Protocol of the Session on November 21, 2013

(Unruhe bei der CDU)

- Ich weiß nicht, meine Herren von der CDU: Interessiert Sie das nicht?

Es wurde geprüft, welche Aufgaben weiterhin in den Regionen wahrgenommen werden müssen und welche Aufgaben gebündelt und zentralisiert werden sollen. Außerdem wurden Erfahrungen anderer Bundesländer in die Entscheidung einbezogen. So haben wir in einem sehr strukturierten Prozess ein effizientes Organisationsmodell entwickelt, das den Anforderungen an eine moderne Verwaltung gerecht wird. Die staatlichen Schulämter, die Gewerkschaftsvertretungen, die Verbände und der Hauptpersonalrat waren an diesem Prozess beteiligt. In jedem Zuständigkeitsbereich sollte es eine annähernd gleiche Anzahl von Schulen, Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern geben. Außerdem wurde die Bevölkerungsprognose bis 2030 be

rücksichtigt, denn das müssen wir in den Blick nehmen, wenn wir für die nächsten zehn Jahre planen.

An der Qualität und Quantität der Unterstützung und Beratung der Schulen vor Ort - denn das ist die zentrale Aufgabe von Schulaufsicht - wird es keine Abstriche geben. Die Brandenburger Schulaufsicht wird auch in Zukunft gut im Land aufgestellt sein, denn die 52 Stellen der Schulrätinnen und Schulräte werden erhalten, und die Schulaufsicht wird von Verwaltungsaufgaben entlastet. Wir werden mit diesen Schulrätinnen und Schulräten auch künftig jede Schule im Land wie bisher in hoher Qualität unterstützen und begleiten, und zwar vor Ort - wie bisher auch.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

- Danke.

Das neue Landesschulamt wird seinen Hauptsitz hier in der Landeshauptstadt haben.

(Zurufe von der CDU)

- Herr Petke, liegt es an der Tageszeit? Ich denke, das ist ein wichtiges Thema, bei dem man auch konzentriert zuhören sollte.

Das neue Landesschulamt wird seinen Hauptsitz in der Landeshauptstadt Potsdam haben. Die bisherigen Standorte der staatlichen Schulämter …

(Zurufe von der CDU und der FDP: Alles nach Potsdam! - Unruhe)

- Sie haben doch gleich die Gelegenheit zu sprechen. Der einzige von Ihnen, der konzentriert zuhört, ist Herr Hoffmann, und er ist der zuständige Fachmann. Dann lassen Sie ihn doch sagen, was Sie sagen wollen, oder geben ihm ein Zettelchen, auf dem steht, was er sagen soll. Das wäre wesentlich effizienter.

(Zurufe von der CDU - Glocke der Präsidentin)

Die bisherigen Standorte der staatlichen Schulämter in den Städten Brandenburg, Cottbus und Frankfurt bleiben als Regionalstellen des Landesschulamtes bestehen. Einerseits verfügen die kreisfreien Städte über eine hohe Schuldichte, andererseits erfüllen sie unter landesplanerischen Gesichtspunkten als Oberzentren auch eine besondere Funktion. Um eine gute Erreichbarkeit aus dem berlinnahen Raum zu sichern, wurde der bisherige Standort im Nordwesten von Perleberg nach Neuruppin verlagert. Die Standorte Wünsdorf und Eberswalde werden aufgegeben.

Über die Reform der Schulaufsicht hinaus haben wir uns mit dem Entwurf des Schulbehördenreformgesetzes zusätzlich auf einige wenige, aber wesentliche schulfachliche Änderungen konzentriert. Diese sind unter anderem die Abschaffung der zentralen Vergleichsarbeit in Jahrgangsstufe 6 ab dem kommenden Schuljahr und die Aufnahme des Anspruchs von höroder sprachbehinderten Eltern auf Kommunikation mit der Schule; diese Regelung im Behindertengleichstellungsgesetz läuft zum 31. Dezember 2014 aus. Sie erinnern sich: Wir haben das hier vor wenigen Monaten gemeinsam im Vorfeld verabschiedet. Des Weiteren geht es um die Änderung der Vorausset

zungen für die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern in eine Schule des zweiten Bildungswegs zum nachträglichen Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife. Mit dieser Novellierung entsprechen wir einer Regelung der KMK.

Die Berücksichtigung der Antirassismusklausel, die sich aus der Verfassungsänderung ergibt, wird ebenfalls gleich mitvollzogen, und es ist mir ein besonders wichtiges Anliegen, dass wir das hier im Schulgesetz schon umsetzen.

