Protocol of the Session on November 21, 2013

Wie soll nun die Last dieser Veränderung verteilt werden? Das ist die Gretchenfrage. Die Landesregierung schlägt vor, die Schulverwaltung den größeren Teil tragen zu lassen. Ich kann diese Prioritätensetzung nachvollziehen. Nach einer Abwägung würde auch ich lieber jedes nur mögliche Optimierungspotential in der Schulverwaltung ausschöpfen, wenn ich im Gegenzug die Ausstattung der Schulen beibehalten oder sogar noch verbessern kann.

Insofern ist der Grundansatz des Gesetzentwurfs nachvollziehbar: Reine Verwaltungsaufgaben der Schulämter sollen zentralisiert und damit effektiver gelöst werden. Aufgaben sollen bei einer Stelle gebündelt und Beratung in der Fläche belassen werden. Eine einheitliche Behörde - und damit weniger Leitungsstrukturen - soll entstehen. Unter dem Strich steht - das wird auch in der Begründung des Gesetzentwurfs deutlich weniger Personal, aber ohne Qualitätsverlust.

Auf das grundsätzliche Ziel könnte man sich schnell verständigen. Wie das aber in der Praxis funktionieren soll, ist die wesentlich schwieriger zu beantwortende Frage. Weitere Fragen sind zu beantworten: Welche Aufgabe konkret kann zentralisiert werden, welche sollte in den Außenstellen wahrgenommen werden? Wie sieht die Struktur der neuen Behörde aus? Wie erfolgt die Mitwirkung der Beschäftigten?

Über all diese Fragen haben viele, viele Monate Ministerium, Personalräte und Gewerkschaften gebrütet. Ergebnis ist der vorliegende Gesetzentwurf. Er beantwortet immer noch nicht alle Fragen des täglichen Lebens, aber er setzt einen organisatorischen Rahmen. Bis zum Start des Landesschulamtes in knapp einem Jahr sind noch offene Probleme abzuarbeiten. Für die Beschäftigten des Staatlichen Schulamtes Eberswalde deutet sich eine regionale Lösung an, wenn ich das, was ich dazu der Presse entnehme, richtig werte.

An dieser Stelle sei den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Schulämtern, die sich konstruktiv, aber auch kritisch - das ist gut - an dem Veränderungsprozess beteiligt haben, noch einmal Dank gesagt. Sie waren und sind bereit, sich neuen Aufgaben zu stellen und, wenn nötig, den Arbeitsort zu wechseln. Angesichts dessen ist es mir durchaus recht, wenn man, wie in diesem Fall, ein paar Monate länger braucht.

Ich stelle abschließend fest: Leider ist es nicht nur in Brandenburg, sondern überall in Deutschland so, dass Neues im Allgemeinen und neue Strukturen im Besonderen sich immer rechtfertigen müssen. Offenbar sind wir alle so zufrieden mit dem, was wir haben, dass wir das Bekannte nicht verlieren wollen.

Ich bin da, offen gesagt, völlig anders und gebe dem Neuen eine Chance. Deshalb sehe ich der weiteren Beratung über diesen Gesetzentwurf auch positiv entgegen. Ich freue mich sehr auf eine hoffentlich spannende Diskussion. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Der Abgeordnete Büttner spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich brauche Ihnen - das sage ich auch mit Blick auf die Uhr - die Position der FDP-Fraktion zu dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht mehr in epischer Breite vorzutragen.

(Frau Prof. Dr. Heppener [SPD]: Ihre Position können wir uns denken!)

Sie wissen, dass wir den Gesetzentwurf der Landesregierung ablehnen. Sie will die bisher sechs staatlichen Schulämter auflösen und eine neue Landesschulagentur - der Sitz soll Potsdam sein - mit vier Regionalstellen bilden.

Kollege Günther - Entschuldigung, Frau Ministerin! -, ich komme zunächst zu Ihnen. Natürlich können Sie von allen Fraktionen dieses Hauses Innovation und Kreativität erwarten. Aber wissen Sie, was mich an dieser Stelle ärgert? Mich ärgert, dass gerade auf die Belange der Beschäftigten des Staatlichen Schulamtes Eberswalde nicht angemessen Rücksicht genommen wird. Zu dem, was Sie gerade vorgetragen haben - es gebe eventuell eine Lösung -, war der Zwischenruf des Kollegen Wichmann völlig richtig: Das ist eine Wärmestube, mehr nicht. Das wird der Bedeutung der Region nicht gerecht.

(Beifall FDP, CDU und B90/GRÜNE)

Kollege Hoffmann hat darauf hingewiesen, dass gerade die Schulen im Norden der Uckermark über 200 km von Frankfurt (Oder) entfernt sind. Was glauben Sie denn, wie die Schulen künftig noch angebunden sein werden? Das wird nicht funktionieren.

