Protocol of the Session on January 22, 2014

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Woher sind denn die Zah- len?)

- Die Zahlen können Sie dem Statistischen Jahrbuch des Landes Brandenburg entnehmen. Ich kann sie Ihnen aber auch gern direkt zeigen oder zuschicken.

Die Mehrzahl der Beschäftigungsverhältnisse sind als prekäre Beschäftigungsverhältnisse einzustufen. 14 160 Vollzeitarbeitskräften stehen 12 492 Saisonarbeitskräfte gegenüber. Dazu kommen noch mitarbeitende Familienkräfte, die zum großen Teil nur teilzeitbeschäftigt sind.

Die Löhne liegen ein Drittel unter dem durchschnittlichen Brandenburger Arbeitnehmerentgelt, das wiederum nur bei 80 % des bundesdurchschnittlichen Entgeltes liegt. Demnach verdient man in der Landwirtschaft nur etwa die Hälfte von dem, was ein bundesdeutscher Arbeitnehmer durchschnittlich bezieht. Insofern ist es kein Wunder, dass sich Herr Scherfke vom Landesbauernverband definitiv und dezidiert gegen 8,50 Euro Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte ausgesprochen hat. Ich bin sehr gespannt, wie sich die SPD dazu verhalten wird.

577 Millionen Euro Gesamtlohnsumme der Brandenburger Land- und Forstwirtschaft stehen 360 Millionen Euro Flächenprämie gegenüber - nur, um einmal zu sehen, dass hier nicht eine Nettowertschöpfung erfolgt, sondern in erster Linie eine Bruttowertschöpfung. Insofern hat das Transparent mit der Aufschrift „Bloß nicht genau hinsehen“, das Protestierende bei der Grünen Woche vom Funkturm entrollt haben, schon seine Bedeutung auch für uns in Brandenburg.

(Beifall B90/GRÜNE)

„Regional ist erste Wahl“ - das ist ehrenwert und prinzipiell richtig. Aber Regionalität an sich, Michael Luthardt, ist kein Qualitätsmerkmal. Regionale Erzeugung und Vermarktung müssen mit einem hohen Anspruch an Qualität einhergehen, wenn sie Erfolg haben sollen.

Wenn ich den Antrag richtig lese, dann müssen wir die armen Schweine, die demnächst in Haßleben ihr Dasein fristen, nur noch regional verarbeiten und unter der Marke „Brandenburger Farmerglück“ oder Ähnliches im Discounter vermarkten, und schon wird alles gut.

Herr Vogel, lassen Sie eine Zwischenfrage - gestellt von Herrn Folgart - zu?

Immer. - Bitte, Herr Folgart.

Nur eine Frage zu den Arbeitskräften: Der Minister ist mit der Information auf der Grünen Woche gewesen, dass es sehr vorteilhaft ist, alles dafür zu tun, Arbeitsplätze in Brandenburg zu halten, die Wertschöpfung zu erhöhen und vor allem auch jungen Menschen Mut zu machen, in die „grünen Berufe“ einzusteigen, wovon es insgesamt 14 gibt. Da muss es mehr Nachfrage geben.

Wir haben in Brandenburg auch Kampagnen - aus dem Berufsstand heraus und mit Unterstützung des Landes - gestartet. Wenn ich an „LANDaktiv“ denke, wird klar, dass wir genau diesen Brückenschlag zu den Schulen brauchen, um zu verdeutlichen, dass das eine Zukunftsbranche ist, über die wir an dieser Stelle sprechen.

Die Märkte sind regional. Wir sprechen heute in dem Antrag über den regionalen Markt bzw. die Wertschöpfung im regionalen Markt. Der Übergang für den Produktionsstandort Brandenburg und Deutschland ist jedoch fließend in Richtung des nationalen und europäischen Marktes sowie des Drittlandmarktes; und eigentlich sind Ermutigungen notwendig.

Würden Sie diese Auffassung teilen?

Bitte, Herr Abgeordneter Vogel.

Das war zwar eher eine Kurzintervention als eine Frage, aber ich kann Ihnen dennoch zustimmen, dass wir bessere Löhne und Gehälter in der Landwirtschaft brauchen, um mehr Menschen dafür zu gewinnen, in der Landwirtschaft zu arbeiten. Selbstverständlich brauchen wir auch mehr Arbeitsplätze in der Landwirtschaft. Das war letztlich die Aussage, bei der wir uns auch treffen.