Mit dem Schulbehördenreformgesetz reagieren wir auf die demografischen und finanzpolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre, und wir erhöhen die Effizienz der Schulaufsicht mit einer zukunftsfähigen Struktur für Schulaufsicht und Lehrerbildung in einer Behörde. Ich wünsche mir deshalb, dass wir hier intensiv und konstruktiv in den Diskussionsprozess über dieses Gesetz eintreten. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich bitte doch insbesondere die CDU-Fraktion, dem Ganzen auch am späten Abend noch die gebührende Aufmerksamkeit entgegenzubringen.

Herr Abgeordneter Hoffmann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Ministerin, vielen Dank für den Hinweis, dass meine Fraktionskollegen mir Dinge sagen oder aufschreiben sollen. Ich kann Sie beruhigen: Ich habe zum einen durchaus meine eigenen Aufzeichnungen, und auch wenn Ihnen das aufgrund der Erfahrungen aus dem eigenen Ministerium komisch vorkommt, gibt es tatsächlich auch Menschen, die sich vorher abstimmen, die miteinander reden. Also, wir wussten durchaus schon, was wir hier zu sagen haben.

(Heiterkeit und Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, ich bedaure an der Stelle außerordentlich, dass die Landesregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine Reform der staatlichen Schulämter, der Behördenstruktur, der Schulaufsicht noch vor der ausstehenden Funktionalreform durchsetzen will. Das hat aus meiner Sicht überhaupt keinen Sinn, und ich halte das für falsch - zum einen, weil eine solche Reform zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht notwendig ist,

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

und zum anderen, weil wir noch gar nicht wissen, welche Strukturentscheidungen es in Zukunft geben wird, wie sich das möglicherweise gegenseitig beeinflusst, und weil wir auch nicht wissen, ob wir möglicherweise hinterher alles zurückabwickeln müssen und welche Kosten dabei entstehen.

Des Weiteren ist dieser Entwurf auch deshalb nicht geeignet, weil er voll von Widersprüchen ist. Sie haben selbst gesagt, Anliegen der Landesregierung sei es, dass die neue Schulauf

sicht bzw. die Schulräte die Schulen auch künftig - ich zitiere wörtlich - „praktikabel erreichen können“. Da muss ich ganz ehrlich sagen: Angesichts der Schließung des Staatlichen Schulamtes in Eberswalde und der Verlagerung nach Frankfurt (Oder) ist diese Formulierung doch ein schlechter Witz. Die nördlichsten Schulen in der Uckermark liegen dann 200 km weit weg - da können Sie sich ausrechnen, wie lange man unterwegs ist und wie oft die Schulräte diese Schulen noch sehen werden. Das wird dann nur noch vom Grünen Tisch aus, weit entfernt entschieden, ohne dass jemand weiß, was vor Ort wirklich los ist.

(Beifall CDU)

Ich sage Ihnen, für eine vernünftige Aufsicht - das Thema Aufsicht haben wir schon gestern hier diskutiert, wenn auch in einem anderen Zusammenhang - und vor allem für die entsprechende Beratung brauchen wir die Leute vor Ort. Das ist natürlich schwierig, wenn Sie der ganzen Sache einen Stellenabbau zugrunde legen, also von 301 auf 240 Stellen runtergehen und künftig 20 % der Schulräte auch noch in der Zentrale, in der Landesschulagentur in Potsdam sitzen. Die stehen für die Betreuung der Schulen vor Ort nicht mehr zur Verfügung, aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir brauchen die Leute vor Ort und nicht in Potsdam in der Heinrich-Mann-Allee!

Völlig absurd wird es, wenn man bedenkt, dass mit diesem Gesetz auch das Landesinstitut für Lehrerbildung, also die Ausbildung der Referendare, in diese Landesschulagentur integriert werden soll. Wenn die Betreuung der Referendare jetzt auch noch von den verbleibenden 240 Leuten übernommen werden soll - denn das geht aus dem Gesetz so nicht hervor -, dann glaube ich nicht, dass das dazu angetan ist, die Qualität der Betreuung zu steigern. Das kann ich mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen.

Ich glaube, Sie unternehmen mit diesem Gesetz den Versuch zur Quadratur des Kreises: Sie wollen einerseits die Schulaufsicht den wachsenden qualitativen Anforderungen gerecht werden lassen - das soll mit deutlich weniger Ressourcen passieren; es müsste also eine Effizienzsteigerung geben -, und das wollen Sie andererseits durch eine Zentralisierung erreichen. Meine Damen und Herren, das hat beim letzten Mal nicht geklappt, das hat davor nicht geklappt, und ich sage Ihnen, das wird auch dieses Mal nicht klappen.

