasst, auf Grundlage der Koalitionsvereinbarung eine Weisung an alle Kommunen ergangen, dass man bei der Anwendung des Rechts keine vollendeten Tatsachen schaffen soll. Ich sage das ein bisschen vorsichtig, weil natürlich das Gesetz gilt, und Verwaltung ist an Recht und Gesetz gebunden, solange es nicht aufgehoben ist. Aber die Möglichkeiten, die hier im Zusammenhang mit der Informationsanordnung an alle bestehen, gestatten es - für eine lange Übergangsphase jedenfalls -, die doppelte Staatsangehörigkeit beizubehalten, bis - so hoffen wir - das Gesetz dies endgültig legalisiert. Das ist auch richtig so. Zeit wird es allemal.
Ich verstehe nicht, was vonseiten der CDU-Fraktion insoweit als Problem aufgeworfen wird. Sehen wir uns die Zahlen an: Wir reden im Land Brandenburg von etwa 30 - wohlgemerkt: 30! - Personen, die ab dem Jahr 2008 optionspflichtig wurden. Was ist das für ein Verwaltungsaufwand, für diese 30 Personen immer alle Prüfmaßnahmen vorzusehen und zu kontrollieren, ob die Ausübung der Option wirksam erfolgt ist. Das ist doch völlig unsinnig. Diese Einschätzung gilt vor allen Dingen dann, wenn man dem eine andere Zahl gegenüberstellt: 1 500 Personen wurden in derselben Zeit im Land Brandenburg eingebürgert - mit doppelter Staatsangehörigkeit.
Auf Bundesebene sind die Zahlen ähnlich. Dort gibt es zwar mehr Menschen, die unter die Optionsregelung fallen - von 2008 bis 2012 waren es etwa 20 000 Fälle in ganz Deutschland -, aber über eine Viertel Million Menschen sind in dieser Zeit in Deutschland eingebürgert worden - mit doppelter Staatsangehörigkeit und ohne Probleme. Es sind nicht die Verwerfungen ausgelöst worden, die die CDU hier ins Feld geführt hat. Ich glaube, die große Mehrheit der Deutschen ist in dieser Frage inzwischen deutlich weiter und empfindet es als Bereicherung, wenn die Menschen zu uns kommen uns sagen: „Wir möchten Deutsche sein!“ Es war vor einigen Jahrzehnten vielleicht nicht selbstverständlich, dass Menschen gern Deutsche sein wollten. Heute aber sagen diese Menschen: „Wir möchten in Deutschland dazu beitragen, dieses Land voranzubringen.“ Darüber sollten wir uns freuen.
Der Entschließungsantrag weist tatsächlich darüber hinaus. Diesen finde ich, das überrascht Sie sicherlich nicht, besser. Vielen Dank.