Der Punkt, den ich ansprechen wollte, ist aber, dass eine Regionalvermarktung ohne klare Kriterien für Qualität und Herkunft sehr schnell als Täuschung der Verbraucher gewertet werden kann. Sobald erkannt würde, dass unter der Marke „Brandenburg“ Fleisch aus Massentierhaltungsproduktion verkauft wird, kann damit - das ist das Problem - auch die Vermarktung vorbildlich erzeugter Brandenburger Landwirtschaftsprodukte in Mitleidenschaft gezogen werden. Insofern orientieren wir uns so stark auf EU-Biozertifizierungen als überprüfbares Kriterium.

(Beifall der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE])

Aus diesem Grund ist für uns der beste Weg zu mehr Wertschöpfung, auf den Dörfern die regionale Biobranche gezielt auszubauen. In Ihrem Antrag steht: „Im Ökolandbau ist Brandenburg flächenmäßig führend in Deutschland.“ Das ist richtig. Jedoch wird verschwiegen, dass dies im Wesentlichen ein Ergebnis der ersten Jahre nach 1989 ist; denn seit 2005 stagniert die Ökoanbaufläche im Wesentlichen, und es ist kaum noch Zuwachs zu verzeichnen. Das hat natürlich auch damit etwas zu tun, dass dieses Land drei Jahre lang keine Umstellungsprämie gezahlt hat.

Bedauerlicherweise taucht der Ökolandbau in Ihrem Antrag kaum auf. Unser Antrag dagegen richtet sich sehr stark auf das Thema, den Markt der Hauptstadtregion für Ökoprodukte zu nutzen.

Alle Maßnahmen, die von Rot-Rot in dem Antrag gefordert werden, sind vor allem mit den Mitteln aus der 2. Säule zu finanzieren. Aber Herr Vogelsänger - das ist auch festzustellen hat auf der Agrarministerkonferenz keinen Finger gerührt hat, um die Mittel der 2. Säule aufzustocken. Wenn die grünen Agrarminister nicht so massiv für die Modulation gestritten hätten - ein 15%iger Anteil war gewollt -, wäre die Kürzung hier noch stärker ausgefallen. Im Ergebnis steht Brandenburg nun wesentlich weniger Geld zur Verfügung.

Ein letzter Punkt: Von Herrn Dombrowski ist bereits angeklungen, dass im letzten Stand des Entwurfs zum EPLR, Ziffer 6.2.4 steht, dass die rot-rote Landesregierung regionale Wertschöpfung, Direkt- und Regionalvermarktung nicht aus den Mitteln des EPLR fördern möchte.

Dieser Antrag beinhaltet das glatte Gegenteil. Insofern sind wir sehr gespannt, wie die Landesregierung jetzt darauf reagiert. Will sie das EPLR bzw. das Operationelle Programm umschreiben oder diesen Antrag nicht unterstützen? - Wie auch immer: Wir sehen genau hin und schauen nicht weg. Wir werden diesen Antrag nicht unterstützen, sondern haben einen eigenständigen Antrag vorgelegt, um dessen Unterstützung ich werbe. - Danke.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. - Herr Minister Vogelsänger, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Man muss den Grünen wirklich dazu gratulieren, sogar bei diesem Thema alles schlechtzureden.

(Bischoff [SPD]: Ja!)

Regionale Produkte sind gute Produkte, und ich bin stolz auf Brandenburg, dass wir diese haben.

(Beifall der Abgeordneten Hackenschmidt [SPD] und Mächtig [DIE LINKE])

Herr Vogel, es ist nun einmal so in der Politik: Wir haben in München ein Wunder vollbracht. Am 4. November 2013 haben

sich 5 grüne, 6 schwarze und 5 rote Agrarminister einstimmig geeinigt. Dazu sollte man dann auch stehen, und ich stehe dazu.

Ich halte es für unverantwortlich, noch mehr Mittel von der 1. Säule zur 2. Säule umzuschichten. Insbesondere für kleine Betriebe ist die schon Kürzung um ca. 10 % eine enorme Herausforderung. Wir haben uns auf eine Umschichtung in einem erträglichen Maße geeinigt.

Jedoch ist die Flächenprämie auch dazu da, dass Betriebe investieren und wir weiterhin für eine flächendeckende Landwirtschaft sorgen können. Meine erste Aufgabe ist, eine flächendeckende Landwirtschaft in Brandenburg sicherzustellen.