(Bischoff [SPD]: Es soll alles so bleiben, wie es ist!)

Was mich wirklich ärgert, ist, dass Sie neben diesem Gesetzentwurf noch etwas anderes umsetzen wollen - Sie haben es eben gesagt -, nämlich die Abschaffung der Vergleichsarbeiten in Klasse 6.

(Görke [DIE LINKE]: Ja! - Frau Muhß [SPD]: Ist doch super!)

Ich weiß, dass diese Vergleichsarbeiten bei etlichen Pädagogen nicht sonderlich beliebt sind, und trotzdem sehen wir darin ein geeignetes Mittel, dafür zu sorgen, dass der Übergang zum Gymnasium tatsächlich von der Leistung und nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Ich glaube auch, dass die Abschaffung dieser Vergleichsarbeiten als Signal missverstanden wer

den könnte, wir wollten die Anforderungen, das Niveau, die Standards absenken. Ich glaube, das kann auf keinen Fall gewollt sein.

(Beifall CDU)

Überhaupt: Diese Frage mit einem Gesetz für die Behördenstruktur zu vermischen finde ich sowieso merkwürdig, und deshalb sage ich Ihnen: Zusammenfassend sieht meine Fraktion nicht, wie der Anspruch dieses Gesetzes, ein vernünftiges fachliches Niveau in der Schulaufsicht zu gewährleisten und darüber hinaus die Qualität der Beratung, der Serviceleistung für die Schulen zu steigern, gewährleistet werden soll. Im Gegenteil, ich glaube, dieses Ansinnen wird durch den Gesetzentwurf mehr und mehr gefährdet.

Darüber hinaus wäre es sinnvoll - das habe ich schon am Anfang gesagt -, wenn wir eine Enquetekommission einsetzen würden, die sich speziell über eine Funktional- und Kommunalreform Gedanken macht. Es wäre aus unserer Sicht sinnvoller, das Ergebnis abzuwarten und es dann in einem Abwasch zu machen, statt sinnlos vorzupreschen und nachher alles wieder einsammeln zu müssen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP - Görke [DIE LINKE]: Waren Sie in den letzten Jahren hier, Herr Kollege?)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hoffmann. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Günther, SPDFraktion, fort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hoffmann, Opposition zu sein ist so eine Sache; irgendwie hat das etwas. Man kann sich immer hier vorn hinstellen und von der Landesregierung fordern, Neues auszuprobieren, innovativ, unkonventionell und progressiv zu sein sowie auf die Veränderungen in Brandenburg zu reagieren. Wenn dann von der Landesregierung ein Vorschlag kommt, kann man immer gut sagen: Das wollen wir auf keinen Fall!

(Beifall SPD)

Gleichzeitig ist es euer Recht als Opposition, keinen eigenen Vorschlag zu unterbreiten. Aber dafür seid ihr auch nicht gewählt, dafür ist die Koalition bzw. die von ihr getragene Landesregierung gewählt. Koalition und Landesregierung erkennen die grundsätzliche Entwicklung: Brandenburg verändert sich.

(Genilke [CDU]: Deshalb sind wir auch so toll in der Bildung!)

Auch wenn Ruhe und Kontinuität gefordert werden - das ist verständlich, auch im Bildungsbereich -, bleibt es dabei: Brandenburgs Bildungslandschaft wird sich verändern, und zwar zwangsläufig. In 15 Jahren wird die Zahl der Schulen noch ein

mal merklich kleiner werden, auch weil sich - hoffentlich nicht ganz so merklich - die Zahl der Schülerinnen und Schüler weiter verringert. Das verändert die Bildungslandschaft in Brandenburg deutlich. Uns wurde Anfang der Woche ein Bericht übergeben, der Vorschläge enthält, wie man damit umgehen kann.

Es kommt eine weitere große Herausforderung hinzu: Wir werden in Zukunft in jedem Jahr immer weniger Geld haben. Das wissen wir schon heute mit großer Sicherheit. Auch darauf müssen wir uns einstellen.

Wie soll nun die Last dieser Veränderung verteilt werden? Das ist die Gretchenfrage. Die Landesregierung schlägt vor, die Schulverwaltung den größeren Teil tragen zu lassen. Ich kann diese Prioritätensetzung nachvollziehen. Nach einer Abwägung würde auch ich lieber jedes nur mögliche Optimierungspotential in der Schulverwaltung ausschöpfen, wenn ich im Gegenzug die Ausstattung der Schulen beibehalten oder sogar noch verbessern kann.