Frau Ministerin, von Ihnen, von einer rot-roten Regierung insgesamt hätte ich mir gewünscht, dass die Sorgen und Nöte, die gerade im Schulamtsbezirk Eberswalde vorhanden sind, ernster genommen worden wären. Ich glaube nicht, dass das, was Sie als „Lösung“ anbieten - so richtig weiß davon noch gar niemand etwas; eine richtige Information hat es, zumindest uns gegenüber, noch nicht gegeben -, zielführend ist.

Sie als Ministerin bzw. Ihr Haus hat bei diesem Gesetzentwurf zu schnell entschieden - über die Köpfe der Beschäftigten hinweg. Wir brauchen uns nur die Personalvertretung im Staatlichen Schulamt Eberswalde anzuschauen.

Vorrangiges Ziel bei der Erarbeitung des Entwurfs scheint das Sparziel und damit der Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts gewesen zu sein. Deswegen, Frau Ministerin, fordern

wir Sie nochmals auf, die Reformpläne auszusetzen und eine mögliche Funktionalreform abzuwarten. Sie selbst haben gesagt, dass die Enquetekommission ihren Abschlussbericht vorgelegt hat; wir werden darüber morgen debattieren. Es gibt einige vernünftige Ideen, wie man eine Kommunalisierung der staatlichen Schulämter vernünftig umsetzen kann. Ich verweise insbesondere auf das Minderheitenvotum meiner Fraktion, in dem eine Möglichkeit aufgezeigt wird. Insofern sind wir übrigens gar nicht so weit entfernt von den Linken, wie ich in den Diskussionen mitbekommen habe.

(Görke [DIE LINKE]: Was?)

- Kollege Görke, Sie schauen so entsetzt. Drehen Sie sich einmal um; die bildungspolitische Sprecherin Ihrer Fraktion sitzt hinter Ihnen.

Wir haben Aussagen von Kollegin Mächtig und Kollegen Krause mitbekommen, eine Kommunalisierung der Schulaufsicht durchzuführen, und zwar mit einer Anbindung an die Landkreise und als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung.

Oberste Prämisse einer Reform der staatlichen Schulämter muss es doch sein, die Qualitätsentwicklung im Schulbereich voranzutreiben. Dieses Ziel wird uns in dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht deutlich genug. Die Strukturen müssen optimiert werden - ja, das sehen wir genauso. Die Schulverwaltung ist im Sinne eines exzellenten Bildungssystems leistungsfähiger zu machen.

Natürlich muss die Schulaufsicht in ihrer Beratungsfunktion gestärkt und dadurch unser Schulsystem hinsichtlich der Qualitätsentwicklung unterstützt werden.

Wenn Sie aber das Schulamt nach Frankfurt (Oder) verlegen ich bleibe in dieser Region -, wird die Beratungsfunktion nicht gestärkt, sondern geschwächt. Ich will nicht Schulräte haben, die stundenlang im Auto sitzen, um zu der Schule zu kommen. Ich will auch nicht Lehrer haben, die, wenn Sie zum staatlichen Schulamt müssen, erst durch das halbe Land fahren müssen, bevor sie einen Ansprechpartner finden.

Zentralisierung ist kein Zweck an sich. Zentralisierung ergibt keinen Sinn, wenn man ein so großes Flächenland hat wie das Land Brandenburg.

Ich mache es jetzt einfach kurz.

Dieser Gesetzentwurf taugt nicht dazu, verabschiedet zu werden. Natürlich diskutieren wir im Bildungsausschuss darüber. Wenn die Schulämter massiv umstrukturiert werden sollen, dann wird nur unnötige Unruhe in den Betriebsablauf gebracht, was eben auch dazu führen kann, dass die Umsetzung ihrer Aufgaben - wie die Unterstützung der Schulen - nicht reibungslos vonstattengehen kann.

Wir diskutieren gern mit Ihnen im Ausschuss darüber, wie wir über alle Themen sehr gern mit Ihnen im Ausschuss diskutieren. Deswegen überweisen wir natürlich auch. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Wir setzen mit dem Beitrag der Abgeordneten Große für die Linksfraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Gordon Hoffmann und Andreas Büttner - Sie haben das auch noch einmal gebracht -, Qualität und Schulaufsicht, das ist so eine Sache. Gordon Hoffmann, man kann die Finnlandkarte nicht immer nur dann ziehen, wenn es einem passt.

(Zuruf des Abgeordneten Hoffmann [CDU])

Ich möchte daran erinnern, dass es in Finnland seit 1972 gar keine Schulaufsicht gibt. Und die Qualität ist, wie wir wissen, eine ziemlich gute. Man kann auch nicht immer gleich die selbstständige Schule -

(Zuruf des Abgeordneten Hoffmann [CDU])

das wird nachher von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wieder kommen - herbeirufen und dann sagen, Herr Büttner, die Schulen müssten viel stärker an die Schulaufsicht angedockt sein. Irgendwo muss man sich entscheiden.

Na klar ist eine Verwaltungsoptimierungsreform ein Problem, und wir werden hier keine einzige durchbringen, in der nicht auch Interessen gewahrt werden müssen. Natürlich sind die Beschäftigten in Sorge über das, was sie da erreicht.