(Beifall SPD)

Lieber Gregor Beyer, ich will ja, dass du wieder ruhig schlafen kannst: Es gibt keinerlei Bestrebungen - weder bei der Landesregierung noch bei den regierungstragenden Fraktionen -, an der Unterstützung von „pro agro“ oder der Unterstützung der Grünen Woche zu rütteln. Ich bin stolz auf unsere Brandenburg-Halle und die Präsentation Brandenburgs. Insofern werde ich dem Parlament dort keine Kürzungen vorschlagen.

(Beifall der Abgeordneten Beyer [FDP] und Frau Mäch- tig [DIE LINKE])

Damit komme ich nochmals auf die Vermarktung von Brandenburg zu sprechen. Wir sind ein Bundesland mit 77 einzelnen Ständen. Das findet man in keiner anderen Halle. Die Vielfalt ist vorhanden, Herr Dombrowski. Der forstwirtschaftliche Bereich ist vertreten, mit Tannenschnaps übrigens. Die Fischerei ist vertreten, der Werderaner Obstanbau mit seinem breiten Sortiment ebenso, und das soll auch weiterhin so sein und unterstützt werden.

Es klang ja schon an: Was macht der Vogelsänger nun in der neuen Förderperiode? Ich werde gar nicht so viel ändern, weil wir erfolgreich Politik für den ländlichen Raum betrieben haben. Es ist übrigens auch ein Riesenerfolg, dass wir im Bereich der ländlichen Entwicklung in der 2. Säule 85 % der Mittel der alten Förderperiode zur Verfügung haben. 965 Millionen Euro sind Motivation, sie gezielt für den ländlichen Raum, für die Landwirtschaft einzusetzen.

(Beifall des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Herr Minister, möchten Sie eine Frage, gestellt vom Herrn Abgeordneten Dombrowski, zulassen?

Aber immer.

Bitte, Herr Dombrowski.

Das ist schön. - Herr Minister, bevor wir alle vor lauter Stolz auf Brandenburg und die Landwirte platzen,

(Beifall des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

möchte ich vorbauen, dass die Frage, die ich vorhin gestellt habe, aber auch der Kollege Vogel … Sie werden in dem Antrag, der jetzt eine Mehrheit finden wird, aufgefordert, mehr für die Landwirtschaft, für die Direktvermarktung, die Erhöhung der Wertschöpfungskette und die Verarbeitung zu tun. Dabei stellt sich die Frage nach der sachlichen Begründung: Was hat Sie als Fachminister veranlasst, den Schwerpunktbereich 3 A nicht in den ELER hineinzunehmen? Ich sage es einmal für alle, die es nicht wissen: Er heißt konkret „Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Primärerzeuger durch ihre bessere Einbeziehung in die Nahrungsmittelkette durch Qualitätssysteme, die Wertsteigerung von Agrarprodukten, die Absatzförderung auf lokalen Märkten und kurze Versorgungswege“. - Das ist der Punkt. Warum haben Sie auf genau diesen Schwerpunktbereich 3 A in der neuen Förderperiode verzichtet? Oder was wollen Sie tun? Denn der Landtag wird Sie dazu auffordern. Erläutern Sie bitte Ihre fachlichen Gründe für diese Entscheidung, diesen Schwerpunktbereich nicht hineinzunehmen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Herr Minister Vogelsänger, bitte.

Zur Bilanz der alten Förderperiode: Die Direktvermarktung ist mit über 20 Millionen Euro gefördert worden. Das ist in der einzelbetrieblichen Förderung enthalten. Bei dieser, Herr Dombrowski, sind es über 1 200 Anträge, die bewilligt wurden übrigens, was die Tierhaltung betrifft, alles immer nach den entsprechenden Standards. Ansonsten darf gar nicht gefördert werden. In die einzelbetriebliche Förderung soll dies entsprechend eingebaut werden. Ich werde im Ausschuss noch darlegen, wie wir das entsprechend organisieren. Insgesamt sind in der einzelbetrieblichen Förderung immerhin über 125 Millionen Euro geflossen und ist ein Investitionsvolumen von über 650 Millionen Euro bewegt worden. Für die Direktvermarktung finden wir mit Sicherheit weiterhin einen Weg.

Wichtig ist auch, dass wir bei der Vermarktung „pro agro“ noch stärker nutzen, damit die Produkte in die Handelsketten gelangen und die Brandenburger Produkte entsprechend dargeboten und verkauft werden können.

Ich will mich jetzt - die Uhr ist so gut wie abgelaufen - auf die Grüne Woche verabschieden.

(Frau Schier [CDU]: Schon wieder?)