In Finnland hat man sich durch diese Kommunalisierung übrigens die Schulaufsicht erspart. Aber eine richtige Aufsicht gibt es dort in den Kommunen auch nicht. Nun sage ich nicht: Das ist bei uns tradiert nur so möglich. Aber wir haben andere Strukturen, und deswegen müssen wir andere Wege finden.

Ja, diese Reform war eine mit einer Zielvorgabe, 240 Stellen. Ja - das sage ich in die Richtung der Menschen, die uns immer vorwerfen, wir würden keine solide Haushaltspolitik betreiben -: Dies ist ein Beitrag, wenn auch ein schmerzlicher.

Es hat eine Analyse gegeben, eine Evaluation, es waren 172 Aufgaben. Die Schulräte waren übrigens an dieser Aufgabenevaluation beteiligt, und diese Neuausrichtung sollte unter Berücksichtigung der Zielzahlen passieren. Das ist ein Problem. Ich sehe natürlich, dass das ein Problem ist,

(Zuruf des Abgeordneten Hoffmann [CDU])

wenn man eine Zielzahl hat und dann eine Reform so einpassen muss, dass es funktioniert. Das sehe ich so. Aber es hat sich bei dieser Evaluation unter anderem ergeben, dass die bisherige Steuerung nicht funktioniert hat, dass die Schulämter kleine autonome Einrichtungen waren, dass es Parallelarbeit gegeben hat, dass es unterschiedliche Qualitäten gegeben hat, dass es einen mangelnden Erfahrungsaustausch gegeben hat, dass es zum Beispiel auch einen Mangel an Lösungsansätzen für Vertretungen und so weiter gegeben hat. Die Kriterien waren vernünftig und ausgewogen. Mir kommen jetzt fast die Tränen. Hat hier irgendwer einmal die armen Schulräte aus Perleberg

bedauert, die die ganze Zeit von Perleberg in den Speckgürtel fahren mussten? Das wird mit diesem Reformgesetz zum Glück auch repariert, da Neuruppin ein zentraler Standort sein wird. Darüber hat niemand gesprochen.

Es wird eine nachhaltige Struktur geben müssen, weil wir einfach mit diesem demografischen Echo zu rechnen haben. Und natürlich muss das sozialverträglich passieren. Es gibt glücklicherweise den TV-Umbau, und es sind nach meiner Kenntnis nur noch 10 Beschäftigte, für die eine Lösung gefunden werden muss; wir haben noch fast ein Jahr dafür Zeit.

Die 52 Schulräte bleiben. Im Übrigen wird mit diesem Gesetz auch die Personalvertretung gestärkt; das will ich auch sagen. Die Schulräte werden mehr in Schule sein und ihrer Beratungsfunktion möglicherweise - hoffentlich - besser nachkommen können, denn das meiste passiert in Schule, und der erste Anlaufpartner ist doch immer die Schule. Eltern rennen doch nicht zuerst ins Schulamt! Fragen Sie einmal die Lehrerinnen und Lehrer, wie oft sie in ihrem Lehrerleben im Schulamt gewesen sind!

Natürlich muss diese Beratung gestärkt werden. Wir haben die Schulräte bisher ganz schön gefordert oder auch überfordert damit, dass sie das Personalmanagement zu leisten hatten.

Ich bin sehr froh, dass wir eine Anbindung des Landesinstituts für Lehrerbildung hinbekommen, denn es wird die eigentliche Mammutaufgabe sein: dass wir Lehrkräfte in die Regionen bekommen. Und das ist vernünftig so. Im Übrigen wird es auch die Anbindung des Gesundheitsmanagements an das Landesschulamt geben. Insofern sind hier vernünftige Dinge passiert.

Die Linke wollte die ZVA in der 6. Klasse niemals und ist froh darüber, dass wir einen Weg gefunden haben, aus dieser unsinnigen Testgeschichte wieder rauszukommen. Lieber Gordon Hoffmann, dass die Leistung nicht vom Geldbeutel abhängt, ist doch gerade bei dieser ZVA in der 6. Klasse nicht gegeben. Das sind 10-jährige Kinder. Na klar haben diejenigen, die aus bildungsnahen Elternhäusern kommen und 10 Jahre alt sind, einen Vorteil in der 6. Klasse. Und den zum Kriterium für den Übergang zum Gymnasium zu machen, das hielt ich und das hielten wir, die Linke, immer für einen Fehler. Den reparieren wir jetzt, und darüber bin ich sehr froh. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Die Abgeordnete von Halem setzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Auch in diesem Fall hat es durchaus Sinn, einen Blick zurückzuwerfen und sich zu überlegen: Warum haben wir uns dieses Projekt eigentlich vorgenommen? Auch diese Schulbehördenreform ist ein Ergebnis der Modernisierungsvorhaben der Landesregierung, wie sie im November 2011 beschlossen wurden - mit offensichtlich nur sehr magerer Einbindung der jeweiligen Minister.